TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/10 W195 2229925-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2020
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Entscheidungsdatum

10.09.2020

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs4 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W195 2229925-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2020 XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.09.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 17.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu diesem wurde er am 18.09.2015 durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie am 15.06.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

I.1.2. Mit Bescheid vom 04.07.2016, XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab.

Es wurde festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG auf Dauer unzulässig ist und dem BF eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG erteilt.

I.1.3. Am 01.08.2017 und am 04.08.2018 wurde dem BF jeweils eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus ausgestellt, zuletzt mit einer Gültigkeit bis 04.08.2021.

I.1.4. Am 12.06.2019 und am 23.09.2019 erfolgten Beschuldigtenvernehmungen des BF vor der Landespolizeidirektion Oberösterreich wegen des Verdachts einer Übertretung nach § 28a Abs. 1 Suchtmittelgesetz. Am 22.10.2019 erfolgte ein Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Oberösterreich.

I.1.5. Mit Schreiben vom 18.12.2019 wurde das BFA vom Landesgericht XXXX von einer rechtskräftigen Verurteilung gegen den BF verständigt und der Protokollvermerk sowie die gekürzte Urteilsausfertigung vom 18.12.2019 übermittelt. Darin wurde ausgeführt, dass der BF Suchtgift 1. am 16.10.2018 als Beitragstäter in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zumindest 500 Gramm Cannabiskraut in Verkehr gesetzt habe, und zwar im Zusammenwirken mit einer abgesondert verfolgten Person, indem er dazu beigetragen habe, dass eine weitere abgesondert verfolgte Person das Suchtgift anderen in Linz und andernorts gewinnbringend verkauft habe, weil er diesem seine Wohnung für das Abpacken des Cannabiskrauts in Klemmsäckchen zu je 25 Gramm für den Weiterverkauf zur Verfügung gestellt und somit unterstützt habe, wobei der BF die beiden beim Abpacken auch mit seinem Handy fotografiert habe; und 2. erworben und bis zum ausschließlichen Eigenkonsum besessen habe, indem er insgesamt unbekannte Mengen Kokain (im Zeitraum Winter 2016 bis 02.07.2017) sowie Cannabis (Zeitraum 04.10.2017 bis 12.05.2019) erworben und konsumiert habe. Der BF habe hiedurch 1. das Verbrechen des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 5. Fall SMG als Beitragstäter nach § 12 3. Fall StGB und 2. die Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG begangen. Der BF wurde zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, wobei die gesamte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Mildernd wurde das reumütige Geständnis sowie die Unbescholtenheit und erschwerend das Zusammentreffend von Verbrechen und Vergehen sowie der Eigenkonsum über langen Zeitraum angeführt.

I.1.6. Am 03.02.2020 erfolgte hinsichtlich der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA. Der BF gab darin im Wesentlichen an, über einen Fremdenpass zu verfügen, welchen er für seine Heirat in Indien benötigt habe; er habe keine Dokumente aus Bangladesch. Er sei in Bangladesch geboren und im Alter von vier oder fünf Jahren nach Indien gekommen, wo er bei einer fremden Familie gelebt habe; von dort sei er weiter nach Pakistan gegangen, wo er aufgewachsen sei und bis zum Alter von 17 oder 18 Jahren gelebt und gearbeitet habe. Er sei nicht in die Schule gegangen. In Bangladesch habe der BF keine Familienangehörigen. Er habe auch keine Verwandten in Indien; seine Frau habe er über das Internet gefunden. Die Ehefrau des BF sei aus Bangladesch und der BF habe diese in Indien geheiratet. Die Ehefrau des BF habe einen MBA in Bangladesch gemacht und sei Lehrerin gewesen, derzeit sei sie zu Hause und lebe bei ihren Eltern; der BF habe mit den Eltern seiner Frau telefonischen Kontakt gehabt. Seine Ehefrau habe ein Visum für Österreich bekommen und es sei geplant, dass diese am 22.02.2020 nach Österreich nachkomme. Der BF sei mit ihr nur einen Tag in Indien zusammen gewesen, danach sei sie wieder nach Bangladesch zurückgegangen. In Österreich habe der BF keine Verwandten. Er lebe seit vier Jahren in der gleichen Ortschaft, die Leute dort seien wie eine Familie für den BF. Im Camp habe der BF einen Deutschkurs gemacht und danach in einer Bäckerei angefangen, jedoch habe er aufgrund einer Stauballergie abbrechen müssen. Nachdem der BF seine Lehre abgebrochen habe, habe er sieben oder acht Monate in einer Bäckerei gearbeitet. Danach habe er begonnen, in einem Pub zu arbeiten, wo er nach wie vor beschäftigt sei. Der BF habe gute Freunde in Österreich, sei aber kein Mitglied in einem Verein. Früher habe er in einer Ortschaft freiwillig mitgeholfen, zurzeit mache er dies nicht.

Zu seiner Verurteilung befragt, gab der BF an, hier bleiben zu wollen, um ein neues Leben anzufangen. Er arbeite gut, seine Chefs seien wie seine Eltern. Der BF wolle eine Lehre als Koch beginnen, wenn seine Frau nach Österreich komme. Er werde es nicht mehr machen und schäme sich dafür. Seine Frau wisse nicht davon und solle es nicht erfahren.

Nachgefragt, was gegen eine Rückkehrentscheidung spreche, da der BF nunmehr über soziale Anknüpfungspunkte in Bangladesch verfüge, da seine Schwiegereltern dort leben und der BF eine Frau mit guter Ausbildung habe, gab der BF an, dass er nicht nach Bangladesch gehen dürfe, da dies die Eltern seiner Ehefrau seien und er keine Eltern dort habe. Der BF habe ein gutes Leben hier und wolle in Österreich bleiben.

Zu seinem Gesundheitszustand befragt, gab der BF an, dass er keine Unterlagen mithabe, aber der Arzt gesagt habe, dass es derzeit passen würde; er habe Probleme beim Rücken.

Im Rahmen der Einvernahme legte der BF eine Bestätigung über seine Beschäftigung als Küchenhilfskraft seit August 2017, ein Empfehlungsschreiben, eine Kopie seiner indischen Heiratsurkunde sowie eine Kopie des Visums für Indien.

I.1.6. Am 05.02.2020 langte ein Schreiben des BF und ein ärztliches Schreiben betreffend den BF vom 04.01.2020 beim BFA ein.

I.1.7. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 02.03.2020 wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt II.), eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise des BF festgesetzt (Spruchpunkt III.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass im Fall des BF nachträglich ein Versagungsgrund eingetreten sei. Dem BF sei am 03.08.2018 eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus ausgestellt worden und der BF habe am 16.10.2018 vorschriftswidrig Suchtgift als Beitragstäter in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich zumindest 500 Gramm Cannabiskraut in Verkehr gesetzt. Es sei somit erst nach Verleihung des Aufenthaltstitels bekannt geworden bzw. habe der BF erst danach ein Verhalten gesetzt, das geeignet sei, den öffentlichen Interessen hinsichtlich der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität und ihren negativen Folgeerscheinungen entgegenzustehen, weshalb eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Zum Familienleben des BF wurde ausgeführt, dass er seine Ehefrau über ein Onlineportal kennengelernt und diese nur anlässlich der Eheschließung in Indien gesehen habe, weshalb ein schützenswertes Familienleben nicht festgestellt werden könne. Zudem sei es dem BF und seiner Frau möglich, das gemeinsame Familienleben in Bangladesch zu beginnen.

Zum verhängten Einreiseverbot wurde begründend ausgeführt, dass der BF zwar eine bloße Beitragstäterschaft hinsichtlich des Inverkehrbringens von Cannabis geleistet habe, da der BF seine Wohnung für die Vorbereitung des Verkaufes zur Verfügung gestellt habe, doch habe er dadurch in vollem Bewusstsein um die negativen Folgen den Suchtgifthandel ermöglicht, weshalb der Aufenthalt des BF eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Die Dauer des Einreiseverbotes bewege sich im mittleren Bereich des Zulässigen und sei hier die berufliche Integration sowie die Unbescholtenheit des BF miteinbezogen worden.

I.1.8. Gegen diesen Bescheid erhob der BF eine Beschwerde und führte begründend im Wesentlichen aus, dass er aufgrund seiner schwierigen Lebensverhältnisse in seiner Kindheit ohne Eltern nie die Möglichkeit gehabt habe, im Familienverband zu lernen, mit schwierigen Situation umzugehen. Leider habe er den falschen Weg gewählt und unregelmäßig Suchtgift konsumiert. Durch seine neue Arbeitsstelle habe er den Rückhalt gefunden, der ihm gefehlt habe; seine Kollegen seien wie eine Familie für ihn. Den Suchtmittelkonsum habe er bereits seit längerem eingestellt. Zu seiner Verurteilung führte der BF aus, dass es sein Fehler gewesen sei, dass er die beiden Bekannten nicht umgehend aus seiner Wohnung verwiesen bzw. nicht sofort die Polizei verständigt habe, als diese begonnen hätten, die Drogen zu einzupacken. In diesem Moment sei er sich der Tragweite seines Nicht-Handelns nicht bewusst gewesen und er bedauere sein unüberlegtes Zuschauen sehr. Seit seiner Verurteilung habe es in seinem Leben eine einschneidende Veränderung gegeben. Seine Frau sei zum ihm nach Österreich gekommen. Mit ihr wolle er eine Familie gründen und ein ruhiges Leben in Österreich führen. Auch wenn ihr gemeinsames Familienleben erst seit kurzem bestehe, gewinne es jeden Tag an Intensität. Durch die berufliche Tätigkeit des BF sei ihr Lebensunterhalt sichergestellt. Zudem habe der BF zahlreiche Freundschaften in Österreich geschlossen und nehme am kulturellen Leben sowie an zahlreichen Veranstaltungen teil.

Der Beschwerde wurde die Kopie eines Abrechnungsbelegs des BF von seinem aktuellen Dienstgeber aus Februar 2020 beigelegt.

I.1.9. Am 24.03.2020 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.1.10. Am 04.06.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben der Rechtsvertretung des BF ein, in dem ausgeführt wurde, dass der BF im Zuge der Corona-Pandemie kurzfristig seine Arbeit verloren habe, aber mittlerweile wieder an seiner Arbeitsstelle als Küchenhilfe / Koch in Vollzeit beschäftigt sei sowie dass seine Ehefrau schwanger sei. Dem Schreiben wurde ein aktueller Arbeitsvertrag, ein aktueller Abrechnungsbeleg sowie der Mutter-Kind-Pass der Ehefrau des BF beigelegt.

I. 1.11. Mit der Ladung zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde dem BF der aktuellste Länderbericht zu Bangladesch zur Stellungnahme, spätestens zum Zeitpunkt der Verhandlung, übermittelt. übermittelt.

I.1.12. Im Rahmen der Verhandlung führte der BF – zusammengefasst – aus, dass er sich in Österreich wohl fühle. Er arbeite nicht mehr in der Bäckerei, die Lehre habe er aufgegeben wegen des geringen Lehrgeldes von € 460 pro Monat (vor dem BFA gab der BF an, es sei wegen einer Stauballergie), sondern er würde jetzt im „ XXXX “ in XXXX beschäftigt sein. Er würde dort wischen € 1450,- und € 1.650 Netto pro Monat verdienen. Der BF legte diesbezüglich auch Unterlagen und Unterstützungsschreiben seiner Kollegenschaft vor.

Er habe Freunde unter den Kollegen und würde gut in der Bevölkerung von XXXX integriert sein, in Vereinen wäre er nicht tätig.

In der Verhandlung vor dem BVwG konnte hinsichtlich der Deutsch-Kenntnisse des BF festgestellt werden, dass diese eine Konversation teilweise ermöglichen, der Sprachwortschatz ist begrenzt, die Antworten erfolgten nicht mit vollen Sätzen.

Der BF habe keine Familie mehr, er wisse nicht, wo seine Eltern sind, er wisse auch nicht, ob sein Bruder und seine Schwester in Frankreich oder woanders leben.

Er habe über Internet seine Ehefrau kennengelernt, die aus ärmlichen Verhältnissen in Bangladesch käme. Sie hätten „im Jahr 2018, im März, nein im Juli oder August, also im Sommer“ in Indien staatlich geheiratet. Er habe dort mit seiner Ehefrau ca einen Monat lang im Hotel gewohnt (dies steht im Widerspruch zu seinen Aussagen vor dem BFA), es sei für ihn ein Urlaub gewesen und es wurden insgesamt € 3.000 – 4.000 ausgegeben.

Tatsächlich übermittelte der BF eine indische Heiratsurkunde, der zu Folge der BF am 13.08.2019 „traditionell“ und am 17.08.2019 „staatlich registriert“ geheiratet hat.

Seine Ehefrau sei am 25.02.2020 nach Österreich gekommen. Sie hätte die Rot-Weiß-Rot-Karte. Sie sei jetzt seit März 2020 schwanger und würde ein Kind im Dezember 2020 erwarten.

Nachgefragt, ob seine Ehefrau wisse, dass der BF rechtskräftig im Dezember 2019 wegen verurteilt wurde, gab der BF an, dass er seiner Ehefrau nichts davon erzählt habe. Sie sei strenggläubig und er schäme sich dafür. Weiter nachgefragt, ob der glaube, dass seine Ehefrau überhaupt nach Österreich gekommen wäre, wenn sie davon gewusst hätte, meinte der BF, dass er Zweifel habe, dass sie nach Österreich gekommen wäre, wenn sie es gewusst hätte. Er habe aus Angst, sie zu verlieren, es ihr nicht gesagt. Sie würden sich gut verstehen und sie würde ihm vertrauen.

Abschließend wurde über den Länderbericht und die aktuelle Situation der Corona-Pandemie weltweit und in Bangladesch an Hand der aktuellen WHO-Zahlen referiert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der muslimischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali.

Der BF hat Bangladesch im Kindesalter verlassen und lebte seitdem außerhalb von Bangladesch. Der BF hat keinen Kontakt zu seinen Eltern und verfügt angeblich über keine Verwandten in Bangladesch.

Der BF ist mit einer bengalischen Staatsangehörigen verheiratet und hat keine Kinder. Der BF lernte seine Ehefrau übers Internet kennen, und heiratete seine Ehefrau am 17.08.2019 in Indien. Die Ehefrau des BF studierte und arbeitete in Bangladesch als Lehrerin. Die Eltern der Ehefrau des BF leben in Bangladesch.

Am 17.09.2015 stellte der BF einen Asylantrag.

Mit Bescheid des BFA vom 04.07.2016, XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und erteilte dem BF eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 Abs. 2 AsylG.

Mit Bescheid vom 01.08.2017 wurde dem BF eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus mit Gültigkeit bis zum 03.08.2018 ausgestellt.

Mit Bescheid vom 04.08.2018 wurde dem BF eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus mit Gültigkeit bis zum 04.08.2021 ausgestellt.

Der BF ist seit Juni 2016 fast durchgehend erwerbstätig. Er hat eine Lehre abgebrochen und ist zum Entscheidungszeitpunkt mit einer kurzzeitigen Unterbrechung aufgrund der Corona-Pandemie seit August 2017 als Küchenhilfskraft in einem Pub beschäftigt. Der BF ist in keinem Verein engagiert. Er hat österreichische Freunde und verfügt über Deutschkenntnisse, um sich ausreichend auf Deutsch verständigen zu können.

Die Ehefrau des BF stellte am 19.09.2019 einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel Rot-Weiß-Rot-Karte plus (Familiennachzug) und erhielt ein Visum D zur Abholung eines Aufenthaltstitels mit einer Gültigkeit ab 15.02.2020. Seit 27.02.2020 lebt die Ehefrau des BF an einem gemeinsamen Wohnsitz mit dem BF. Die Ehefrau des BF ist seit März 2020 schwanger.

Im Bundesgebiet befinden sich keine weiteren Familienangehörigen des BF.

Der BF leidet an keinen schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist arbeitsfähig.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 18.12.2019, XXXX , wurde der BF wegen 1. des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 5. Fall SMG als Beitragstäter nach § 12 3. Fall StGB und 2. des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt und die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der BF hat demnach 1. am 16.10.2018 Suchtgift als Beitragstäter in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zumindest 500 Gramm Cannabiskraut in Verkehr gesetzt, indem er dazu beigetragen habe, dass eine abgesondert verfolgte Person das Suchtgift anderen in Linz und andernorts gewinnbringend verkauft hat, weil er diesem seine Wohnung für das Abpacken des Cannabiskrauts in Klemmsäckchen zu je 25 Gramm für den Weiterverkauf zur Verfügung gestellt und somit unterstützt hat, wobei der BF abpackenden Personen auch mit seinem Handy fotografiert hat und 2. Suchtgift erworben und bis zum ausschließlichen Eigenkonsum besessen, indem er insgesamt unbekannte Mengen Kokain (im Zeitraum Winter 2016 bis 02.07.2017) sowie Cannabis (Zeitraum 04.10.2017 bis 12.05.2019) erworben und konsumiert hat. Mildernd wurde im Urteil das reumütige Geständnis sowie die Unbescholtenheit und erschwerend das Zusammentreffend von Verbrechen und Vergehen sowie der Eigenkonsum über langen Zeitraum angeführt.

II.1.2. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Sicherheitslage

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League (AL) und die Bangladesch National Party (BNP), ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018). Die regierende Awami-Liga (AL) hat ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition, wie auch jener mit ihr verbündet geltenden Kräfte, sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut (FH 2020). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nicht-staatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene „Studentenorganisationen“. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 22.7.2019).

Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 18.3.2020; vgl. AA 22.3.2020), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKFCO 29.3.2020a).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). 2017 kam es zu fünf Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 18.3.2020; vgl. SATP 2.4.2020). 2019 gab es mehrere Angriffe gegen Polizei und Sicherheitskräfte in Dhaka und in der Stadt Khulna. Am 29.2.2020 erfolgte ein Anschlag auf die Polizei in Chittagong, bei welchem auch improvisierten Sprengkörper (IEDs) eingesetzt worden sind. Die bangladeschischen Behörden sind weiterhin in höchster Alarmbereitschaft und vereiteln geplante Angriffe. Es wurde eine Reihe von Verhaftungen vorgenommen. Einige Operationen gegen mutmaßliche Militante haben ebenfalls zu Todesfällen geführt (UKFCO 29.3.2020b). Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 11.3.2020; AA 27.7.2019). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. Sicherheitsbehörden reagieren manchmal nicht zeitnah bzw. überhaupt nicht auf religiös motivierte Vorfälle (AA 22.7.2019).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (AA 22.3.2020; vgl. UKFCO 29.3.2020a, AI 30.1.2020). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox’s Bazar der Gebietsverwaltung Chittagong hat es zuletzt unter anderem in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Protestkundgebungen sowie Gewalttätigkeiten und Unruhen sowohl in der örtlichen Bevölkerung als auch unter den Bewohnern der Lager, nachdem ein lokaler politischer Führer ermordet worden ist (HRW 18.9.2019; vgl. AA 5.11.2019, TDS 24.8.2019).

Im März 2019 wurden bei den Kommunalwahlen im Gebiet Baghicahhari im Norden des Distrikts Rangamati mehrere Wahl- und Sicherheitsbeamte getötet (UKFCO 29.3.2020a).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKFCO 29.3.2020a).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte ums Leben. 2019 belief sich die Opferzahl terrorismus- relevanter Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. Bis zum 5.3.2020 wurden 81 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 17.3.2020).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 263 Vorfälle terrorismus-relevanter Gewalt. Im Jahr 2018 wurden 135 solcher Vorfälle verzeichnet und 2019 wurden 104 Vorfälle registriert. Bis zum 2.4.2020 wurden 29 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 2.4.2020).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 22.3.2020). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 22.7.2019; vgl. Kaipel 2018). Die Kriminalität ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 18.3.2020).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (22.3.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 2.4.2020

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

?        ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019

?        AA - Anadolu Agency (5.11.2019): Bangladesh rejects Amnesty report on Rohingya killings, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-rejects-amnesty-report-on-rohingya-killings/1636457, Zugriff 2.4.2020

?        AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html, Zugriff 2.4.2020

?        BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (18.3.2020): Bangladesch – Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 2.4.2020

?        FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020

?        HRW – Human Rights Watch (18.9.2019): Spate of Bangladesh ‘Crossfire’ Killings of Rohingya, https://www.hrw.org/news/2019/09/18/spate-bangladesh-crossfire-killings-rohingya, Zugriff 4.2.2020

?        Kaipel, Simione Christina (2018): „Globaler Wandel – regionale Krisen? Ökologische und sozioökonomische Perspektiven umweltbedingter Migrationsflüsse“, Masterarbeit, Seite 41 – 54, http://othes.univie.ac.at/54839/1/56687.pdf, Zugriff 2.4.2020

?        SATP - South Asia Terrorism Portal (2.4.2020): Data Sheet – Bangladesh, Number of Terrorism Related Incidents Year Wise 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 6.4.2020

?        SATP - South Asia Terrorism Portal (2.4.2020): Data Sheet – Bangladesh, Yearly Suicide Attacks, Advance Search 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 6.4.2020

?        TDS – The Daily Star (24.8.2019): Jubo League leader killed by ‘Rohingyas’, https://www.thedailystar.net/frontpage/news/jubo-league-leader-killed-rohingyas-1789726, Zugriff 15.1.2020

?        UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (6.9.201929.3.2020a): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 4.2.2020

?        UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (6.9.201929.3.2020b): Foreign travel advice Bangladesh – Terrorism, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/terrorism, Zugriff 4.2.2020

?        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 24.3.2020

Allgemeine Menschenrechtslage

Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 8.2019; vgl. UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit
17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum „High Court“ offen. Die „National Human Rights Commission“ wurde im Dezember 2007 unter dem „National Human Rights Commission Ordinance“ von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 8.2019).

Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 11.2019a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwinden lassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen und Folter (USDOS 11.3.2020). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2000 Mitglieder der RABs wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen (ÖB 8.2019, siehe auch Abschnitt 5).

Menschenrechtsverletzungen beinhalten weiters harte und lebensbedrohende Haftbedingungen, politische Gefangene, willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre, Zensur, Sperrung von Websites und strafrechtliche Verleumdung; erhebliche Behinderungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie beispielsweise restriktive Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Beschränkungen der Aktivitäten von NGOs; erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der politischen Partizipation, da Wahlen nicht als frei oder fair empfunden werden; Korruption, Menschenhandel; Gewalt gegen Lesben, Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender- und Intersexuelle (LGBTI) und Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Aktivitäten; Einschränkungen für unabhängige Gewerkschaften und der Arbeitnehmerrechte sowie die Anwendung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 11.3.2020).

Die Regierung von Bangladesch ignoriert Empfehlungen im Hinblick auf glaubwürdige Berichte zu Wahlbetrug, hartem Vorgehen gegen die Redefreiheit, Folterpraktiken von Sicherheitskräften und zunehmenden Fällen von erzwungenem Verschwinden und Tötungen (EEAS 1.1.2019; vgl. HRW 14.1.2020).

Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und es werden Maßnahmen ergriffen, um diese Bestimmungen wirksamer durchzusetzen. Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten sowie von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bestehen fort (USDOS 11.3.2020). Das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz (Information and Communication Technology Act - ICT Act) wird angewandt, um Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft wegen Delikten von Verleumdung juristisch zu verfolgen (USDOS 11.3.2020).

Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiger Zubringer wie auch Transitpunkt für Opfer von Menschenhandel. Jährlich werden Zehntausende Menschen in Bangladesch Opfer von Menschenhandel. Frauen und Kinder werden sowohl in Übersee als auch innerhalb des Landes zum Zweck der häuslichen Knechtschaft und sexuellen Ausbeutung gehandelt, während Männer vor allem zum Zweck der Arbeit im Ausland gehandelt werden. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 2020). Internationale Organisationen behaupten, dass einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte an der Erleichterung des Handels mit Rohingya-Frauen und -Kindern beteiligt waren. Formen der Unterstützung von Menschenhandel reichen dabei von „Wegschauen“ über Annahme von Bestechungsgelder für den Zugang der Händler zu Rohingya in den Lagern bis hin zur direkten Beteiligung am Handel (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

?        EEAS - European External Action Service (1.1.2019): Statement by the Spokesperson on parliamentary elections in Bangladesh, https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/56110/node/56110_es, Zugriff 6.4.2020

?        FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020

?        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2019a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat, Zugriff 24.3.2020

?        HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 1.4.2020

?        HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002245.html, Zugriff 27.2.20191.4.2020

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

?        UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh, http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN, Zugriff 5.3.2019

?        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 26.3.2020

Bewegungsfreiheit

Die Freiheit, sich im Land zu bewegen, ist relativ unbeschränkt (FH 2020; vgl. AA 27.7.2019). Rechtliche Hindernisse, sich in anderen Landesteilen, mit Ausnahme der Chittagong Hill Tracts, niederzulassen, bestehen nicht. Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte (AA 27.7.2019). Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit, Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen Chittagong Hill Tracts und Cox’s Bazar. Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB 8.2019).

Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB 8.2019; vgl. FH 2020; AA 27.7.2019). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die nur für wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerung bei der Reisepassausstellung (ÖB 8.2019). Auch manche Oppositionspolitiker berichten von langen Verzögerungen bei der Erneuerung von Reisepässen, zusätzlich von Belästigungen und Verzögerungen an Flughäfen (USDOS 11.3.2020). Ein Ausreiseverbot besteht für Verdächtige an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 (ÖB 8.2019; vgl. USDOS 11.3.2020).

Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahre brauchen keinen gesetzlichen Vertreter um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars (ÖB 8.2019).

Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister besteht nicht (ÖB 8.2019; vgl. AA 27.7.2019). Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 27.7.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

?        FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

?        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 1.4.2020

Grundversorgung

Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 27.7.2019). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 11,3 % der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar. Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene. Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,042 %, die Geburtenziffer je Frau bei 2,2 % (AA 1.10.2019).

Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund 6 % gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 13.3.2020). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Die Landwirtschaft wird vom Reisanbau dominiert (GIZ 3.2020b; vgl. CIA 13.3.2020). Die Verarbeitung von Produkten der Landwirtschaft und die Textilindustrie sind die wichtigsten Zweige des industriellen Sektors (GIZ 3.2020b), auf den 2017 geschätzt 29,3 % des BIP gefallen sind. Der Export von Kleidungsstücken macht ca. 80 % der Exporte aus. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftet 2017 mehr als die Hälfte des BIP (CIA 13.3.2020).

Über 10 % Anteil an der bangladeschischen gesamtwirtschaftlichen Leistung haben Geldüberweisungen von Arbeitsmigranten nach Bangladesch (GIZ 12.2018b), die im Finanzjahr 2016/17 ca. 13 Milliarden US-Dollar ausmachten (CIA 13.3.2020). Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Etwa 10 Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen. (z.B. “BRAC”, “Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees“, “Bangladesh Migrant Centre“, “Bangladesh Women Migrants Association“). Dachverband ist das „Bangladesh Migration Development Forum“ (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 27.7.2019).

Die offizielle Arbeitslosenrate liegt 2018 geschätzt bei 4-6 %, jedoch mit verdeckter weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. Vor allem in der Landwirtschaft ist Subsistenzwirtschaft ausgeprägt. Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es lediglich im staatlichen Bereich, sowie bei größeren Unternehmen. 85 % der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Einen staatlichen Mindestlohn gibt es nicht. Die Durchsetzung von arbeitsrechtlichen Standards erfolgt lediglich sporadisch (ÖB 8.2019). Brände und Gebäudeeinstürze mit zahlreichen Toten kommen immer wieder vor; insbesondere in der Textilindustrie, wo Bauordnungen lax sind und gefährliche Chemikalien nicht ordnungsgemäß gelagert werden (Al Jazeera 21.2.2019).

Die Bevölkerung Bangladeschs erfährt seit einigen Jahren einen erhöhten Verteilungs- und Chancenkonflikt, aufgrund des Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig abnehmenden Landressourcen und fehlenden Alternativen zur Landarbeit, sowie erhöhtem Druck durch Extremwetterereignisse und anderen Konsequenzen des Klimawandels. Die Slums der Städte wachsen, wenn auch im Vergleich zu anderen Ländern mit ähnlichen Bedingungen etwas langsamer. Ebenso konkurriert die Bevölkerung mit einem höheren Bildungsabschluss um Universitätsplätze und besser bezahlte Arbeitsplätze. Die Lebenshaltungskosten in den Städten steigen und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität in den ländlichen Gebieten und kleineren Städten ist oft lückenhaft bzw. ist ein Anschluss an öffentliche Versorgungsnetzwerke noch nicht vollzogen. Die Strukturen werden zusätzlich temporär belastet, wenn Saisonarbeiter für einige Zeit in die Städte ziehen und dort Arbeitsplätze und Unterkünfte suchen. Die nötige Infrastruktur wird in vielen Gebieten ausgebaut, allerdings kann das Tempo dieses Ausbaus noch nicht mit der Bevölkerungsdynamik mithalten. Aktuell sind ungefähr 60 % aller Haushalte an das staatliche Stromnetz angeschlossen (GIZ 3.2020b).

Mit dem etwas höheren Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre kam es zu einer Beschleunigung der Inflation mit geschätzten 7 %, für 2018 sogar knapp 8 % kam es vor allem seit 2008 zu einer Beschleunigung der Inflation mit 5,6 % für 2018. Die Preissteigerungen bei Lebensmittel von bis zu 70 % treffen besonders den armen Teil der Bevölkerung. Die Regierungen versuchen, mit staatlichen Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen gegenzusteuern, fördern damit aber hauptsächlich Ineffizienz. Allerdings verfügt Bangladesch über ein hervorragendes Netz an Mikrokreditinstitutionen, welche Millionen Bangladeschis effektiv bei ihrem Weg aus der Armut unterstützen (ÖB 8.2019).

Mikrokreditinstitute bieten Gruppen und Individuen ohne Zugang zum herkömmlichen Finanzsystem die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen (GIZ 3.2020b). Das bekannteste davon ist die Grameen Bank, die 1976 in Bangladesch durch den späteren Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus gegründet wurde. Die Grameen Bank, deren Konzept von zahlreichen weiteren Institutionen aufgegriffen und auch in anderen Ländern umgesetzt wurde, gewährt Kredite ohne die banküblichen materiellen Sicherheiten und setzt stattdessen vor allem auf die soziale Komponente, um die Rückzahlung zu gewährleisten. Die Kreditnehmerinnen, die kaum unternehmerische Erfahrung und zumeist einen sehr niedrigen Bildungsstand haben, sollen auch langfristig beraten und unterstützt werden, um ein realistisches Konzept entwickeln und erfolgreich umsetzen zu können – so zumindest ist es vorgesehen. Bei seriösen Programmen sind auch Schulungen über Grundlagen der Unternehmensführung enthalten („finanzielle Alphabetisierung“) (IP 6.3.2018).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (12.2018): DDBD – Deutsche Botschaft Dhaka, Die bangladeschische Wirtschaft, https://dhaka.diplo.de/bd-de/themen/wirtschaft/-/2251288, Zugriff 6.4.2020

?        Al Jazeera (21.2.2019): Worst building disasters in Bangladesh, https://www.aljazeera.com/news/2019/02/timeline-worst-building-disasters-bangladesh-190221050555909.html, Zugriff 28.2.2019

?        CIA – Central Intelligence Agency (13.3.2020): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html, Zugriff 1.4.2020

?        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Bangladesch – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/bangladesch/wirtschaft-entwicklung, Zugriff 24.3.2020

?        IP – Idealism Prevails (6.3.2018): Mikrokredite: Kann Armut durch Unternehmertum überwunden werden?, https://www.idealismprevails.at/mikrokredite-kann-armut-durch-unternehmertum-ueberwunden-werden, Zugriff 27.2.2019

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

Sozialbeihilfen

Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 27.7.2019). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen (ÖB 8.2019). Nicht staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs findet statt (AA 27.7.2019; vgl. ÖB 8.2019), kann aber in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 27.7.2019).

Eine Alterspension in der Höhe von 500 Taka [5,5 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka, wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 % für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 % des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

?        USSSA – U.S. Social Security Administration (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Bangladesh, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/bangladesh.pdf, Zugriff 17.9.2019

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

Rückkehr

Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 27.7.2019) und es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 27.7.2019). Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Problematisch ist, dass „erfolglose Rückkehrer“ von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden. Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für ihre eventuelle Rückkehr (ÖB 8.2019).

Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt. Der „International Organization for Migration“ (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten „General Diary“ gebeten. Nach IOM Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 27.7.2019).

IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt (AA 27.7.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:

Hinsichtlich der Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF sowie zu seiner Muttersprache und seinem Familienstand wird den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen des BFA gefolgt, ebenso wie den Feststellungen zur Situation der Ehefrau des BF sowie deren Eltern. An diesen Feststellungen haben sich im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel ergeben, zumal sich diese Feststellungen auf den im Verfahren vor dem BFA getätigten eigenen Angaben des BF gründen.

Die Feststellung über die Heirat des BF ergibt sich neben den eigenen Angaben des BF auch aus der vorgelegten Heiratsurkunde. Die Feststellung, dass die Ehefrau des BF schwanger ist, ergibt sich aus dem Schreiben der Rechtsberaterin des BF vom 04.06.2020 sowie der beigelegten Kopie eines Mutter-Kind-Passes.

Die Identität des BF konnte - mangels in den Verfahren vorgelegter (geeigneter) Identitätsnachweise - seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht festgestellt werden und dient die im Spruch angeführte Identität des BF lediglich zur Identifizierung des BF als Verfahrenspartei.

Die Feststellungen zu der Situation des BF in Österreich ergeben sich aus den Angaben des BF im Verfahren sowie den diesbezüglich vorgelegten Unterlagen (Bestätigungen, Arbeitsvertrag, Abrechnungsbelege) und dem von der belangten Behörde eingeholten Versicherungsdatenauszug.

Auch die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF Verfahren. Der BF führte zwar Rückenschmerzen an und legte dazu eine ärztliche Bestätigung vor. Er selbst gab aber im Verfahren vor dem BFA und dem BVwG an, dass er derzeit keine Probleme habe. Anhaltspunkte für eine schwere oder lebensbedrohliche Erkrankung des BF sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig haben sich im Verfahren Anhaltspunkte ergeben, die gegen eine Arbeitsfähigkeit sprechen und ergibt sich eine Arbeitsfähigkeit bereits aus den vom BF im Bundesgebieten ausgeübten Beschäftigungen.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug sowie den im Verwaltungsakt befindlichen Unterlagen (gekürzte Urteilsausfertigung, Polizeiberichte).

II.2.2. Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch und die darin angeführten Quellen. Das Länderinformationsblatt zu Bangladesch (Gesamtaktualisierung 06.04.2020) wurden dem BF mit der Ladung zur Verhandlung übermittelt.

Darin wird eine Vielzahl von Berichten verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen zusammengefasst, die ein ausgewogenes Bild betreffend die allgemeine Situation in Bangladesch zeigen. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. des angefochtenen Bescheides (Rückkehrentscheidung):

Gemäß § 52 Abs. 4 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.

Ein derartiger Versagungsgrund liegt vor, wenn der Aufenthalt des Fremden den öffentlichen Interessen widerstreitet (§ 11 Abs. 2 Z 2 NAG).

Der BF war zuletzt auf Grund seines bis 04.08.2021 gültigen Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 18.12.2019 wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 5. Fall SMG als Beitragstäter und wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Bei der Prüfung, ob die Annahme, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Straftat eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198)

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, stellt jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH 15.11.2018, Ra 2018/19/0541, mwN). Es ist ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität, das sowohl unter dem Blickwinkel des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als auch unter dem Gesichtspunkt anderer in Art. 8 Abs. 2 MRK genannter öffentlicher Interessen - insbesondere des Schutzes der Gesundheit - gegeben. (VwGH 20.03.2007, 2007/18/0127)

Der BF hat, rechtskräftig gerichtlich festgestellt, im Oktober 2018 Suchtgift in Verkehr gesetzt und von 2016 bis Juli 2017 Kokain sowie von Oktober bis Mai 2019 Cannabis erworben und konsumiert. Die Tatbegehungen wurden somit über einen langen Zeitraum ausgeführt. Der Beobachtungszeitraum seit der letzten Tatbegehung des BF ist als zu kurz zu bewerten, um einen Wegfall der von seiner Person ausgehenden Gefährdung annehmen zu können. Der BF hatte über einen langen Zeitraum Kontakt zu Suchtgiften, weshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein wird, dass der BF auch weiterhin vergleichbare Straftaten begehen wird. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität gefährdet der weitere Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit, insbesondere auch unter Berücksichtigung der in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführten regelmäßig einhergehenden großen Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftkriminalität.

An dieser Einschätzung vermag auch die dargestellte Änderung der Lebensumstände des BF nichts zu ändern (vgl. VwGH 13.09.2012, 2011/23/0143).

Darüber hinaus ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist (u.a.) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. (VwGH 20.01.2016, Ra 2016/21/0198)

Der BF befindet sich seit Jahren im Bundesgebiet. Es ist den Ausführungen des BFA zu folgen, wenn es zum Familienleben des BF im angefochtenen Bescheid ausführt, dass die Ehefrau des BF erst seit kurzem – inzwischen auch erst seit knapp sechs Monaten - in Österreich lebt und das Familienleben zuvor in keinem anderen Staat bestanden hat. Ein schützenswertes Familienleben kann somit nicht festgestellt werden bzw. ist es dem BF möglich, das gemeinsame Familienleben in Bangladesch zu weiterzuführen. Daran ändert auch die – nunmehr eingetretene - Schwangerschaft der Ehefrau des BF nichts, da es der Ehefrau des BF auch mit Kind möglich ist, gemeinsam mit dem BF in Bangladesch ein Familienleben in Bangladesch zu führen.

Darüber hinaus ist für den BF erschwerend festzuhalten, dass der BF erst nachdem das Strafverfahren gegen ihn in Österreich wegen Suchtgiftmissbrauchs und Suchtgifthandel eingeleitet worden war, in Indien 2019 seine Ehefrau geheiratet hat, ohne ihr bis zum heutigen Tag von seiner – langjährigen - Straftat irgendetwas zu erzählen. Er hat also seine Ehefrau in Indien im August 2019 – und nicht im Sommer 2018, wie er vor dem BVwG angab - geheiratet und hat diese veranlasst im Februar 2020 nach Ö

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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