TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/18 G311 2234742-1

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Veröffentlicht am 18.09.2020
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Entscheidungsdatum

18.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3

Spruch

G311 2234742-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Kroatien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2020, Zahl XXXX , zu Recht:

A)              Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)              Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.07.2020 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zwar am 22.01.2018 einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung bei der zuständigen NAG-Behörde gestellt habe, jedoch trotz mehrfacher Urgenz fehlende Unterlagen nicht nachgereicht habe. Daraufhin sei das Bundesamt von der NAG-Behörde befasst worden. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen des § 51 NAG und habe auch keine Angaben zu etwaigen familiären Bindungen und dem allfälligen Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 NAG gemacht. Er sei damit nicht weiter zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und daher auszuweisen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 13.08.2020, beim Bundesamt am selben Tag einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben; in eventu den Bescheid aufheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer einerseits bereits seit XXXX .02.2019 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet habe und mit dieser im gemeinsamen Haushalt lebe und darüber hinaus seit 25.02.2019 als Arbeiter sozialversichert erwerbstätig sei. Dem Beschwerdeführer komme demnach ein Aufenthaltsrecht gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG zu, sodass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und langten am 04.09.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Kroatien (vgl Fremdenregisterauszug vom 07.09.2020).

Er geht seit 25.02.2019 bis zum Entscheidungszeitpunkt durchgehend einer sozialversicherten Erwerbstätigkeit als Arbeiter mit einem Brutto-Bezug von rund EUR 1.900,00 bei XXXX nach (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 14.09.2020).

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm zudem Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister sowie in die Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

§ 66 Abs. 1 und 2 FPG lauten:

"(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen."

Gemäß § 55 Abs. 3 NAG hat die Behörde für den Fall, dass das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht besteht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

§ 51 Abs. 1 NAG lautet:

"Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen."

Der Beschwerdeführer ist bereits seit 25.02.2019 (somit auch bereits zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung des Bundesamtes) durchgehend in Österreich sozialversichert erwerbstätig und damit Arbeitnehmer iSd § 51 Abs. 1 Z 1 NAG. Damit ist er als EWR-Bürger, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhält und in Österreich Arbeitnehmer ist, gemäß § 51 Z. 1 NAG zur Niederlassung im Bundesgebiet berechtigt. Sohin kann nicht davon gesprochen werden, dem Beschwerdeführer würde aus den Gründen des § 55 Abs. 1 NAG das Niederlassungsrecht fehlen (vgl VwGH 22.09.2009, 2008/22/0690). Die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 FPG lagen daher im Entscheidungszeitpunkt nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Ausweisung ab, noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu bewerten. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.

Schlagworte

Ausweisung Behebung der Entscheidung EWR-Bürger Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2234742.1.00

Im RIS seit

11.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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