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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
KOVG 1957 §11a Abs3 idF 1967/258;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Dr. Josef Broinger, Dr. Johannes Hochleitner, Dr. Erich Kaltenbrunner und Mag. Günther Eybl, Rechtsanwälte in Eferding, Kirchenplatz 8, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Oberösterreich vom 30. August 1994, Zl. OB: 410-034249-005/Sch, betreffend Beschädigtenversorgung nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der im Jahr 1920 geborene Beschwerdeführer erhielt eine Beschädigtengrundrente nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG) aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H. Er ersuchte niederschriftlich am 1. Oktober 1991 um Neubemessung seiner Beschädigtenrente, weil im Zustand seiner anerkannten Dienstbeschädigungen (Zustand nach Hirnquetschung mit zentralen Regulationsstörungen und chronische Gastritis) eine Verschlimmerung eingetreten sei.
Mit Bescheid vom 6. Februar 1992 gab das Landesinvalidenamt für Oberösterreich diesem Antrag auf Neubemessung der Beschädigtenrente keine Folge. Als Dienstbeschädigungen seien gemäß § 4 KOVG rechtskräftig anerkannt ein Zustand nach Hirnquetschung mit zentralen Regulationsstörungen und eine chronische Gastritis (hier Kausalanteil 1/2). Nach den im Verfahren eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sei aus der Sicht des § 7 KOVG gegenüber dem Bescheid vom 8. Jänner 1955 keine Änderung eingetreten. Auch der berufskundlichen Einschätzung nach § 8 KOVG sei weiterhin der Beruf eines kaufmännischen Angestellten zugrundezulegen.
In der Berufung vom 3. April 1992 betonte der Beschwerdeführer die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und wies u.a. darauf hin, daß er in keiner ärztlichen Behandlung stehe, weil er nicht versichert sei und sich daher einen "Arztbesuch nicht leisten" könne.
Im Berufungsverfahren kam es u.a. zur Einholung eines medizinischen Gutachtens des Facharztes für Innere Medizin und Labordiagnostik Mag. DDr. Othmar Hartl. Im Gutachten vom 14. April 1993 schätzte dieser die "chronische Gastritis" in der Richtsatzposition 348 ausgehend von einer Gesamt-MdE von 40 % entsprechend dem ursächlichen Anteil von 1/2 mit einer kausalen MdE nach § 7 KOVG von 20 % ein (zur Begründung führte der Gutachter aus, daß nach der Aktenlage bei einem deutlich herabgesetzten Ernährungszustand die Position 348 und dort der obere Rahmensatz angenommen werde, weil glaubhafte Beschwerden angegeben würden und eine eher strenge Diät eingehalten werde).
Nachdem auch noch ein ärztliches Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 10. März 1993 (das den Zustand nach contusio cerebri nach wie vor nach Richtsatzposition 570 mit einer Gesamt-MdE von 30 v.H. beurteilte) eingeholt worden war, nahm der leitende Arzt beim Landesinvalidenamt für Oberösterreich am 17. Mai 1993 dahingehend Stellung, daß dem Gutachten Dris. Hartl nur teilweise zugestimmt werden könne. Die Richtsatzposition 348 sei zwar heranzuziehen, wobei allerdings nach seiner Ansicht der obere Rahmensatz nicht zum Tragen komme, weil eine medikamentöse Therapie nicht eingehalten bzw. nicht eingenommen werde und die Diät allein mit der Schmerzsymptomatik, da diese subjektiv sei, den Rahmensatz mit 40 % nicht rechtfertige. Der "untere Rahmensatz mit 30 %, bei nur diätischen Maßnahmen, scheint gerechtfertigt. Halbkausalität 15 % ". Die Gesamt-MdE setze sich aus dem neurologischen Gutachten und dem internen Gutachten zusammen, "sie beträgt 40 %, da die 30 % durch die Gastritis Position um eine Stufe gesteigert werden".
In einer berufskundlichen Beurteilung gemäß § 8 KOVG vom 8. Juni 1993 wurde ausgeführt, daß aufgrund der aktenkundigen Berufszumutbarkeitsprüfung aus dem Jahr 1980 und der Tatsache, daß seit 1962 keine Versicherungszeiten aufschienen, die seither angegebenen Tätigkeiten (zuletzt Alteisenwarenhandel) nicht glaubhaft bzw. Gelegenheitsarbeiten seien. Es sei daher weiterhin der Beruf eines kaufmännischen Angestellten zugrundezulegen. Aufgrund dieses Berufes seien aber keine beruflichen Sonderverhältnisse gegeben, die zur Annahme einer MdE nach § 8 KOVG führen könnten.
In einer niederschriftlichen Stellungnahme vom 19. Juli 1993 erklärte sich der Beschwerdeführer mit den vorliegenden Beweisergebnissen nicht einverstanden. Er wandte sich insbesondere gegen die berufskundliche Beurteilung, weil bei dieser noch immer der Beruf eines kaufmännischen Angestellten zugrunde gelegt werde, obwohl er diesen Beruf seit seiner Rückkehr aus dem Krieg aufgrund der erlittenen Kopfverletzung nicht mehr habe ausüben können. Deshalb habe er sich auch viele Jahre hindurch mit Gelegenheitsarbeiten "durchgekämpft". Vorwiegend habe er einen Alteisenwarenhandel betrieben, mit dem er aber "vor einigen Jahren in Konkurs" gegangen sei. Insgesamt beantrage er, ihm eine Beschädigtenrente nach einer MdE von 50 v.H. zu gewähren.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erfolgte am 13. Oktober 1993 eine neuerliche berufskundliche Beurteilung, der nunmehr der Beruf eines "Altmetallhändlers (Bürobetrieb)" zugrunde gelegt wurde. Der Beschwerdeführer habe dieses Gewerbe vom September 1982 bis Oktober 1986, beschränkt auf den Einzelhandel mit Altmetallen (Bürobetrieb), ausgeübt. Die Annahme einer MdE gemäß § 8 KOVG sei aber weiterhin nicht möglich, weil Hauptaufgabe in diesem Beruf die Entgegennahme und der Verkauf von Metallen gewesen und der Transport der Altwaren durch die Zulieferer und die Käufer mittels LKW erfolgt sei (körperliche Schwerarbeit als ausgesprochene Dauerleistung sei in diesem Beruf nicht gefordert gewesen).
Diese berufskundliche Beurteilung teilte der Beschwerdeführer im Rahmen einer am 11. Februar 1994 von der Behörde aufgenommenen Niederschrift nicht. Er sei als Altmetallhändler nämlich ganz allein tätig gewesen und habe daher auch mit seinem "VW-Bus zu den Leuten, die ihm die Altmetalle angeboten haben," fahren müssen. Er habe die Ware allein aufladen und anschließend zum Großhändler bringen müssen. Die Behauptung, körperliche Schwerarbeit sei in seinem ausgeübten Beruf nicht erforderlich gewesen, entbehre daher jeder Grundlage.
Aufgrund dieser Angaben kam es zu einer Ergänzung der berufskundlichen Beurteilung vom 9. Mai 1994. Darin wurde ausgeführt, ergänzende Ermittlungen hätten ergeben, daß es sich um einen Einmannbetrieb gehandelt habe, wobei der Beschwerdeführer Gegenstände von den Kunden selbst abgeholt und direkt zu den Großhändlern gebracht habe. Als überdurchschnittliche Anforderung in diesem Beruf sei das Heben und Tragen schwerer Lasten anzusehen und zwar beim Be- und Entladen der Metallgegenstände. Bezogen auf die gesamte Arbeitszeit seien diese Anforderungen nur "öfter" zu erbringen, "d.h. maximal 50 % der Arbeitszeit". Hinsichtlich der psychischen Anforderungen lägen weiterhin keine überdurchschnittlichen Anforderungen vor, weil nur relativ kurze Autofahrten zurückzulegen seien und die Führung eines Altmetallwarenhandels (Einmannbetrieb) keine überdurchschnittlichen psychischen Anforderungen nach sich ziehe, wie dies bei der Führung eines Klein- oder Mittelbetriebes der Fall wäre. Als überdurchschnittliche Anforderung sei daher die öfters geforderte Bewältigung schwerer Lasten anzusehen. Nach dem zu § 8 KOVG erstellten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 4. Mai 1994 bestehe nur eine geringe Beeinträchtigung bei der Ausübung des Berufes und den damit verbundenen überdurchschnittlichen Anforderungen, weil weder in der Mobilität noch in der Motorik eine wesentliche Beeinträchtigung durch die Dienstbeschädigung bestehe. Die MdE gemäß § 8 KOVG betrage nach den geltenden Einschätzungsrichtlinien 10 v.H. und übersteige nicht den gemäß § 7 KOVG ermittelten Wert.
In einer weiterem mit dem Beschwerdeführer am 14. Juni 1994 aufgenommenen Niederschrift erklärte sich dieser "weiterhin weder mit der medizinischen noch mit der berufskundlichen Einschätzung" seiner MdE einverstanden. Er sei seinerzeit als Schwerkriegsbeschädigter eingestuft gewesen und es sei seine MdE nur deshalb herabgesetzt worden, weil er damals eine Arbeit angenommen habe, die er allerdings nur kurzzeitig und bedingt habe ausüben können. Seine aufgrund des Kriegseinsatzes bestehenden Leiden hätten sich keineswegs etwas verbessert, sondern eher verschlechtert.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß die Beschädigtengrundrente mit Wirkung vom 1. Oktober 1991 nach einer MdE von 40 v.H. neu bemessen wurde. In der Begründung wird dazu ausgeführt, das aufgrund des Berufungsvorbringens durchgeführte medizinische Beweisverfahren habe zu dem Ergebnis geführt, daß hinsichtlich des Zustandes nach contusio cerebri keine Befundverschlechterung eingetreten sei. Aufgrund des schlechten Ernährungszustandes des Beschwerdeführers habe die Einschätzung der weiters als Dienstbeschädigung anerkannten chronischen Gastritis nunmehr aber nach Richtsatzposition 348 zu erfolgen. Danach sei für eine "schwere Form bei herabgesetztem Ernährungszustand" ein Rahmensatz von 30 bis 40 v.H. vorgesehen. In Anbetracht dessen, "daß Sie zwar eine eher strengere Diät einhalten, eine medikamentöse Therapie aber nicht erfolgt", sei eine Einschätzung der MdE mit dem unteren Rahmensatzwert medizinisch zutreffend. Gemäß dem rechtskräftig anerkannten Kausalanteil von 1/2 betrage die kausale MdE 15 v.H., die eine Anhebung der Gesamt-MdE auf 40 v.H. bewirke. Aufgrund der Höhereinschätzung der MdE gemäß § 7 KOVG und der im Verfahren vorgebrachten Einwendungen sei auch ein umfangreiches berufskundliches Beweisverfahren durchgeführt worden. Nach Schilderung dieses berufskundlichen Einschätzungsverfahrens wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, obwohl der Beschwerdeführer sich mit dem aufgezeigten Beweisergebnis erneut nicht einverstanden erklärt habe, habe sich die belangte Behörde zur Fortführung des Beweisverfahrens nicht mehr veranlaßt gesehen, weil sowohl das vorliegende medizinische Beweisergebnis als auch die berufskundliche Beurteilung vom 9. Mai 1994 vollständig und schlüssig erschienen und begründete Einwendungen nicht gemacht worden seien.
In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem "gesetzlich gewährleisteten Recht auf richtige Einschätzung der Minderung meiner Erwerbsfähigkeit und dem daraus sich ergebenden Anspruch auf Beschädigtenrente nach §§ 7 und 8 KOVG verletzt", und beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 KOVG hat der Beschädigte Anspruch auf Beschädigtenrente, wenn und insolange seine Erwerbsfähigkeit infolge Dienstbeschädigung um mindestens 25 v.H. vermindert ist. Unter Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die durch die Dienstbeschädigung bewirkte körperliche Beeinträchtigung im Hinblick auf das allgemeine Erwerbsleben zu verstehen. Nach dem Abs. 2 der genannten Gesetzesstelle ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des Abs. 1 nach Richtsätzen einzuschätzen, die den wissenschaftlichen Erfahrungen entsprechen.
Gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Satz der Verordnung des Bundesministers für Soziale Verwaltung vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150, über die Richtsätze für die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Vorschriften des KOVG, hat sich die Festsetzung des Grades der MdE innerhalb eines Rahmensatzes nach der Schwere des Leidenszustandes zu richten, für den der Rahmensatz aufgestellt ist. Das Ergebnis einer Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist im Bescheid über den Anspruch auf Beschädigtenrente jedenfalls auch in medizinischer Hinsicht zu begründen. Treffen mehrere Leiden zusammen, dann ist nach § 3 der genannten Verordnung bei der Einschätzung der MdE zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste MdE verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Gesamtleidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller gemäß § 4 KOVG zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der MdE rechtfertigt. Gegenstand der Gesamteinschätzung ist die durch das Zusammenwirken mehrerer - wenn auch voneinander unabhängige - Dienstbeschädigungen bewirkte Beeinträchtigung der gesamten körperlichen und seelischen Beschaffenheit des Geschädigten in Hinsicht auf das allgemeine Erwerbsleben (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1990, 90/09/0082). Die Gesamtbeurteilung zweier oder mehrerer Dienstbeschädigungen hat dabei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Wege einer bloßen Addition, sondern nach Grundsätzen des § 3 der Richtsatzverordnung zum KOVG zu erfolgen; sie unterliegt der fachlichen Beurteilung des ärztlichen Sachverständigen, der sie ausreichend zu begründen hat (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1955, Slg. Nr. 3.749/A, und beispielsweise vom 14. Jänner 1992, 91/09/0217).
Gemäß § 8 KOVG ist bei der Feststellung des Grades der MdE auch zu prüfen, ob sie bei Berücksichtigung der Tauglichkeit des Beschädigten zu einer Erwerbstätigkeit, die ihm nach seinem früheren Beruf oder nach seiner Vorbildung billigerweise zugemutet werden kann, höher als nach § 7 KOVG einzuschätzen ist. In diesen Fällen ist die MdE unter Bedachtnahme auf die Erfahrungen auf dem Gebiet der Berufskunde einzuschätzen; die Verdienstverhältnisse haben dabei außer Betracht zu bleiben.
Wenn die Behörde in ihrer Entscheidung in freier Beweiswürdigung ein Sachverständigengutachten zugrunde legt, so ist dies im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden nachprüfenden Kontrolle daraufhin zu überprüfen, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt bzw. ob die Erwägungen den Denkgesetzen, somit dem allgemeinen meschlichen Erfahrungsgut entsprechen können (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1996, 94/09/0288).
Bei der berufskundlichen Einschätzung nach § 8 KOVG wurde grundsätzlich dem Vorbringen des Beschwerdeführers folgend der Beruf eines Altmetallhändlers zugrunde gelegt. In diesem Einschätzungsverfahren wurde dem Beschwerdeführer wiederholt Parteiengehör gewährt und dieser hat dabei zuletzt in seiner Stellungnahme vom 14. Juni 1994 zwar erklärt, mit der beruflichen Einschätzung seiner MdE nicht einverstanden zu sein, ohne aber sachlich fundierte Einwendungen in irgendeiner Weise vorzubringen. Soweit der Beschwerdeführer nunmehr erstmals in der Beschwerde geltend macht, daß das Be- und Entladen der Metallgegenstände jedenfalls schwere bzw. mittelschwere Lasten miteinschließe und er aufgrund seiner körperlichen Konstitution dazu nicht in der Lage sei, sind dem die in der ergänzenden berufskundlichen Beurteilung vom 9. Mai 1994 aufgrund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens enthaltenen Feststellungen entgegenzuhalten, wonach weder in der Mobilität noch in der Motorik eine wesentliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers vorliege (und damit nur eine geringe Beeinträchtigung bei der Ausübung des Berufes und der damit verbundenen überdurchschnittlichen Anforderungen gegeben sei). Die gegenteiligen Behauptungen in der Beschwerde hinsichtlich Unmöglichkeit der Durchführung der Be- und Entladetätigkeit im Rahmen seines Altmetallhandelsbetriebes sind daher schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes unbeachtlich. Daß für die Ausübung des Altwarenhandels die Notwendigkeit des Transportes mit einem LKW bestehe, zu dessen Lenkung sowie Be- oder Entladung der Beschwerdeführer aufgrund seines körperlichen und geistigen Zustandes nicht imstande sei, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ebenfalls nicht vorgebracht (in seiner Stellungnahme vom 11. Februar 1994 ist vielmehr davon die Rede, daß der Altwarenhandel mit einem vom Beschwerdeführer gelenkten VW-Bus durchgeführt werde). In bezug auf die von der belangten Behörde vorgenommene berufskundliche Einschätzung der MdE des Beschwerdeführers vermag die Beschwerde somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Zur Einstufung nach § 7 KOVG wird in der Beschwerde vorgebracht, es sei lediglich eine Erhöhung von bisher 30 % auf 40 % MdE erfolgt. Dies sei durch die vorliegenden Beweisergebnisse nicht nachvollziehbar. Insbesondere lasse der angefochtene Bescheid eine Begründung für die Anhebung auf 40 % anstatt der begehrten 50 % vermissen. Insgesamt hätte festgestellt werden müssen, daß sich die Gesamt-MdE aus einer schweren chronischen Gastritis (Richtsatzposition 348) mit einer kausalen MdE von jedenfalls 20 % und einem nach wie vor bestehenden Zustand nach contusio cerebri (Richtsatzposition 570) mit einer MdE von 30 v.H.
zusammensetze.
Bei diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer zwar offensichtlich, daß die MdE infolge der chronischen Gastritis im angefochtenen Bescheid nicht mit 20 v.H, sondern nur mit 15 v.H. zum Ansatz gelangte, der angefochtene Bescheid ist aber in diesem Zusammenhang mit einer auch eine von Amts wegen aufzugreifenden Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Die entgegen dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 14. April 1993 im angefochtenen Bescheid vorgenommene Einstufung der chronischen Gastritis mit dem unteren Rahmensatzwert der Richtsatzposition 348 (30 %), wird im angefochtenen Bescheid damit begründet, daß zwar eine strengere Diät eingehalten werde, eine medikamentöse Therapie aber nicht erfolge. Bei dieser Beurteilung folgte die belangte Behörde erkennbar der Stellungnahme des leitenden Arztes vom 17. Mai 1993, in der dieser die Heranziehung des oberen Rahmensatzes der Richtsatzposition 348 deshalb nicht als zutreffend erachtete, weil "eine medikamentöse Therapie nicht eingehalten bzw. nicht eingenommen" werde. Daß die Nichteinhaltung bzw. "Nichteinnahme" einer medikamentösen Therapie (der Beschwerdeführer verwies im Verfahren mehrmals darauf, daß er sich wegen mangelnder Versicherung eine ärztliche Behandlung nicht leisten könne) innerhalb eines Rahmensatzes die Heranziehung eines niedrigeren Wertes rechtfertigen könnte, wurde nicht schlüssig begründet„ zumal bei der Festsetzung des Grades der MdE innerhalb eines Rahmensatzes nach § 2 Abs. 1 der Richtsatzverordnung grundsätzlich nur auf die Schwere des Leidenszustandes Bedacht zu nehmen ist. Da auch nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hinsichtlich der Einstufung der Gesamt-MdE zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können (die Anhebung der Gesamt-MdE auf 40 v.H. durch die bisher angenommene MdE in Höhe von 15 % für die Dienstbeschädigung der chronischen Gastritis wurde im übrigen im angefochtenen Bescheid im Sinn des § 3 der Richtsatzverordnung auch nicht näher begründet), war der angefochtene Bescheid insgesamt wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren waren wegen der nach § 64 Abs. 2 KOVG bestehenden Gebührenbefreiung nicht zuzusprechen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994090303.X00Im RIS seit
27.03.2001