Entscheidungsdatum
11.09.2020Norm
BFA-VG §21 Abs7Spruch
W268 2204670-3/3E
W268 2204672-3/3E
W268 2204669-3/3E
W268 2204671-3/3E
W268 2204668-3/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris Gachowetz als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX XXXX XXXX XXXX alle StA. Ukraine, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2020, XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerden werden hinsichtlich Spruchpunkt VII. der angefochtenen Bescheide, XXXX XXXX mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser wie folgt zu lauten hat:
"Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wird gegen Sie ein auf die Dauer von 12 Monaten befristetes Einreiseverbot erlassen."
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris Gachowetz als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX , alle StA. Ukraine, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.08.2020, XXXX XXXX XXXX , zu Recht:
A)
Spruchpunkt VII. der angefochtenen Bescheide, XXXX XXXX XXXX
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Erstes Verfahren auf internationalen Schutz (in Rechtskraft erwachsen):
Der Erstbeschwerdeführer und seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, reisten gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern, dem Drittbeschwerdeführer und dem Viertbeschwerdeführer mittels von der österreichischen Botschaft in Kiew ausgestellter Visa am 10.08.2015 in das Bundesgebiet ein, wo sie am 17.08.2015 Anträge auf internationalen Schutz stellten.
Am wurde die Fünftbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren. Ihre Mutter stellte für sie als gesetzliche Vertreterin am 03.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der Erstbefragung am 28.08.2015 gab der Erstbeschwerdeführer an, dass die Familie aus der Ostukraine geflüchtet sei, weil dort ihr Leben in Gefahr sei. Ihm sei von der orthodoxen Kirche in seinem Heimatort XXXX verboten worden, seinen Glauben in russischer Sprache auszuüben. Vom ukrainischen Militär werde nicht geduldet, dass in der Kirche Russisch gesprochen werde. Er sei auch bereits mehrmals aufgefordert worden, zum Militär zu gehen.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab in ihrer Erstbefragung an, dass sie ihren Wohnort Donezk wegen des Krieges verlassen hätten. Wegen der ständigen Bombenangriffe hätten sie immer wieder im Keller Schutz suchen müssen. Es sei derzeit unmöglich, dort zu leben. Sie hätten deshalb beschlossen, die Ostukraine zu verlassen.
In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.01.2018 gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er in der Ukraine den Beruf des Elektroschlossers gelernt und an einer Bergbauhochschule studiert habe. Vor der Ausreise habe er als Wachmann gearbeitet. Der Drittbeschwerdeführer habe in der Ukraine drei Klassen der Grundschule besucht. Der Erstbeschwerdeführer habe keinen Militärdienst geleistet, ihm sei die universitäre Ausbildung angerechnet worden und er habe den Dienstgrad eines Leutnants erhalten. Seine Mutter, seine Schwiegereltern und sein Onkel lebten in seinem Heimatort XXXX . Er selbst habe bis zur Ausreise in Donezk gewohnt.
Zu seinen Fluchtgründen gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er seine Heimat aufgrund des Krieges verlassen habe. Zudem sei in der Ostukraine nicht mehr geduldet worden, dass in den Kirchen russisch gesprochen werde. Weiters sei er aufgefordert worden, an den Kriegshandlungen teilzunehmen. Er weigere sich jedoch, gegen sein eigenes Volk zu kämpfen. Am 14.05.2014 sei es zu Kampfhandlungen in Donezk gekommen, sie hätten sich im Keller verstecken müssen. Am 20.06.2014 habe er seine Frau und die Kinder nach XXXX gebracht. Dann sei er nach Donezk zurückgekehrt, um zu arbeiten. Nunmehr habe er erfahren, dass alle russischen Straßennamen und Dokumente in die ukrainische Sprache übersetzt werden sollen. Am 01.10.2015 habe er gehört, dass die Firma, in der er beschäftigt gewesen sei, überfallen werden sollte. Die Polizei sei verständigt und die Kriminellen verhaftet worden. Im Zuge der Ermittlungen habe sich herausgestellt, dass es sich um Leute von XXXX , eines russischen Oligarchen, handle. Am 14.10.2015 sei er durch einen Granatwerferbeschuss verletzt und im Krankenhaus behandelt worden. Ergänzend gab der Erstbeschwerdeführer an, dass seine Frau in der Ukraine Schulden habe. Sie habe bei der Privatbank des XXXX einen Kredit über 250.000 Hrywnja (umgerechnet etwa 8 400,- €) aufgenommen, diese Schulden müssten sie zurückzahlen. Sie hätten ihre Wohnung einem Herrn XXXX überschrieben, der ihnen Dokumente für die Ausreise aus Donezk beschafft habe. Er sei vom Oligarchen XXXX bedroht worden, da aufgrund seiner Anzeige der Überfall auf seine Firma vereitelt worden sei. Dieser habe ihm Rache geschworen. Vor seiner Ausreise aus Donezk habe er beim SBU (Inlandsgeheimdienst) eine Verpflichtung unterschreiben müssen, dass er die Staatsgeheimnisse wahre.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab in ihrer Einvernahme am 11.01.2018 an, dass sie in der Ukraine Tourismus studiert habe. Nach dem Studium habe sie gleich geheiratet und ein Kind bekommen. Von Oktober 2013 bis April 2014 habe sie als Immobilienmanagerin gearbeitet. Ihr Mann sei in der Immobilienfirma Sicherheitsmann gewesen. Ihre Eltern und eine Tante lebten in XXXX , ein Onkel im Gebiet Donezk. Zu ihren Fluchtgründen gab sie zusammengefasst an, dass ihr Mann zwei Ladungen zum Wehrdienst erhalten habe. Außerdem sei er gezwungen worden, für den SBU in Donezk terroristische Akte zu verüben. Er habe durch seine frühere Tätigkeit im Casino viele Kontakte zu hochrangigen Polizisten und sei dadurch für das ukrainische Militär von Interesse. Der Erstbeschwerdeführer solle herausfinden, wer Anschläge in Donezk finanziert habe. Die ukrainischen Soldaten in XXXX „gehörten“ dem Oligarchen XXXX Ihr Mann sei im Jahr 2005 mit ihm in Konflikt geraten. Bis 2015 habe er ihrem Mann nicht finden können, dann jedoch seien die Ladungen zu ihrem Elternhaus gekommen. Herr XXXX habe ihren Mann im Frühjahr 2015 informiert, dass er sich in höchster Gefahr von XXXX befinde und dass dieser den Erstbeschwerdeführer zwingen würde, für ihn zu arbeiten. Im Frühjahr 2015 habe sie eine gerichtliche Ladung erhalten. Ihr sei vorgeworfen worden, einer Bank 250 000 Hrywnja gestohlen zu haben. Sie sei vor die Wahl gestellt worden, das Geld zurückzuzahlen oder ihr Vermögen werde konfisziert. Am selben Tag habe ihr Mann einen Anruf von Herrn XXXX erhalten, dass er eine Ladung vor Gericht erhalten habe. Der Erstbeschwerdeführer solle entweder für ihn arbeiten oder weiter Probleme haben. Herr XXXX sei auf Seiten von XXXX . Sie selbst werde wegen des Diebstahls bei der Bank steckbrieflich gesucht. Im Donezker Oblast seien alle Kirchen, die zum Moskauer Patriarchat gehörten, geschlossen, weil alle Bischöfe die Gottesdienste auf Russisch gehalten hätten. In der Ukraine würden alle Kirchen in die katholische Richtung gehen, das orthodoxe Weihnachten am 7. Jänner sei abgeschafft worden.
In einer weiteren Einvernahme am 18.06.2018 wurde der Erstbeschwerdeführer dazu befragt, wie Herr XXXX ihnen bei der ÖB Kiew Visa für die Einreise nach Österreich besorgt habe. Dazu gab er an, dass er ihm seine Wohnung überschrieben habe und von ihm gefälschte Dokumente erhalten habe, mit denen er die Visa beantragt habe. Herr XXXX sei beim SBU beschäftigt. Er habe ihn kennengelernt, weil er am 03.02.2015 festgenommen worden sei, da er russisch und nicht ukrainisch gesprochen habe. Als er sich am 22.04.2015 aufgrund eines Einberufungsbefehls bei der Stellungskommission gemeldet habe, habe er ihn wiedergetroffen. Seine Frau sei beschuldigt worden, bei einer Bank Geld unterschlagen zu haben, da der Erstbeschwerdeführer sich geweigert habe, beim Militär einzurücken. Herr XXXX habe ihm angeboten, ihnen im Gegenzug für ihre Wohnung zu helfen. Der Erstbeschwerdeführer gab weiters an, keinen Militärdienst leisten zu können, da er Invalide sei. Alle Männer zwischen 20 und 60 seien zur Ableistung des Militärdienstes einberufen worden.
In ihrer Einvernahme am 18.06.2018 gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie ihre Wohnung im Gegenzug für gefälschte Dokumente an Herrn XXXX übertragen habe. Die Wohnung sei in ihrem Besitz gewesen, die Eigentumsübertragung habe aber ihr Mann geregelt. Sie kenne auch den vollen Namen von Herrn XXXX nicht. Ihr Mann habe ihn bei einer Festnahme Anfang 2015 kennengelernt. Ein Mitarbeiter des SBU namens XXXX habe ihn für die Fälschung von Dokumenten vorgeschlagen.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2018 wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 8 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betragte die Frist für die frewillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Den Bescheiden wurden die entsprechenden Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer zu Grunde gelegt. Die Beschwerdeführer hätten kein Vorbringen erstattet, das auf eine aslyrelevante Verfolgung schließen lasse. Da die Beschwerdeführer arbeitsfähig und gesund seien, gehe die Behörde davon aus, dass ihnen auch keine Gefahren drohten, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I., dass der von den Beschwerdeführern vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter § 3 AsylG 2005 darstelle. Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass bei den Beschwerdeführern keine individuellen Umstände vorlägen, die dafür sprechen würden, dass sie bei einer Rückkehr in die Ukraine in eine derart extreme Notlage geraten würden, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen würde. Unter Spruchpunkt III. wurde mit näherer Begründung darauf verwiesen, dass im Verfahren keine Ansatzpunkte hervorgetreten seien, die die Vermutung einer besonderen Integration der BF in Österreich rechtfertigen würden. Bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen würden somit keine Hinweise gefunden werden, welche den Schluss zuließen, dass durch die Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens eingegriffen werden würde.
Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht am 26.09.2018 Beschwerde erhoben. Begründend wurde vorgebracht, dass die Befragungen der Beschwerdeführer nicht konfliktfrei erfolgt seien und eine zusammenhängende, chronologische Schilderung der Ereignisse nicht möglich gewesen seien, die erste Befragung habe neun Stunden gedauert und sei chaotisch gewesen. Es sei zu Unterbrechungen durch die Fragestellung gekommen und sei auch die Referentin vom Fall abgezogen worden. Es sei auch zu Verständigungsproblemen mit dem Dolmetsch gekommen. „Ich“ (aus der Beschwerde geht nicht hervor, ob Erstbeschwerdeführer oder Zweitbeschwerdeführerin gemeint ist) habe das Protokoll ausbessern und auch nicht unterschreiben wollen, dies sei aber verweigert worden. Allfällige Abweichungen zwischen erster und zweiter Befragung seien daher nicht geeignet, eine Unglaubwürdigkeit darzulegen. Auch beim zweiten Interview sei es nur schwer möglich gewesen, die Fluchtgeschichte ohne Unterbrechung durch Fragen der Referentin zu schildern. Die Beschwerdeführer hätten jedoch eine komplexe Fluchtgeschichte detailliert und widerspruchgsfrei angegeben. Diese sei jedezeit überprüfbar und es würden entsprechende Erhebungen im Herkunftsstaat beantragt. Die Bedrohung beziehe sich auf das gesamte Staatsgebiet und stehe eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung. Weiters würden Unterlagen betreffend den Oligarchen XXXX vorgelegt, es werde um Berücksichtigung und Vorortrecherchen ersucht. Die Gottesdienste der russisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats dürften in der Ukraine nicht mehr in russischer Sprache abgehalten werden. Die freie Religionsausübung sei behindert. Letztes Jahr sei Weihnachten nicht mehr am 6. Jänner, sondern am 24. Dezember gefeiert worden. Der Viertbeschwerdeführer sei nicht in einer Kirche, sondern in einem Privathaus getauft worden. Es werde daher auch Verfolgung aus religiösen Gründen geltend gemacht. Schließlich wurde auf die beiliegenden Integrationsunterlagen verwiesen und vorgebracht, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen vorliegen würden. Der Beschwerde lagen eine Reihe bereits vorgelegter Unterlagen zur Integration der Beschwerdeführer bei.
Die Beschwerden gegen diese Bescheide wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.07.2019 als unbegründet abgewiesen. Den Beschwerdeführern ist es demnach nicht gelungen, mit ihrem Vorbringen eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, daher wurde es seitens des Bundesverwaltungsgerichts im Erkenntnis als unglaubwürdig gewertet.
Diese Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wurden am 06.07.2019 zugestellt und erwuchsen in Rechtskraft.
Eine Beschwerde der Familie an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 23.09.2019 abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 BFA-VG zur Entscheidung abgetreten. Am 16.12.2019 erging der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs, die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
Am 19.12.2019 erklärte der Erstbeschwerdeführer für sich und seine Familie, dass sie beabsichtigen, freiwillig in die Ukraine zurückzukehren.
2. Zweites Verfahren:
Am 15.01.2020, sohin einen Monat, nachdem der Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision zurückgewiesen hatte, stellten sämtliche Beschwerdeführer erneut Anträge auf internationalen Schutz (Folgeanträge). Gleichzeitig wurde die freiwillige Rückkehr der Familie nach Beratung durch die Caritas, wegen der Stellung neuer Anträge auf internationalen Schutz mittels Verständigungsformular widerrufen.
Der Erstbeschwerdeführer begründete bei der Erstbefragung durch LPD Oberösterreich seinen Folgeantrag dahingehend, dass sein Fluchtgrund nach wie vor derselbe sei wie beim ersten Verfahren, jedoch habe sich die Situation seit seinem Erstantrag geändert und verschlimmert. Im Juni 2019 sei seiner Mutter eine polizeiliche Vorladung zugesandt worden mit dem Inhalt, dass er bei der Polizei in der Ukraine erscheinen solle. Da seine Mutter an Demenz leide, habe er von dieser Ladung erst einige Zeit später erfahren. Er habe eine Kopie der Ladung bei sich und könne diese und zwei weitere Schreiben vorlegen. Seit dem Sommer 2019 sei die Fahndung nach dem Erstbeschwerdeführer intensiviert worden. Es sei schon davor schlimm gewesen, aber seit dem Sommer 2019 sei es schlimmer geworden. Es würden immer wieder Polizisten in Zivil bei der Mutter auftauchen, sie bedrohen und auffordern, den Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers und seiner Familie bekanntzugeben. Außerdem sei sie aufgefordert worden, Druck auf den Erstbeschwerdeführer auszuüben, damit er wieder zurück in die Ukraine komme. So würden auch Unbekannte sich bei der Mutter oder den Schwiegereltern als Freunde des Erstbeschwerdeführers und seiner Familie ausgeben und behaupten, dass sie Telefonnummern bräuchten, um die Beschwerdeführer kontaktieren zu können. Der Oligarch XXXX habe dem Erstbeschwerdeführer persönlich mit dem Tod gedroht und trachte nach seinem Leben. Er habe schon vorher große Macht gehabt, aber jetzt sei er unantastbar. Der Erstbeschwerdeführer werde in der Heimat nach wie vor gesucht, weshalb er erneut um Asyl ansuche.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab zu den Neuerungen seit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz an, sie stelle erneut einen Antrag auf internationalen Schutz, weil ihrem Mann, ihr und den Kindern die Todesgefahr drohe. Sie hätten Bestätigungen in schriftlicher Form von der Mutter des Erstbeschwerdeführers und den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin, dass sie bis jetzt immer wieder von Unbekannten aufgesucht würden und aufgefordert würden, den Aufenthaltsort der Beschwerdeführer bekanntzugeben. Die Eltern der Zweitbeschwerdeführerin sowie die Mutter des Erstbeschwerdeführers wurden mehrmals von Unbekannten angerufen, die sich als Freunde der Familie vorstellten. Sie hätten die Telefonnummer der Beschwerdeführer wissen wollen. Im Juni 2019 habe die Schwiegermutter eine polizeiliche Vorladung bekommen, obwohl der Erstbeschwerdeführer nie Probleme mit der Polizei gehabt habe. Sie sei überzeugt, dass dies eine Falle gewesen sei, denn dieser Oligarch XXXX würde mit allen Mitteln versuchen, den Erstbeschwerdeführer wieder zurück in die Heimat zu bekommen, da er sehr rachsüchtig und schrecklich sei. Daher könnten sie nicht zurückkehren.
In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.01.2020 gab der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass er nun das Original der behördlichen Vorladung der Polizei vom 03.06.2019 vorlegen könne. Davon abgesehen habe er zwei neue, weitere Vorladungen, datiert vom 12.12.2019 und vom 09.01.2020. Letztes Jahr sei intensiv nach ihm gesucht worden. Es seien mehrmals Personen in Zivil gekommen, die sich als Polizisten vorgestellt hätten und wissen wollten, wo die Beschwerdeführer wohnten bzw. hätten sie ihre Telefonnummern verlangt. Auch Unbekannte hätten angeklopft, um die Telefonnummer der Beschwerdeführer zu bekommen. Die Vorladung vom 12.12.2019 sei ausgestellt worden, weil er zum ausgemachten Termin nicht erschienen sei. Die Ladung vom 09.01.2020 sei eine frische Vorladung, die seiner Mutter ausgehändigt worden sei. Sie hätten auch dazu gesagt, dass der Erstbeschwerdeführer da unbedingt erscheinen solle. Er habe Angst um sein Leben gehabt. Herr XXXX hätte ihn noch in der Heimat persönlich angerufen. Am 30.06.2015 hätte er gesagt, dass sich niemand verstecken könne. Der Kopf des Erstbeschwerdeführers würde auf einem Stab aufgespießt und als Muster für andere dienen. Andere sollten das sehen und verstehen, dass niemand sich in den Weg stellen dürfe. Am 16.12.2019 hätten sie die endgültig abweisende Entscheidung aller Instanzen bekommen und seien zur Caritas gegangen, die ihnen gesagt habe, dass sie bis zum 20.01.2020 Zeit hätten, das Land freiwillig zu verlassen. Seit der Antragstellung hätten sie das Land nicht verlassen. Der bereits angegebene Fluchtgrund bei Gerichten, Asylgerichtshof, BVwG, unabhängiger Bundesasylsenat, Polizeiinspektion, Fremdenpolizei, Bundesasylamt und Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sei der einzige Grund. Sein Leben sei in Gefahr. Zur Klarstellung möchte er noch sagen, dass früher die ganze Ukraine Russisch war und die Bewohner der Ostukraine immer Russisch gesprochen hätten. Nach Kriegsbeginn in der Ostukraine seien alle gezwungen worden, Ukrainisch zu sprechen. Sie hätten ihre Kirche nicht mehr besuchen können, weil sie Russisch sprechende Personen seien und in der Kirche habe man nicht Russisch reden dürfen. Bis zum Jahr 2000 habe er bei seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt gelebt. Danach sei er nach Donezk gezogen und habe dort gewohnt und gearbeitet. Angesprochen auf Unstimmigkeiten bezüglich der Ladungen insbesondere, dass der Kontrollabschnitt der Ladung, welche bei der Person verbleibe, welche die Ladung zustelle, bei den von ihm vorgelegten Ladungen noch immer angeheftet sei, und auch eine Divergenz der Daten, wann sich der Erstbeschwerdeführer bei der Polizei melden müsse, bestehe, konnte der Erstbeschwerdeführer nicht aufklären. Er gab dazu an, er wisse es nicht. Auch warum auf den drei vorgelegten Polizeiladungen verschiedene Strafverfahrens Aktenzahlen stünden meinte der Erstbeschwerdeführer, dass er nicht wisse wieso. Allerdings könnte der Oligarch XXXX der Polizei alles Mögliche anschaffen. Seit 2015 habe er nur diese drei Ladungen bekommen und man suche jetzt intensiv nach ihm und versuche ihn mit Hilfe der Polizei zu finden. Nach Rückübersetzung der Einvernahme des Einvernahmeprotokolls gab der Beschwerdeführer an, dass er einen hochrangigen Polizeibeamten namens XXXX gekannt habe. Dieser war eine Stufe über XXXX . Der Polizeibeamte XXXX der ihm gegen die Übergabe seiner Wohnung die Dokumente gefälscht und bei der Ausreise geholfen habe, habe ihm gesagt, dass er auf keinen Fall zurückkommen dürfe, denn wenn XXXX erfahren würde, dass er geholfen habe, werde ihm XXXX den Kopf abreißen und XXXX persönlich übergeben. Seit dem rechtskräftigen Abschluss des vorhergehenden Asylverfahrens hätte es keine Änderung im Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführer gegeben.
Am 12.02.2020 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abermals eine Einvernahme des Erstbeschwerdeführers statt, wobei er angab an, er möchte nur bitten, dass er hierbleiben dürfe, denn er sei ein starker Mann und könne der Gesellschaft von Nutzen sein. Er könne sofort arbeiten. Kontakt im Herkunftsstaat habe er nur mit seinen Eltern. Auf die Frage, wann erstmals Unbekannte bei der Mutter angerufen hätten, gab der Beschwerdeführer an, seine Mutter leide an Alzheimer, sie vergesse sehr oft, etwas zu sagen. Wenn es ihr dann einfalle, sage sie es erst viel später. Vom Überfall auf die Firma, bei der der Erstbeschwerdeführer gearbeitet habe, habe er durch den Polizeibeamten XXXX erfahren. Danach gefragt, ob er eine Bestätigung für die Anzeige habe, welche er damals bei der Polizei getätigt habe damit die Banditen des Oligarchen XXXX gefangen genommen werden konnten, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er so etwas nicht habe. Abschließend gab er an, dass er Angst um sein Leben und das Leben seiner Kinder und seiner Familie habe, denn XXXX sei ein blutrünstiger und rachsüchtiger Mensch mit Prinzipien.
Mit mündlich verkündeten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2020 wurde der den Beschwerdeführern nach § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.
Am 13.02.2020 wurde ein Schreiben der Pfarre Vöcklamarkt an das Bundesamt übermittelt, in welchem ausgeführt wurde, dass den Beschwerdeführern mit heutigem Tag Kirchenasyl gewährt werde.
Die Entscheidung betreffend die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vom 12.02.2020 wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.02.2020 bestätigt.
Am 17.02.2020 wurden die Beschwerdeführer von der Betreuungsstelle West wegen unbekannten Aufenthalts entlassen.
Eine für den 18.03.2020 vorgesehene freiwillige Ausreise der BF fand aufgrund der coronabedingten Reiseeinschränkungen nicht statt. Am 05.07.2020 reisten die Beschwerdeführer im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr in ihr Herkunftsland.
Mit den im Spruch genannten Bescheiden vom 04.08.2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die (zweiten) Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG, hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idgF gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG stellte das Bundesamt fest, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig sei (Spruchpunkt V.); die Behörde hielt fest, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 15 b Abs. 1 AsylG 2005 wurde den Beschwerdeführern weiters aufgetragen, von 15.01.2020 bis 05.07.2020 in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VIII.).
Im Hinblick auf die Erlassung eines zweijährigen Einreiseverbots wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer nach Rechtskraft der Asylbescheide Österreich nicht sofort verlassen hätten und somit einer behördlichen Anordnung nicht Folge geleistet hätten. Fest stehe weiters, dass die Beschwerdeführer ihre Anträge auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet und rechtsmissbräuchlich gestellt hätten. Zudem hätten die Beschwerdeführer seit ihrer ersten erfolgten Einreise in das österreichische Bundesgebiet ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand gelebt und hätten keine Mittel für ihren Unterhalt nachweisen können. Durch ihr gesamtes Verhalten würden die Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen und sei somit ein zweijähriges Einreiseverbot gerechtfertigt. In der rechtlichen Beurteilung des Einreiseverbots wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführer ihrer Ausreiseverpflichtung nach rechtskräftiger Beendigung ihres ersten Verfahrens auf internationalen Schutz nicht nachgekommen seien und somit die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet hätten. Zudem falle das Verhalten der Beschwerdeführer in den Geltungsbereich des § 53 Abs. 2 Z6 FPG, zumal sie aufgrund der Tatsache, dass sie über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen und somit keiner legalen Beschäftigung nachgehen können, selbst keine Mittel für ihren Unterhalt aus Eigenem aufbringen können. Die Mittel aus der Grundversorgung seien nicht geeignet, den Vorwurf einer Mittellosigkeit zu entkräftigen. Die Beschwerdeführer hätten bis 14.02.2020 regelmäßig Gelder für Krankenversicherung, Miete Einzelperson und Verpflegung Erwachsene erhalten. Danach hätten sie trotz des Bestehens einer Anordnung der Unterkunft in der Betreuungsstelle West diese Unterkunft verlassen und seien unbekannten Aufenthalts gewesen. Es sei zwar im Mail vom 13.02.2020 darauf hingewiesen worden, dass den Beschwerdeführern durch die Pfarre Vöcklamarkt „Kirchenasyl“ gewährt werde, jedoch ohne die genaue Wohnadresse der Beschwerdeführer anzugeben. Weiters würde die Erlassung eines Einreiseverbots auch nicht Art. 8 EMRK verletzen. Schließlich würden auch keine humanitären Gründe vorliegen, von der Erlassung eines Einreiseverbots abzusehen.
Mit Schriftsatz vom 19.08.2020 wurde gegen Spruchpunkt VII. des Bescheides (Einreiseverbot) Beschwerde erhoben und beantragt, den Spruchpunkt zu beheben oder allenfalls das Einreiseverbot zu verkürzen. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass nicht negiert werde, dass die Beschwerdeführer nach Abschluss ihres Erstverfahrens Österreich nicht verlassen hätten, jedoch seien die Beschwerdeführer die letzten fünf Monate, von Februar 2020 bis Juli 2020 nicht in der Grundversorgung gewesen und wollten schon früher freiwillig zurückkehren, was jedoch aufgrund von Corona nicht möglich gewesen sei. Die Beschwerdeführer seien immer kooperativ und für die Behörden greifbar gewesen. Der einzige Vorwurf, der den Beschwerdeführern zu machen sei, sei, dass sie der Wohnsitzauflage nicht die gesamte Zeit nachgekommen seien, was an den sehr beengten Wohnbedingungen der East West gelegen sei und weil die Beschwerdeführer dem österreichischen Staat nicht noch mehr Geld kosten wollten, weshalb sie in ihre gemietete Wohnung zurückgezogen seien. Die Nichtmeldung sei ein Versehen gewesen, weil weder Vermieter noch die Beschwerdeführer gewusst hätten, dass sie durch die Behörde abgemeldet worden seien. Die Mittellosigkeit alleine darauf zu begründen, dass sich die Beschwerdeführer in der Grundversorgung befinden und keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehen würden, sei nicht zulässig, da dies auf viele Asylwerber zutreffen würde. Zudem seien unter den fünf Beschwerdeführern drei minderjährige Kinder, die ebenso ein Einreiseverbot bekommen hätten. Auch sei nicht als mindernd gewertet worden, dass die Beschwerdeführer nach Entschluss der freiwilligen Rückkehr bis zur freiwilligen Rückkehr keine Grundversorgung mehr bezogen hätten. Zudem sei weder eine konkrete Gefährdungsprognose noch eine Begründung für die verhängte Dauer des Einreiseverbots von zwei Jahren bezüglich der unbescholtenen Beschwerdeführer erfolgt.
Die Verwaltungsakten langten am 21.08.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum Verfahrensgang:
Das Bundesverwaltungsgericht stellt den Verfahrensgang fest, wie dieser bei Punkt I wiedergegeben ist.
1.2. Zur Person der Beschwerdeführer, zum Verfahrensverlauf und den Fluchtgründen:
Die Beschwerdeführer haben sich von August 2015 bis zum 05.07.2020 im Bundesgebiet aufgehalten. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine. Sie bekennen sich zum orthodoxen christlichen Glauben. Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet und sind diese Eltern der restlichen Beschwerdeführer. Der Erstbeschwerdeführer und seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, reisten gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern, dem Drittbeschwerdeführer und dem Viertbeschwerdeführer, mittels von der österreichischen Botschaft in Kiew ausgestellter Visa am 10.08.2015 in das Bundesgebiet ein, wo sie am 17.08.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.
Am wurde die Fünftbeschwerdeführerin im Bundesgebiet geboren. Ihre Mutter stellte für sie als gesetzliche Vertreterin am 03.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Über diese Anträge wurde mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.07.2019 rechtskräftig negativ entschieden. Dabei wurde gleichzeitig eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung getroffen und die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine festgestellt.
Am 15.01.2020 stellten alle fünf Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (Folgeanträge).
Mit mündlich verkündeten Bescheiden vom 12.02.2020 wurde der den Beschwerdeführern nach § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben und wurde diese Entscheidung auch durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt.
Die Folgeanträge wurden letztendlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 68 Abs. 1 AVG, hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Weiters wurden Rückkehrentscheidungen erlassen sowie Einreiseverbote ausgesprochen.
Die Beschwerdeführer sind mittels von der österreichischen Botschaft in Kiew ausgestellter Visa am 10.08.2015 in das Bundesgebiet eingereist (die Fünftbeschwerdeführerin wurde am im Bundesgebiet geboren), haben unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt und waren zunächst nicht gewillt, nach negativem Ausgang der ersten Verfahren freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen.
Sie verließen jedoch letztendlich am 05.07.2020 das österreichische Bundesgebiet und reisten im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr in ihr Herkunftsland.
Die Beschwerdeführer lebten von 18.08.2015 bis 14.02.2020 und somit während des Großteils ihres Aufenthalts in Grundversorgung. Die Beschwerdeführer befanden sich danach für eine unbestimmte Dauer im Kirchenasyl bzw. in ihrer Mietwohnung. Die Beschwerdeführer verfügten nach Entlassung aus der Grundversorgung über keine Mittel zur langfristigen Bestreitung ihres Unterhalts in Österreich.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen betreffend das Verfahren und die Person der Beschwerdeführer: Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt. Es ergaben sich im nunmehrigen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, davon abweichende Feststellungen zu treffen.
2.2. Die Feststellungen zur persönlichen Situation der Beschwerdeführer und ihrem Leben in Österreich ergeben sich aus ihren Angaben und vorgelegten Unterlagen im Rahmen des Verfahrens sowie aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem).
Die Feststellung zur freiwilligen Heimreise der Beschwerdeführer ergibt sich aus der im Akt aufliegenden Ausreisebestätigung von IOM (AS 605).
2.3. Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt (vgl. VwGH vom 20.09.2018 Ra 2018/20/0349). Dieser Nachweis ist dem BF nicht gelungen, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Zudem gaben die Beschwerdeführer in ihrem Antragsformular auf unterstützte freiwillige Rückkehrhilfe selbst an, über keine Eigenmittel zu verfügen und nicht selbsterhaltungsfähig zu sein (vgl. AS 174 ff).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Die Spruchpunkte I. bis VI. und VIII. der angefochtenen Bescheide wurden ausdrücklich nicht bekämpft. Die Beschwerde richtete sich nur gegen die Einreiseverbote laut Spruchpunkt VII. der angefochtenen Bescheide.
Zur Abweisung der Beschwerde betreffend die Erlassung eines Einreiseverbots (Spruchpunkt VII):
Gemäß § 53 Abs 1 und Abs 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens 5 Jahren erlassen werden. Das Bundesamt hat bei der Bemessung der Dauer das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
§ 53 FPG erging in Umsetzung des Art. 11 Rückführungsrichtlinie und ist vor dem Hintergrund des Ziels der Effektivität einer gesamteuropäischen Rückkehrpolitik zu sehen. Dem Wortlaut der Richtlinie zufolge "hat" eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot zu ergehen, falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde, in sonstigen Fällen steht den Mitgliedstaaten die Verbindung der Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot offen (vgl. Filzwieser et al., Asyl- und Fremdenrecht Stand: 15.01.2016, § 53 FPG, K2).
Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt stellt nach dem System der Rückführungs-RL noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde (VwGH 15.12.2001, Zl. 2011/21/0237).
Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot verpflichten Drittstaatsangehörige zur Ausreise in den Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat und enthalten die normative Anordnung, für den festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet derjenigen Mitgliedsstaaten einzureisen, für die die Rückführungs-RL gilt, und sich dort nicht aufzuhalten (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151 mwH). Die Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen darf daher nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, vielmehr muss auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten mitberücksichtigt werden (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237).
Der räumliche Geltungsbereich ist allerdings nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland, hinzu kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein (vgl. Filzwieser et al., Asyl- und Fremdenrecht, § 53 FPG, K3).
Der Verhängung eines Einreiseverbotes sowie in weiterer Folge der Bemessung seiner Dauer immanent ist die zum Entscheidungszeitpunkt durchzuführende individuelle Gefährdungsprognose. Der Beurteilung des durch den Fremden potentiell zu erwartenden Gefährdungspotentials kommt sowohl für die Frage, ob ein Einreiseverbot überhaupt zu verhängen ist, als auch hinsichtlich der Bemessung seiner Dauer zentrale Bedeutung zu. Zwar enthalten die Absätze 2 bis 3 des § 55 FPG eine demonstrative Auflistung von Tatbeständen, deren Erfüllung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Interessen durch den Aufenthalt des Fremden indiziert; dennoch ist das Vorliegen eines der genannten Sachverhalte für sich genommen zur Erlassung eines Einreiseverbotes nicht ausreichend, vielmehr hat - unter Berücksichtigung des gesetzten Verhaltens - eine individuelle Gefährdungsprognose zu erfolgen, welche die Verhängung eines Einreiseverbotes in Abwägung mit den persönlichen Interessen des Drittstaatsangehörigen im Einzelfall gerechtfertigt erscheinen lässt (vgl. Filzwieser et al., Asyl- und Fremdenrecht, § 53 FPG, K10).
Im Fall der Verhängung eines Einreiseverbots ist im Rahmen einer Gefährlichkeitsprognose das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der begangenen Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).
Nach den ErläutRV (2144 BlgNR 24. GP 23 f) soll das Bundesamt "fortan im Einzelfall, zB bei einem nur einmaligen, geringfügigen Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen, auch ein 18 Monate unterschreitendes Einreiseverbot erlassen" können. Die genannten 18 Monate werden zwar im § 53 Abs. 2 leg. cit. (idF BGBl. I Nr. 68/2013) nicht mehr erwähnt (vgl. demgegenüber § 12a Abs. 6 erster Satz AsylG 2005). Nach der gesetzgeberischen Intention kann es allerdings keinem Zweifel unterliegen, dass die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes - regelmäßig nur dann stattzufinden hat, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige "bloß" einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 leg. cit. erfüllt (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207).
Das BFA stützte die Erlassung des zweijährigen Einreiseverbotes unter anderem auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Die belangte Behörde führte aus, dass die Beschwerdeführer ihrer Ausreiseverpflichtung nach rechtskräftiger Beendigung ihres ersten Verfahrens auf internationalen Schutz nicht nachgekommen seien und somit die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet hätten. Zudem falle das Verhalten der Beschwerdeführer in den Geltungsbereich des § 53 Abs. 2 Z6 FPG, zumal sie aufgrund der Tatsache, dass sie über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen und somit keiner legalen Beschäftigung nachgehen können, selbst keine Mittel für ihren Unterhalt aus Eigenem aufbringen können. Die Mittel aus der Grundversorgung seien nicht geeignet, den Vorwurf einer Mittellosigkeit zu entkräftigen. Die Beschwerdeführer hätten bis 14.02.2020 regelmäßig Gelder für Krankenversicherung, Miete Einzelperson und Verpflegung Erwachsene erhalten. Danach hätten sie trotz des Bestehens einer Anordnung der Unterkunft in der Betreuungsstelle West diese Unterkunft verlassen und seien unbekannten Aufenthalts gewesen. Es sei zwar im Mail vom 13.02.2020 darauf hingewiesen worden, dass den Beschwerdeführern durch die Pfarre Vöcklamarkt „Kirchenasyl“ gewährt werde, jedoch ohne die genaue Wohnadresse der Beschwerdeführer anzugeben. Weiters würde die Erlassung eines Einreiseverbots auch nicht Art. 8 EMRK verletzen. Schließlich würden auch keine humanitären Gründe vorliegen, von der Erlassung eines Einreiseverbots abzusehen.
Nach den getroffenen Feststellungen gingen der Erstbeschwerdeführer sowie die Zweitbeschwerdeführerin keiner Erwerbstätigkeit nach und verfügen nicht über eigene, den Lebensunterhalt deckende Mittel. Die Beschwerdeführer konnten keine Existenzmittel nachweisen und ist auch aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich, aus welchen Mitteln sie künftig ihren Lebensunterhalt bestreiten werden, zumal weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin während ihres etwa fünfjährigen Aufenthalts (legal) berufstätig waren. Eine finanzielle Mittellosigkeit wurde von ihnen selbst auch im Rahmen der Beantragung der Rückkehrhilfe angegeben und erweist sich sohin als unstrittig. Es besteht sohin die konkrete Gefahr, dass die Beschwerdeführer infolge der Widersetzung fremdenbehördlicher Anordnungen zur illegalen Mittelbeschaffung greifen und bzw. eine Gebietskörperschaft finanziell belasten (vgl. VwGH 13.09.201, 2011/23/0156). Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführer ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Unterstützung bestreiten können. Weiters ist auch dem Argument, wonach die Beschwerdeführer ihrer Ausreiseverpflichtung nach rechtskräftiger Beendigung ihres ersten Verfahrens auf internationalen Schutz nicht nachgekommen seien und somit auch dadurch die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet hätten, zustimmen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführer einen Folgeantrag stellten, welcher sich ebenso als unbegründet erwies. Den Beschwerdeführern ist jedoch andererseits zugute zu halten, dass sie letztendlich dennoch freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist sind und sich grundsätzlich auch kooperativ den Behörden gegenüber verhalten haben.
Die Erlassung eines Einreiseverbotes steht allerdings, ebenso wie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, unter dem Vorbehalt des § 9 BFA-VG ("Schutz des Privat- und Familienlebens"). Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist (VwGH 02.10.2012, 2012/21/0044, mwN).
Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über kein schützenswertes Familienleben, zumal die gesamte Kernfamilie von der Rückkehrentscheidung betroffen ist, jedoch dennoch ein ausgeprägtes Privatleben, was sich insbesondere auch anhand der im Akt aufliegenden Unterstützungserklärungen zeigt. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Privat- und Familienleben in einem anderen Staat, der vom Geltungsbereich der Rückführungsrichtlinie umfasst ist, liegen nicht vor.
In Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführer mit dem Interesse an der Verhängung eines Einreiseverbotes erscheint daher die Erlassung eines Einreiseverbotes, insbesondere in Anbetracht der fehlenden Existenzmittel in Zusammenhalt mit der Missachtung fremdenbehördlicher Anordnungen, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung geboten. Im Hinblick auf die minderjährigen Dritt-bis Fünftbeschwerdeführer ist auszuführen, dass diesen das Fehlverhalten ihrer Eltern nicht in gleichem Maße zugerechnet werden kann, weshalb das Einreiseverbot im Hinblick auf die Dritt-bis Fünftbeschwerdeführer gänzlich zu beheben war.
Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes ist die oben zitierte Judikatur des VwGH zu berücksichtigen, wonach eine Unterschreitung eines achtzehnmonatigen Einreiseverbots dann gerechtfertigt ist, wenn keine gravierende Gefährdung vom Drittstaatsangehörigen ausgeht. Im konkreten Fall wird die von den Beschwerdeführern ausgehende konkrete Gefährdung der öffentlichen Ordnung als gering bewertet, zumal nur ein Tatbestand des § 53 Abs. 2 FPG erfüllt wurde und in Zusammenhang mit der Ziffer 6 leg. cit. auch beachtet werden muss, dass der rechtliche Rahmen zur Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit für Asylwerber äußerst eingeschränkt ist. Insgesamt konnte daher mit der Verhängung eines Einreiseverbots für die Dauer von 12 Monaten bzw. mit der gänzlichen Behebung des Einreiseverbots betreffend die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer das Auslangen gefunden werden.
4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann - unter anderem - eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).
Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend die Anwendung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 4/2008, (also zur wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG) unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor dem Bundesasylamt releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde an den Asylgerichtshof aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfSlg. 19.632/2012).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Im vorliegenden Fall findet sich eine Rechtsgrundlage für den Entfall der mündlichen Verhandlung in § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG, weil der Antrag der Beschwerdeführer zu Recht wegen Vorliegens entschiedener Sache gemäß § 68 AVG durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückgewiesen wurde. Bei dieser Ermessensbestimmung ("Verhandlung kann entfallen") ist die im Asylverfahren einschlägige lex specialis des § 21 Abs. 7 BFA-VG zu beachten, die den Entfall einer mündlichen Verhandlung unter die Voraussetzung stellt, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Damit ist auch im vorliegenden Fall die zu dieser Bestimmung sowie zu § 24 Abs. 4 VwGVG ergangene, oben aufgezeigte Rechtsprechung maßgeblich.
Eine mündliche Verhandlung konnte im Fall der Beschwerdeführer deshalb unterbleiben, weil aus dem Inhalt des dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakts die Grundlage des bekämpften Bescheids unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Die belangte Behörde kam ihrer Ermittlungspflicht durch die Befragung der Beschwerdeführer zu ihrem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz nach und setzte sich mit dem erstatteten Vorbringen auseinander. Es hat sich auch in der Beschwerde kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Beschwerdeführern im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erörtern und scheint auch erwähnenswert, dass diese sich mittlerweile auch gar nicht mehr im Bundesgebiet befinden. Die Lebensumstände der Beschwerdeführer in Österreich waren aus ihren Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren ausreichend zu entnehmen.
Vor diesem Hintergrund konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private InteressenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W268.2204671.3.00Im RIS seit
11.12.2020Zuletzt aktualisiert am
11.12.2020