TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/28 W122 2232330-1

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Veröffentlicht am 28.09.2020
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Entscheidungsdatum

28.09.2020

Norm

BDG 1979 §135a Abs2
BDG 1979 §14
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W122 2232330-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Vorsitzender und die fachkundige Laienrichterin Mag. Manuela HAFNER sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Christian SINGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX aus Leoben, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Johannes DÖRNER und Dr. Alexander SINGER, Brockmanngasse 91/I ,8010 Graz gegen den Bescheid des Personalamtes Graz der Österreichischen Post AG, vom 15.04.2020, Zl. PAG-600700/10-A16, zu Recht:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG, zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Bisherige Verfahren

1.1. Mit ursprünglichem Bescheid vom 02.09.2010 wurde der Beschwerdeführer gem. § 14 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, (BDG 1979) amtswegig in den Ruhestand versetzt.

Begründend führte die Dienstbehörde aus, der in die Verwendungsgruppe PT 8 ernannte Beschwerdeführer sei nach den Ergebnissen des Gutachtens der Pensionsversicherungsanstalt in Ansehung seines ihm zuletzt dienstrechtlich wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzes „Gesamtzustelldienst – Code 0802“ dauernd dienstunfähig, weil ihm überwiegend schwere körperliche Beanspruchung, fallweise schwere Hebe- und Tragetätigkeiten, häufiges Bücken und Strecken, sowie Arbeiten unter häufiger Kälte- und Nässeexposition nicht mehr möglich seien.

Mehrere Verweisungsarbeitsplätze wurden von der Behörde angeführt, eine Eignung jedoch aufgrund der damit verbundenen Belastungen bzw. der Verfügbarkeit dieser Arbeitsplätze abgelehnt.

1.2. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des beim Vorstands der Österreichischen Post AG eingerichteten Personalamtes vom 19.01.2011, PRB/PEV-611073/10-A05, keine Folge gegeben.

1.3. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.2014, 2011/12/0112-6, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Wesentlichen wurde begründend angeführt, dass der Beschwerdeführer die Annahme ausreichend substantiiert bestritt, wonach der Beschwerdeführer nach Auflösung des Karriere- und Entwicklungscenters nicht auch im PAM eingesetzt werden hätte können.

1.4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.04.2015, W122 2017602-1/4E wurde der Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass der für eine Sachentscheidung erforderliche Sachverhalt in einem maßgeblichen Punkt (Verfügbarkeit von alternativen Arbeitsplätzen) ergänzungsbedürftig war.

1.5. Mit Bescheid vom 20.06.2018, PAG-600700/10-A13, wurde der Beschwerdeführer abermals in den Ruhestand versetzt. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 30.04.2010 im Krankenstand.

Nach zusammenfassender Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der Pensionsversicherungsanstalt vom 12.09.2017 könne der Beschwerdeführer aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben auf seinem zuletzt zugewiesenen Arbeitsplatz im Gesamtzustelldienst, Code 0802, nicht mehr erfüllen, da dem Beschwerdeführer körperlich schwere Beanspruchung, fallweise schwere Hebe- und Trageleistungen, sehr gute Konzentrationsfähigkeit, häufiges Bücken sowie Nässe- und Kälteexposition nicht mehr zumutbar wäre. Hauptursachen wären chronisch entzündliche Wirbelsäulenerkrankung mit mittelgradiger Funktionseinschränkung. Als weitere Leiden wurden in der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes vom 12.09.2017 angeführt: arterieller Bluthochdruck, unter Therapie ausreichend eingestellt, Krampfadern beidseits, ohne Schwellneigung, Zustand nach Abtragung eines Darmpolypen im Juni 2015, keine krankheitswertige Affektstörung. Schwere körperliche Tätigkeiten sowie häufiges Arbeiten in gebückter Zwangshaltung wären mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr zumutbar. Der Beschwerdeführer wäre geeignet, schwierige geistige Leistungen und unter durchschnittlicher psychischer Belastung seine Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck zu verrichten.

1.6. Aufgrund einer Beschwerde wurde dieser Bescheid mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.05.2019, W122 2202124-1/5E, gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 14 BDG 1979 ersatzlos aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht führte begründend im Wesentlichen an: „Fallbezogen ist zu überprüfen, ob aufgrund des Restarbeitsfähigkeits-Kalküls Verweisungsarbeitsplätze im Wirkungsbereich der obersten Dienstbehörde zur Verfügung stehen, zu deren Erfüllung der Beschwerdeführer imstande ist.

Die negative Sekundärprüfung konnte nicht nachvollzogen werden, da dem Beschwerdeführer zB die Funktion Verteildienst für Inlandspostsendungen zumutbar wäre. Das diesbezügliche psychische Gesamturteil und der zumutbare Zeitdruck (fallweise besonderer Zeitdruck zumutbar) lässt den Beschwerdeführer nicht als dienstunfähig erscheinen. Schwere Hebe- und Trageleistungen fallen bei dieser Verwendung nicht an.“ Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

2. Bescheid

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß §14 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 erneut vom Amts wegen in den Ruhestand versetzt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführer seinen Arbeitsplatz nicht mehr ausüben könne und die Behörde überprüfen lassen hätte, ob dem Beschwerdeführer ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen werden hätte können. Die Behörde vermeinte unter Bezug auf eine Anfrage bei „entsprechenden Geschäftsfeldern“, es wäre kein Arbeitsplatz frei. Nähere Ausführungen hiezu unterblieben.

3. Beschwerde

Mit rechtzeitig eingebrachter Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer, das Bundesverwaltungsgericht wolle eine Verhandlung durchführen und den Bescheid dahingehend abändern, dass von einer Versetzung in den Ruhestand Abstand genommen wird; in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben.

Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass die Prüfung hinsichtlich der in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze unzureichend durchgeführt worden wäre. Erst wenn sich aus der Verweisungsprüfung nachvollziehbar ergäbe, dass ein Arbeitsplatz nicht in absehbarer Zeit frei wird, könne von einem Nichtvorliegen eines derartigen Arbeitsplatzes ausgegangen werden.

4. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Mit Schreiben vom 10.06.2020 legte die belangte Behörde den Bescheid, die Beschwerde und die zugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Unter einem führte die belangte Behörde aus, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 09.05.2019 die Primärprüfung nicht beanstandet hätte und die Sekundärprüfung durch „ausführliche Erhebungen“ durchgeführt worden wäre.

Am 07.09.2020 fand am Bundesverwaltungsgericht eine nicht-öffentliche Senatssitzung statt, in der der oben angeführte Beschluss gefasst wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG gem. PTSG zur dauernden Dienstleistung zugewiesen.

Die belangte Behörde führte im gegenständlichen Bescheid nicht an, welche Tätigkeiten und welche Anforderungen der Beschwerdeführer noch zu erfüllen im Stande ist.

Die belangte Behörde führte nicht an, welche Arbeitsplätze im Versetzungsbereich der obersten Dienstbehörde in der Verwendungsgruppe des Beschwerdeführers eingerichtet sind. Ebenso wenig führte die belangte Behörde an, welche Anforderungen diese Arbeitsplätze hätten oder was auf diesen Arbeitsplätzen zu verrichten wäre.

Die belangte Behörde führte lediglich an, dass sie die Sekundärprüfung durchgeführt hätte, ohne jedoch zu nennen, auf welcher Restarbeitsfähigkeit und mit welchen Arbeitsplatzanforderungen eine derartige Prüfung durchgeführt worden wäre.

Hinsichtlich der Einsetzbarkeit des Beschwerdeführers in seiner Verwendungsgruppe im gesamten Versetzungsbereich der obersten Dienstbehörde der Österreichischen Post AG und der Verfügbarkeit dieser Arbeitsplätze sowie hinsichtlich der Anforderungen auf diesen Arbeitsplätzen liegt die belangte Behörde näher am Beweis als das Bundesveraltungsgericht.

2. Beweiswürdigung:

Zwar behauptet die belangte Behörde in ihrem Vorlageschreiben, sie hätte im Zuge einer nicht näher beschriebenen Sekundärprüfung Erhebungen durchgeführt, führt aber außer einem Verweis auf „entsprechende Geschäftsfelder“ nicht an, worin diese bestanden hätten und auf welchen Prämissen diese basiert hätten. Die Behörde führte ohne Begründung, worauf sie diese Behauptung stützt an, es wäre kein Arbeitsplatz frei und würde auch nicht in absehbarer Zeit frei werden. Eine nicht näher beschriebene Anfrage bei den „entsprechenden Geschäftsfeldern“ legt nicht offen, welche Kriterien für die Sekundärprüfung herangezogen wurden. Da die Behörde nicht einmal das bereits im Vorverfahren bejahte Restleistungskalkül des Beschwerdeführers in ihre Prüfung aufgenommen hat, sind wesentliche Ermittlungsschritte unterblieben.

Die in der Verwendungsgruppe nach der Post-Zuordnungsverordnung 2012– P-ZV 2012, BGBl. II Nr. 289/2012 idF BGBl. II Nr. 176/2015 genannten Arbeitsplätze wurden im Bescheid nur auszugsweise aufgelistet und nicht hinsichtlich ihrer Anforderungen analysiert. Einige – im Bereich des Personalamtes Graz „noch vorhandenen“ – Arbeitsplätzen wurden lediglich hinsichtlich ihrer Bezeichnung aufgelistet und mit der bloßen Anmerkung, es würden zumindest fallweise schwere Hebe- und Trageleistungen anfallen, ausgeschieden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In § 135a Abs. 2 BDG 1979 ist vorgesehen, dass bei Ruhestandsversetzungen von Amts wegen (§ 14 BDG 1979) die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen hat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

§ 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 65/2015, lautet (auszugsweise):

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist oder der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, wirksam.

..."

Voraussetzung für eine Ruhestandsversetzung ist gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, demnach alles zu verstehen, was seine Eignung, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe der ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, in dem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen (VwGH 29.3.2012, Zl. 2008/12/0148).

Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (VwGH 16.03.1998, Zl. 93/12/0077).

Die Behörde hat ihrer rechtlichen Beurteilung demnach einen ausreichend ermittelten Sachverhalt zu Grunde zu legen, bei dessen Feststellung sie sich - soweit es sich um medizinische Fachfragen handelt - der fachtechnisch geschulten (medizinisch-wissenschaftlichen) Hilfestellung durch die im Gesetz genannten Sachverständigen zu bedienen hat (VwGH 19.09.2003, Zl. 2003/12/0068).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ergibt sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes fallbezogen folgende Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens:

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kommt bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken in Betracht, insbesondere dann, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Im gegenständlichen Fall erfolgte im bekämpften Bescheid keine Auseinandersetzung mit der Restarbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers, keine Gegenüberstellung der Restarbeitsfähigkeit mit den Anforderungen auf den Arbeitsplätzen in der Verwendungsgruppe des Beschwerdeführers im Zuweisungsbereich der obersten Dienstbehörde und keine Auflistung der eingerichteten und freien bzw. in absehbarer Zeit frei werdenden Arbeitsplätze im Versetzungsbereich der obersten Dienstbehörde.

Die belangte Behörde stellte lediglich begründungslos in den Raum, dass überhaupt keine Arbeitsplätze frei sind und frei werden, ohne anzuführen, wie eine derartige Abfrage der Geschäftsfelder zustande gekommen wäre und auf welche Anforderungen sich diese Prüfung bezogen hätte.

Die belangte Behörde wird eine schrittweise nachvollziehbare Sekundärprüfung, hinsichtlich aller eingerichteter und zumutbarer Alternativarbeitsplätze durchzuführen haben, zu deren Ergebnis der Beschwerdeführer Stellung nehmen darf.

Es konnte durch das Bundesverwaltungsgericht nicht effizient festgestellt werden, ob zumindest gleichwertige Verweisungsarbeitsplätze im Zuweisungsbereich der obersten Dienstbehörde existieren und ob diese dem Beamten mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde in Bezug auf die maßgebende Frage hinsichtlich alternativer Arbeitsplätze nicht mit der ihr gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen ist und die Sachlage nicht ausreichend erhoben hat. Dadurch konnte die Eignung der Beschwerdeführerin für in der Verwendungsgruppe eingerichtete Arbeitsplätze nicht getroffen werden. Diese Vorgehensweise wird als unzureichend erachtet. Im vorliegenden Fall liegt demgemäß ein grob ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vor.

Der belangten Behörde sind besonders gravierende Ermittlungslücken unterlaufen, weil sie es unterlassen hat hinreichende nachvollziehbare Feststellungen hinsichtlich des Vorliegens der Restarbeitsfähigkeit, der Anforderungen auf den Verweisarbeitsplätzen, des Leistungskalküls, der Auflistung der Verweisungsarbeitsplätze und der aktuellen bzw. in absehbarer Zeit zu erwartenden Vakanzen zu treffen.

Da somit die erforderlichen entscheidungswesentlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Es ist zu verneinen, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, zumal dem Bundesverwaltungsgericht im Gegensatz zur belangten Behörde die notwendigen Unterlagen und Informationen über zu treffende Feststellungen - wie das Vorhandensein von Verweisungsarbeitsplätzen innerhalb derselben Verwendungsgruppe und deren Anforderungen - nicht vorliegen. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines allfälligen neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Die bloße Behauptung, derzeit und in absehbarer Zeit wäre kein entsprechender Arbeitsplatz frei, ohne anzuführen, welche Anforderungen der Beschwerdeführer noch erfüllen kann und welche Arbeitsplätze der Beschwerdeführer noch auszuüben im Stande wäre, stellt ein Unterlassen entscheidungswesentlicher Ermittlungsschritte dar.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In der rechtlichen Beurteilung wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im behördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen zu einer Feststellung der Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit, einer etwaigen Restarbeitsfähigkeit sowie zur Verfügbarkeit eines geeigneten Verweisungsarbeitsplatzes im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 unterlassen wurden. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Arbeitsplatz Beamter dauernde Dienstunfähigkeit Ermittlungspflicht Kassation Leistungsfähigkeit mangelnde Sachverhaltsfeststellung Restarbeitsfähigkeit Ruhestandsversetzung Ruhestandsversetzungsverfahren Sekundärprüfung Verweisungsarbeitsplatz Verweisungstauglichkeit Verwendungsgruppe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W122.2232330.1.00

Im RIS seit

11.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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