TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/28 W116 2220954-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.09.2020
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Entscheidungsdatum

28.09.2020

Norm

BDG 1979 §92 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch

W116 2220954-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin PEYERL und Mag. Anton LASCHALT über die Beschwerde des Gruppeninspektor XXXX gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 1, vom 03.06.2019, Zl. BMI-40045/0019-DK-Senat 1/2019, betreffend die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.08.2020 zu Recht erkannt:

A)       

Der Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG insofern abgeändert, als über den Beschwerdeführer an Stelle der Entlassung gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen verhängt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der fünfzigjährige Beschwerdeführer trat am 01.01.1991 der Zollwache bei. Mit Wirkung 01.02.1997 optierte er zur Bundesgendarmerie. Seit 01.01.2008 steht er als Exekutivorgan der Polizeiinspektion XXXX (in der Folge K) in Verwendung. Nach Bekanntwerden der ihm gegenständlich angelasteten Dienstpflichtverletzungen wurde er am 24.01.2019 der Polizeiinspektion XXXX (in der Folge E) dienstzugeteilt.

2.       Mit Schreiben vom 08.02.2019 erstattete die Landespolizei Burgenland gegen den Beschwerdeführer wegen gegenständlicher Vorwürfe eine Disziplinaranzeige, welche von der Dienstbehörde mit Schreiben vom 01.03.2019 an die Disziplinarkommission weitergeleitet wurde. Darin wurde auch mitgeteilt, dass der dem Beschwerdeführer disziplinär angelastete Sachverhalt (wiederholter Diebstahl von geringen Geldbeträgen aus der Getränkekassa) in Form eines Abschlussberichts auch der Staatsanwaltschaft Eisenstadt übermittelt worden sei. Der Ausgang des diesbezüglichen Strafverfahrens werde mitgeteilt. Weiters wurde von der Dienstbehörde angemerkt, dass wegen des angelasteten und vom Beschwerdeführer eingestandenen Sachverhalts eine vorläufige Suspendierung angedacht worden sei. Da der Vorfall jedoch außerhalb der Polizeiinspektion nicht bekannt geworden sei und wegen der katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten, die auch die Ursache für die Diebstähle gewesen seien, und weil der mit der Suspendierung verbundene Verlust der Nebengebühren in erster Linie die Kinder und seine geschiedene Gattin getroffen hätte und schließlich weil ein dringender Personalbedarf auf der Polizeiinspektion E bestanden habe, der mit dem Beschwerdeführer abgedeckt habe werden können, sei von einer Suspendierung abgesehen worden.

3.       Mit Beschluss vom 06.03.2017 (richtig wohl 2019) leitete die Disziplinarkommission gegen den Beschwerdeführer in der Angelegenheit gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren ein.

4.       Mit Schreiben vom 21.03.2019 übermittelte das LPD Burgenland der Disziplinarkommission eine Verständigung der Staatsanwaltschaft Eisenstadt vom 18.02.2019 über den beabsichtigten Rücktritt von der Strafverfolgung des Beschwerdeführers wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB für eine Probezeit von zwei Jahren bei Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens in der Höhe von 100,- €, eine Bestätigung des Beschwerdeführers vom 05.03.2019 für die Überweisung des Kostenbeitrages und eine Verständigung der Staatsanwaltschaft vom 13.03.2019 betreffend den vorläufigen Rücktritt von der Verfolgung des Beschwerdeführers unter Bestimmung einer zweijährigen Probezeit.

5.       Mit beschwerdebezogenem Disziplinarerkenntnis vom 03.06.2019 wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung von Disziplinarkommission schuldig gesprochen (anonymisiert),

„er hat über einen längeren Zeitraum (jedenfalls ab 29.11.2018 bis 21.01.2019) während der Ausübung des Dienstes und öfters auch kurz vor Dienstantritt (er sei immer ca. 30 Minuten vor Dienstbeginn auf die Dienststelle gekommen) wiederholt aus der Getränkekasse der Polizeiinspektion K je nach Zugriff Kleinstbeträge bzw. auch Beträge bis über € 20,00 gestohlen, wobei der Gesamtschaden zirka € 600,00 beträgt,

er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen,

über den Beschuldigten wird gemäß § 92 Abs. 1, Z. 4 BDG 1979 i. d. g. F. die Disziplinarstrafe Entlassung verhängt.

Dem Beschuldigten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. keine Kosten für das Disziplinarverfahren auferlegt.

Der Senat hat weiters beschlossen, den Beschuldigten gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 i. d. g. F. vom Dienst zu suspendieren.“

Begründend wurde ausgeführt (auszugsweise, anonymisiert):

„… Wie den der Disziplinaranzeige beigelegten, niederschriftlichen Einvernahmen der Zeugen Ki W, Bl P und Gl M zu entnehmen ist, wurden, nachdem die an der Polizeiinspektion geführte Getränkekasse immer wieder nicht erklärbare Fehlbestände aufgewiesen hat, genaue Aufzeichnungen über die Kassenstände und Anwesenheitslisten geführt. Aufgrund dessen hat sich herauskristallisiert, dass es immer dann zu Abgängen in der Kassa gekommen ist, wenn der Beamte sich im Dienst befand bzw. an der Dienststelle anwesend war. Es wurden daher am 15.01.2019 und am 21.01.2019 Diebsfallen ausgelegt, wobei am 22.01.2019 in der Hülle des dem Beamten gehörenden Mobiltelefons die zuvor präparierte Banknote aufgefunden werden konnte. Dazu fehlten in der Kasse fünfzig Cent und es wurde auch festgestellt, dass ein Getränk nicht bezahlt worden ist, wobei der vom 21.01.2019 auf 22.01.2019 gemeinsam mit dem Beschuldigten Dienst versehende Kollege, Bl P, über die Diebsfalle informiert, seinen Angaben zufolge, kein Geld aus bzw. in die Kassa gegeben hat. Sohin war der festgestellte Fehlbestand vom Beamten zu verantworten, der sich, nach Konfrontation mit den Beweisen in weiterer Folge auch geständig zeigte und den Fehlbetrag in Höhe von € 600,- am 01.02.2019 ersetzte.

Strafrechtlich ist dieser Sachverhalt daher als Diebstahl im Sinne des § 127 StGB zu qualifizieren ist.

Zwar trat die Staatsanwaltschaft - wie eingangs ausgeführt- von der Verfolgung des Beamten wegen § 127 StGB nach Bezahlung eines Kostenbeitrages zurück, dennoch wurde das Verhalten des Beamten als eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung erachtet. Schon allein aufgrund der Aktenlage aber auch aufgrund des Geständnisses und des durchgeführten Beweisverfahrens ist als erwiesen anzunehmen, dass der Beamte Gelder von Kameraden gestohlen hat. Wohl behauptet der Beamte, dass er das Geld wieder retournieren wollte, sollte es ihm finanziell wieder besser gehen, doch wurde diese Aussage als Schutzbehauptung gewertet. Überdies hat er, wie die Aufzeichnungen über die Entnahmen belegten, bei den Entnahmen Banknoten in die Kassa hineingelegt, im Gegenzug jedoch mehr Geld aus derselben entnommen, sodass dieser Vorgang nur als Verschleierungstaktik seines Vorgehens gesehen werden kann. Seine Verantwortung, wonach er das in die Kassa gegeben hat, was ihm geblieben sei, vermag ihn nicht zu exkulpieren.

Seine Rechtfertigung, er hätte das Ganze im Februar mit dem aufgrund des durchgeführten Finanzausgleichs erhaltenen Gelbetrages bezahlen wollen, erscheint daher dem Senat nicht glaubwürdig, zumal er selbst nicht einmal wusste, wie viel er der Kassa entnommen hat. Ihm erschien die ihm bekannt gegebenen Schadenssumme als zu hoch gegriffen, doch habe er sich in seiner Situation nicht auf Diskussionen einlassen wollen. Wohl erscheint auch dem Senat das Zustandekommen der festgelegten Schadenssumme mit € 600,- fragwürdig, zumal, wie sich im Verfahren herausgestellt hatte, bei den angelasteten zwanzig Entnahmen sich ein Durchschnitt von € 30,- pro Zugriff ergeben würde, was im Beweisverfahren so nicht hervorkam, im Endeffekt ist aber die tatsächliche Schadenshöhe nicht relevant, da der Judikatur zufolge schon die Entnahme von geringfügigen Beträgen zu Höchststrafen führte.

Ob bzw. dass der Beamte versucht hat, seine finanzielle Lage durch Zusatzdienste zu verbessern, konnte nicht verifiziert werden. Der Beamte behauptet zwar, sich diesbezüglich bemüht zu haben, was aber vom Vorgesetzten so nicht bestätigt wurde.

Von vorsätzlicher Begehung ist daher auszugehen.

Aufgrund dieses Vorgehens, das sich auch über einen längeren Zeitraum erstreckte, kann nicht von einer Kurzschlusshandlung ausgegangen werden, zumal - wie das Beweisverfahren ergeben hat - der Disziplinarbeschuldigte auch auf Gelegenheiten wartete, die sich ihm durch den alleinigen Aufenthalt im Büro bot. So erfolgten die Entnahmen teils noch vor seinem offiziellen Dienstbeginn, teils war er dabei alleine im Sozialraum. Dass die Entnahmen teilweise vor dem offiziellen Dienstbeginn erfolgten, ergibt sich aus der Tatsache, dass Kl W am 17.01.2019 gemeinsam mit Gl P Dienst versah und diese gemeinsam um 22.05 Uhr den Kassastand überprüften, bei der nächsten Prüfung desselben durch Gl P und GI M am 18.01.2019 gegen 07.30 Uhr jedoch bereits eine € 20 Banknote fehlte und eine gefaltete € 10 Banknote sich darin befand, was, wie die Aufzeichnungen ergaben, die vom Beschuldigten gewählte Vorgangsweise war, welche Tatsache beispielsweise durch die Aussage des Zeugen Bl P belegt ist. Der Zeuge GI M wieder hörte, dass am 24.12.2019 nach der Mittagspause der Beamte die Lade zur Getränkekasse geöffnet hatte. Dass dies nur dieser Beamte gewesen sein konnte, ergab sich daraus, dass an diesem Tag nur er, der Zeuge M und Kollege B Dienst versahen, zum gegenständlichen Zeitpunkt jedoch der Kollege B dem Zeugen Gl M gegenübergesessen ist.

Die Tat wurde daher offenbar nicht aus einer Kurzschlusshandlung heraus begangen, sondern wartete der Disziplinarbeschuldigte auf eine Gelegenheit, die sich ihm schließlich durch den alleinigen Aufenthalt im Büro bot. Es wäre auch ein leichtes gewesen, eine Notiz über das entnommene Geld zu hinterlassen oder die in einem Nebenraum anwesende Kollegin davon zu informieren, dass er sich aus der Gemeinschaftskassa Geld „ausgeborgt“ hatte.

Gemäß § 43 Abs. 2 BDG hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben erhalten bleibt. § 43 Abs. 2 BDG erfasst das gesamte Verhalten des Beamten, somit grundsätzlich auch das außerdienstliche, wobei bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst oder ohne Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit erfolgen, die Judikatur darauf abstellt, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes allgemein zu den Berufspflichten des Beamten gehört. Dies führt dazu, dass gerade an das Verhalten von Exekutivbeamten besonders qualifizierte Anforderungen gestellt werden, da diese im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben in der Regel zum Schutz vor Verletzungen des gesamten StGB und den dazugehörenden Nebengesetzen berufen sind und man zumindest von ihnen selbst erwarten muss, dass sie die darin geschützten Rechtsgüter nicht verletzen.

Der Beschuldigte hat das ihm zur Last gelegte Fehlverhalten im Kernbereich seiner dienstlichen Aufgaben begangen, zumal die Vollziehung der Strafgesetze grundsätzlich von jedem Polizeibeamten zu besorgen und gerade die Bekämpfung der Eigentumskriminalität - auch in der öffentlichen Wahrnehmung - von besonderer Relevanz ist. Dazu kommt, dass der Beschuldigte - wie oben dargestellt - keinen Gelegenheitsdiebstahl beging, sondern die Zugriffe unter Anwendung einer Verschleierungstaktik über einen längeren Zeitraum erfolgten. Dem Beamten war durchaus bewusst, dass in dieser Kassa Kameradschaftsgelder verwahrt werden, und hatte er zu dieser unbeschränkten Zugang. Diese Art von Diebstahl ist grundsätzlich besonders verwerflich und geeignet, das unmittelbare Vertrauensverhältnis zwischen ihm und den weiteren Beamten dieser Dienststelle zu beeinträchtigen.

Der Beamte hat sich eines Fehlverhaltens schuldig gemacht, welches nach der Judikatur der (bisherigen) Disziplinaroberkommission geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit und des Dienstgebers im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG grundlegend zu erschüttern (DOK 2.3.2005, 113/14-DOK/OO; 3.3.2004, 78/8-DOK/03; 13.10.2004, 73/10-DOK/04). Gerade die uneingeschränkte Integrität des Beamtentums, ihre Unbefangenheit und Verbundenheit mit den rechtlichen Werten ist von besonderer Bedeutung für das Vertrauen des Bürgers in den gesamten Polizei- bzw. Beamtenapparat. Dem Verhalten von Beamten, welche mit wichtigsten Aufgaben der Hoheitsverwaltung betraut sind, kommt daher in der Öffentlichkeit besonderer Stellenwert zu.

Der Bürger erwartet sich zu Recht, dass die Polizei die von ihnen zu vollziehenden Gesetze selbst einhalten und sich auch nach ethischen und moralischen Gesichtspunkten besonders rechtstreu verhalten. Nur dadurch kann ein Polizeibeamter seine Glaubwürdigkeit erhalten. Hiervon kann vorliegenden Falls aber nicht ausgegangen werden.

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung, wobei darauf Bedacht zu nehmen ist, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Disziplinarbeschuldigten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken.

Die vorliegende Dienstpflichtverletzung ist eine äußerst schwere, sodass sowohl aus spezialpräventiven Gründen aber auch aufgrund generalpräventiver Aspekte eine empfindliche Sanktion angezeigt erscheint. Wenn die Verteidigung darauf verweist, dass eine Verhängung der Höchststrafe aus generalpräventiven Gründen nicht erforderlich ist, zumal die Dienstpflichtverletzungen keine Außenwirkung erlangt haben, ist dem entgegen zu halten, dass der eben zitierten Gesetzessbestimmung zufolge maßgeblich ist, in wie weit dadurch andere Beamte von der Begehung derartiger Dienstpflichtverletzungen abgehalten werden können.

Mildernd waren das Geständnis, seine finanzielle Schieflage, das Wohlverhalten seither und die Schadenswiedergutmachten zu werten, erschwerend der mehrfache Zugriff.

Wenn der Beamte eine von der Polizeiinspektion E erstellte Dienstbeschreibung vom 27.05.2019 vorlegt, die ihm sowohl eine zuverlässige Erledigung seiner Agenden als auch eine weitere Verwendbarkeit an dieser Dienststelle attestiert, ist für ihn nichts gewonnen.

Wohl muss der Verwaltungsgerichtshofjudikatur zufolge (VwGH: 14.11.2007, ZI. 2005/09/0115) selbst bei deliktischem Verhalten bestimmter Schwere und der sich daraus ergebenden „Untragbarkeit" dennoch für spezialpräventive Erwägungen Raum bleiben (Berücksichtigung allfälliger Milderungsgründe) und sind daher alle weiteren im Gesetz genannten Kriterien der Strafbemessung zu untersuchen, doch darf im vorliegenden Fall nicht außer Acht gelassen werden, dass bei den Strafbemessungserwägungen sowohl von einem sehr hohen Unrechtsgehalt der Tat (Schwere der Dienstpflichtverletzung) als auch von einem sehr hohen disziplinären Überhang auszugehen ist.

Zwar darf auch das Maß der Strafe jenes der Schuld nicht übersteigen. Dennoch ist bei der Beurteilung des Ausmaßes der „Schwere der Dienstpflichtverletzung" im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG 1979 vom objektiven Unrechtsgehalt der Dienstpflichtverletzung auszugehen. Bei dieser Beurteilung ist nicht nur auf die durch die Tat verletzten dienstrechtlichen oder strafrechtlichen Bestimmungen Bedacht zu nehmen, sondern auch auf den Unwert der Tat vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung (siehe auch VwGH: 11.09.2008, ZI. 2007/09/0320-14).

Darüber hinaus ist es ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei der Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die von ihm begangen Dienstpflichtverletzung gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm gerade als Exekutivbeamter obliegen (20.11.2001, 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat auch das Erkenntnis des verstärkten Senates nichts geändert. Je höher der Unrechtsgehalt der Tat, d.h. die objektive Schwere der Tat wird als hoch eingestuft, umso eher müssen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe überwiegen. Bei einem sehr hohen Unrechtsgehalt der Tat können unter Umständen auch beträchtliche Milderungsgründe die Verhängung der schwersten Disziplinarstrafe nicht verhindern. Bei der votierten Dienstpflichtverletzung handelt es sich jedoch um eine solche, der ein sehr hoher Unrechtsgehalt innewohnt.

So hat das Bundesverwaltungsgericht in einem ähnlichen Fall (ZI 28.12.2015, W136 2111157-1) die Disziplinarstrafe der Entlassung hierfür angemessen erachtet. Ebenso der Verwaltungsgerichtshof, welcher mit Judikat vom 15.9.1994, ZI 94/09/0174 bei wiederholtem Diebstahl auch geringer Vermögenswerte darauf verwies, dass damit die Untragbarkeit des schuldig gewordenen Exekutivbeamten für die Fortsetzung seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses begründet wird. Dass vorliegenden Falls nicht mit einer gerichtlichen Verurteilung vorgegangen wurde, ist insofern unbeachtlich, da eine disziplinäre Verantwortlichkeit auch dann vorliegt, wenn ein Beamter strafgerichtlich nicht verfolgt wurde (Fiinweis E 18. Juli 2002, ZI. 99/09/0107, mwN.). Auch in einem solchen Fall ist die Verhängung der Disziplinarstrafe und auch jener der Entlassung zulässig (VwGH 27.9.2002, 2001/09/0205).

Zwar ist bei der Bemessung der Strafe auch auf die finanziellen Verhältnisse des Beamten Rücksicht zu nehmen, doch beurteilt sich das Ausmaß der Strafe in erster Linie nach der Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dass es sich vorliegenden Falls um eine äußert gravierende handelt, wurde bereits ausgeführt. Überdies würde es dem Sinn der gesetzlichen Bestimmung zuwiderlaufen, könnte eine Entlassung nur dann ausgesprochen werden, wenn der Beamte keine finanziellen Probleme habe. Daher müssen auch die Überlegungen der Verteidigung, wonach als Folge einer Entlassung wieder der Staat für den Unterhalt der Kinder aufzukommen hat, auch außen vor bleiben.

Abgesehen davon kam in der Verhandlung auch nicht hervor, dass sichergestellt ist, dass der Beamte nicht neuerlich rückfällig wird, zumal er - seinen Angaben zufolge - im Moment seinen Verpflichtungen nur aufgrund von Zuteilungsgebühren nachkommen kann. Zuteilungen sind aber nur zeitlich befristet und die finanzielle Abgeltung der Zuteilung erfolgt nur - von wenigen Ausnahmen abgesehen - die ersten sechs Monate.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. …“
Das Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter am 06.06.2019 durch Hinterlegung nachweislich zugestellt.

6.       Dagegen brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 26.06.2019 rechtzeitig eine Beschwerde ein. Nach kurzer Darstellung des Verfahrensganges wird als Begründung der Beschwerde Folgendes ausgeführt (im Original, anonymisiert):

„… Inhaltliche Rechtswidrigkeit

Allgemeines

Bei der Strafbemessung ist neben den in § 93 BDG genannten Gründen auch der Grad des Verschuldens, der Beweggrund der Tat, die Auswirkungen der Tat für den Dienstgeber, für das Ansehen des Beschwerdeführers selbst und der Beamtenschaft in der Öffentlichkeit und der bisherigen dienstlichen Führung des Beamten zu berücksichtigen. Die Bestrafung muss grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen. Es ist bei der Strafbemessung neben generalpräventiven Erwägungen auch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Beide Gesichtspunkte müssen nämlich bei der Strafbemessung ausgehend von der Schwere der Dienstpflichtverletzung ebenso wie die Erschwerungs- und die Milderungsgründe im Rahmen einer Gesamtbetrachtung Berücksichtigung finden. Wenn es auch möglich ist, bei besonders schweren Dienstpflichtverletzungen allein schon aus generalpräventiven Gründen eine Entlassung auszusprechen, so sind Milderungsgründe trotzdem zu berücksichtigen und ist die Strafbemessung in einer Gesamtbetrachtung der Erschwerungsgründe als auch der Milderungsgründe geboten. Wiegt die Dienstpflichtverletzung besonders schwer, so kann von der Verhängung einer hohen (der höchsten) Disziplinarstrafe abgesehen werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen oder wenn keine spezialpräventiven Gründe die Verhängung einer Strafe in diesem Ausmaß gebieten.

Des Weiteren sind auch die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe zu berücksichtigen. Gemäß § 34 Abs 1 StGB ist es insbesondere ein Milderungsgrund, wenn der Täter bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (Z 2); durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist (Z 10); wenn der Schaden vom Täter gutgemacht worden ist (Z 14); wenn der Täter ein reumütiges Geständnis abgelegt hat (Z 17).

Zur nicht Erforderlichkeit der Entlassung aus general- und spezialpräventiven Gründen. Von der erkennenden Behörde wurde zwar ausgeführt, dass eine empfindliche Sanktion sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Gründen angezeigt sei, dies jedoch lediglich mit der Schwere der vorliegenden Dienstpflichtverletzung begründet.

Im gegenständlichen Fall hat die Öffentlichkeit keine Kenntnis über den Vorfall erlangt und wird dies auch durch die Zeugenaussage von KontrInsp W in der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2019 bestätigt, dem zu Folge der Vorfall keine Außenwirkung gezeigt hat und auch nichts nach außen gedrungen ist. Den Ausführungen der erkennenden Behörde, dass die hohe Strafe erforderlich sei, um andere Kollegen von derartigen Taten abzuhalten wird entgegengehalten, dass dies auch durch Vorgehen mit einer milderen Sanktion bewirkt werden kann.

Festzuhalten ist diesbezüglich auch, dass das Vertrauen des Dienstgebers nicht erschüttert wurde, was sich aus in der von CI S ausgestellten Dienstbeschreibung vom 27.05.2019 eindeutig ergibt, da dieser das Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber seinen Vorgesetzten als auch gegenüber der Kollegenschaft als tadellos und einwandfrei beschreibt. Es wurde auch explizit darauf hingewiesen, dass gegen eine weitere Verwendung des Beamten an der Dienststelle PI E keine Einwände bestehen.

Es kann im vorliegenden Fall auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erforderlichkeit der schwersten Disziplinarstrafe aus spezialpräventiven Gründen erforderlich wäre, da auch die Beschränkung auf eine mildere Strafe beim Beschwerdeführer ausreichen würde, um ihn zukünftig davon abzuhalten Dienstpflichtverletzungen zu begehen. Der Beschwerdeführer hat

sich reumütig geständig gezeigt und wurde dies von der erkennenden Behörde nicht nur unzureichend gewürdigt sondern diesbezüglich auch verkannt, dass ein Geständnis, selbst wenn es zur Wahrheitsfindung nichts beiträgt, einen Anhaltspunkt für eine positive Zukunftsprognose bildet. Die Aussichten auf ein künftiges Unterbleiben von Dienstpflichtverletzungen erschöpft sich daher nicht nur in einer vagen Hoffnung, sondern ist insbesondere auf sein sonstiges tadelloses dienstliches und außerdienstliches Verhalten mit einer begründeten Wahrscheinlichkeit von einem solchen auszugehen.

Festgehalten wird dazu auch, dass sich die finanzielle Situation des Beschwerdeführers zwischenzeitig verbessert hat. Auch war er bis vor kurzem mit hohen Verbindlichkeiten, unter anderem noch aushaftenden Anwaltskosten sowie die Begräbniskosten für seine Mutter, belastet, welche aber mittlerweile vollständig beglichen sind.

Es ist daher sowohl im Hinblick auf generalpräventive als auch auf spezialpräventive Überlegungen eine Entlassung nicht erforderlich.

Beweis: Dienstbeschreibung vom 27.05.2019, Beilage A

Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vom 03.06.2019, Beilage B

Zur mangelhaften Würdigung der Milderungsgründe des § 34 StGB.

Mildernd wäre bei der Strafbemessung angemessen zu berücksichtigten gewesen, dass der Beschwerdeführer vor der Verwirklichung des gegenständlichen Verhaltens straf- und disziplinarrechtlich unbescholten war und demnach bislang einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und sich in seiner langjährigen Dienstzeit nichts zu Schulden kommen ließ.

Der Beschwerdeführer befand sich in einer drückenden wirtschaftlichen Notlage. Durch die exorbitanten Unterhaltsverpflichtungen drohte ihm selbst ein Mangel am notwendigen Lebensunterhalt. Es war dem Beschwerdeführer nicht mehr möglich, Geld für die Reparaturen an seinem Haus aufzubringen, dies führte so weit, dass Regen durch das Dach in sein Haus eindrang. Es war ihm zu dieser Zeit nicht einmal möglich, die Mittel aufzubringen, um den Tank seines Fahrzeuges zu füllen und war dies für ihn jedoch die einzige Möglichkeit zu seinem Arbeitsplatz zu kommen. Zur dieser Zeit sah der Beschwerdeführer keinen anderen Ausweg um seiner Situation zu entkommen.

Auch wurde der vom Beschwerdeführer verursachte Schaden von diesem zur Gänze wieder gut gemacht und ist dieser Umstand als mildernd zu berücksichtigen.

Es stehen daher der Dienstpflichtverletzung die dargelegten Milderungsgründe als auch der Mangel an general- sowie spezialpräventiven Erfordernissen gegenüber, welche insoweit überwiegen, dass eine Entlassung nicht gerechtfertigt und im inhaltlichen Widerspruch zu § 93 

Abs. 1 BDG stehen als auch der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes widersprechen. …“


Schließlich wurden die Anträge gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass anstelle der Entlassung eine Geldstrafe ausgesprochen wird, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

7.       Am 11.08.2019 wurde die Beschwerde samt den gegenständlichen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

8.       Mit Verfahrensanordnung vom 04.08.2020 beraumte das Bundesverwaltungsgericht in der Angelegenheit eine öffentliche mündliche Verhandlung an, zu der die Parteien des Verfahrens entsprechend geladen wurden.

9.       Am 26.08.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner rechtlichen Vertreterin und der Disziplinaranwältin eine mündliche Verhandlung durch. Zunächst wurde auf Grundlage des Beschwerdeschriftsatzes festgestellt, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen Strafbemessung richtet und damit alle weiteren Punkte des Bescheides in Rechtskraft erwachsen sind, was von der rechtlichen Vertreterin des Beschwerdeführers bestätigt wurde. Zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er geschieden sei und zwei Kinder habe. Seine finanzielle Situation sei derzeit wieder in Ordnung, es gebe auch keine gröberen Schulden mehr. Seine Unterhaltspflichten würden derzeit monatlich 490,- Euro betragen. Ursprünglich seien im Scheidungsurteil mit 1.600,- Euro festgesetzt worden, bei einem Gehalt von ca. 2.800.- Euro. Die Herabsetzung seiner Unterhaltspflichten sei Mitte August 2019 wegen seiner Suspendierung erfolgt. Sein Sohn leide an Epilepsie und habe eine starke Neigung zu Gehirntumoren, seien fünfzehnjährige Tochter sei vor einer Woche wegen Brustkrebs operiert worden. Zurzeit arbeite er als Montagetischler, wobei er knapp die Hälfte seines Polizistengehalts verdiene. Auf die Frage, wie er auf die Idee gekommen sei, sich in der Getränkekasse des Postens zu bedienen, gab er an, dass er dies nur als riesigen Fehler darlegen könne. Seine finanzielle Situation sei damals wegen der Unterhaltskosten und dem Tod seiner Mutter angespannt gewesen. Die Begräbniskosten hätten 6.000,- Euro betragen, und er sei zunächst davon ausgegangen, dass er diese mit seinen drei Geschwistern teilen würde. Im Übergabevertrag des Hofes seiner Eltern sei jedoch festgesetzt worden, dass er diese alleine zu tragen habe. Seine Schwestern seien damals operiert worden und sein Bruder habe ihm auch nicht helfen wollen. Er sei dann zur Bank gegangen, jedoch ohne Erfolg. Schließlich habe er einen Bekannten angerufen, dem er einen Wald verkaufen wollte. Dieser habe ihm dann das Geld überwiesen, wovon er das Begräbnis bezahlt habe. Sein finanzieller Rahmen sei mehr als erschöpft gewesen. Seine Exfrau sei dann noch wegen einer Therapie für seinen Sohn an ihn herangetreten und habe gemeint, dass es mit den 1.600,- Euro nicht getan sei, sie brauche mehr, sonst würde sie vor Gericht gehen. Er habe an seiner Dienststelle Salat gegessen, um Geld zu sparen. In seinen alten und renovierungsbedürftigen Bauernhof habe es hineingeregnet. Er habe damals bei seiner Lebensgefährtin in Graz gelebt und zu seiner Dienststelle pendeln müssen. Er habe ein älteres Auto (Bj. 2006) aber nicht das Geld gehabt, um beruhigt zwischen Wohnort und Dienststelle pendeln zu können. Wenn er 10,- Euro gehabt habe, habe er um 5,- Euro tanken müssen. Er habe nie etwas aus der Getränkekasse nehmen wollen, ohne auch etwas hineinzugeben. Er habe sich dann jedoch etwas mehr herausgenommen, um tanken zu können. Das Hineingeben eines kleineren Betrages sei für ihn nicht wirklich einer Rechtfertigung oder Entschuldigung gewesen. Er sei in einer Situation gewesen, in der er mit niemanden reden habe können. Seine Geschwister hätten ihm nicht geholfen und auch seine Kollegen hätten sich distanziert. Er habe seine Kollegen nie konkret auf seine Situation angesprochen, sondern nur vorgefühlt. Er sei sich sicher gewesen, dass er mit dem nächsten eineinhalbfachen Monatsbezug alles zurückgezahlt hätte. Insgeheim habe er sogar gehofft, dass der Stellvertreter ihn darauf anaspreche, dass ein Geldbetrag fehle. Auf Vorhalt, dass bereits die Disziplinarkommission argumentiert habe, dass es schwierig sei, etwas zurückzugeben, wenn man gar nicht weiß, wieviel man genau genommen hat, antwortete er, dass der Stellvertreter genaue Aufzeichnungen über den Kassenstand führe und diesen immer wieder abrechne. Die Mitarbeiter hätten gewusst, was losgewesen sei. Schließlich habe er den Fehlbetrag auch ohne Zweifel anerkannt und den Schaden wieder gut gemacht. Wenn er die Situation jetzt beurteile, sehe er selbst, was für ein Blödsinn das gewesen sei. Er sei wie in einem Tunnel gewesen. Auf die Frage, ob es an seiner Dienststelle keinen Kollegen gegeben habe, den er als Freund bezeichnen würde, antwortete er, dass er einen Freund gehabt habe, welcher jedoch auf Zuteilung und daher nicht an der Dienststelle gewesen sei. Sein wirklich bester Freund, der ihn verstanden und unterstützt habe, sei zuvor in Pension gegangen.

Zum Beschwerdevorbringen, dass der Vorfall in der Öffentlichkeit nicht bekannt geworden wäre, führte die Disziplinaranwältin aus, dass das grundsätzlich richtig sei, aber es habe bereits in- und außerhalb der Dienststelle das erste Gerede über diesen Vorfall gegeben. Dies habe jedoch auf die Strafbemessung keinen Einfluss. Der Beschwerdeführer meinte, dass er für ein halbes Jahr in E dienstzugeteilt gewesen sei. Natürlich werde innerhalb der Polizei gesprochen. Er sei zwar niemals darauf angesprochen worden, aber der Dienststellenleiter habe bescheid gewusst. Er habe dort brav gearbeitet und sich auch vorstellen können, dort weiter seinen Dienst zu versehen. Die positive Dienstbeschreibung sei im Akt. Auf die Frage, ob er zu seinen Kollegen an dieser Dienststelle nach wie vor Kontakt habe, antwortete er, dass dies regelmäßig der Fall sei und sie ihn fragen würden, wie es ihm gehe. Auf die Frage, ob er sich eine Rückkehr an seine ursprüngliche Dienststelle vorstellen könne, antwortete er, dass das nicht gescheit wäre. Er könne sich eine Rückkehr nach E vorstellen, da sei er gut aufgehoben gewesen und habe seine Aufgaben gut erledigt. Sie hätten ihm auch immer gesagt, dass er wieder dorthin zurückkönne. Das LPD werde sich bestimmt Gedanken machen, wo und wie sie ihn weiterverwenden könnten. Der Großteil seiner Kollegen in E seien der Ansicht, dass die gegen ihn verhängte Strafe unerwartet hart gewesen sei und dass man die Sache auch anders lösen hätte können. Vierzehn Tage vor der Disziplinarverhandlung sei er beim Landespolizeidirektor gewesen und dieser habe gemeint, dass seine Zuteilung beendet sei. Er würde ihn jederzeit verlängern und sie sollten sich Gedanken machen, wo er danach hinkomme. Sie würden einmal die Verhandlung abwarten und dann weitersehen. Das sei sein letztes Gespräch mit dem Landespolizeidirektor gewesen.

Zum Beschwerdevorbringen, dass aus generalpräventiven Erwägungen auch mit einer geringeren Strafe das Auslangen zu finden sei, führte die Disziplinaranwältin aus, dass dies hinsichtlich der anderen Beamten, die vom Vorfall Kenntnis erlangt hätten, vielschichtig sei und eine geringere Strafe die Tathandlung bagatellisieren würde. Dagegen brachte die rechtliche Vertreterin vor, dass es neben der Entlassung noch weitere empfindliche Strafen geben würde, die der Tathandlung gerecht würden.

In weiterer Folge wurde ein Widerspruch zwischen dem Verhandlungsprotokoll der Disziplinarkommission, woraus zu entnehmen ist, dass sich der Beschwerdeführer schuldig bekannt hat und dem Disziplinarerkenntnis, wonach sich dieser nicht schuldig bekannt hätte, thematisiert. Dazu führte die Disziplinaranwältin aus, dass später in den rechtlichen Ausführungen auf das Geständnis eingegangen wurde. Reumütig könne ein Geständnis jedoch nur sein, wenn die Fakten auf den Tisch gelegt würden. Das Geständnis sei ohnehin mildernd gewertet worden. In weiterer Folge wird die aktuelle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann ein Geständnis als reumütig bezeichnet werden kann thematisiert. Die rechtliche Vertreterin brachte dazu vor, dass die Reumütigkeit des Geständnisses nicht entsprechend gewertet worden sei.

Auf das Beschwerdevorbringen, dass im Hinblick auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers jedenfalls eine geringere Strafe ausreichen würde, um diesen vor weiteren Pflichtverletzungen abzuhalten, entgegnete die Disziplinaranwältin, dass das Erkenntnis auf die Generalprävention abstelle.

Auf Vorhalt, dass im beschwerdegegenständlichem Erkenntnis die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als Milderungsgrund fehle, obwohl es keine disziplinären oder gerichtlichen Vorstrafen gebe, sagte die Disziplinaranwältin nichts.

Zum Beschwerdevorbringen, dass die finanzielle Notlage des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, wurde darauf hingewiesen, dass diese als finanzielle „Schieflage“ mildernd angeführt worden ist. Darauf führte die rechtliche Vertreterin aus, dass es eine massive Situation gewesen sei, auch im Hinblick auf sein krankes Kind. Es sei zwar keine Entschuldigung aber sehr wohl eine Ausnahmesituation gewesen, was mit finanzieller Schieflage nicht abgetan wäre. Darüber hinaus habe er die finanzielle Notlage nicht selbst verschuldet.

Dazu führte die Disziplinaranwältin aus, dass auf die wirtschaftliche Situation jedenfalls Rücksicht genommen worden sei. Darüber hinaus sei die Entlassung im Disziplinarverfahren keine Strafe, sondern zur Aufrechterhaltung des Dienstes notwendig.

Im Schlussplädoyer führte die Disziplinaranwältin aus, dass im vorliegenden Fall mit disziplinarrechtlichen Konsequenzen sicherzustellen sei, dass sich Exekutivbeamte, die die Gesetze vollziehen, ihrer besonderen Verantwortung bewusst sind. Gerade an das Verhalten von Exekutivbeamten müssten besonders qualifizierte Anforderungen gestellt werden, da diese im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben zum Schutz vor Verletzungen von Rechtsnormen jeglicher Art berufen seien. Es sei der Umstand zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte durch die von ihm begangenen Delikte (Diebstahl im Kollegenkreis) gerade auch gegen solche Rechtsgüter verstoßen habe, deren Schutz ihm im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben unmittelbar auferlegt war und dass er hierdurch ein dem Grunde nach zu missbilligendes Verhalten gesetzt habe, von welchem nach der herrschenden Lehre und der Judikatur angenommen werde, dass dies zur absoluten Zerstörung des Vertrauens der Allgemeinheit im Sinne der Bestimmung des § 43 Abs. 2 BDG idgF. führen könne. Es stehe außer Zweifel, dass das inkriminierte Verhalten geeignet sei, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der Aufgaben des Beschwerdeführers zu beeinträchtigen. Dazu komme, dass der Beschuldigte keinen Gelegenheitsdiebstahl, sondern verschleierte Zugriffe über einen längeren Zeitraum begangen habe. Er habe damit das Vertrauen seiner Vorgesetzten, der Dienstbehörde und seiner Kollegen schwerstens missbraucht und absolut zerstört. Bei einer unzureichenden Sanktion würde der Eindruck entstehen, dass die Polizei die Bedeutung von Amtspflichten verkenne und Straftaten bagatellisiere. Die geltende Rechtslage würde die spezialpräventiven Erwägungen nicht mehr in den Vordergrund stellen, sondern sei auch die Generalprävention gleichrangig zu berücksichtigen. Bei Vorliegen einer besonders schweren Dienstpflichtverletzung sei die Entlassung auch alleine aus generalpräventiven Gründen zulässig, es müsse auch nicht geprüft werden, ob der Beamte anderwertig dienstverwendet werden könne. Auch die konkrete Schadenshöhe sei nicht relevant, da laut Judikatur schon die Entnahme von geringen Beträgen zur Höchststrafe führen könnte. Sämtliche Milderungsgründe seien berücksichtigt worden, es sei jedoch von einem sehr hohen Unrechtsgehalt der Tat auszugehen. Dabei sei besonders gravierend, dass der Beschwerdeführer gerade jene Werte verletzt habe, deren Schutz ihm als Exekutivbeamten obliegen. Die Entlassung diene hier nicht der Resozialisierung des Täters, sondern sei eine dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Dienstes. Auf die finanziellen Verhältnisse sei zwar Rücksicht zu nehmen, es würde aber den gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufen, wenn eine Entlassung nur dann verhängt werden könne, wenn der Beschuldigte keine finanziellen Probleme habe. Die bisherigen Anträge würden daher aufrechterhalten.
Die rechtliche Vertreterin brachte zusammenfassend vor, dass das Beweisverfahren gezeigt habe, dass sich der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt in einer massiven Notlage befunden habe. Die Tat sei natürlich nicht zu entschuldigen, jedoch müssten die umfassenden Milderungsgründe berücksichtigt werden. Im vorliegenden Fall sei die Unbescholtenheit gar nicht und die sonstigen Milderungsgründe nicht ausreichend berücksichtigt worden. Eine Zusammenschau ergebe, dass ein Vorgehen mit der härtesten Strafe weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen geboten sei. Die Öffentlichkeit habe keine Kenntnis über den Fall erlangt und der Kommandant der Polizeiinspektion Eisenstadt habe selbst bestätigt, dass gegen eine Rückkehr des Beschwerdeführers keine Einwände bestehen würden. Die gestellten Anträge würden daher aufrechterhalten.
Der Beschwerdeführer brachte abschließend vor, dass ihm die Sache von Herzen leidtun würde und er seine Handlung zutiefst bedauere. Er habe sich damals in einer für ihn ausweglosen Situation befunden. Er hätte damals nie einen Diebstahl begehen dürfen.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer steht 01.01.1991 im öffentlichen Dienst, zunächst bei der Zollwache, ab 01.02.1997 bei Bundesgendarmerie und ab 01.01.2008 als Exekutivorgan der Polizeiinspektion K.
Er ist geschieden. Aus der Ehe entstammen zwei minderjährige Kinder für die er nach wie vor unterhaltspflichtig ist.

Im tatrelevanten Zeitraum verdiente der Beschwerdeführer monatlich ca. 2.700,- Euro, davon musste er monatlich für seine beiden Kinder 850,- Euro und für seine geschiedene Frau 750,- Euro, also insgesamt 1600,- Euro Unterhalt leisten. Darüber hinaus wurde er von seiner geschiedenen Frau aufgefordert, sich finanziell an einer Therapie für seinen an Epilepsie leidenden Sohn zu beteiligen. Außerdem hatte er nach dem Tod seiner Mutter für die Begräbniskosten in der Hohe von ca. 6.000,- Euro alleine aufzukommen. Der ihm übergeben alte Hof war renovierungsbedürftig. Der Beschwerdeführer wohnte bei seiner Lebensgefährtin in Graz und pendelte mit seinem Auto täglich zu seiner Dienststelle nach K, eine Strecke von jeweils ca. 70 km in eine Richtung. Diese Umstände führten im tatrelevanten Zeitraum insgesamt dazu, dass sich der Beschwerdeführer in einer massiven finanziellen Notlage befand, in der ihm fallweise sogar das Geld für die Beschaffung von Gütern des täglichen Lebensbedarfes und des zum Pendeln notwendigen Treibstoffes fehlte.

Um tanken oder Lebensmittel kaufen zu können hat er schließlich über den Zeitraum von 29.11.2018 bis 21.01.2019 während des Dienstes und öfters auch kurz vor Dienstantritt wiederholt Kleinstbeträge bzw. auch Beträge bis über € 20,00 aus der Getränkekasse der Polizeiinspektion K gestohlen, wobei der Gesamtschaden rund € 600,00 beträgt. Als die Fehlbeträge bei Abrechnungen auffielen wurde den Kollegen des Beschwerdeführers bald klar, dass diese immer an jenen Tagen entstanden, an welchen der Beschwerdeführer im Dienst war. Schließlich wurde eine Diebesfalle ausgelegt und der Beschwerdeführer überführt. Als er von seinem Vorgesetzten damit konfrontiert wurde, gestand er schließlich die Entnahmen, akzeptierte die Höhe des Schadens und machte diesen wenig später wieder gut, indem er einen Betrag in der Höhe von 600,- Euro zurückzahlte.

In der Folge wurde gegen den Beschwerdeführer wegen der Tathandlungen eine Disziplinaranzeige und ein Bericht an die StA Eisenstadt erstattet. Diese trat schließlich von der Verfolgung des Beschuldigten wegen des Vergehens nach § 127 StGB gemäß § 203 Abs. 1 StPO unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren zurück.

Der Beschwerdeführer wurde am 24.01.2019 der Polizeiinspektion E zugeteilt. Von einer vorläufigen Dienstenthebung wurde seitens der Dienstbehörde wegen seiner finanziellen Situation und der mit einer solchen Maßnahme verbundenen Auswirkungen für seine Kinder und die geschiedene Frau, aber auch wegen einem dringenden Personalbedarf in E Abstand genommen. In einer Dienstbeschreibung vom 27.05.2019 wird dem Beschwerdeführer vom PI Kommandanten in E bescheinigt, dass sein Dienst und Verhalten dort tadellos und einwandfrei gewesen sind und dass gegen eine weitere Verwendung an dieser Dienststelle keine Einwände bestehen würden.

Der Beschwerdeführer ist disziplinarrechtlich und strafrechtlich unbescholten.

Aktuell ist seine wirtschaftliche Situation wieder intakt, er hat keine nennenswerten Schulden.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum beruflichen Werdegang und den dienstlichen Einteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten.

Die Feststellungen zur familiären und finanziellen Situation des Beschwerdeführers im tatrelevanten Zeitraum ergeben sich zum einen aus seinen eigenen glaubwürdigen Aussagen im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und den von ihm vorgelegten Unterlagen. Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich während des gesamten Verfahrens gleichbleibende Aussagen gemacht, welche weder von der Disziplinaranwältin noch von der belangten Behörde in Zweifel gezogen wurden. Diese werden zudem gestützt von folgenden, im Akt aufliegenden Unterlagen:

Ausdruck über die Basisbezüge des Beschwerdeführers ab 01.01.2019 in der Höhe von 2.703,20 Euro (AS 165);

Gerichtlicher Scheidungsvergleich des Bezirksgerichts Jennersdorf vom 29.04.2016, Zl. 1 C 122/16p-6, woraus sich die oben festgestellten Unterhaltspflichten des Beschwerdeführers gegenüber seinen beiden minderjährigen Kindern und seiner geschiedenen Ehefrau unzweifelhaft ergeben.

Dass regelmäßige finanzielle Verpflichtungen in einer solcher Höhe bei einem Einkommen, wie es der Beschwerdeführer bezogen hat, schnell zu einer finanziellen Notlage führen können, wenn keine Ersparnisse vorhanden sind und weitere finanzielle Verpflichtungen (wie im gegenständlichen Fall Therapiekosten für den Sohn und die Begräbniskosten für die verstorbene Mutter) hinzutreten, ist durchaus nachvollziehbar.

Die Feststellungen betreffend die dem Beschwerdeführer hier zum Vorwurf gemachten Tathandlungen ergeben sich zur Gänze aus den zitierten Tatsachenfeststellungen des vorliegenden Schuldspruchs, der in der Beschwerde nicht bekämpft wurde und damit in Rechtskraft erwachsen ist.

Dass der Beschwerdeführer die Taten bereits bei seiner ersten Konfrontation durch den Vorgesetzten eingestanden, die ihm vorgehaltene Schadenshöhe akzeptiert und diesen wenig später (konkret am 01.02.2019) wieder gut gemacht hat, ergibt sich aus der Disziplinaranzeige sowie aus den dieser beigeschlossenen Unterlagen (AS 9ff).

Dass die StA Eisenstadt von der Verfolgung des Beschwerdeführers wegen gegenständlicher Tathandlungen unter Bestimmung einer Probezeit von zwei Jahren zurückgetreten ist, ergibt sich aus der im Akt aufliegenden Verständigung der StA vom 13.03.2019 (AS 141).

Die Feststellungen über die nach Bekanntwerden der Taten erfolgte Dienstzuteilung des Beschwerdeführers ab 24.01.2019 nach E sowie die Gründe, aufgrund derer die Dienstbehörde von vorläufigen Suspendierung des Beschwerdeführers abgesehen hat, ergeben sich aus dem Schreiben der LPD Burgenland vom 01.03.2019, mit dem die in der Angelegenheit erstattete Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission weitergeleitet wurde (AS 3ff).

Die Feststellung über die disziplinar- und strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich einerseits aus dem vorliegenden Disziplinarakt und andererseits aus einer Überprüfung des Strafregisters durch das Bundesverwaltungsgericht am 26.08.2020.

Die Feststellung über die aktuelle wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen eigenen glaubwürdigen Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2019 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Angelegenheiten des § 20 Abs. 1 Z 2 und 3, des § 38, des § 40 und des § 41 Abs. 2 durch einen Senat zu erfolgen. Da im vorliegenden Fall von der Disziplinarbehörde eine Entlassung verhängt wurde (Angelegenheit des § 20 Abs. 1 Z 3 BDG 1979), ist eine Senatszuständigkeit gegeben.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) wird durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Angelegenheit am 26.08.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt steht nun aufgrund der Aktenlage und der weiteren Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

3.2.    Zu Spruchteil A):

3.2.1.  Zu den maßgeblichen Bestimmungen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2019 lauten:

Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Dienstpflichtverletzungen

§ 91.   Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Disziplinarstrafen

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges,

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen,

4. die Entlassung.

….

Strafbemessung

§ 93. (1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

(2) Hat der Beamte durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, so ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

Suspendierung

§ 112. (1) Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen,
1.         wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder
2.         wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder
3.         wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden. …

3.2.2.  Zur Auslegung und Anwendung auf den vorliegenden Fall:

Zum Schuldspruch und Ausspruch über die Strafe:
Zunächst ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer mit dem weiderholten Diebstahl von Geldbeträgen aus der Getränkekassa seiner Polizeiinspektion in einem Gesamtwert von etwa 600,- € über einen Zeitraum von ungefähr zwei Monaten grundsätzlich ein Verhalten gesetzt hat, das geeignet ist das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben als Polizist schwer zu erschüttern und dass er damit grundsätzlich schwere Verstöße gegen die in § 43 Abs. 2 BDG 1979 normierte Dienstpflicht begangen hat. Die Pflicht des Beamten, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, umfasst nämlich sowohl sein dienstliches als auch sein außerdienstliches Verhalten. Für den Tatbestand des § 43 Abs. 2 iVm. § 91 BDG 1979 kommt es nur darauf an, ob das vorgeworfene Verhalten seinem objektiven Inhalt nach geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beamten in Frage zu stellen. Es kommt weder auf die öffentliche Begehung der Tat noch darauf an, ob das Verhalten des Beamten in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist (Hinweis E 13.11.1985, 84/09/0143, 18.10.1989, 89/09/0017). Zur Beurteilung der Schwere einer Tat nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 kommt es ebenso nicht auf die öffentliche Begehung der Tat oder darauf an, ob das Verhalten des Beamten in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist oder nicht (siehe ua. VwGH vom 24.01.2014, 2013/09/0149, mit Hinweis E 7.März 1996, 96/09/0038; E 20. November 2003, 2002/09/0088; E 28. Februar 2012, 2011/09/0177).

Der Beschwerdeführer hat das ihm hier zum Vorwurf gemachte Verhalten zum Teil im Dienst und zum Teil vor Antritt seines Dienstes gesetzt. Im Zusammenhang mit der disziplinären Relevanz von außerdienstlichem Verhalten nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 hat der VwGH unter anderem Folgendes ausgeführt:
„Bei Rechtsverletzungen, die außer Dienst oder ohne Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit erfolgen, ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob der Schutz des betreffenden Rechtsgutes zu den Berufspflichten des Beamten gehört. Damit wird der Forderung Rechnung getragen, § 43 Abs. 2 BDG 1979 wolle in das außerdienstliche Verhalten des Beamten nur "in besonders krassen Fällen" eingreifen. Der damit gewählte Bezugspunkt führt dazu, dass etwa an das Verhalten von Kriminalbeamten insoweit besonders qualifizierte Anforderungen gestellt werden, als diese im Rahmen ihrer dienstlichen Aufgaben in der Regel zum Schutz von Verletzungen des gesamten StGB (also auch der §§ 81 und 88 StGB, deren Tatbestände in beträchtlichem Maß durch Vorfälle beim (alkoholbeeinträchtigten) Lenken von Kraftfahrzeugen erfüllt werden) berufen sind und von ihnen zu erwarten ist, dass sie die darin geschützten Rechtsgüter nicht verletzen. Aber auch Ermittlungstätigkeiten im Dienste der StVO 1960 zählen zu den Aufgaben eines Kriminalbeamten. Ein Kriminalbeamter, der dennoch schuldhaft in alkoholbeeinträchtigtem Zustand ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr lenkt und in diesem Zustand einen Verkehrsunfall verursacht, vereitelt schon im Hinblick auf diesen Teilaspekt des Schuldspruches die vom Gesetzgeber zur Herabminderung der Verkehrsunfälle verfolgten Ziele. Hinzu kommt, dass ein Verhalten außer Dienst aufgrund der besonderen Aufgaben des Beamten die Bedingungen für die Annahme einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 erfüllen kann, wenn diese Umstände in ihrer Art, Ausgestaltung und Gewichtung einem besonderen Funktionsbezug vergleichbar sind. Eine solche Konstellation, die einem besonderen Funktionsbezug gleichkommt, wird vor allem dann gegeben sein, wenn aufgrund von Auswirkungen des außerdienstlichen Verhaltens der Beamte in der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt ist. (VwGH 26.01.2012, Zl. 2011/09/0181)“

Der Beschwerdeführer ist als Polizist nach dem Sicherheitspolizeigesetz grundsätzlich auch zur Abwehr und Verfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen nach dem StGB berufen. Wenn ein Polizist im Dienst aber auch außerhalb seines Dienstes selbst Vergehen nach dem StGB begeht, verletzt er damit eben jene Rechtsgüter, die er im Dienst zu schützen hätte. Ein besonderer Funktionsbezug liegt im gegenständlichen Fall daher vor.

Die Disziplinarbehörde hat in diesem Zusammenhang auch zu Recht zum Ausdruck gebracht, dass ein derartiges Verhalten eines Polizisten nicht nur geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben, sondern auch in das rechtmäßige Vorgehen der Exekutive an sich zu erschüttern. Aufgrund der sensiblen Aufgaben der Exekutive ist gerade in diesem Bereich das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Rechtstreue ihrer Organe für ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Polizeibetriebs unverzichtbar. Die Verhängung einer empfindlichen Sanktion erscheint daher auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich notwendig, um sowohl dem Beschwerdeführer als auch allen übrigen Exekutivbediensteten das mit ihrer besonderen Stellung verbundene hohe Maß an Verantwortung vor Augen zu führen.

§ 93 BDG 1979 normiert die Schwere der Pflichtverletzung als vorrangige Grundlage für die Strafbemessung. Zur Schwere der Pflichtverletzung wird bei Gabriele Kucsko Stadlmayer, „Das Disziplinarrecht der Beamten“, 4. aktualisierte Auflage, Seite 103f folgendes ausgeführt:

„Als Maß für die Höhe der Strafe normiert § 93 Abs. 1 BDG zunächst grundsätzlich die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Da gemäß § 91 BDG nur schuldhafte Pflichtverletzungen strafbar sind, kann daher auch nur die Schuld das grundlegende Kriterium für die Beurteilung der „Schwere“ der Dienstpflichtverletzung sein; dies

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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