TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/20 W195 2101984-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2020
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Entscheidungsdatum

20.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W195 2101984-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2020, XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.08.2020 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 08.05.2013.

I.2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) mit Bescheid vom 27.01.2014 XXXX den Antrag vom 08.05.2013 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. §§ 3 Abs. 1 iVm 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Bangladesch ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht, erließ gegen den BF gem. § 10 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gem. § 52 Abs. 9 fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei und setzte gem. § 55 Abs. 1 bis 3 die Frist für die freiwillige Ausreise des BF mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt III.).

Die Abweisung des Antrages hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA damit, dass der BF eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht habe und selbst wenn er von politischen Gegnern verfolgt worden wäre, sei eine Asylrelevanz nicht zu erblicken. Zur Abweisung des Antrages hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führte das BFA begründend aus, der BF habe keine lebensbedrohende Erkrankung oder einen sonstigen auf seine Person bezogenen „besonderen“ Umstand behauptet oder Bescheinigt, der ein Abschiebehindernis iSd Art. 3 EMRK iVm § 8 AsylG 2005 darstellen könne. Zu Spruchpunkt III. hielt das BFA begründend fest, dass Gründe für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG 2005 nicht vorlägen. Nach Durchführung einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK führte das BFA aus, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässig sei. In Ermangelung des Vorliegens von Gründen nach § 50 Abs. 1 ff. FPG sei die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesch zulässig. Besondere Umstände für das Setzen einer längeren als der 14tägigen Frist für die freiwillige Ausreise hätte nicht festgestellt werden können.

I.3. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.09.2016, XXXX , hinsichtlich Spruchpunkt I. gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A I.). Hinsichtlich Spruchpunkt II. gab ihr das Bundesverwaltungsgericht statt und erkannte dem BF gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch zu (Spruchpunkt A II.), erteilte ihm gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt A III.) und erklärte die Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

Die Fluchtgründe des BF stellte das Bundesverwaltungsgericht in Ermangelung glaubhafter Angaben seitens des BF nicht fest, weshalb ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuzuerkennen sei. Der BF leide an Morbus Crohn. Er habe weiters keine familiären Anknüpfungspunkte in Bangladesch. Eine Behandlung des BF sei in Bangladesch grundsätzlich möglich, doch mit Kosten verbunden. Da der BF nicht auf familiäre Unterstützung zurückgreifen könne, sei ihm ein Leben ohne unangemessene Härten in Bangladesch nicht möglich, weshalb seine Rückverbringung nach Bangladesch im Widerspruch zu Art. 3 EMRK und § 8 AsylG 2005 verstoßen würde.

I.4. Mit Bescheid vom 04.09.2017, XXXX erteilte das BFA dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

I.5. Am 14.08.2019 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

I.6. Am 04.11.2019 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei legte er eingangs medizinische Unterlagen vor. Er leide noch an Morbus Crohn, weshalb er beim Essen aufpassen müsse. Er habe auch einen Unfall gehabt, dessentwegen er Nackenschmerzen habe. In Bangladesch hielten sich nur seine Eltern auf, der BF habe nur ab und zu Kontakt zu ihnen. Diese würden von Spenden leben, sie hätten im Haus eine Gebetsstätte und sie seien sehr alt. Sie hätten nur mehr wenige Grundstücke, weil sie einige Grundstücke verkaufen hätten müssen um Leben zu können. Der BF habe glaublich keine weiteren Verwandten, er habe auch keine Geschwister.

Der BF brauche die Medizin hier und medizinische Unterstützung. Eine Rückkehr nach Bangladesch sei sehr schwer, weil es in Bangladesch solche Medikamente nicht gebe und der BF könne sich solche nicht leisten. Er benötige das Medikament Pantesa gegen Morbus Crohn. Das Medikament Yomogi nehme er nicht mehr.

Seine Ausbildung werde der BF im Oktober 2021 abschließen. Der BF habe jeden Tag Schule bis 17:30 Uhr, danach lerne er. Manchmal spiele er auch Gitarre. Er bitte, dass er hierbleiben dürfe.

I.7. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 10.01.2020, XXXX wies das BFA den Antrag vom 14.08.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem BF dem mit hg. Erkenntnis vom 20.09.2016, XXXX zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Abs. 1 Z 1 1. F AsylG 2005 von Amts wegen ab (Spruchpunkt II.), entzog ihm gem. § 9 Abs. 4 AsylG 2005 die mit Bescheid des BFA vom 04.09.2017, 830605601 (13.06.056-BAT), erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (Spruchpunkt III.), erteilte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht (Spruchpunkt IV.). erließ gem. § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 4 FPG (Spruchpunkt V.), stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt VI.) und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gem. § 55 Abs. 1 bis 3 mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VII.).

Dazu stellte das BFA insbesondere fest, dass der BF, entgegen der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes, sehr wohl in Bangladesch familiäre Anknüpfungspunkte habe und ihm eine Unterkunftnahme in Bangladesch möglich sei. Daher lägen die Voraussetzungen für die „Weitergewährung“ des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vor. Zudem sei die Erkrankung des BF in Bangladesch behandelbar. Um die Behandlungskosten abzudecken, könne die Familie des BF Grundstücke verkaufen. Kein Fremder habe das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um medizinisch behandelt zu werden.

Rechtlich begründend führte das BFA aus, da dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt werde, sei der Verlängerungsantrag abzuweisen. Es liege eine Konstellation vor, in der die Voraussetzung der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nachträglich weggefallen sei. Mittlerweile sei der Gesundheitszustand des BF stabil, er habe regelmäßig Kontakt zu den Eltern, somit Anknüpfungspunkte in Bangladesch und er sei arbeitsfähig. Er habe in Europa Deutschkurse absolviert und eine längere Ausbildung in der IT-Branche absolviert. Auf diese Erfahrungen könne er bei einer Rückkehr nach Bangladesch zurückgreifen. Zum letztmaligen Entscheidungszeitpunkt sei noch davon auszugehen gewesen, dass er keine Anknüpfungspunkte in Bangladesch gehabt habe und das BFA habe sichergehen wollen, dass die Morbus-Crohn-Erkrankung des BF erfolgreich behandelt werde und eine anschließende Therapie bzw. Nachversorgung sichergestellt sei. Hier liege eine wesentliche und auf Dauer bestimmte Veränderung zum letzten Entscheidungszeitpunkt vor, aufgrund derer eine Rückkehr des BF nunmehr als möglich erscheine und somit auch die Feststellung getroffen worden sei, dass nun keine Gefährdungslage iSd Art. 2 f. EMRK oder 6. oder 13. ZPMRK vorliege. Nach § 9 Abs. 4 AsylG 2005 sei dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung zu entziehen. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 lägen nicht vor. Nach Durchführung einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK führte das BFA aus, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässig sei. Eine Gefährdung iSd § 50 Abs. 1 bis 3 FPG liege nicht vor, weshalb die Abschiebung des BF nach Bangladesch zulässig sei. Besondere Umstände für das Setzen einer längeren als der 14tägigen Frist für die freiwillige Ausreise hätte nicht festgestellt werden können.

I.8. Gegen diesen Bescheid erhob der – durch die XXXX vertretene – BF innerhalb offener Frist gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei brachte er – neben einer Wiederholung des behaupteten Sachverhaltes und des Verfahrensganges – soweit wesentlich vor, aufgrund der Morbus-Crohn-Erkrankung stehe der BF in laufender medizinischer Behandlung und ständigen Kontrolluntersuchungen. Zu seinen Eltern habe der BF mittlerweile Kontakt, es sei aber kein regelmäßiger. Die Eltern des BF finanzierten ihr Leben aufgrund ihres Alters durch Spenden und Grundstücksverkäufen, über sonstiges Vermögen verfügten sie nicht. Das BFA habe sich nur oberflächlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine grundlegende und dauerhafte Verbesserung der Umstände vorliege, welche die Aberkennung ermöglichen würden. Eine solche liege entgegen der Ansicht des BFA nicht vor. Das BFA habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob eine Behandlung in Bangladesch für den BF überhaupt zugänglich sei. Weiters seien die Eltern des BF aufgrund ihres hohen Alters nicht in der Lage, den BF in irgendeiner Weise zu unterstützen. Auch habe sich das BFA nicht mit den Kosten einer Behandlung von Morbus Crohn in Bangladesch auseinandergesetzt. Weiters könne die Erkrankung jederzeit spontan wieder auftreten. Die Kosten einer Behandlung in Bangladesch seien nicht abzusehen. Zudem könne der BF aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht jeglicher Arbeit nachgehen. Im Falle einer Rückkehr würde der BF aufgrund seiner Erkrankung in eine besonders prekäre Notlage geraten.

Bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung habe das BFA das Privat- und Familienleben des BF unzureichend berücksichtigt. Der BF befinde sich seit Mai 2013, sohin seit fast sieben Jahren, in Österreich und seine Integration sei weit fortgeschritten. Er spreche gut Deutsch, hätte ein B2-Zertifikat vorgelegt und auch bereits einen Werte- und Orientierungskurs absolviert. Er habe einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, auch Österreicher seien darunter.

Die Beschwerde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, allfällige nicht geltend gemachten Rechtswidrigkeiten amtswegig aufzugreifen, den Bescheid ersatzlos zu beheben und auszusprechen, dass die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu Unrecht erfolgt sei, dem vom BF gestellten Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung vom 14.08.2019 stattzugeben und auszusprechen, dass dem BF eine Aufenthaltsberechtigung für weitere zwei Jahre zukomme sowie, in eventu, Spruchpunkte III. bis V. zu beheben und dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt werde und dem BF einen Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG 2005 zu erteilen, sowie, in eventu, den angefochtenen Bescheid „ersatzlos“ zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

I.9. Mit Schreiben vom 11.02.2020 legte das BFA die Akten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Unter einem beantragte es die Abweisung der Beschwerde.

I.10. Das Bundesverwaltungsgericht holte von der Staatendokumentation des BFA eine Anfragebeantwortung zur Behandelbarkeit von Morbus Crohn in Bangladesch ein, die mit E-Mail vom 21.07.2020 durch Vorlage eines Dokuments vom 09.01.2020 (welches dem BFA im Administrativverfahren bereits zugänglich war) beantwortet wurde. Diese hat – soweit hier wesentlich – folgenden Inhalt:

„1.      Inwieweit ist das Medikament Pentasa in Bangladesch erhältlich bzw. gibt es Medikamente mit dem angeführten Wirkstoff Mesalazin?

1.1.    Sind grundsätzlich Medikamente für die Behandlung der erwähnten Krankheit erhältlich?

1.2.    Wenn ja, welche?

1.3.    Welche Kosten würden diesbezüglich auf den Antragsteller zukommen?

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass Medikamente mit dem Wirkstoff Mesalazin in Bangladesch verfügbar sind. Des Weiteren sind Medikamente mit den folgenden Wirkstoffen zur Behandlung von Morbus Crohn in Bangladesch erhältlich: Sulfasalazin, Infliximab und Budesonid. Die Kosten für die Medikamente mit den Wirkstoffen Mesalazin, Sulfasalazin und Budesonid können der beigelegten Originalquelle entnommen werden (BDA 7132).

2.              Ist die Behandlung bzw. sind Kontrolluntersuchungen von Morbus Crohn in Bangladesch in den öffentlichen Spitälern möglich?

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass eine ambulante wie auch stationäre Behandlung durch einen Gastroenterologen in Bangladesch verfügbar ist. Ebenso verfügbar sind die folgenden diagnostischen Verfahren: Stuhltest bei Entzündungen des Darms, Untersuchungen mit dem Tumormarker CEA (Carcinoembryonales Antigen) im Blut, Laboruntersuchungen zu einem C-reaktiven Protein (CRP).

Informationen zu den Kosten eines Stuhltests konnten nicht gefunden werden. Die Kosten für die übrigen genannten Behandlungen können der Originalquelle entnommen werden (BDA 7132). Gemäß einer Auskunft von MedCOI vom 8.1.2020 ist der genannte Stuhltest ein sensibleres Markierungsmittel zur Untersuchung des Fortschritts von Morbus Crohn als CRP. Gemäß dem internen Arzt von MedCOI ist es zwar ‚gut, diesen Test zu haben‘, jedoch zur Behandlung der Erkrankung nicht unbedingt notwendig.

…“

I.11. Mit Schreiben vom 11.08.2020 wurde zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen und damit dem BF auch das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 26.08.2020 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.

I.12. Am 26.08.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seiner Erkrankung, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde. Das BFA hatte mit Schreiben vom 13.08.2020 die Abstandnahme von der Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung erklärt.

Bei der Beschwerdeverhandlung gab der BF an, mit seiner Familie Ende Februar 2020 den letzten Kontakt gehabt zu haben. Dabei habe er erfahren, dass sein Vater einen Herzinfarkt erlitten habe. Er sei nicht in Bangladesch, sondern in Indien behandelt worden. Nebenbei habe er auch mitbekommen, dass seine Mutter an gesundheitlichen Problemen leide. Sie habe Diabetes und sie könne nicht durchgehend schlafen. Es gehe ihr gesundheitlich sehr schlecht. Aufgrund der Behandlungen hätten seine Eltern ihre Grundstücke verkaufen müssen. Seine Eltern hätten ihm mitgeteilt, dass sie nun außer ihrem Haus nichts mehr besitzen würden. Da sein Vater nun gewaltige Herzprobleme habe, seien drei Ringe an seinem Herz gesetzt worden. Die Ärzte würden seinem Vater starke Medikamente verschreiben, die in Bangladesch nicht erhältlich seien. Deshalb würden sie in Indien erworben. Der BF habe ebenso erfahren, dass seine Familie, als sie nach Bangladesch, nach der Behandlung, zurückgekehrt wäre, Medikamente für zwei Monate mitgenommen hätte. Außerdem sei dem BF mitgeteilt worden, dass seine Familie nun wirtschaftliche Probleme hätte und ob er sie dabei unterstützen könnte. Die Medikamente, die der Arzt seinem Vater verschrieben habe, würden täglich 700 Taka kosten. Das bedeute, dass seine Eltern täglich Medikamente einnehmen und täglich für die Medikamente Geld ausgeben müssten. Aufgrund der Lage sei die finanzielle Situation seiner Eltern sehr kritisch geworden und die Medikamente, die der Arzt verschrieben habe, seien lebensnotwendig.

Der BF habe hier in Österreich eine Ausbildung im IT-Bereich begonnen, habe sie aber nicht weiterhin fortführen können. Nachdem er diese Nachricht von seinen Eltern erhalten habe, sei der BF mental zusammengebrochen. Sein Praktikum bei der XXXX habe der BF abgebrochen, weil er die Nachricht erhalten habe, dass sein Vater einen Herzinfarkt gehabt habe und die Gesundheitslage für ihn sehr kritisch sei. Deshalb habe sich der BF nicht mehr konzentrieren können. Der BF habe seinen Eltern mitgeteilt, dass er derzeit keiner Beschäftigung nachgehen würde, er sie aber, sobald er hier eine Arbeit finden würde, finanziell unterstützen würde. Er sei also dazu gebracht worden, bei XXXX ür eine kurze Zeit zu arbeiten. Der BF habe zwar mit der Arbeit jetzt begonnen, könne aber keinen Kontakt mit seinen Eltern aufnehmen. Der BF wisse bis jetzt sogar gar nicht, ob seine Eltern noch am Leben seien oder nicht.

Den Herzinfarkt habe sein Vater im Dezember 2019 in Indien erlitten. Er sei mit dem Flugzeug nach Indien gebracht worden. Wo sich seine Eltern nunmehr aufhalten würde, wisse der BF nicht. Außer seinen Eltern habe er niemanden in Bangladesch, weder er noch seine Eltern hätten Geschwister. Seine Mutter habe einen „weitschichtigen Bruder“. Wo dieser lebe, wisse der BF nicht.

Dem BF wurden einige Fragen auf Deutsch gestellt. Aufgrund dessen konnte in der Beschwerdeverhandlung festgestellt werden, dass mit dem BF eine Konversation in deutscher Sprache möglich ist und der Sprachwortschatz durchaus ausreichend ist. Der BF antwortete zumeist mit ganzen Sätzen.

Der BF sei ledig und habe keine Kinder. Er arbeite fünfmal in der Woche. Er spiele gerne Gitarre und gehe auch gerne laufen. Wenn er darüber hinaus Zeit finde, beschäftige er sich mit IT. Der BF habe einige wenige Freunde, in Zeiten der Corona-Pandemie sei der Kontakt eingeschränkt. Der BF habe seine behandelnde Ärztin, die mittlerweile in Pension sei, einmal auf der Straße gesehen und seitdem gehe er mit ihr ab und zu gemeinsam in ein Kaffeehaus. Sie hätte dem BF gesagt, wenn er auf der Suche nach einem Deutschkurs Unterstützung bräuchte, könnte er sie kontaktieren. Sie würde ihm dabei helfen. Die restliche Zeit verbringe der BF zuhause mit dem Laptop, er surfe im Internet und versuche so, beschäftigt zu sein.

Der BF arbeite derzeit bei XXXX und bringe netto € 1.246,– ins Verdienen. Die Miete seiner Wohnung betrage € 140,–. Bei XXXX wolle der BF an der Kassa arbeiten. Er arbeite aber in der Küche, wo er Brot toaste.

Zu Beschwerden in Bezug auf seine Krankheit befragt, gab der BF an, Pentasa und Pantoloc regelmäßig einzunehmen. Sein Körper habe sich daran so gewöhnt, dass er ohne dem nicht auskomme. Es sei so, als wäre er danach süchtig geworden. Aber dennoch wolle er sagen, wenn er diese zwei nehme, dann gebe es keine Probleme. Es sei so wie Magie geworden. Sobald der BF etwas Öliges esse, bekomme er Schmerzen. Dann nehme er sofort eine Pantoloc-Tablette.

Über Behandlungsmöglichkeiten in Bangladesch habe sich der BF nicht informiert, weil er sich nicht vorstellen könne, nach einem siebenjährigen Aufenthalt in Österreich das Land hier zu verlassen. Es sei für ihn eine Pflicht geworden, dem Land Österreich etwas zurückzugeben.

Zu den dargetanen Länderinformationen zur COVID-19-Pandemie gab der BF an, dass die Zahlen, die in Österreich und in den USA publik gemacht worden sind, der Wahrheit entsprechen könnten. Der BF habe hier keinen Verdacht, dass die Zahlen nicht stimmten. In Bezug auf Bangladesch wolle er sagen, dass die Zahlen nicht der Wahrheit entsprächen. Er glaube, dass ca. 70 bis 80 % der Bevölkerung in Bangladesch mit dem Corona-Virus infiziert seien. Viele Bengalen, die in Italien leben würden, seien nach Bangladesch gegangen und hätten das Corona-Virus verbreitet. Darüber hinaus werde bei der Ausreise und bei der Einreise in anderen Ländern ein negativer Test verlangt. Die Tests würden zumeist gefälscht, damit die Einreise bzw. Ausreise erfolgen kann. In den internationalen Nachrichten sei vor kurzem publik gemacht worden, dass ein Flugzeug mit bengalischen Fluggästen in Italien gelandet sei. Alle Fluggäste hätten einen negativen Test vorlegen können. Sobald sie in Italien getestet worden seien, habe man erfahren können, dass alle positiv getestet worden seien. Somit habe sich klar gezeigt, dass die Tests in Bangladesch leicht gefälscht werden könnten. Das ganze Flugzeug sei sofort nach Bangladesch zurückgeschickt worden. Eine Einreise in Italien sei also nicht mehr möglich gewesen. Die Tests, die in Österreich und in Amerika durchgeführt werden könnten, könne man massenweise machen. In Bangladesch gebe es so viele Tests überhaupt nicht. Das sei ein riesengroßes Problem und aus diesem Grund könne keine tatsächliche Anzahl der Infizierten festgestellt werden.

Der Rechtsvertreter des BF gab dazu an, in Bangladesch seien bisher 9.005 Tests pro Million Einwohner durchgeführt worden. Zum Vergleich: In Österreich seien pro Million Einwohner 123.148 Tests durchgeführt worden. Er bezöge sich dabei auf www.worldometers.info/coronavirus, eine Plattform, die Informationen aus Nachrichtenportalen und Gesundheitsministerien der Welt zusammenträgt.

Zuletzt sei der BF im Februar 2020 auf Anraten seines Hausarztes im Landesklinikum XXXX gewesen. Bei einer Magnetresonanztomographie habe sich nichts ergeben. Der BF habe zur Kontrolle blasen müssen, wobei festgestellt habe werden können, dass das Geräusch seiner Lunge eigenartig klinge. Der BF habe ein Medikament, eigentlich ein Gerät, erhalten. Durch dessen Verwendung hätten sich die Beschwerden des BF gelindert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.09.2016, XXXX , wurde dem BF gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt, weil im Hinblick auf die aufgrund vorgelegter medizinischer Unterlagen festgestellte Morbus-Crohn-Erkrankung des BF, der schlechten medizinischen Versorgung in Bangladesch und insbesondere der nichtvorhandenen (tragfähigen) familiären Bindungen das Bundesverwaltungsgericht von einer realen Gefahr einer Verletzung der Rechte nach Art. 2 f. EMRK oder des 6. oder 13. ZPMRK ausging.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Gesundheitszustand des BF seit der Erlassung des Erkenntnisses vom 20.09.2016 wesentlich und nachhaltig verbessert hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich die Versorgungslage mit Medikamenten und die medizinische Versorgung im Allgemeinen in Bangladesch wesentlich und nachhaltig gebessert hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF davon wesentlich weniger intensiv betroffen wäre, als im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.09.2016 festgestellt wurde.

Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgebenden Sachverhalts ist somit weder im Hinblick auf die Erkrankung des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Bangladesch eingetreten.

Festgestellt werden kann weiters zwar, dass die Eltern des BF nunmehr in Bangladesch aufhältig sind. Diese sind aber weitgehend mittellos und nicht in der Lage, den BF im Falle einer Rückkehr in einer ins Gewicht fallenden Weise wirtschaftlich zu unterstützen. Ihr genauer Aufenthalt ist derzeit dem BF nicht bekannt.

Der BF beantragte in der Beschwerde vom 06.02.2020 die Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 liegen weiterhin vor. Es besteht kein Aberkennungsgrund gem. § 9 Abs. 2 AsylG 2005.

II.2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.09.2016, XXXX und dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des BFA vom 10.01.2020, XXXX . Die Feststellungen hinsichtlich der Lage in Bangladesch und möglichen Änderungen ergeben sich insbesondere aus einem Vergleich dem BF subsidiären Schutz zuerkennenden hg. Erkenntnisses vom 20.09.2016, XXXX , und den nunmehr vom Bundesverwaltungsgericht ins Verfahren gebrachten Auskunft der Länderdokumentation und den aktuellen Länderberichten.

Dass bzw. aus welchen Gründen dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem hg. Erkenntnis vom 20.09.2016, XXXX

Dass das Erkenntnis, mit dem dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, nach wie vor dem Rechtsbestand angehört, ergibt sich daraus, dass dagegen kein Rechtsmittel erhoben wurde.

Von einer wesentlichen und nachhaltigen Verbesserung des Gesundheitszustandes des BF ging bereits das BFA nicht aus, weshalb eine solche nicht festgestellt werden konnte.

Dass nicht festgestellt werden kann, dass sich die Versorgungslage mit Medikamenten und die medizinische Versorgung im Allgemeinen in Bangladesch wesentlich und nachhaltig verbessert hätte, ergibt sich aus einem Vergleich der dem hg. Erkenntnis vom 20.09.2016, XXXX zugrunde gelegten Länderfeststellungen (Vorakt 697 ff.) mit denjenigen, die dem Bescheid vom 07.12.2018 (AS 87 f.) zugrunde liegen.

So werden die Feststellungen zur medizinischen Versorgung im zuerkennenden Erkenntnis vom 20.09.2016 mit folgendem Absatz eingeleitet: „Bangladesch werden erhebliche Fortschritte bei der medizinischen Grundversorgung in den letzten Jahrzehnten attestiert, die sich beispielsweise in einer gestiegenen Lebenserwartung (66,6 Jahre für Männer und 68,8 Jahre für Frauen) widerspiegeln. Staatliche Gesundheitseinrichtungen, soweit vorhanden, behandeln Patienten gratis oder gegen minimale Gebühren. Lediglich 25% der Bevölkerung nehmen aber staatliche Medizinversorgung in Anspruch, die übrigen benutzen vor allem lokale Anbieter wie traditionelle Heiler und community health workers. Es herrscht ein eklatanter Mangel an ausgebildeten Doktoren, Krankenschwestern und Spitalsbetten. Für Wohlhabende gibt es in Dhaka hervorragende private Spitäler (ÖB New Delhi 3.2010, vgl. DACH 3.2013). Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch (AA 12.2014b).“ (Vorakt 697 ff.) Demgegenüber werden die dem nunmehr bekämpften Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen zur medizinischen Versorgung wie folgt eingeleitet: „Die medizinische Versorgung in Bangladesch ist mit Europa nicht zu vergleichen und ist vielfach technisch, apparativ und/ (AS oder hygienisch problematisch. Die Ausstattung der örtlichen Krankenhäuser ist ungenügend (AA 25.2.2019; vgl. AA 27.10.2017). Wegen des Mangels an Ärzten und Rettungsfahrzeugen kann bei Unfällen nicht mit schneller Hilfe gerechnet werden (AA 25.2.2019). Medizinische Einrichtungen in Bangladesch sind äußerst selten. Es herrscht ein eklatanter Mangel an ausgebildeten Doktoren, Krankenschwestern und Spitalsbetten. Schätzungsweise lediglich 12 % aller schweren Krankheitsfälle erreichen das staatliche Gesundheitssystem (ÖB 12.2018).“ (AS 87 f.) Dort heißt es weiter unten auch: „Abgesehen von einer Reihe medizinischer Hilfsprojekte von NGOs gibt es praktisch keine kostenlose medizinische Versorgung. Eine beitragsabhängige medizinische Versorgung niedrigen Standards ist gewährleistet (AA 27.10.2017). Staatliche Gesundheitseinrichtungen, soweit vorhanden, behandeln Patienten gratis oder gegen minimale Gebühren (ÖB 12.2018; vgl. MedCOI 7.6.2017). Dennoch müssen die Patienten inoffizielle Zahlungen an Personal und Mittelsleute leisten, um überhaupt eine Behandlung erhalten zu können (MedCOI 7.6.2017). Es ist üblich, dass Patienten notwendige medizinische Behelfe wie Spritzen, Infusionsflüssigkeiten, Verbände, Röntgenplatten und sogar chirurgische Instrumente selbst kaufen und zur Verfügung stellen (MedCOI 28.3.2018).

Ein staatliches Sozial- und Krankenversicherungssystem existiert, bis auf geringe Beihilfen zum Existenzminimum an Senioren, nicht (AA 27.10.2017). Das Arbeitsrecht 2006 sieht vor, dass Firmen mit mindestens 300 Arbeitnehmern vor Ort medizinische Einrichtungen bereitstehen sollten. Der Arbeitnehmer zahlt keine Prämie, die gesamten Kosten werden vom Arbeitgeber getragen (USSSA 3.2017).“ (AS 88)

Insgesamt betrachtet ist nicht nachvollziehbar, wie das BFA zur Auffassung gelangt, dass sich die medizinische Versorgung im Allgemeinen und der Zugang zu Medikamenten im Besonderen im Herkunftsland des BF verbessert hätte.

Dass der BF nunmehr vorbringt, dass seine Eltern in Bangladesch aufhältig seien, vermag ebenfalls eine entscheidungswesentliche Sachverhaltsänderung nicht aufzuzeigen. Wie der BF gleichbleibend glaubhaft vorbrachte, sind diese weitgehend mittellos und hauptsächlich mit der Erkrankung des Vaters des BF beschäftigt. Der BF brachte gleichbleibend vor, dass sein Vater schwer herzkrank ist, sodass schon deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass diese den BF im Falle seiner Rückkehr nach Bangladesch beim Aufbringen der von ihm dauerhaft benötigten Medikamente monetär unterstützen könnten. Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht in das gegenständliche Verfahren eingeführten (und oben S 7 f. in wesentlichen Teilen zitierten) Länderbericht (und insbesondere den englischsprachigen Quellen, auf die er verweist) ergibt sich, dass die Behandlung der Krankheit des BF in Bangladesch mit hohen Kosten verbunden wäre.

Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die medizinische Versorgungslage in Bangladesch eingetreten ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben angeführten Beweiswürdigung. Ein Vergleich der herangezogenen Länderberichte lässt einen solchen Schluss nicht zu. Auch hat das BFA eine Änderung von diesem Ausmaß in seinem Bescheid in keiner Weise nachgewiesen, sondern lediglich – ohne signifikante Darlegung der Gründe - behauptet, die Lage habe sich verbessert. Da das BFA auch nicht in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erschien, ist es dem Beschwerdevorbringen letztlich nicht entsprechend entgegengetreten.

Weder der – nie strittige – Umstand, dass der BF an Morbus Crohn leidet, noch, dass sich die Lage in Bangladesch nicht wesentlich und nachhaltig verbessert hätte, lassen darauf schließen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF nicht mehr vorliegen; andere Gründe sind weder hervorgekommen, noch wurden solche (substantiiert) vom BFA behauptet.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA. Somit ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

II.3.1. Zu A) I.:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder führ ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 und 3 leg. cit. sind weitere Aberkennungsgründe, wenn der Fremde den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

§ 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist richtlinienkonform zu interpretieren.

Art. 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:

„(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.

(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.“

Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:

„(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

[…]

(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat.“

Im gegenständliche Fall ist vorauszuschicken, dass sich das BFA im Spruch des angefochtenen Bescheides auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 Z 1 2. F AsylG 2005 bezog.

Im zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, in dem die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen, wird auf eine Änderung der Umstände abgestellt, die so wesentlich und nicht nur vorübergehend ist, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hatte, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.

Mit hg. Erkenntnis vom 20.09.2016, XXXX , wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Bangladesch zuerkannt. Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei im Wesentlichen mit der Erkrankung des BF an Morbus Crohn sowie dem Mangel an familiären Bindungen begründet. Deshalb könne nicht mit der geforderten Sicherheit ausgeschlossen werden, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt werden würde bzw. ausgesetzt sein könne.

Soweit das BFA im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 damit begründet, dass sich insbesondere die medizinische Versorgung verbessert hätte, ist festzuhalten, dass den vom BFA getroffenen Feststellungen zur Lage in Bangladesch keine grundlegenden Veränderungen im Herkunftsstaat seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind. Auch eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des BF wurde vom BFA nicht dargetan, da das BFA zwar von der nunmehrigen Anwesenheit der Eltern des BF in Bangladesch ausging. Im vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Ermittlungsverfahren hat sich allerdings ergeben, dass diese den BF nicht unterstützen könnten. Zudem lässt der bekämpfte Bescheid eine nähere Begründung dahingehend vermissen, aus welchen Erwägungen das BFA davon ausgeht, dass eine wesentliche, nach der rechtskräftigen Zuerkennung subsidiären Schutzes eingetretene Sachverhaltsänderung eingetreten sei. Wie bereits bereits beweiswürdigend ausgeführt, lässt ein Vergleich des hier maßgebenden Abschnitts „Medizinische Versorgung“ der Feststellungen der in Rede stehenden Bescheide den Schluss, die medizinisch Versorgung in Bangladesch habe sich gebessert, in keiner Weise zu.

„Zu den Voraussetzungen der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und damit auch ihrer Dauer ergibt sich aus § 8 Abs. 4 zweiter Satz AsylG 2005 (arg.: ‚im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen‘), dass die Verlängerung auf Antrag des Betroffenen und nach Maßgabe des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen für den subsidiären Schutz zu erfolgen hat. Dies entspricht auch Art. 16 der Status-RL, wonach ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter ist, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist (Abs. 1). Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (Abs. 2). Dieses Erforderlichkeitskalkül ist auch bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung und der Bestimmung ihrer Dauer anzulegen.“ (VwGH 31.03.2010, 2007/01/1216)

In Anlehnung an Art. 16 der Status-RL bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, bloß festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des 6. bzw. 13. ZPMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).

Das BFA hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:

Im Vergleich zu der dem hg. Erkenntnis vom 20.09.2016, XXXX , zugrunde gelegten Länderfeststellungen ist eine dauerhafte und nachhaltige Änderung (Verbesserung) der Lage in Bangladesch nicht aus den im angefochtenen Bescheid angeführten Länderberichten erkennbar.

Auch eine grundlegende Änderung der persönlichen Situation des BF im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wurde vom BFA nicht dargetan.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

Die auf der Aberkennung des subsidiären Schutzes aufbauenden Spruchpunkte sind ebenso zu beheben.

II.3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides ausführlich wiedergegeben.

Schlagworte

Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 befristete Aufenthaltsberechtigung Behandlungsmöglichkeiten Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung familiäre Situation gesundheitliche Beeinträchtigung individuelle Verhältnisse medizinische Versorgung Rückkehrentscheidung behoben Rückkehrsituation Verlängerung wesentliche Änderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2101984.2.00

Im RIS seit

11.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

11.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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