Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** Inc, *****, vertreten durch DORDA Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Philipp Lettowsky, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Herausgabe, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. März 2020, GZ 3 R 34/20w-12, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 4. Jänner 2020, GZ 13 Cg 66/19i-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.337,72 EUR (darin 250,47 EUR an Goods and Services Tax samt Provincial Sales Tax) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist eine kanadische Gesellschaft im Autozulieferbereich. Die Beklagte ist eine österreichische Gesellschaft und hundertprozentige Tochtergesellschaft der wie sie in der Metallbranche tätigen S***** GmbH.
Die Klägerin beauftragte in den Jahren 2011 bis 2016 die Beklagte mit der Herstellung von für die Produktion von Tanks erforderlichen Werkzeugen („purchase orders“). Nach Fertigstellung sollten mit dem Werkzeug von der Beklagten auf Grundlage weiterer vertraglicher Vereinbarungen für die Klägerin Tanks produziert werden. Alle Werkzeugbestellungen wurden unter nachstehender Klausel getätigt:
„1.5 W*****: Alle Werkzeuge, die dem Lieferanten zur Verfügung gestellt oder von W***** speziell bezahlt werden, und jeder Ersatz davon oder jedes Material, das daran befestigt ist oder wird, sind und bleiben Eigentum von W*****. Jegliche Gefahr von Diebstahl, Verlust, Beschädigung oder Zerstörung von W*****-eigenen Werkzeugen geht zu Lasten des Lieferanten.
Der Lieferant ist verpflichtet,
(a) alle Werkzeuge, die sich im Besitz von W***** befinden, so zu kennzeichnen, dass das Eigentum von W***** deutlich sichtbar ist;
(b) diese Werkzeuge so aufzubewahren, dass sie jederzeit identifizierbar sind; und
(c) alle Werkzeuge, die sich im Besitz von W***** befinden, in Höhe der Wiederbeschaffungskosten mit Zahlbarkeit an W***** bei Erstverlust zu versichern.
Der Lieferant erkennt an und stimmt zu, dass alle Werkzeuge, die W***** gehören, auf schriftliche Anfrage von W***** entfernt werden können; in diesem Fall bereitet der Lieferant die Werkzeuge für den Versand vor und übergibt sie W***** in dem Zustand, in dem sie ursprünglich beim Lieferanten eingegangen sind, zurück, ausgenommen angemessene Abnutzung.“
Für die Werkzeugherstellung wurden von der Klägerin 893.350,90 EUR entrichtet. Das Werkzeug steht seit Bezahlung des Herstellungspreises unstrittig im Eigentum der Klägerin.
Die Zusammenarbeit der Streitteile erfolgte in weiterer Folge aufgrund eines „Memorandum of Understanding“ vom 21. 10. 2015, des „Interim Agreement“ vom 7. 5. 2018 und des „Amendment to the Interim Agreement“ vom 4. 6. 2018.
Mit Schreiben vom 14. 12. 2018 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten und der S***** GmbH unter Darlegung diverser Vorkommnisse, das volle Vertrauen in die S***** als Qualitätslieferant von Tanks verloren zu haben, aus wichtigem – im Schreiben näher genannten – Grund mit sofortiger Wirkung die vorläufige Vereinbarung und ihre Abänderung sowie die Zusammenarbeit mit der S***** zu beenden, und forderte, alle Werkzeuge der Klägerin für die Abholung an einem bestimmten Tag bereit zu stellen.
Letzteres unterblieb. Das Werkzeug befindet sich nach wie vor in physischer Gewahrsame der Beklagten.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage gestützt auf § 366 ABGB sowie einen vertraglichen Herausgabeanspruch die Herausgabe der von ihr näher beschriebenen Werkzeuge. Die Beklagte verweigere die Herausgabe zu Unrecht. Ein Zurückbehaltungsrecht der Klägerin nach § 369 UGB bestehe aufgrund der vertraglichen Anweisung in Punk 1.5 der „purchase orders“ nicht.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen ein, sie mache von ihrem kaufmännischen Retentionsrecht Gebrauch, weil die Klägerin ihr für die von ihr produzierten Tanks noch 109.288,20 EUR schulde und die Beklagte eine weitere offene Forderung von 506.637,05 EUR für einer anderen Abnehmerin erbrachte Leistungen habe, für die die Klägerin solidarisch hafte. Die Klausel 1.5 in den „purchase orders“ setze das Zurückbehaltungsrecht nach § 369 UGB nicht außer Kraft.
Das Erstgericht stellte den oben wiedergegebenen Sachverhalt fest und gab von diesem ausgehend der Klage statt. Es brachte österreichisches Recht zur Anwendung. Weil nach dem unstrittig Vertragsinhalt gewordenen Punkt 1.5 der „purchase orders“ die Klägerin selbst bei laufender Vertragsbeziehung und ohne Angabe von Gründen jederzeit berechtigt sei, das Werkzeug abzuholen, und die Herausgabepflicht an keinerlei Bedingungen geknüpft sei, könne diese Vertragsklausel nur als besondere Weisung iSd § 369 Abs 3 UGB verstanden werden und schließe damit ein Retentionsrecht der Beklagten an den Werkzeugen aus.
Das Berufungsgericht verwarf die von der Beklagten erhobenen Rügen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen Tatsachenfeststellung und bestätigte das Ersturteil auch in rechtlicher Hinsicht. Dass die den Werkzeugbestellungen zugrunde gelegte Klausel 1.5 eine von der Beklagten übernommene, das Zurückbehaltungsrecht ausschließende Verpflichtung iSd § 369 Abs 3 UGB darstelle, mit den Werkzeugen in einer bestimmten Weise zu verfahren, habe das Erstgericht zutreffend ausgeführt und werde von der Beklagten in ihrer Berufung nicht in Zweifel gezogen. Dass die Klägerin mit Schreiben vom 14. 12. 2018 gegenüber der Beklagten und der S***** GmbH erklärt habe, das volle Vertrauen in die S***** als Qualitätslieferant von Tanks verloren zu haben und daher aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung die vorläufige Vereinbarung und ihre Abänderung sowie die Zusammenarbeit mit der S***** zu beenden, könne an der Verpflichtung der Beklagten, die Werkzeuge der Klägerin jederzeit zurückzugeben, nichts ändern, enthalte doch die übernommene Verpflichtung keinerlei Beschränkung auf den Zeitraum einer aufrechten Vertragsbeziehung. Durch die von der Klägerin erklärte Aufkündigung des Vertragsverhältnisses würden die bestehenden Verträge und die daraus resultierenden Verpflichtungen nicht rückwirkend beseitigt, insbesondere (auch) nicht die seinerzeitigen Werkzeugbestellungen („purchase orders“). Diese seien von der Klägerin im Zeitraum von 2011 bis 2016 getätigt und sowohl von der Beklagten durch Herstellung der – sich nunmehr in ihrem Gewahrsame befindlichen – Werkzeuge als auch der Klägerin durch Zahlung der Herstellungskosten bereits beiderseits erfüllt worden. Daher sei die Beklagte auch nicht von der in den Werkzeugbestellungen übernommenen Verpflichtung, die Werkzeuge auf schriftliche Anfrage der Klägerin an diese zu übergeben, entbunden. Die Verpflichtung zur Rückgabe der Werkzeuge resultiere auch nicht bloß aus der Aufhebung des Vertrags über die Herstellung von Tanks, für deren Produktion die Klägerin der Beklagten die Werkzeuge überlassen hätte, sondern aus der Klausel 1.5, die den Werkzeugbestellungen zugrundegelegen sei. Diese stelle eine besondere Pflichtenübernahme durch die Beklagte dar, die es nach Treu und Glauben gebiete, dass die Rückgabepflicht Vorrang vor dem Zurückbehaltungsrecht behalte.
Das Berufungsgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 30.000 EUR und ließ die ordentliche Revision zu, „weil eine höchstgerichtliche Judikatur zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine das Zurückbehaltungsrecht ausschließende Weisung bzw Verpflichtung nach § 369 Abs 3 UGB auch noch nach vorzeitiger Beendigung der Kooperation dem die Herausgabe seiner überlassenen Produktionsmittel fordernden seinerzeitigen Vertragspartner entgegengehalten werden kann, nicht aufgefunden werden konnte“.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung (sowie der Bezeichnung nach, inhaltlich aber nicht ausgeführt, wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Aktenwidrigkeit) erhobene Revision der Beklagten mit einem auf Klagsabweisung gerichteten Abänderungs-, hilfsweise mit einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.
In der Revision wird die Ansicht vertreten, Normzweck des § 369 Abs 3 UGB sei es, den Schuldner (Besteller) vor schikanöser Ausübung des Zurückbehaltungsrechts zu schützen. Dabei werde vorausgesetzt, dass das Hauptgeschäft zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger ordentlich und vollständig abgewickelt werde. Werde jedoch die vormalige Kooperation vorzeitig beendet, sohin das Hauptgeschäft zwischen Schuldner und Gläubiger durch ein Verhalten des Schuldners gestört, so handle es sich um keine schikanöse Ausübung des Zurückbehaltungsrechts. Jedweder redliche Geschäftsmann werde eine das Retentionsrecht ausschließende Anweisung regelmäßig nur dann akzeptieren, wenn als Voraussetzung die Erfüllung des Gesamtauftrags gegeben und weiters davon auszugehen sei, dass ein wirtschaftlicher Schaden beim Lieferanten (Gläubiger) nicht eintrete bzw eintreten werde. Der Gesetzgeber habe mit der Bestimmung des § 369 Abs 3 UGB dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt, eine schikanöse Ausübung des Retentionsrechts hintanzuhalten, allerdings erst nach Erfüllung des gesamten Geschäftsverhältnisses bzw des platzierten Auftrags, außer für den Fall, dass der Gläubiger (Lieferant) einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Auflösung des Geschäftsverhältnisses gesetzt habe. Eine Ausübung der das Retentionsrecht ausschließenden Anweisung im Falle unberechtigter vorzeitiger Auflösung eines Geschäftsverhältnisses sei unstatthaft und vom Normzweck des § 369 Abs 3 UGB nicht erfasst. Das Erstgericht hätte demnach überprüfen müssen, ob die von der Klägerin behaupteten wichtigen Gründe für die Vertragsauflösung überhaupt vorliegen.
1. Die Anwendung österreichischen Sachrechts ist im Revisionsverfahren unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
2. Ein Unternehmer hat gemäß § 369 Abs 1 Satz 1 UGB „für die fälligen Forderungen, die ihm gegen einen anderen Unternehmer aus den zwischen ihnen geschlossenen unternehmensbezogenen Geschäften zustehen, ein Zurückbehaltungsrecht an den beweglichen Sachen und Wertpapieren des Schuldners, die mit dessen Willen auf Grund von unternehmensbezogenen Geschäften in seine Innehabung gelangt sind, sofern er sie noch innehat, insbesondere mittels Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber verfügen kann“.
Dieses Zurückbehaltungsrecht besteht im Unterschied zum Retentionsrecht nach § 471 ABGB nicht nur für konnexe Forderungen. Es ist nicht erforderlich, dass der zurückzuhaltende Gegenstand und die zu sichernde Forderung aus dem selben rechtlichen Verhältnis stammen. Wesentlich ist nur, dass es sich um eine fällige Geldforderung handelt, die auf einem beiderseitigen Unternehmergeschäft beruht (RS0062545 [T1]; Schimka/Zollner in U. Torggler, UGB3 [2019] § 369 Rz 12 mwN). Dass die Klägerin der Beklagten für die Herstellung der Werkzeuge nichts mehr schuldet, vielmehr die von der Beklagten behaupteten Geldforderungen aus anderen Verträgen (Verträge über die Herstellung von Tanks) resultieren, stünde damit der Zurückbehaltung der Werkzeuge durch die Beklagte wegen der – ihrem Standpunkt nach – offenen Forderungen für die Herstellung von Tanks nicht entgegen.
3. Das Zurückbehaltungsrecht ist gemäß § 369 Abs 3 UGB ausgeschlossen, „wenn die Zurückbehaltung des Gegenstandes der von dem Schuldner vor oder bei der Übergabe erteilten Anweisung oder der von dem Gläubiger übernommenen Verpflichtung, in einer bestimmten Weise mit dem Gegenstand zu verfahren, widerstreitet“.
Da den Gläubiger regelmäßig eine auf die zurückbehaltene Sache bezogene Rückstellungspflicht trifft, setzt der Zurückbehaltungsausschluss infolge Anweisung und Verpflichtung iSd § 369 Abs 3 UGB eine besondere, über die gewöhnliche Rückstellungspflicht hinausgehende Abrede voraus; andernfalls bliebe dem unternehmerischen Zurückbehaltungsrecht kein praktisch relevanter Anwendungsbereich (W. Schuhmacher in Straube/Ratka/Rauter, UGB4 I [2017] § 369 Rz 14; Riss/Eliskases in Zib/Dellinger, UGB-Großkommentar IV [2020] §§ 369–372 Rz 60 ua). Gleichwohl kann die dem Gläubiger erteilte Anweisung oder die von ihm übernommene Verpflichtung, „in einer bestimmten Weise mit dem Gegenstand zu verfahren“, grundsätzlich auch darin bestehen, dass der Gegenstand dem Schuldner (Eigentümer) herauszugeben ist. Dies ist etwa der Fall, wenn der Gläubiger die Sache zur jederzeitigen Verfügbarkeit des Schuldners halten muss (Lettl in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB3 [2015] § 369 Rz 34) oder „wenn der Gläubiger sich ausdrücklich verpflichtete, die in seiner Gewahrsame befindlichen Gegenstände ohne Rücksicht auf eine etwa noch obschwebende Verrechnung zurückzusenden“ (OGH Rv I 911/11 AC 3060 = JBl 1912, 478 [zu § 313 AHGB]). Es kommt hier darauf an, dass die – ohnehin bestehende, zumeist vertragliche – Herausgabepflicht zusätzlich durch eine Weisung oder eine besondere Pflichtübernahme verstärkt worden ist (Canaris in Staub – HGB-Großkommentar4 IV [2004] §§ 369–372 Rz 56), mit anderen Worten, dass besondere Umstände bestehen, die über die ohnehin bestehende Herausgabepflicht hinausführen (Welter in MünchKommHGB4 [2018] § 369 Rz 57).
Mit der einen Teil der „purchase orders“ bildenden Klausel 1.5 wurde die Beklagte im Wesentlichen angewiesen, auf jederzeitiges Verlangen der Klägerin die Werkzeuge für die Klägerin gänzlich abtransportbereit zu halten, ohne dass dies von einer vorangehenden Verrechnung oder sonstigen Bedingung abhängig gemacht wurde. Die Richtigkeit dieser Qualifizierung wird von der Beklagten mit Grund (auch) in der Revision nicht in Abrede gestellt.
4. Die Beklagte nimmt inhaltlich den Standpunkt ein, dass die Weisung durch das Schreiben der Klägerin vom 14. 12. 2018, worin diese erklärte, aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung die vorläufige Vereinbarung (also das „Interim Agreement“ vom 7. 5. 2018) und ihre Abänderung (also das „Amendment to the Interim Agreement“ vom 4. 6. 2018) sowie die Zusammenarbeit zu beenden, wirkungslos bzw obsolet geworden sei und damit das Zurückbehaltungsrecht nicht mehr gemäß § 369 Abs 3 UGB ausgeschlossen sei.
Wird das Vertragsverhältnis, in dessen Rahmen eine Weisung iSd § 369 Abs 3 UGB erfolgte, beendet, so kann die Weisung erlöschen, sodass § 369 Abs 3 UGB das Zurückbehaltungsrecht nicht mehr ausschließt (Welter in MünchKommHGB4 [2018] § 369 Rz 60; siehe auch die dem § 369 Abs 3 UGB als lex specialis vorgehende Bestimmung des § 19 HVertrG 1993 – zuvor unter Bezugnahme auf die Bestimmungen des AHGB, aber inhaltsgleich: § 18 HVertrG, BGBl 1921/348 – samt ErläutRV 220 BlgNR 1. GP 25).
Auf diese Thematik ist nicht weiter einzugehen, weil das Erlöschen der Weisung jedenfalls die Beendigung des Vertragsverhältnisses voraussetzt, in dessen Rahmen die Weisung erfolgte. Die hier vorliegende Weisung (Klausel 1.5 der „purchase orders“) knüpfte nicht an der Aufrechterhaltung der gesamten Geschäftsbeziehung an. Sie wurde im Rahmen der Bestellungen der Werkzeuge abgegeben. Diese Verträge (Werkverträge über die Herstellung der Werkzeuge) wurden – abgesehen von der Verpflichtung zur Herausgabe der Werkzeuge an die Klägerin – von beiden Parteien vollständig erfüllt, zumal die Beklagte die Werkzeuge herstellte und die Klägerin diese bezahlte. Die Klägerin hat – worauf sie in ihrer Revisionsbeantwortung mit Grund hinweist – diese Verträge nicht aufgelöst. Die Auflösung eines anderen Vertrags als denjenigen, in dessen Rahmen die Weisung iSd § 369 Abs 3 UGB erteilt wurde, kann nicht dazu führen, dass die Weisung ihre Wirksamkeit verliert.
Auf die Frage einer – von der Beklagten angenommenen – ex tunc Wirkung der Vertragsauflösung ist nicht mehr einzugehen.
5. Soweit die Beklagte in ihrer Revision damit argumentiert, sie hätte die Weisungen laut Klausel 1.5 nicht akzeptiert, hätte sie gewusst, dass die späteren Verträge vorzeitig beendet werden würden, so ist sie darauf hinzuweisen, dass sie den Weisungen nicht widersprach und über einen allfälligen Irrtum hier bereits deshalb nicht zu urteilen ist, weil ein solcher von ihr im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet wurde.
6. Der Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts ist hier auch sachgerecht. Es handelt sich bei den herausverlangten Sachen – der Beklagten bekannt – um extra zur Produktion spezieller Tanks hergestelltes Werkzeug. Es ist von einer nur einmal vorhandenen Ausstattung auszugehen, deren Zurückhaltung die Klägerin erkennbar besonders belastet, müsste sie doch, möchte sie sich nicht dem Standpunkt der Beklagten, sie schulde dieser noch mehrere hunderttausend Euro unterwerfen, eine neue Charge an Werkzeug herstellen lassen, um weiter Tanks, sei es selbst, sei es durch einen anderen Lieferanten, zu produzieren (vgl – der Wertung nach – Emde in Staub – HGB Großkommentar5 II [2008] § 88a Rz 12 sowie § 19 Satz 3 HVertrG 1993).
Der unbegründeten Revision der Beklagten ist daher nicht Folge zu geben.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung bescheinigt, dass die ihr von der Klagsvertreterin erbrachte anwaltliche Leistung den aus dem Spruch der Kostenentscheidung ersichtlichen, in der kanadischen Provinz British Columbia geltenden und im Wesentlichen der österreichischen USt entsprechenden Steuern unterliegen und dass diese zusammen einen Steuersatz von 12 % ausmachen (vgl RS0114955).
Textnummer
E130035European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0080OB00054.20D.1023.000Im RIS seit
11.12.2020Zuletzt aktualisiert am
11.12.2020