TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/15 W282 2225940-1

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Veröffentlicht am 15.09.2020
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Entscheidungsdatum

15.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W282 2225940-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA.: Albanien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)       

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass in Spruchpunkt IV. die Dauer des Einreiseverbotes auf 1 Jahr herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben wird und mit Spruchpunkt II. eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG statt § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger Albaniens, wurde am XXXX 2019 von Beamten der Landespolizeidirektion Wien in einem Wettbüro in Wien XXXX einer fremdenrechtlichen Identitätsfeststellung unterzogen. Der BF gab dabei an, seit 2 Monaten im Schengenraum zu sein, zuvor in Deutschland gewesen zu sein und hier auf einen Freund zu warten. Er gab weiters an keine Angaben über seinen Wohnort im Bundesgebiet machen zu können, er wohne in der Nähe, wisse aber die Adresse nicht. In weiterer Folge wurde der BF nach den Bestimmungen des BFA-VG festgenommen, da die Beamten im Reisepass des BF einen Einreisestempel vom (mutmaßlich) 20.03.2019 erkannten und eine Überschreitung der visumfreien Aufenthaltsdauer vermuteten. Der BF wurde in Folge in ein Polizeianhaltezentrum (PAZ) eingeliefert.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt oder belangte Behörde), Regionaldirektion Wien, leitete in diesem Zusammenhang ein Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ein; der Beschwerdeführer wurde am XXXX .2019 hierzu im PAZ niederschriftlich einvernommen. Er gab hierbei an, nicht am 20.03. sondern am 20.08.2019 auf dem Luftweg über den Flughafen Wien/Schwechat eingereist zu sein. Der Stempel im Pass sei schlecht gestempelt worden, weshalb der Monatsstempel wie eine „03“ statt der eigentlichen „08“ wirke. Er sei nach der Einreise ins Bundesgebiet per Bus gleich nach Deutschland weitergereist um seinen Bruder zu besuchen, danach habe er im Bundesgebiet einen Freund besucht. Er habe keine Barmittel mehr, da er sein ganzes Geld ausgegeben hätte. Ein Freund seines Bruders im Bundesgebiet könne ihm aber ein Ticket nach Albanien kaufen. Er kenne nur den Vornamen des Freundes, er glaube dieser Freund sei Österreicher. Seine Familie lebe in Albanien, er habe keine Verwandten im Bundesgebiet und auch hier kein Privatleben. Er gab weiters an, er wollte bereits ausreisen und habe nur noch auf den Freund seines Bruders gewartet. Er habe weiters eine Verlobte in Afghanistan. Abschließend beteuerte er nochmals er sei nicht im März, sondern im August 2019 eingereist. Letztlich gab er noch an, nicht nach Albanien zurückzuwollen, da er dort „nichts zu tun habe“.

In Folge der Einvernahme wurde über den BF mit Mandatsbescheid vom XXXX .2019 die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Aufenthaltsbeenden Maßnahme verhängt.

3. Mit Bescheid vom XXXX 2019 erließ das Bundesamt zur im Spruch angegeben GZ den angefochtenen Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen wurde (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 iVm
§ 46 FPG eine Abschiebung nach Albanien für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf vier Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen wurde (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wurde (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt wurde (Spruchpunkt VI.). Eine Nachfrage bei der für den Grenzübergang Flughafen Wien/Schwechat zuständigen Polizeidienststelle, um welchen Datumsstempel es sich im Pass des BF handle, erfolgte durch das Bundesamt nicht. Begründend stützte sich das Bundesamt maßgeblich auf die Tatsache, dass der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet unrechtmäßig sei, da er die Bedingungen für den visumfreien Aufenthalt missachtet habe. Er sei am 20.03.2019 in den Schengenraum eingereist und habe sich seitdem in diesem aufgehalten, weshalb er die Dauer des visumfreien Aufenthalts von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen überschritten habe. Weiters habe er keine Geldmittel zur Verfügung um seine Ausreise zu finanzieren und könne seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten. In Folge wurde der Beschwerdeführer am 19.11.2019 nach Albanien abgeschoben.

4. Der Beschwerdeführer erhob durch seine ausgewiesene Rechtsvertreterin gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, wobei der Bescheid hierbei zu Gänze angefochten wird. Der Beschwerdeführer beantragte darin den Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu Spruchpunkt IV. ersatzlos zu beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbots in Spruchpunkt IV. zu reduzieren, in eventu den Bescheid aufzuheben und gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.11.2019 vom Bundesamt vorgelegt. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.12.2019, GZ G312 2225940-1/2Z wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung iSd § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.06.2020 wurde die Rechtssache der (zu diesem Zeitpunkt zuständigen) Gerichtsabteilung G310 abgenommen und der Gerichtabteilung W282 neu zugewiesen.

6. Über Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.08.2020 gab das Stadtpolizeikommando Schwechat, Referat III- Fachbereich 1- Grenzkontrolle noch am gleichen Tag bekannt, dass aufgrund des Stempelcodeverzeichnis festgestellt werden konnte, dass der fragliche Einreisestempel am 20.08.2019 und nicht am 20.03.2019 gestempelt wurde.

7. Die in Punkt 6. ermittelten Tatsachen wurden am 06.08.2020 sowohl dem Bundesamt als auch dem Rechtsberater des BF zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt, ohne dass binnen der gesetzten Frist eine Stellungnahem einlangte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Albaniens. Seine Identität steht fest. Er ist ledig, gesund und erwerbsfähig; er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Seine Familie hält sich in Albanien auf, der BF hat im Bundesgebiet weder Verwandte noch führt er hier ein Privatleben.

Der BF ist am 20.08.2019 auf dem Luftweg am Grenzübergang Flughafen Wien/Schwechat aus Mazedonien kommend in den Schengenraum eingereist. Der BF ist hiernach nach Deutschland weitergereist und um den 21.10.2019 ins Bundegebiet zurückgekehrt, wo er am XXXX 2019 in einem Wettlokal in Wien XXXX , wo er auf einen Freund seines Bruders wartete, von der Polizei aufgegriffen und festgenommen wurde. Der BF hat keinen Wohnsitz bzw. keine Unterkunft im Bundesgebiet. Der BF hat im Zeitpunkt seines Aufgriffs durch die Polizei über keine Geldmittel oder unbare Zahlungsmittel verfügt, um seinen Aufenthalt bzw. seine Rückreise nach Albanien zu finanzieren.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und weist keine nennenswerten Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht auf, er führt im Bundesgebiet weder ein Familien- noch ein Privatleben iSd Art. 8 EMRK.

Der Beschwerdeführer kann den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt im Bundesgebiet nicht nachweisen und kann die Kosten seiner Unterkunft und Ausreise nicht aus eigenen - nachweislich legal erworbenen – Einkünften bzw. Geldmitteln finanzieren.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stellt eine in ihrem Ausmaß sehr moderate Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

Albanien gilt als sicherer Herkunftsstaat. Es besteht keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt ist. Es sind keine Umstände hinsichtlich etwaiger staatlicher Repressalien oder anderweitig gearteter Probleme bekannt bzw. wurden keine solchen vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde (insbesondere in die Meldung Anzeige der LPD Wien AS 1f), in die Niederschrift der Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister (SA) und dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie aus dem „Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister“ wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seinen Familienverhältnissen, seinen finanziellen Mitteln und seinen weiteren Angehörigen stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt (AS 18f).

Zu der Feststellung des (tatsächlichen) Einreisezeitpunkts ist festzuhalten, dass die belangte Behörde - trotz des beharrlichen Einwands des BF, er sei am 20.08.2019 und nicht am 20.03.2019 eingereist - diesbezüglich aus nicht erklärbaren Gründen willkürlich jedwede Ermittlungstätigkeit unterließ. Im Gegenteil erlag die belangte Behörde dem gleichen Irrtum wie die Landespolizeidirektion Wien bei der Personenkontrolle am XXXX 2019, als auch sie eine Einreise schon am 20.03.2019 annahm und dem angefochtenen Bescheid fälschlicherweise zu Grunde legte. Tatsächlich bedurfte es seitens des BVwG lediglich einer Kontaktaufnahme mit dem für die Grenzübergangstelle Flughafen Wien zuständigen Stadtpolizeikommando Schwechat, unter Übermittlung der Passkopie mit dem fraglichen Einreisestempel, um noch am selben Tag die Auskunft zu erhalten, dass dieser Stempel aufgrund des Stempelcodes zweifelsfrei den 20.08.2019 und nicht den 20.03.2019 ausweist (OZ 6). Warum die belangte Behörde auf diese mit geringstem Aufwand verbundene Ermittlungstätigkeit verzichtete, bleibt ungeklärt. Auch, dass neben dem Einreisestempel des Flughafens Wien/Schwechat vom (damals fälschlicherweise angenommenen) 20.03.2019 ein Einreistempel (Kraftfahrzeug) vom 20.08.2019 in Mazedonien und ein Ausreisestempel (Flughafen) vom 20.08.2019 aus Mazedonien eingestempelt sind, erregte aus nicht nachvollziehbaren Gründen ebenfalls nicht den Verdacht der belangten Behörde. Im angefochtenen Bescheid bleibt die belangte Behörde auch jede Erklärung dafür schuldig, wie es der BF zu Stande gebracht haben soll, diese – zweifelfrei vom 20.08.2019 stammenden – Stempel aus Mazedonien in seinem Reisepass zu erlangen, wenn er – wie die belangte Behörde dem Bescheid zu Grunde legt – seit 20.03.20219 durchgehend im Schengenraum aufhältig war. Fest steht aufgrund der Mitteilung des SPK Schwechat (OZ 6) jedenfalls, dass der BF am 20.08.2019 von Mazedonien kommend auf dem Luftweg in den Schengenraum eingereist ist und somit bei sei seinem Aufgriff am XXXX 2019 nur etwas mehr als zwei Monate im Schengenraum aufhältig war.

Auf Auszüge aus dem ZMR und auf die im Verwaltungsakt einliegende Meldung der LPD Wien (AS 1f) stützen sich die Feststellungen, dass der BF keine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet abgegeben hat und bei seiner Befragung auch keine Unterkunft benennen konnte.

Die Feststellungen zur Mittellosigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich daraus, dass er selbst bei seiner Einvernahme angab (AS 18), über keine Barmittel zu verfügen und auch keine unbaren Zahlungsmittel oder Zahlungskarten zu haben, mit denen er an Geld kommen könne. Er gab nur an, dass der „Freund seines Bruders“, wobei er nur dessen Vornahmen kenne, ihm Geld bringen bzw. seine Heimreise bezahlen könne. Jedoch gab er bei seiner Festnahme durch die Polizei an, diesen „Freund“ nicht anrufen zu können, weil er dessen Telefonnummer nicht kenne, bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt hingegen gab er an, er könne diesen Freund jederzeit anrufen, weshalb dieses Vorbringen schon aufgrund dieser Widersprüche nicht glaubhaft ist.

Dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit - lediglich moderat- gefährdet, ergibt aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer die Mittel zu seinem Lebensunterhalt bzw. für seine Unterkunft während seines Aufenthalts im Bundesgebiet bzw. im Schengenraum nicht vorweisen kann.

Eine - wie immer geartete - Gefährdung des Beschwerdeführers für den Fall seiner Rückkehr nach Albanien wurde von diesem weder vor dem Bundesamt noch in der Beschwerde vorgebracht. Der BF gab lediglich an, in Albanien „nichts zu tun zu haben“. Die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat beruht auf § 1 Z 7 Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV). Weitere Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat sind daher nicht verfahrensrelevant und waren somit nicht angezeigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1 Zur (Un-)Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundegebiet:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und ist gemäß Z 10 leg. cit. Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner albanischen Staatsangehörigkeit demnach Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Albanische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.11.2018 (Visumpflichtverordnung) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausführlich erörtert, erlag das Bundesamt durch Unterlassung weiterer Ermittlung im angefochtenen Bescheid dem Irrtum, dass er BF am 20.03.2019 in den Schengenraum eingereist sei, was zum Aufgriffszeitpunkt am XXXX 2019 eine deutliche Überschreitung des 90tägigen visumfreien Aufenthalts mit sich gebracht hätte. Wie festgestellt werden konnte, ist der BF aber erst am 20.08.2019 von Mazedonien kommend auf dem Luftweg in den Schengenraum eingereist und hat an der Grenzübergangsstelle Flughafen Wien-Schwechat die Schengengrenze überquert. Mangels anderer Indikationen in den im Verwaltungsakt einliegenden Reisepasskopien, war der BF daher am XXXX 2019 erst XXXX Tage innerhalb von 180 Tagen im Schengenraum aufhältig. Aus diesem Faktum resultiert daher iSd § 31 Abs. 1 bzw. 1a FPG kein unrechtmäßiger Aufenthalt des BF.

Dennoch erweist sich der Aufenthalt des BF - letztlich aufgrund anderer als der vom Bundesamt zu Grunde gelegten Umstände - iSd § 31 Abs. 1 iVm 1a FPG als unrechtmäßig: Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG zählt zu den Tatbestandsvoraussetzungen des rechtmäßigen Aufenthalts neben der rechtmäßigen Einreise auch die Einhaltung der Bedingungen des visumfreien Aufenthaltes, soweit dem Fremden ein solcher zukommt. Diese Bedingungen legt – für alle Arten von Aufenthalten von Drittstaatsangehörigen im Schengenraum – Art. 6 Abs. 1 der VO (EU) 2016/399 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) fest. Dieser lautet wie folgt:

„Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige

(1) Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:

a) Er muss im Besitz eines gültigen Reisedokuments sein, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Grenze berechtigt und folgende Anforderungen erfüllt:

i) Es muss mindestens noch drei Monate nach der geplanten Ausreise aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gültig. In begründeten Notfällen kann von dieser Verpflichtung abgesehen werden.

ii) Es muss innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre ausgestellt worden sein.

b) Er muss im Besitz eines gültigen Visums sein, falls dies nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates (25) vorgeschrieben ist, außer wenn er Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels oder eines gültigen Visums für den längerfristigen Aufenthalt ist.

c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.

d) Er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein.

e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.“

Im ggst. Fall gab der BF bei seinem Aufgriff am XXXX 2019 selbst an, über keinerlei Barmittel zu verfügen und auch sonst keine unmittelbare Möglichkeit zu haben, an solche zu kommen. Die bloße Angabe „ein Freund könne ihm Geld bringen“, wobei er den Namen des Freundes nicht zu nennen vermochte, vermag nicht auf eine realistische bzw. zeitnahe Möglichkeit hindeuten, auf legale Weise an Bargeld zu kommen, zumal er auf diese Geldmittel auch keinen Rechtsanspruch hat. Weiters gab er an, er könne seine Heimreise nicht finanzieren, da er alles an Geld, dass er bei seiner Einreise bei sich hatte, mittlerweile ausgegeben habe. Fest steht somit, dass der BF bei seinem Aufgriff nicht über die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch nicht für die Rückreise in seinen Herkunftsstaat verfügte. Er hat damit Art. 6 Abs. 1 lit c) des Schengener Grenzkodex und somit eine Bedingung für den visumfreien Aufenthalt iSd § 31 Abs. 1 Z 1 FPG nicht eingehalten, wodurch sein Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1a FPG jedenfalls am XXXX 2019 unrechtmäßig war. Letztlich bleibt es daher entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde – wenn auch aus anderen Gründen als jene, die das Bundesamt in angefochtenen Bescheid heranzog – bei einem unrechtmäßigen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet.

3.2. Zum Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Der in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erfolgte Abspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hat seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z. 5 AsylG 2005, wonach das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt. Der Beschwerdeführer hält sich nun zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) nicht mehr im Bundesgebiet auf. Damit ist die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 23).

3.3 Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

§ 52 FPG lautet wie folgt:

„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Das BFA hat sich in Spruchpunkt II. im Hinblick auf die Ausführungen unter Pkt. II.3.1. zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt, da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war. Der Beschwerdeführer wurde aber im November 2019 nach Albanien abgeschoben; zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt befindet er sich somit nicht mehr im Bundesgebiet.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann es schon im Hinblick auf die ausdrückliche Zielsetzung des Gesetzgebers nicht zweifelhaft sein, dass auch eine erst nach Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (mit oder ohne Einreiseverbot) während des Verfahrens über eine dagegen erhobene Beschwerde erfolgte Ausreise grundsätzlich unerheblich sein muss. Das zur Entscheidung über die Beschwerde berufene Bundesverwaltungsgericht darf – und muss – den Fall dann seinerseits erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abweisen. Das stellt angesichts der einheitlichen Wirkungen einer Rückkehrentscheidung keine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens dar (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, mit Verweis auf den vom Verwaltungsgerichtshof bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht beanstandeten „Umstieg“ von § 52 Abs. 1 Z 1 FPG auf § 52 Abs. 4 Z 4 FPG in VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 7, oder von § 52 Abs. 4 Z 4 FPG auf § 52 Abs. 5 FPG in VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0120, Rz 8 (iVm Rz 3)).

In der Entscheidung vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, traf der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf den relevanten Prüfumfang bei Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 1 FPG 2005 bei zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vorliegendem Inhaltsaufenthalt des Fremden weiters folgende maßgebliche Ausführungen (Hervorhebungen nicht im Original):
„Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass das BVwG im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen hat (siehe nur VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwSlg. 18.953A, Punkt IV. B. 5.1. der Entscheidungsgründe; siehe aus jüngerer Zeit, auf das genannte Erkenntnis verweisend, auch VwGH 19.9.2017, Ra 2016/18/0381, Rn. 9;).

§ 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG sieht das ausdrücklich ‚auch‘ für den Fall einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vor, wenn sich der Drittstaatsangehörige zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält; auch dann sei nämlich § 28 Abs. 2 VwGVG anzuwenden, was hier nur in dem eben erwähnten Sinn (Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt) verstanden werden kann.

Die Sinnhaftigkeit dieser auf den ersten Blick ohnehin nur Selbstverständliches anordnenden Regelung erschließt sich mit Blick auf § 21 Abs. 5 BFA-VG. Darin wird angeordnet:

‚(5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.‘

Damit wird für Fälle, in denen sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, eine verfahrensrechtliche Ausnahme konstituiert. Nicht die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG soll maßgeblich sein, sondern jene, die bei Bescheiderlassung seitens des BFA vorlag; die Prüfungskompetenz des BVwG wird also auf eine vergangenheitsbezogene Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt.

Telos dieser dem Wortlaut nach alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfassenden Anordnung ist es, dem Fremden die Möglichkeit zu nehmen, diese Maßnahmen (bzw. die daran anknüpfenden Wirkungen) letztlich dadurch zu konterkarieren, dass er durch ein bloßes Verlassen des Bundesgebietes die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ihrer Erlassung beseitigt (in diesem Sinn ausdrücklich die ErläutRV zur ersten Vorgängerregelung, nämlich zu § 57 FPG in der Stammfassung, 952 BlgNR 22. GP 99; siehe zu nachfolgenden Vorgängerregelungen auch zusammenfassend VwGH 28.2.2013, 2012/21/0127, Punkte 4.2.3. und 4.3.2. der Entscheidungsgründe). Im hier maßgeblichen Zusammenhang bedarf es einer dieses Ergebnis sicherstellenden verfahrensrechtlichen Sonderregelung aber nicht. Es wird nämlich ohnehin durch den Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erreicht, dessen Schaffung auch ausdrücklich diesem Zweck diente (siehe oben Rn. 11). Von daher verbietet sich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 136 Abs. 2 B-VG) eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs. 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs. 1 FPG). Die genannte Vorschrift ist daher trotz ihres demnach überschießenden Wortlauts, indem sie alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfasst, eingeschränkt zu verstehen, was dann auch durch die Anordnung des § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Sinne bleibt es also trotz § 21 Abs. 5 BFA-VG in einem Fall wie dem vorliegenden dabei, dass das BVwG entsprechend allgemeinen Grundsätzen ‚in der Sache selbst‘, auf Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage, über die gegen die Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde zu erkennen hat. Dem hat das BVwG hier, wie schon erwähnt, entsprochen.“

Demnach ist die Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde während aufrechten Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in Österreich im Grunde zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung nunmehr gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage, zu prüfen, zumal das Rückkehrentscheidungsverfahren schon davor und somit jedenfalls vor Ablauf der in § 52 Abs. 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist eingeleitet wurde.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erweist sich im gegenständlichen Fall als zulässig:

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die folgenden Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423): Erstens die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, zweitens das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, drittens die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, viertens der Grad der Integration, fünftens die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, sechstens die strafgerichtliche Unbescholtenheit, siebentens Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, achtens die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und schließlich neuntens die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Nr. 60654/00, Sisojeva ua gg. Lettland).

Für den konkreten Fall bedeutet dies Folgendes:

Zum Kriterium der Aufenthaltsdauer ist festzuhalten, dass diese im gegenständlichen Fall bei Aufgriff des Beschwerdeführers nur wenige Tage. Dieser besonders kurze Aufenthalt ist im Hinblick auf die dazu ergangene Judikatur des VwGH (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479) bei einer weniger als dreijährigen Aufenthaltsdauer und der Tatsache, dass der Aufenthalt zu Ende unrechtmäßig war, nicht weiter berücksichtigenswürdig.

Zum Begriff des Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ist anhand der konkreten Umstände zu prüfen, ob eine hinreichend stark ausgeprägte persönliche Nahebeziehung vorhanden ist. Dabei ist unter anderem darauf abzustellen, ob ein gemeinsamer Haushalt vorliegt, ob die Verwandten zusammengelebt haben oder ob eine finanzielle Abhängigkeit besteht (ua. VwGH 16.11.2012, 2012/21/0065, VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423, VwGH 24.03.2011, 2008/23/1134). Der BF gab jedoch bei seiner Einvernahme glaubwürdig aus eigenem an, seine Verwandten hielten sich in Albanien auf und er habe kein Familienleben und letztlich nicht einmal ein nennenswertes Privatleben im Bundesgebiet. Er habe sich nur hier aufgehalten, um auf „den Freund seines Bruders zu warten“.

Eine allenfalls vorliegende berücksichtigungswürdige Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht liegt - wie festgestellt - ebenfalls nicht vor, was im Hinblick auf den sehr kurzen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet auch nicht überraschend ist. Die Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat sind hingegen intensiv ausgeprägt, zumal seine Kernfamilie dort lebt, er dort einen Wohnsitz hat und die Sprache seines Heimatlandes spricht. Dementgegen verfügt der BF über keine Deutschkenntnisse, keinen Wohnsitz im Bundesgebiet und war hier auch niemals erwerbstätig. Ebenso wenig liegt gegenständlich ein Aufenthalt vor, der Resultat einer überlangen Verfahrensdauer des BFA oder BVwG war.

Die Ausführungen in der Beschwerde treten der Rückkehrentscheidung auch per-se nicht substantiiert entgegen, sondern beschränken sich auf Ausführungen zur behaupteten Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers (wobei hierzu auf Punkt II.3.1 zu verweisen ist) und auf Vorbringen zur mangelnden Abwägung der Gefährdungsprognose hinsichtlich des Einreiseverbots.

Die Rückkehrentscheidung greift daher nicht unverhältnismäßig in die gemäß Art. 8 EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers ein und erweist sich auf der Grundlage des § 9 BFA-VG als zulässig, da die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug fremdenrechtlicher Bestimmungen iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK die privaten Interessen des BF deutlich überwiegen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe, dass sich die Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG stützt, als unbegründet abzuweisen.

3.3 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (vgl. VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber nicht vor; beim Beschwerdeführer sind keine besonderen Vulnerabilitäten gegeben, zumal er gesund und somit auch erwerbsfähig ist

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist festzustellen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist. In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des Bundesamtes oder des Bundesverwaltungsgerichts, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (vgl. VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044). Albanien gilt als sicherer Herkunftsstaat (§ 1 Z 7 HStV), was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (in diesem Sinn etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Zumal hat der Beschwerdeführer im ganzen Verfahren nie vorgebracht, dass er in Albanien Menschenrechtsverletzungen zu erwarten hätte. Er gab lediglich an, in Albanien Probleme zu haben, weil er dort „nichts zu tun“ hätte. Darüber hinaus hat auch das Ermittlungsverfahren keinerlei - wie immer geartete - Hinweise darauf hervorgebracht, dass dem Beschwerdeführer bei der Abschiebung nach Albanien eine auch nur ansatzweise realistische Gefährdung der durch Art. 2 oder Art. 3 EMRK bzw. Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK geschützten Rechtsgüter droht.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß
§ 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.4 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

§ 53 Abs. 1 u 2 FPG idgF lauten wie folgt:

53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Bei der Abwägung der für ein Einreiseverbot in Folge zu treffenden Gefährdungsprognose ist darüber hinaus das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 bzw. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20. 12. 2011, 2011/23/0256). Weiters auf diese Prognose auf den Zeitpunkt der Ausreise des Fremden auszurichten, die im gegenständlichen Fall bereits im Dezember 2019 erfolgte.

Im gegenständlichen Fall verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer ein auf vier Jahre befristetes Einreiseverbot und stützte sich dabei auf § 53 Abs. 1 und 2 Z 6 FPG.

Im Rahmen der durchzuführenden Gefährdungsprognose im Hinblick darauf, ob, wie lange und in welcher Schwere vom Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, ist daher wie folgt festzuhalten:

Der Aufzählung jener Umstände, die bei der Bewertung einer (schwerwiegenden) Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG zu berücksichtigen sind, kommt demonstrativer Charakter zu und sind diese Aufzählungen nicht taxativ zu verstehen. Dennoch kommt (arg. „insbesondere“ in § 53 Abs. 2 und 3 FPG) den dort angeführten Umständen bei der Abwägung der Gefährdungsprognose grds. besondere Bedeutung zu.

In diesem Zusammenhang erscheint es nachvollziehbar, dass die belangte Behörde sich auf
§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG gestützt hat: Die Bedeutung des Tatbestands des § 52 Abs. 2 Z 6 leg. cit. ist in der Judikatur des VwGH geklärt (ua. VwGH 19.12.2018, Ra Ra 2018/20/0309). Demnach hat „Ein Fremder [..] initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist [..]“. Der Beschwerdeführer hat in seiner Einvernahme angegeben, keine Barmittel zu besitzen und auch keine (nachvollziehbare) Möglichkeit zu haben, an solche zu gelangen, da er nicht im Besitz einer Debit- oder Kreditkarte sei, mit der Geld an Bankautomaten beheben könne. Sein Einwand, er könne „einen Freund“ anrufen, der ihm Geld bringen könne, wurde bereits beweiswürdigend verworfen, zumal er nicht einmal den vollständigen Namen des Freundes angeben konnte. Weiters gab er bei seiner Festnahme durch die Polizei an, diesen „Freund“ nicht anrufen zu können, weil er dessen Telefonnummer nicht kenne, bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt hingegen gab er an, er könne diesen Freund jederzeit anrufen. Letztlich hätte der BF aber auch bei Existenz dieses „Freundes“ keinen Rechtsanspruch auf die ihm möglicherweise zur Verfügung gestellten Geldmittel.

Es besteht daher die realistische Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt des Beschwerdeführers bzw. auch die Gefahr der gegen die Bestimmungen des AuslBG verstoßenden Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers. Daher ist jedenfalls der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt.

Im Ergebnis zeigt sich im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers damit ein Charakterbild, das die Achtung der vor allem. fremdenpolizeilicher Bestimmungen und der Bedingungen für die visumfreie Einreise in moderatem Ausmaß vermissen lässt. Das sich daraus abzeichnende Charakterbild einer Missachtung ggü. den oben genannten Bestimmungen rechtfertigt daher aus Sicht des erkennenden Richters die Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine ihrem Ausmaß nur sehr moderate Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Der gemeinschaftsrechtliche Begriff „Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ ist weit gefasst und schließt sämtliche Gefährdungsbereiche, also auch die gesamte Verwaltungspolizei mit ein (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 53 FPG 2005 Rz 2)

„Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes - hat allerdings regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige "bloß" einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 FPG erfüllt. Ist dagegen davon auszugehen, dass es sich um einen Drittstaatsangehörigen handelt, von dessen Aufenthalt im Sinn des § 53 Abs. 3 FPG eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht, so wird in aller Regel - freilich abhängig von den sonstigen Umständen des Einzelfalles - ein längerfristiges Einreiseverbot zu verhängen sein [..]“ (VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125 mVa VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Eine solche gravierende Gefährdung ist entgegen der vom Bundesamt vorgenommen Gefährdungsabwägung durch den Mangel an eigenen Mittel zur Bestreitung des Unterhaltes iSd §52 Abs. 2 Z 6 FPG noch nicht ausreichend gegeben. Die vom BF ausgehende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurde daher vom Bundesamt mit Verhängung eines vierjährigen Einreiseverbots - zumal sich der BF letztlich entgegen der Annahme des Bundesamtes nur sehr kurz im Bundesgebiet aufgehalten hat - maßgeblich überschätzt und erweist sich daher als unverhältnismäßig.

Im Rahmen der oben vorgenommenen Abwägung der Gefährdungsprognose und der Interessensabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse eines geordneten Fremdenwesens und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einerseits und der Interessen des Beschwerdeführers andererseits sieht das Bundesverwaltungsgericht fallbezogen daher aufgrund der sehr moderaten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers ein einjähriges Einreiseverbot als ausreichend an, um den BF bei zukünftigen Aufenthalten zur Mitführung ausreichender Geldmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts bzw. zur Finanzierung seiner Heimreise anzuhalten.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe teilweise stattzugeben, das die Befristung des Einreiseverbots auf 1 Jahr reduziert wird.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 4 VwGVG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer haben eine mündliche Verhandlung beantragt.

Der Sachverhalt wurde dur

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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