TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/24 W136 2230357-1

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Veröffentlicht am 24.09.2020
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Entscheidungsdatum

24.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1
WG 2001 §26 Abs3

Spruch

W 136 2230357-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Militärkommandos Salzburg, Ergänzungsabteilung, vom 24.02.2020, Zl. P1506291/3-MilKdo S/Kdo/ErgAbt/2020 (3), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 26 Abs. 3 WG 2001 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

I.1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer (nachfolgend BF) ist seit dem Eintritt der Rechtskraft des Stellungsbeschlusses am 29.11.2018 tauglich und wurde kraft Gesetzes bis zum 05.06.2019 wegen seiner Schulausbildung von der Ableistung des Grundwehrdienstes ausgeschlossen.

I.2. Mit Einberufungsbefehl des Militärkommandos Salzburg (nachfolgend belangte Behörde) vom 04.07.2019 wurde der BF mit Wirkung vom 07.01.2020 zur Leistung des Grundwehrdienstes in der Dauer von 6 Monaten einrechenbarer Dienstzeit einberufen. Darauf beantragte der BF mit Schreiben vom 31.07.2019 die Verschiebung seiner Einberufung zum Grundwehrdienst auf Juli 2020. Begründend führte er aus, dass er durch den bestehenden Einberufungstermin zwei Studiensemester verlieren würde, er die Möglichkeit eines Studienplatzes mit Studentenheim für das Studienjahr 2019/20 wahrnehmen möchte und mit Juli 2020 in die Schwarzenbergkaserne einrücken würde.

I.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.08.2019 wurde der Einberufungsbefehl vom 04.07.2019 gemäß § 68 Abs. 2 AVG 1991 iVm § 24 Abs. 1 und 3 WG 2001 dahingehend abgeändert, dass der BF mit Wirkung vom 06.07.2020 zur Leistung des Grundwehrdienstes in der Dauer von 6 Monaten einrechenbarer Dienstzeit einberufen wurde.

I.4. Am 23.01.2020 teilte der BF zusammenfassend mit, dass er im Oktober 2019 ein Physikstudium begonnen habe, welches durch den Grundwehrdienst unterbrochen werde. Aus diesem Grund ersuche er um eine Möglichkeit, seinen Einberufungstermin um ein Jahr zu verschieben, damit er die Basis für sein Studium abschließen könne und unter anderem sein Wohnplatz nicht verloren gehe. Mit Schreiben vom 25.01.2020 beantragte der BF eine bescheidmäßige Feststellung seines Antrages um Aufschub des Präsenzdienstes und wiederholte seine dazu bereits vorgebrachten Gründe.

I.5. Mit Schreiben vom 24.01.2020 wurde der BF von der belangten Behörde aufgefordert, bis 31.01.2020 insbesondere einen Nachweis vorzulegen, aus dem hervorzugehen habe, wann der BF sein Studium begonnen habe (Studienblatt), des Weiteren einen Nachweis aller von ihm seit Beginn des Studiums abgelegten Prüfungen im Zusammenhang mit seinem Hochschulstudium samt Angabe der ECTS-Punkte sowie Inskriptionsbestätigungen für das Wintersemester 2020 und das Sommersemester 2020.

I.6. Mit E-Mail vom 02.02.2020 übermittelte der BF das Studienblatt bzw. die Studienzeitbestätigung, Studienbestätigungen und Nachweise über die LV-Anmeldungen betreffend das Wintersemester 2019/20 und das Sommersemester 2020. Zusätzlich gab er an, dass er einen Prüfungsnachweis mit Angabe der ECTS-Punkte für das Wintersemester 2019/20 am Ende der zurzeit stattfindenden Klausuren nachreichen werde. Ferner übermittelte der BF am 13.02.2020 sein Reifeprüfungszeugnis vom 05.06.2019.

I.7. Mit dem bekämpften Bescheid vom 24.02.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes zum Zwecke seines Bachelorstudiums der Studienrichtung Physik gemäß § 26 Abs. 3 WG 2001 ab.

Hierzu wird in der Begründung nach ausführlicher Darlegung des bisherigen Verfahrensganges wie folgt ausgeführt (auszugsweise):

„Gemäß § 26 Abs. 3 des im Spruch zitierten Wehrgesetzes 2001 ist tauglichen Wehrpflichtigen, sofern militärische Interessen nicht entgegenstehen, der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben, wenn

1. sie nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen wurden und sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnenen Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden würden oder

2. sie vor der rechtswirksam verfügten Einberufung zum Grundwehrdienst eine weiterführende Ausbildung begonnen haben und eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Ein Aufschub ist auf Antrag der Wehrpflichtigen zu verfügen. Der Aufschub darf bis zum Abschluss der jeweiligen Ausbildung oder Berufsvorbereitung gewährt werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September jenes Kalenderjahres, in dem diese Wehrpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.

Das Militärkommando gelangte nach eingehender Prüfung und Beurteilung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes zu folgender Ansicht:

Sie erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Ziffer 1 des Wehrgesetzes 2001. Sie wurden zwar nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach Ihrer Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen, jedoch ist auf Grund des ausgewiesenen Sachverhaltes in Ihrem Falle durch die Unterbrechung der Ausbildung kein bedeutender Nachteil erkennbar. Dies deshalb, weil es hinsichtlich des Eintrittes in das Berufsleben keinen wesentlichen Unterschied macht, ob Sie den Grundwehrdienst jetzt oder nach Abschluss Ihrer Ausbildung leisten. Die mit der Ableistung des Grundwehrdienstes verbundene Verhinderung einer zügigen und ununterbrochenen Dauer des Studiums stellt für sich allein noch keinen bedeutenden Nachteil im Sinne des Gesetzes dar. Dieser mit jeder derartigen Unterbrechung einer Ausbildung verbundene Nachteil wird vom Gesetz grundsätzlich in Kauf genommen, wie sich aus § 67 Absatz 1 des Universitätsgesetzes ergibt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die bloße Verlängerung des Studiums infolge der Ableistung des Grundwehrdienstes eine natürliche Folge der Erfüllung der diesbezüglichen staatsbürgerlichen Pflicht. Eine solche Verzögerung würde auch dann eintreten, wenn Sie den Wehrdienst vor Beginn Ihrer Hochschulausbildung absolviert hätten.

Sie erfüllen auch nicht die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Ziffer 2 des Wehrgesetzes 2001. Obwohl Sie Ihre weiterführende Ausbildung vor der Erlassung Ihres Einberufungsbefehles begonnen haben, stellt jedoch eine Unterbrechung keine außerordentliche Härte dar. Dies deshalb, weil, wie oben bereits erwähnt, gemäß § 67 Abs. 1 des Universitätsgesetzes Studierende auf Antrag für höchstens zwei Semester je Anlassfall, insbesondere wegen Leistung eines Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes, bescheidmäßig zu beurlauben sind. Während der Beurlaubung bleibt die Zulassung zum Studium aufrecht. Die Beurlaubung ist bis längstens zum Ende der Nachfrist des jeweiligen Semesters zu beantragen. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass Sie selbst in Ihrem Schreiben vom 31.07.2019 um Abänderung Ihres damaligen Einberufungsbefehles für den Einberufungstermin 07.01.2020 auf den Einberufungstermin 06.07.2020 ersuchten und so daher diesen Umstand, dass Sie Ihr Studium für ein Semester unterbrechen müssen selbst verursacht haben.“

I.8. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 23.03.2020 rechtzeitig Beschwerde und führte Folgendes aus:

Er habe bei seiner Stellung im Jahr 2018 seinen ausdrücklichen Wunsch zum Einberufungstermin für September 2019 abgegeben. Damals sei ihm angeboten worden, dass er eine Fliegertauglichkeitsprüfung absolviere. Dieses Angebot habe er angenommen, jedoch habe er die Fliegertauglichkeitsprüfung nicht bestanden. Außerdem sei ihm versichert worden, dass sich bei seinem Einberufungstermin zum Grundwehrdienst beginnend mit September 2019 nichts ändern werde. Am 11.07.2019 habe er wider Erwarten einen Einberufungsbefehl für den 07.01.2020 erhalten. Begründend sei ihm mitgeteilt worden, dass wegen der Fliegertauglichkeitsprüfung im September 2019 keine Stelle für die Absolvierung des Grundwehrdienstes frei sei. In der Folge habe er einen Einberufungstermin für Juli 2020 vereinbart und sich für ein Bachelorstudium im Fach Physik angemeldet. Sollte seiner Bescheidbeschwerde nicht stattgegeben werden, würde dies für ihn eine außerordentliche Härte im Sinne des § 26 Abs. 3 Z 2 WG 2001 bedeuten, da es sich bei diesem Studium um ein aufbauendes Studium handle und er bei Ableistung des Präsenzdienstes nicht sechs Monate, sondern ein ganzes Jahr verlieren würde, da der Studienbeginn jeweils mit dem neuen Studienjahr und nicht mit jedem neuen Semester erfolge. Aus demselben Grund würde er weiters gemäß § 26 Abs. 3 Z 1 WG 2001 einen bedeutenden Nachteil erleiden. Zusammenfassend habe er einen bedeutenden Nachteil erlitten, weil er sich für die Fliegertauglichkeitsprüfung gemeldet habe und deswegen nicht zum vereinbarten Einberufungstermin im September 2019 einberufen worden sei. Schließlich ersuche er seiner Bescheidbeschwerde stattzugeben, damit er nach Absolvierung seines Bachelorstudiums seinen Wehrdienst bzw. eine Einjährig-Freiwilligen Ausbildung (EF) absolvieren könne.

I.9. Mit Anschreiben der belangten Behörde vom 15.04.2020 wurden die Beschwerde und der gegenständliche Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt.

I.10. Am 06.08.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben der Mutter des BF ein, womit diese um zeitnahe Bearbeitung der Beschwerde ihres Sohnes ersuchte und dazu im Wesentlichen ausführte, dass zur bereits vorgebrachten Benachteiligung einer Unterbrechung des Physikstudiums Ereignisse rund um die Corona-Pandemie mit akuten Infektionsfällen in der Kaserne des BF hinzugetreten seien. Sowohl ihr Mann, als auch sie, die Mutter des BF, würden in Schlüsselpositionen arbeiten, welche auch in der Pandemie unmittelbar ausgeführt werden müssten. Der BF sei letzte Nacht kurzfristig und ohne Ankündigung zwecks Eindämmung eines Covid 19-Clusters in der Schwarzenbergkaserne nach Hause entlassen worden und sie würden weder wissen, wie er sich verhalten solle, welches gesundheitliche Risiko und Ansteckungsrisiko er trage, noch wann und wie er seinen Präsenzdienst wiederaufnehmen könne. Der BF wolle sich keineswegs seiner Verpflichtung zum Präsenzdienst entziehen, jedoch stehe der Aufwand, welcher zur Wahrung ihrer Gesundheit zurzeit österreichweit betrieben werde, nicht in Relation zur Gefahr, die im speziellen Fall des BF entstehe, wenn er seinen Präsenzdienst jetzt fortführe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.

Die Tauglichkeit des BF zum Wehrdienst wurde von der Stellungskommission laut unbestrittener Aktenlage erstmals am 29.11.2018 festgestellt. Für das Bundesverwaltungsgericht steht weiters der unter Punkt I dargelegte Sachverhalt, was insbesondere den Zeitpunkt des Eintrittes der Pflicht zur Leistung des Grundwehrdienstes sowie den entscheidungswesentlichen Beginn seines Studiums betrifft, unstrittig fest. Weiters wird festgestellt, dass der BF seinen Grundwehrdienst am 06.07.2020 angetreten hat. Dies ergibt sich aus der diesbezüglich vorliegenden Aktenlage sowie dem damit übereinstimmenden Vorbringen des BF.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A):

2.1. Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146/2001 (WG 2001) idF der Novelle BGBl. I Nr. 102/2019 von Bedeutung:

„Befreiung und Aufschub

§ 26. […]

(3) Tauglichen Wehrpflichtigen ist, sofern militärische Interessen nicht entgegenstehen, der Antritt des Grundwehrdienstes aufzuschieben, wenn

1.       sie nicht zu einem innerhalb eines Jahres nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst gelegenen Termin zu diesem Präsenzdienst einberufen wurden und sie durch eine Unterbrechung einer bereits begonnenen Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden würden oder

2.       sie vor der rechtswirksam verfügten Einberufung zum Grundwehrdienst eine weiterführende Ausbildung begonnen haben und eine Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Ein Aufschub ist auf Antrag der Wehrpflichtigen zu verfügen. Der Aufschub darf bis zum Abschluss der jeweiligen Berufsvorbereitung gewährt werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September jenes Kalenderjahres, in dem diese Wehrpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden.

(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam.“

2.2. Die belangte Behörde hat den verfahrensgegenständlichen Antrag des BF mit der Begründung abgewiesen, dass die mit der Ableistung des Grundwehrdienstes verbundene Verhinderung einer zügigen und ununterbrochenen Dauer des Studiums für sich allein noch keinen bedeutenden Nachteil im Sinne des Gesetzes darstelle. Auch treffe den BF durch die Unterbrechung seines Studiums keine außerordentliche Härte, weil Studierende gemäß § 67 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 auf Antrag für höchstens zwei Semester je Anlassfall, insbesondere wegen Leistung eines Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienstes, bescheidmäßig zu beurlauben seien.

Der belangten Behörde ist zu folgen.

2.3. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Tauglichkeit des BF erstmals mit 29.11.2018 festgestellt wurde und der BF kraft Gesetzes bis zum 05.06.2019 wegen seiner Schulausbildung von der Ableistung des Grundwehrdienstes ausgeschlossen war. Seine Heranziehbarkeit zum Grundwehrdienst begann somit am 06.06.2019. Der erste Einberufungsbefehl für den Einberufungstermin am 07.01.2020 wurde auf Ersuchen des BF auf den Einberufungstermin am 06.07.2020 abgeändert. Der BF begann sein Bachelorstudium im Oktober 2019, woraus sich ergibt, dass der BF bewusst den Antritt seines Studiums noch vor seinem Grundwehrdienst geplant hat.

Aus § 26 Abs. 3 WehrG 2001 folgt, dass es ein kumulatives Erfordernis für die Bewilligung eines Aufschubs ist, dass der betreffende Wehrpflichtige nicht binnen Jahresfrist nach Heranziehbarkeit einberufen wurde (VwGH 15.09.2009, 2008/11/0087). Diese Voraussetzung ist, wie die belangte Behörde auch richtig festgestellt hat, erfüllt, weil der BF seit 06.06.2019 heranziehbar gewesen wäre, aber erst mit 06.07.2020 einberufen wurde.

Weiters war daher zu prüfen, ob dem BF durch die Einberufung am 06.07.2020 – und damit die Unterbrechung seines Studiums – ein bedeutender Nachteil oder eine außerordentliche Härte erwachsen ist.

Der BF brachte im Rahmen des Verfahrens im Wesentlichen vor, dass die Unterbrechung seines Studiums ein bedeutender Nachteil bzw. eine außerordentliche Härte für ihn darstelle, da es sich bei diesem Studium um ein aufbauendes Studium handle und er durch Ableistung des Präsenzdienstes ein ganzes Jahr verlieren würde. Damit konnte der BF – wie die nachfolgend angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zeigt – jedoch keinen bedeutenden Nachteil oder eine außerordentliche Härte geltend machen. Im Sinne der nachfolgend zitierten Harmonisierungspflicht musste er nämlich bereits vor Beginn seines Studiums damit rechnen, dass er seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Ableistung des Grundwehrdienstes noch wird nachkommen müssen. Davon abgesehen ist den Ausführungen der Behörde zu folgen, dass es hinsichtlich des Eintrittes in das Berufsleben keinen wesentlichen Unterschied macht, ob der BF den Grundwehrdienst jetzt oder nach Abschluss seiner Ausbildung leistet.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber generell davon ausgeht, dass Wehr- und Zivildienstpflichtige – nicht zuletzt in ihrem eigenen Interesse – ua. ein Hochschulstudium grundsätzlich erst nach Leistung des Wehrdienstes bzw. ordentlichen Zivildienstes beginnen sollen. Die bloße Verlängerung des Studiums infolge Wehr- oder Zivildienstleistung ist eine natürliche Folge der Erfüllung der in Rede stehenden staatsbürgerlichen Pflicht und vermag von vornherein keinen bedeutenden Nachteil bzw. keine außerordentliche Härte zu begründen. Die Verzögerung würde (nämlich) auch dann eintreten, wenn der Wehr- oder Zivildienstpflichtige den Wehr- bzw. Zivildienst vor Studienbeginn absolviert hätte. Daß allenfalls ein weiteres Semester infolge einer Unterbrechung des Studiums verloren ginge, stellt keine außerordentliche Härte dar (vgl. VwGH 22.03.2002, 2001/11/0395 zum diesbezüglich vergleichbaren Aufschub gemäß § 14 Abs. 2 ZDG 1986).

2.4. Unabhängig davon ist festzuhalten, dass die mit der Ableistung des Präsenzdienstes verbundene Verhinderung „einer zügigen und ununterbrochenen Dauer des Studiums“ für sich allein noch keinen „bedeutenden Nachteil“ im Sinne des Gesetzes darstellt. Dieser mit jeder derartigen Unterbrechung einer Ausbildung verbundene Nachteil wird vom Gesetz grundsätzlich in Kauf genommen, wie sich aus dem mit § 26 Abs. 3 WG 2001 vergleichbaren § 14 Abs. 2 ZDG 1986 ergibt. Eine gegenteilige Auffassung wäre mit Wortlaut und Sinn des Gesetzes, welches ausdrücklich auf einen „bedeutenden Nachteil“ abstellt, nicht vereinbar und hätte faktisch zur Folge, dass § 26 Abs. 3 WG 2001 bzw. § 14 Abs. 2 ZDG 1986 weitgehend ins Leere ginge (VwGH 17.12.1998, 98/11/0183).

Schließlich hat der BF durch die Aufnahme seines Studiums Fakten geschaffen, aus denen er nunmehr die Unzumutbarkeit einer Unterbrechung abzuleiten versucht, obwohl er wissen musste, dass er seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes noch wird nachkommen müssen. Dabei ist zum einen darauf aufmerksam zu machen, dass grundsätzlich alle Zivil- und Wehrdienstleistenden, die bereits vor Erbringung der jeweilig in Rede stehenden Dienstleistung ihre berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen haben, einen Rückschlag bzw. Zeitverlust in ihrer Karriere hinzunehmen haben (VwGH 30.06.1992, 92/11/0104). Zum anderen ist auf die Rechtsprechung des VwGH zur sogenannten „Harmonisierungspflicht“ hinzuweisen, wenngleich diese primär auf die Vermeidung „besonders berücksichtigungswürdiger wirtschaftlicher, familiärer oder aufgrund einer eingetragenen Partnerschaft bestehender Interessen“ (§ 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001) abstellt. Ein Wehrpflichtiger hat die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes so vorzunehmen, dass für den Fall seiner Zuweisung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden. Den Wehrpflichtigen trifft also die Verpflichtung, seine Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren. Verletzt er diese Harmonisierungspflicht, können die daraus abgeleiteten Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig angesehen werden (VwGH 13.12.2001, 2000/11/0085).

Abschließend ist lediglich ergänzend anzumerken, dass das Gesetz grundsätzlich auch keinen Anhaltspunkt für einen Rechtsanspruch auf nahtlosen Anschluss eines Studiums an einer Hochschule, Fachhochschule oder einem Kolleg an eine mit der Ablegung der Reifeprüfung (hier an einer allgemeinbildenden höheren Schule) endende schulische Ausbildung bietet (Hinweis E 12.01.1988, 87/11/0220) (VwGH 21.05.1996, 96/11/0091).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt erst ein rechtskräftiger Ausspruch betreffend die Befreiung oder den Aufschub von der Präsenzdienstpflicht ein rechtliches Hindernis für die Erlassung eines Einberufungsbefehles dar. Die Stellung eines Antrages hindert demnach ebenso wenig die Einberufung zum Grundwehrdienst wie die Erhebung einer Beschwerde gegen einen abweisenden Bescheid oder die Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. aus vielen das hg. Erkenntnis vom 26.06.2012, Zl. 2012/11/0105, mwN). Dies gilt in gleicher Weise - im Hinblick auf die Gleichbehandlung beider Rechtsinstitute in § 26 Abs. 4 WG 2001 - in Ansehung eines Antrages auf Aufschub der Präsenzdienstpflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20.10.2005, Zl. 2005/11/0157; VwGH 23.05.2013, 2013/11/0102). Dies hat der BF auch richtig erkannt und seinen Grundwehrdienst am 06.07.2020 angetreten.

Wenn der BF vorbringt, dass er aufgrund der Anmeldung zur Fliegertauglichkeitsprüfung einen Einberufungstermin im September 2019 verpasst habe und die erfolgte Einberufung im Juli 2020 für ihn ein bedeutender Nachteil darstelle, ist ihm entgegenzuhalten, dass ihm die Fliegertauglichkeitsprüfung nach eigenen Angaben lediglich angeboten worden sei und er somit zur Absolvierung derselben nicht verpflichtet war. Zudem ist nicht nachvollziehbar, weshalb der BF selbst um eine Abänderung seines ersten Einberufungsbefehles mit Einberufungstermin am 07.01.2020 auf den Einberufungstermin am 06.07.2020 ersuchte und nunmehr geltend macht, dass ihm dadurch ein bedeutender Nachteil entstanden sei.

Auch aus den sonstigen, erst im E-Mail der Mutter des BF vom 06.08.2020 angeführten Argumenten, lässt sich vor dem Hintergrund der Feststellungen – insbesondere auf Grund der Tatsache, dass der BF bei seiner Studienplanung keine Rücksicht auf den bevorstehenden Wehrdienst genommen hat – kein Vorliegen eines bedeutenden Nachteils oder einer außerordentlichen Härte im Sinne des § 26 Abs. 3 WG 2001 ableiten.

2.5. Im Sinne der vorzitierten Judikatur war daher der belangten Behörde zu folgen, wenn sie einen bedeutenden Nachteil und eine außerordentliche Härte infolge einer Unterbrechung der Ausbildung des BF im Sinne des § 26 Abs. 3 WG 2001 verneint. Da der Antrag des BF auf Aufschub des Antrittes des Grundwehdienstes von der belangten Behörde im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde, war der Beschwerde keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die maßgebliche Rechtsfrage des Vorliegens eines bedeutenden Nachteils oder einer außerordentlichen Härte im Sinne des § 26 Abs. 3 WG 2001 wurde in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH mehrfach behandelt. Nach der oben zu Spruchpunkt A dargelegten Rechtsprechung war im vorliegenden Fall eine solche zu verneinen.

Schlagworte

Aufschub des Antritts Aufschubantrag Aufschubgründe außerordentliche Härte bedeutender Nachteil Einberufungsbefehl Grundwehrdienst Harmonisierungspflicht Pandemie Studium Unterbrechung des Studiums

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2230357.1.00

Im RIS seit

11.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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