TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/8 W192 2234447-1

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Veröffentlicht am 08.10.2020
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Entscheidungsdatum

08.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch

W192 2234447-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2020, Zahl: 1266149407-200653368, zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., V. und VI. wird gemäß §§ 10 Abs. 2, 57 AsylG 2005 i.d.g.F., §§ 9, 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG i.d.g.F., §§ 46, 52 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 9, 55 Abs. 4 FPG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 FPG i.d.g.F. insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf vier Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, wurde am 10.07.2020 einer polizeilichen Kontrolle im Bundesgebiet unterzogen, anlässlich derer festgestellt wurde, dass sich der Beschwerdeführer, welcher sich mit einem serbischen Reisepass auswies, innerhalb der letzten 180 Tage länger als 90 Tage im Schengen-Raum aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer rechtfertigte dies durch die Vorlage eines am 12.07.2019 verfassten slowakischen Schreibens, welches seinen Aufenthalt im Bundesgebiet legalisieren würde.

In einem Bericht eines Polizeikooperationszentrums vom 17.07.2020 wird ausgeführt, dass eine Rücksprache mit der auf dem vorgelegten slowakischen Dokument aufscheinenden ausstellenden Behörde ergeben hätte, dass ein Dokument auf den Namen des Beschwerdeführers nicht ausgestellt worden wäre und es sich daher um eine Fälschung handeln müsse; weiters wurde bekanntgegeben, dass ein auf die Personalien des Beschwerdeführers lautender Datensatz in keiner Evidenz der Slowakischen Republik aufscheine.

Am 28.07.2020 erfolgte eine polizeiliche Einvernahme des Beschwerdeführers wegen des Verdachts der Fälschung besonders geschützter Urkunden und es wurde festgestellt, dass dieser sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe.

Am gleichen Datum erfolgte auf Grundlage eines durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlassenen Festnahmeauftrages eine Festnahme und Überstellung des Beschwerdeführers in ein Polizeianhaltezentrum.

Am 29.07.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Verfahren zur Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und eines Einreiseverbotes niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab im Beisein eines geeigneten Dolmetschers zunächst an, gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen. Auf Vorhalt der Überschreitung der höchstzulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer und des Verdachts, dass es sich bei den von ihm in Vorlage gebrachten slowakischen Dokumenten, welche ihn zum Aufenthalt und zur Arbeitsaufnahme im Schengen-Raum berechtigten würden, um Fälschungen handle, gab der Beschwerdeführer an, seit Mai 2019 bei einer slowakischen Firma in der Slowakei zu arbeiten; er habe dort ein Bankkonto und beziehe regelmäßig sein Gehalt. Aufgrund dessen vermute er, dass die Papiere nicht gefälscht seien; er habe eine für zwei Jahre gültige Bestätigung zum Aufenthalt in der Slowakei, mit welcher er die Grenze zu Ungarn bereits mehrfach überschritten habe. Befragt, weshalb er keinen Aufenthaltstitel in Form einer slowakischen Identitätskarte für Fremde besäße, gab der Beschwerdeführer an, aufgrund der Corona-Krise habe er die Plastikkarte noch nicht bekommen. Er wohne in der Slowakei an einer näher bezeichneten Adresse in Bratislava. Für den Umstand, dass er den slowakischen Behörden nicht bekannt wäre, habe der Beschwerdeführer keine Erklärung. Auf Vorhalt, dass aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliege und aus diesem Grund die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes in bis zu fünfjähriger Dauer zulässig wäre, gab der Beschwerdeführer an, dass die Verhängung eines Einreiseverbotes die Existenz seiner Familie gefährden würde. Der Beschwerdeführer befinde sich seit dem 01.02.2020 mit Ausnahme des Zeitraums von 20.06.2020 bis 29.06.2020 im Schengen-Gebiet. Seit der letztmaligen Einreise am 29.06.2020 befinde er sich durchgehend in Österreich. Er sei zum Zweck der Arbeitsaufnahme nach Österreich gereist, da er von seinem Arbeitgeber nach Österreich zur Arbeit geschickt worden wäre. Er hätte bei der Kontrolle von Bauarbeiten in verschiedenen Objekten arbeiten sollen. Über Vorhalt, dass ein Antrag auf Ausstellung einer Entsendungsbewilligung vom Arbeitsmarktservice mit Schreiben vom 02.03.2020 abgewiesen worden sei und gefragt, weshalb er dennoch zur Arbeitsverrichtung eingereist sei, entgegnete der Beschwerdeführer, ihm sei bewusst gewesen, dass er nicht arbeiten durfte. Sein Zielland sei Österreich gewesen, um hier zu arbeiten. Befragt, wo er die gefälschten Dokumente erworben hätte, gab der Beschwerdeführer an, er sei über Bekannte zum Arbeitgeber gekommen, welcher ihm das slowakische Dokument gegeben hätte. Er sei auch mehrfach bei der slowakischen Polizei gewesen. Im Heimatland habe er vorwiegend von Arbeiten am Bau gelebt. Er habe die Grundschule absolviert und den Beruf des Bautechnikers erlernt. In Österreich lebe er vom Gehalt der slowakischen Firma. Der Beschwerdeführer habe eine Bankomat-/Kreditkarte, jedoch keine Ersparnisse; er verdiene ca. zwischen EUR 1.500,- und 1.800,- im Monat. Der Beschwerdeführer habe einen Bruder in Österreich, welcher an der gleichen Adresse lebe. Ansonsten pflege der Beschwerdeführer keine sozialen Kontakte in Österreich und er spreche nur wenig Deutsch. Im Heimatland hielten sich seine Mutter, seine Ehegattin und eine minderjährige Tochter auf. Seine derzeitigen finanziellen Mittel beliefen sich auf EUR 160,- sowie AUD 50,-.

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 10 Abs. 2 AsylG und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot gegen diesen verhängt (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf im Rahmen der Entscheidungsbegründung Feststellungen zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und stellte dessen serbische Staatsbürgerschaft und seine Identität fest. Der Beschwerdeführer habe sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, zumal er die höchstzulässige Dauer eines visumfreien Aufenthalts um 81 Tage überschritten hätte und nicht im Besitz eines durch einen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels gewesen sei. Der Beschwerdeführer verfüge nicht über die notwendigen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts im Bundesgebiet und sei nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder Beschäftigungsbewilligung. Der Beschwerdeführer habe im Bundesgebiet bei seinem Bruder Wohnsitz genommen, ginge keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach und sei nicht sozialversichert. Der Beschwerdeführer weise kein schützenswertes Familien- oder Privatleben im Bundesgebiet auf und habe seine engsten familiären Bindungen in Serbien, wo seine Ehegattin, seine Tochter und seine Mutter leben würden. Da die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung gegenüber den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen würden und auch keine Gründe für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG 2005 vorliegen würden, sei eine Rückkehrentscheidung auszusprechen gewesen.

Da sich weder aus den Feststellungen zum Zielstaat noch aus den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers eine relevante Gefahrenlage ergeben habe, sei die Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien festzustellen gewesen.

Zum Ausspruch eines Einreiseverbotes wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die für seinen Lebensunterhalt in Österreich erforderlichen finanziellen Mittel nicht nachweisen können und habe bereits bei seiner Einreise in den Schengenraum gegen die geltenden Gesetze verstoßen, zumal er ausschließlich zur Arbeitsaufnahme und unrechtmäßigen Wohnsitznahme eingereist wäre. Dem Beschwerdeführer sei bewusst gewesen, dass er zur Arbeitsaufnahme in Österreich nicht berechtigt sei und er habe versucht, durch Vorlage eines gefälschten slowakischen Dokumentes einen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich vorzutäuschen. Dieser habe die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer bewusst um 81 Tage überschritten und das Bundesgebiet nicht verlassen, obwohl ihm dies auch unter Berücksichtigung der COVID-Krise möglich gewesen wäre. Angesichts der finanziellen Situation des Beschwerdeführers habe die Gefahr bestanden, dass dieser bei einem weiteren Aufenthalt einer Schwarzarbeit nachgehen werde. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens und der Lebensumstände des Beschwerdeführers habe daher ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der ausgesprochenen Dauer notwendig sei, um der von seiner Person ausgehenden Gefährdung zu begegnen. Aus dem gleichen Grund sei eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich.

Beide Bescheide wurden vom Beschwerdeführer am 30.07.2020 persönlich übernommen.

Am 31.07.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat, dem das Bundesamt nicht stattgab.

Am 06.08.2020 wurde der Beschwerdeführer auf dem Landweg nach Serbien abgeschoben.

3. Gegen den dargestellten Bescheid wurde durch den nunmehr bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers am 25.08.2020 die gegenständliche vollumfängliche Beschwerde eingebracht, zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt wurde, die belangte Behörde habe willkürlich eine Auseinandersetzung mit dem wesentlichen Vorbringen des Beschwerdeführers unterlassen und habe ihre Ermittlungs- und Manduktionspflicht missachtet. Hätte die Behörde diese Pflichten nicht verletzt, hätte der Beschwerdeführer weitere Beweise dafür vorlegen können, dass es sich bei dem slowakischen Dokument um keine Fälschung handle. Der Beschwerdeführer habe über seinen namentlich bezeichneten Arbeitgeber einen Aufenthaltstitel in der Slowakei eingereicht und eine Berechtigung für zwei Jahre erhalten. Seit Erteilung der Aufenthaltsberechtigung sei er bei einem näher bezeichneten Unternehmen beschäftigt und beziehe ein Einkommen von EUR 1.800,- netto. Durch Vorlage weiterer Beweise und die Aussage seines Arbeitgebers hätte der Beschwerdeführer beweisen können, dass er berechtigt sei, sich länger als 90 Tage innerhalb von 180 Tagen im Schengenraum aufzuhalten. Durch die Inhaftierung und anschließende Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes sei das Recht des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit sowie jenes auf ein faires Verfahren verletzt worden. Zudem sei der Beschwerdeführer hierdurch gehindert, seine Tätigkeit für den erwähnten Arbeitgeber auszuüben. Für die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers habe angesichts seiner Unbescholtenheit und von ihm nicht ausgehenden Gefährdung keine Veranlassung bestanden, zudem führe die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung dazu, dass der Genannte seinen Arbeitsplatz beim slowakischen Arbeitgeber verlieren werde.

Übermittelt wurde ein Konvolut an in Slowakisch abgefassten Unterlagen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; seine Identität steht aufgrund der Vorlage eines biometrischen serbischen Reisepasses fest. Der Beschwerdeführer hat sich von 01.02.2020 bis 20.06.2020 sowie ab dem 29.06.2020 im Schengen-Gebiet aufgehalten und damit die höchstzulässige Dauer eines visumfreien Aufenthaltes um 81 Tage überschritten.

1.2. Der Beschwerdeführer war darüber hinaus nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels, welcher ihn zu Aufenthalt und Arbeitsaufnahme im Gebiet der Schengen-Staaten berechtigt. Dieser ist und war zum Zeitpunkt seines polizeilichen Aufgriffs im Bundesgebiet am 10.07.2020 nicht im Besitz einer slowakischen Aufenthaltsberechtigung.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 02.03.2020 wurde ein Antrag eines slowakischen Unternehmens vom 21.02.2020 auf Bestätigung der EU-Entsendung für den Beschwerdeführer für die berufliche Tätigkeit als Baumonteur gemäß § 18 Abs. 12 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgewiesen und eine Entsendung untersagt.

Der Beschwerdeführer reiste im Bewusstsein über seine fehlende Berechtigung zu Aufenthalt und Arbeitsaufnahme zum Zweck der Ausübung einer illegalen Beschäftigung ins Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt seines Aufgriffs im Bundesgebiet über EUR 160,- sowie AUD 50,- an Bargeld und keine legalen Möglichkeiten zur Erlangung darüberhinausgehender finanzieller Mittel.

Ein weiterer respektive neuerlicher Aufenthalt des Beschwerdeführers würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen. Insbesondere besteht die Gefahr, der Beschwerdeführer werde neuerlich in das Gebiet der Schengen-Staaten einreisen, um Einkünfte aus illegaler Beschäftigung zu erzielen.

Der Beschwerdeführer war seit dem 04.02.2020 durchgehend mit einem Nebenwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet.

1.3. Der in Österreich strafgerichtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist verheiratet und hatte seinen Lebensmittelpunkt stets in Serbien, wo er durch seine Ehefrau, seine minderjährige Tochter und seine Mutter familiäre Anknüpfungspunkte hat. Der Beschwerdeführer spricht Serbisch. In Österreich ist ein Bruder des Beschwerdeführers legal aufhältig, bei welchem der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts im Bundesgebiet Unterkunft nahm. Es wurde nicht vorgebracht, dass er zu seinem Bruder in einem besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis stünde, welches über die zwischen volljährigen Verwandten dieser Art üblicherweise vorliegende Beziehungsintensität hinausgehen würde. Dem Bruder des Beschwerdeführers steht es offen, den Beschwerdeführer während der Dauer des Einreiseverbotes regelmäßig in Serbien oder in Drittstaaten zu besuchen, im Übrigen kann der Kontakt über Telefon und das Internet aufrechterhalten werden.

Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus keine familiären oder sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich, dieser ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und erbrachte keinen Nachweis über vorhandene Deutschkenntnisse. Eine Integration im österreichischen Bundesgebiet wurde nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer wurde am 06.08.2020 nach Serbien abgeschoben und hält sich seither nicht mehr im Bundesgebiet auf.

1.4. Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, dass ihm in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes ist er zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts in Serbien in der Lage.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem unstrittigen Akteninhalt, den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und in der Beschwerde sowie dem im Verwaltungsakt ersichtlichen serbischen Reisepass, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel entstanden sind.

Die Zeiten seines Aufenthaltes im Gebiet der Schengen-Staaten respektive im Bundesgebiet ergeben sich aus dem in seinem Reisepass dokumentierten Aufenthaltszeitraum, welcher auch vom Beschwerdeführer selbst in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angegeben wurde. Die Feststellung zur behördlichen Nebenwohnsitzmeldung ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer weder einen österreichischen, noch einen durch einen anderen Mitgliedstaat ausgestellten, gültigen Aufenthaltstitel besessen hat, ergibt sich aus der Nichtvorlage eines entsprechenden Dokumentes sowie den im Akt dokumentierten polizeilichen Ermittlungsergebnissen. Der Beschwerdeführer hat seinen Aufenthalt im Bundesgebiet durch die Vorlage eines seinem Inhalt nach am 12.07.2019 durch eine slowakische Polizeibehörde abgefassten Schreibens zu rechtfertigen versucht, dessen beglaubigter Übersetzung ins Deutsche sich entnehmen lässt, dass dem Beschwerdeführer ein vorübergehender Aufenthalt in der Slowakei von zwei Jahren zum Zweck der Beschäftigung gewährt werde.

Mit Ausnahme dieses Schreibens hat der Beschwerdeführer keine behördlichen Dokumente zum Nachweis eines aktuellen Aufenthaltsrechts in der Slowakei in Vorlage gebracht. Insbesondere legte dieser nicht den eigentlichen Aufenthaltstitel vor, sodass bereits nicht ersichtlich ist, dass ein solcher Titel auf Basis des erwähnten Schreibens tatsächlich ausgestellt wurde respektive unverändert im Besitz des Beschwerdeführers ist. Soweit er, auf diesen Umstand angesprochen, anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorbrachte, dass die Ausstellung eines solchen Dokumentes wegen der Corona-Krise bislang nicht erfolgt sei, so kann dem nicht gefolgt werden, zumal die Entscheidung über die Gewährung eines zweijährigen Aufenthaltsrechts durch die slowakischen Behörden laut dem vorgelegten Schreiben bereits im Juli 2019 erfolgt sei, wohingegen die Auswirkungen der Corona-Pandemie in Europa erst ab etwa Februar/März 2020 bemerkbar wurden; der Einwand des Beschwerdeführers bietet demnach jedenfalls keine Erklärung dafür, weshalb ein entsprechendes Dokument seitens der slowakischen Behörden nicht bereits in den rund sieben vorangegangenen Monaten ausgefolgt worden wäre.

Überdies lässt sich einem im Verwaltungsakt einliegenden Bericht des Polizeikooperationszentrums Kittsee vom 17.07.2020 sowie einem Polizeibericht vom 28.07.2020 entnehmen, dass im Auftrag des Bundesamtes für Fremdenwesens und Asyl durchgeführte Ermittlungen zur Verifizierung der vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Dokumente zum Ergebnis führten, dass die Person des Beschwerdeführers den slowakischen Behörden nicht bekannt ist und demnach das in Vorlage gebrachte Schreiben vom 12.07.2019 als Fälschung zu qualifizieren sei. Im Bericht vom 28.07.2020 wird näher ausgeführt, dass eine Anfrage bei der auf dem in Vorlage gebrachten slowakischen Dokument aufscheinenden ausstellenden Behörde ergeben habe, dass jene slowakische Behörde einen Datensatz mit den Personalien des Beschwerdeführers nicht in Evidenz halte, weshalb es sich aller Voraussicht nach um eine Fälschung handeln müsse. Nachdem der Beschwerdeführer im Zuge einer am 28.07.2020 durchgeführten polizeilichen Einvernahme zum Tatverdacht der Urkundenfälschung rigide daran festgehalten habe, die Dokumente rechtmäßig erlangt zu haben, erfolgte laut Bericht vom 28.07.2020 neuerlich eine Rücksprache mit dem Polizeikooperationszentrum Kittsee, welche wiederum ergab, dass eine Anfrage zu einer Aufenthaltsberechtigung für den Beschwerdeführer im slowakischen System nicht dokumentiert wäre, was die Annahme untermauere, dass die slowakische Fremdenbehörde keinerlei Kenntnis von der Ausstellung einer entsprechenden Aufenthaltsbewilligung habe.

Aufgrund dieser nicht anzweifelnden und vom Beschwerdeführer nicht konkret bestrittenen polizeilichen Ermittlungsergebnisse, welche auf unmittelbaren Anfragen bei der zuständigen slowakischen Behörde beruhen, war in Übereinstimmung mit den Erwägungen im angefochtenen Bescheid festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht im Besitz einer slowakischen Aufenthaltsberechtigung gewesen ist. Soweit die Beschwerde weitere Dokumente zum Beleg des Arbeitsverhältnisses des Beschwerdeführers mit einem slowakischen Unternehmen übermittelt und ausführt, dass die im Verfahren unterlassene Konsultation des slowakischen Arbeitgebers des Beschwerdeführers geeignet gewesen wäre, dessen Berechtigung zum Aufenthalt im Schengen-Gebiet zu belegen, ist festzuhalten, dass das Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers zu jenem slowakischen Arbeitgeber nicht angezweifelt wird; jedoch handelt es sich beim Arbeitgeber als Privatperson bzw. als Unternehmer um kein Organ, welches eine offizielle Auskunft über die aufenthaltsrechtliche Stellung des Beschwerdeführers gegen könnte. Wie dargelegt, haben die im Akt dokumentierten Anfragen bei den unmittelbar zuständigen slowakischen Behörden ergeben, dass keine Informationen über einen dem Beschwerdeführer erteilten Aufenthaltstitel vorliegen.

Die Feststellungen über den Aufenthaltszweck des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen ausdrücklichen Angaben anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.07.2020, in der er wiederholt festhielt, zwecks Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach Österreich gereist zu sein.

Die Feststellung über die mit Bescheid untersagte EU-Entsendung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der im Verwaltungsakt einliegenden Ausfertigung des Bescheides des Arbeitsmarktservice vom 02.03.2020. Der Beschwerdeführer hat selbst eingeräumt, dass ihm bewusst gewesen ist, dass er (auch) vor diesem Hintergrund nicht zur Arbeitsaufnahme für den slowakischen Arbeitgeber im Bundesgebiet berechtigt gewesen ist, jedoch nichtsdestotrotz zwecks Arbeitsaufnahme in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei.

Angesichts dieser ausdrücklichen Aussagen des Beschwerdeführers hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einem weiteren Aufenthalt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Beschäftigung ausgeübt hätte, zu der ihm die Berechtigung fehlte. Angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer sich bereits seit Anfang Februar 2020 annähernd durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten hatte, die beantragte Entsendung laut im Akt einliegender Meldung für den Zeitraum 24.02.2020 bis 31.07.2020 vorgesehen gewesen wäre und die Arbeitsaufnahme im Unternehmen jenes Bruders des Beschwerdeführers erfolgen sollte, an dessen Anschrift der Beschwerdeführer in Österreich Unterkunft genommen hat (wobei Unterkunftgeber ebenjenes Unternehmen gewesen ist), ist zudem wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts im Vorfeld des polizeilichen Aufgriffs bereits eine entsprechende unrechtmäßige Tätigkeit für das Unternehmen seines Bruders ausgeführt hat; wie angesprochen, hat der Beschwerdeführer ausdrücklich erklärt, zwecks Arbeitsaufnahme nach Österreich gereist zu sein und es ist nicht anzunehmen, dass dieser während seines mehr als fünfmonatigen Aufenthalts in Österreich ohne Ausübung einer Beschäftigung am Sitz des Unternehmens verbracht hat, zumal er selbst betonte, auf die Durchführung von Arbeiten im Gebiet der Mitgliedstaaten zur Bestreitung des Lebensunterhalts seiner im Herkunftsland lebenden Familie angewiesen zu sein.

Die Feststellungen über die finanzielle Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben; dieser gab in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.07.2020 an, über EUR 150,- sowie AUD 50,- an Barmittel, ansonsten aber über kein Vermögen oder Ersparnisse zu verfügen. Eine finanzielle Unterstützung durch Familienangehörige oder eine Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers wurde im Verfahren auch nicht behauptet oder nachgewiesen. Vielmehr räumte der Beschwerdeführer selbst ein, dass er zur Bestreitung des Lebensunterhalts seiner Familie auf die Ausübung einer Beschäftigung im Gebiet der Mitgliedstaaten angewiesen sei.

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem Strafregisterauszug.

Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen und persönlichen Lebensumständen des Beschwerdeführers in Serbien, zu seinen dortigen familiären Bezügen sowie den mit Ausnahme der Beziehung zu seinem im Bundesgebiet aufhältigen Bruder mangelnden familiären und privaten Bindungen und der fehlenden Integration in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt und den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde, die sich mit den diesbezüglichen Feststellungen im Bescheid decken und denen der Beschwerdeführer in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten ist. Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, zu seinem in Österreich aufenthaltsberechtigten Bruder in einem besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu stehen.

Die am 06.08.2020 erfolgte Abschiebung des Beschwerdeführers ist im Verwaltungsakt dokumentiert.

Im Hinblick auf die Rückkehrsituation verwies die belangte Behörde überdies zu Recht darauf, dass der volljährige Beschwerdeführer, welcher den Großteil seines Lebens in Serbien verbracht hat, dort die Schule sowie eine Berufsausbildung absolviert hat und verschiedenen Erwerbstätigkeiten nachgegangen ist, jedenfalls neuerlich zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts im Herkunftsstaat in der Lage sein wird. Der Beschwerdeführer leidet an keinen Erkrankungen und kann auf Leistungen des serbischen Sozialsystems zurückgreifen. Im Herkunftsstaat halten sich unverändert Angehörige des Beschwerdeführers auf, sodass ihm zudem die Möglichkeit offen stünde, auf Unterstützung durch ein soziales Netz zurückzugreifen und bei diesem Wohnsitz zu nehmen.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Serbien um einen Staat handelt, der weder von bürgerkriegsähnlichen Zuständen noch Kampfhandlungen betroffen ist, und auch sonst nicht – etwa im Vergleich zu Krisenregionen wie Afghanistan, Irak, Somalia, Syrien, u.a. – als Staat mit sich rasch ändernder Sicherheitslage auffällig wurde (vgl. dazu etwa VfGH 21.9.2017, Zl. E 1323/2017-24, VwGH 13.12.2016, Zl. 2016/20/0098). Letztlich ist abermals darauf hinzuweisen, dass Serbien aufgrund der Ermächtigung nach § 19 Abs. 5 Z 2 BFA-VG laut § 1 Z 6 der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, als sicherer Herkunftsstaat gilt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellen sich die maßgeblichen Rechtsgrundlagen wie folgt dar:

3.2.1.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten auszugsweise:

„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung‘ zu erteilen.

[…]

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) – (4) […]

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5.       ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

(3) – (13) […]“

Die maßgeblichen Bestimmungen des 7. und 8. Hauptstücks des FPG lauten:

„Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1.       die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.       sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.       sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) – (6) [...]

[...]

Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

[...]

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) – (7) [...]

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) – (11) […]

[...]

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) – (3) […]

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) […]“

§ 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) – (6) [...]“

3.2.1.2. Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Staatsangehörige der Republik Serbien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art. 1 Abs. 2 iVm Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer in dem Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten von dem Datum der ersten Einreise an, sofern die Einreisevoraussetzungen des Art. 5 lit. a bis e leg.cit. vorliegen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 SDÜ muss der Drittausländer über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes sowohl für die Dauer des Aufenthaltes als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (lit c leg.cit.) und darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit oder die internationalen Beziehungen einer der Vertragsparteien darstellen (lit e leg.cit.).

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

3.2.1.3. Da der Beschwerdeführer die erlaubte Höchstdauer eines visumfreien Aufenthaltes überschritten hat und nicht im Besitz eines darüberhinausgehenden, ihn zum Aufenthalt berechtigenden, Titels gewesen ist, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zulässigerweise dessen unrechtmäßigen Aufenthalt festgesellt und im angefochtenen, dem Beschwerdeführer am 30.07.2020 zugestellten, Bescheid eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG beurteilt.

Der Beschwerdeführer ist in der Folge am 06.08.2020 in den Herkunftsstaat abgeschoben worden und hält sich seither nicht mehr in Österreich auf. Da das Rückkehrentscheidungsverfahren bereits vor der Ausreise eingeleitet war, sind zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung die Voraussetzungen nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG gegeben. Wegen der mittlerweile erfolgten Ausreise des Beschwerdeführers aus Österreich, ist gegenständlich die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage, zu prüfen (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Wie sogleich aufzuzeigen sein wird, haben im Falle des Beschwerdeführers zu keinem Zeitpunkt – weder bei Erlassung des angefochtenen Bescheides, noch zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt – Umstände vorgelegen, die im Sinne des § 9 Abs. 3 BFA-VG zu einer Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung führen würden.

3.2.2. Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

3.2.3. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 lagen zu keinem Zeitpunkt vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig war noch der Beschwerdeführer ein Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhalts im Ermittlungsverfahren hervor. Die Behörde hat daher zu Recht ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Zeitpunkt der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht vorgelegen haben. Aktuell liegen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 bereits mangels eines aktuellen Inlandsaufenthaltes nicht vor.

3.2.4. Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

3.2.4.1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479; 26.1.2006, 2002/20/0423).

3.2.4.2. Der Beschwerdeführer hat einen Bruder im Bundesgebiet, bei welchem er während seines Aufenthalts Unterkunft genommen hat. Der Beschwerdeführer, welcher bereits in der Vergangenheit nicht zum längerfristigen Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen ist, hat nicht vorgebracht, zu seinem Bruder in einem besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis zu stehen, welches über die zwischen volljährigen Geschwistern üblicherweise bestehende Beziehungsintensität hinausginge. Den Kontakt zu seinem Bruder wird er künftig weiterhin über Besuche im Herkunftsstaat sowie über Telefon und Internet aufrechterhalten können. Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet darüber hinaus über keine familiären Bindungen. Die ausgesprochene Rückkehrentscheidung ist demnach nicht geeignet, einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Familienlebens zu begründen.

3.2.4.3.1 Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.1.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.7.2015, Ra 2014/22/0055, mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216, mwH).

3.2.4.3.2. Der Beschwerdeführer war im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig, er verfügt hier mit Ausnahme des erwähnten Bruders über keine engen sozialen Bindungen, hat sich keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet oder sonstige Ausbildungen absolviert. Es wurden im gesamten Verfahren keine Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in gesellschaftlicher, sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht ersichtlich.

Demgegenüber halten sich im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, in welchem er den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens verbracht hat, unverändert seine Ehefrau, seine minderjährige Tochter und seine Mutter, sohin seine engsten Familienangehörigen, auf, er verfügt über Kenntnisse der Amtssprache sowie Berufserfahrung und es wird ihm daher als volljährigem gesundem Mann ohne besonderen Schutzbedarf auch problemlos möglich sein, wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen.

3.2.4.4. Allfälligen privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Aufenthalt in Österreich stehen im Übrigen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen sowie an der Verhinderung von Schwarzarbeit gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.1.2001, 2000/18/0251), ebenso besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" (vgl. etwa VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047).

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

3.2.5. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

3.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0234). Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren, wie dargelegt, kein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung in relevanten Grundrechten (insb. Art. 3 EMRK) erstattet.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID 19-Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt. Personen, die in Serbien einreisen, erhalten eine schriftliche Gesundheitswarnung in englischer und serbischer Sprache über die Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung und zur Eindämmung der COVID 19-Pandemie. Einreisende werden an allen Grenzübergängen streng nach Anzeichen einer COVID 19-Infizierung geprüft. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in öffentlichen Verkehrsmitteln und geschlossenen Räumen (z.B. Supermärkte, Tankstellen, Apotheken, öffentliche Gebäude), ist verpflichtend, aber auch im Freien, wenn ein Abstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann. Versammlungen von mehr als 30 Personen im öffentlichen Raum (im Freien und in geschlossenen Räumen) sind verboten. Lokale sind ab 01:00 Uhr geschlossen, jene, die über keine Sitzplätze im Freien verfügen ab 21:00 Uhr (Quelle: https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/serbien/). Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf sein Alter als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach der Beschwerdeführer bei einer allfälligen COVID 19-Infektion einer Hoch-Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde. Auch die durch das österreichische Außenministerium zuletzt im Hinblick auf Serbien wegen steigender Infektionszahlen neuerlich ausgesprochene Reisewarnung führt zu keiner anderen Einschätzung hinsichtlich des Vorliegens eines realen Risikos einer Verletzung von durch Art. 3 EMRK geschützten Rechten.

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bereits im August 2018 in den Herkunftsstaat zurückgekehrt ist.

Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.

3.4. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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