TE Bvwg Beschluss 2020/9/24 W146 2214411-4

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Veröffentlicht am 24.09.2020
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Entscheidungsdatum

24.09.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W146 2214411-4/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2020, Zl.: 1062193402/190756832:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 25.07.2019 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, dass er vor seiner Flucht nach Österreich im Iran zum Christentum konvertiert sei. Im Jahr 2017 habe er in Österreich die Taufe erhalten. Jetzt habe er Probleme mit seiner strenggläubigen Familie im Iran. Wenn er in den Iran ginge, würden sie ihn den Behörden übergeben und dann würde ihm die Todesstrafe drohen. Seit ca. 7 Monaten verbreite er über diverse soziale Medien christliche Gespräche, Inhalte und Erfahrungen.

Weiters legte der Beschwerdeführer ein Taufzeugnis vom 15.08.2017, eine kirchliche Bestätigung vom 19.07.2019 und eine Bestätigung der islamischen Glaubensgemeinschaft vom 23.07.2019 vor.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 25.10.2019 den Antrag hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides). Hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde der Antrag ebenfalls wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Das BFA sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von 1 Jahr befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.)

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bereits im August 2019 mitgeteilt habe, dass er mittlerweile zum Christentum konvertiert sei und liege daher in seiner Person jedenfalls seitdem ein weiterer, bislang nicht geprüfter, Asylgrund vor.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2020 wurde der Beschwerde gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 68 Abs 1 AVG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren ein Schreiben der Evangelischen Pfarrgemeinde XXXX AB vom 19.07.2019 vorgelegt habe, worin bestätigt werde, dass der Beschwerdeführer nunmehr Pfarrmitglied dieser Gemeinde sei, regelmäßig an deren Gottesdiensten und aktiv am Pfarrleben teilnehme. Dieses Schreiben sei vom Kurator der Pfarrgemeinde unterfertigt worden. Der Beschwerdeführer habe dazu vorgebracht, seit März 2019 regelmäßig die Sonntagsmesse zu besuchen und dort viele Freunde zu haben.

Die im Vorverfahren rechtskräftig festgestellte Scheinkonversion des Beschwerdeführers erscheine aufgrund dieser Neuerung eines Wechsels von einer Freikirche zur Evangelischen Kirche nicht mehr als gegeben.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer am 30.06.2020 neuerlich vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er einen Deutschkurs zweimal die Woche besuche. Er habe noch keine Prüfung abgelegt. Er sei in 4 verschiedenen Flüchtlingsheimen gewesen. Dort habe er immer mitgeholfen, wenn etwas kaputt gewesen sei, dies sei unentgeltlich gewesen. Er helfe auch in der Kirche. Auf Nachfrage in welcher Kirche, gab der Beschwerdeführer an, in der XXXX Kirche in XXXX . Er habe dort geholfen, jetzt nicht mehr, jetzt helfe er in der freien Kirche. Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, die freie evangelische Kirche. Er sei Protestant, weil seine Freundin Protestantin gewesen sei. Er habe erst später die Unterschiede zwischen den Ausformungen verstanden. Auf Nachfrage, ob der Beschwerdeführer nun einer evangelischen oder einer freien evangelikalen Kirche angehöre, gab der Beschwerdeführer an, er sei evangelisch. Er sei von Anfang an in Österreich in der evangelischen Kirche gewesen. Seit sechs Wochen besuche er den Bibelkurs bei der freien evangelikalen Kirche. Er wisse den Unterschied zwischen einer evangelischen und einer freien evangelikalen Kirche nicht. Er besuche die XXXX kirche am Sonntag und die Bibelkurse bei der freien evangelikalen Kirche. Der Beschwerdeführer besuche regelmäßig die XXXX kirche am XXXX in XXXX .

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2020 wurde der Antrag neuerlich hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides). Hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde der Antrag ebenfalls wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Das BFA erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Das BFA sprach zudem aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.) und erließ gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen ihn ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.)

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass es sich bei der Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum um eine Scheinkonversion handle.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des ersten Asylverfahrens nicht geändert. Der Beschwerdeführer halte seine Angaben seit seinem Erstantrag aufrecht. Er habe im gegenständlichen Verfahren keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht. Vielmehr stütze er sich auf die bereits im ersten rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren behauptete und noch aufrecht erhaltene Verfolgungssituation. Ebenso sei anzuführen, dass der Beschwerdeführer keine aussagekräftigen Beweismittel vorgelegt habe. Aufgrund der angeführten Konstellationen gehe die Behörde vom selben bzw. unveränderten Sachverhalt aus.

Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich bestehe.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und beantragte dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Begründend wurde ausgeführt, dass durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2020 der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2019 aufgehoben worden sei mit der maßgeblichen Feststellung, dass der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren beachtliche Nachfluchtgründe vorgebracht habe, an welchen zu zweifeln kein Anlass bestünde. Weiters sei festgestellt worden, dass aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht vom Vorliegen einer Scheinkonversion auszugehen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 17 Abs 1 Z 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Im vorliegenden Fall kann ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß 21 Abs 6a BFA-VG entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 122 Abs. 4 erster Satz B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren aufschiebende Wirkung Folgeantrag Privat- und Familienleben real risk reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W146.2214411.4.00

Im RIS seit

11.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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