Entscheidungsdatum
24.10.2020Norm
WRG 1959 §12 Abs2Text
BESCHLUSS
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde von 1. A und 2. B, beide wohnhaft in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 04. August 2020, Zl. ***, betreffend wasserrechtliche Überprüfung, beschlossen:
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 12 Abs. 1 und Abs. 2, 102 und 121 Abs. 1 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)
§§ 24 Abs. 1 und 2, 28 Abs. 1 und 31 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)
§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)
Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)
Begründung
1. Sachverhalt
1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten (in der Folge: die belangte Behörde) vom 31. August 2010, Zl. ***, wurde der Marktgemeinde *** die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der bestehenden Ortskanalisation zum Bauabschnitt *** in den KGs ***, *** und *** in ***, erteilt.
Weiters erging mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. September 2010, Zl. ***, die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der bestehenden Ortskanalisation durch die Errichtung und den Betrieb des Stranges „***“ samt eines Pumpwerks in der KG ***.
Eine dagegen erhobene Berufung von DI A und B, der nunmehrigen Beschwerdeführer, wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von NÖ vom 2. Februar 2012, ***, mangels Parteistellung zurückgewiesen. Die Berufungsbehörde hatte festgestellt, dass die Einschreiter an den durch die Erweiterung des Kanalnetzwerkes berührten Grundstücken kein Eigentum hätten.
Es bestehe jedoch hinsichtlich des Grundstückes Nr. ***, KG ***, eine Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens zu ihren Gunsten, was jedoch im Wasserrechtsverfahren keine Parteistellung vermittle.
1.2. Nach Fertigstellung der Anlagen beraumte die belangte Behörde für 12. Juli 2017 eine wasserrechtliche Überprüfungsverhandlung gemäß § 121 WRG 1959 an.
Daraufhin beantragten die Beschwerdeführer in einer Eingabe vom 11. Juli 2017, „im gegenständlichen Verfahren“ die wasserrechtliche Bewilligung zu versagen, und führten aus, dass ein E-Schaltkasten für die Kanalpumpe auf einer öffentlichen Straße nicht genehmigungsfähig sei, wobei auf die ausständige Umsetzung eines Bescheides der NÖ Landesregierung vom 04. Juni 2013 hingewiesen wurde. Bei der mündlichen Verhandlung wurde „ergänzend“ vorgebracht, dass sie als Landwirte Grundstücke bewirtschafteten, zu denen es seit Jahrhunderten einen eingetragenen Wirtschaftsweg gäbe, der jüngst Gegenstand eines Rechtsstreites gewesen sei. Dabei seien Schwarzbauten im Bereich des (nun verfahrensgegenständlichen) Stranges „***“ offenkundig geworden; in der Folge sei hier die Flächenwidmung geändert worden. In dem diesbezüglichen Bescheid sei festgelegt worden, dass eine öffentliche Verkehrsfläche mit einer Breite von 6 Metern samt Umkehrplatz geschaffen werden müsse, wodurch die Bewirtschaftung und das Fahren mit landwirtschaftlichen Maschinen ermöglicht werde. Dies sei jedoch bislang nicht umgesetzt worden. Der Schaltschrank für das Pumpwerk mit E-Kasten für die Starkstromleitung befinde sich auf der Straße, konkret auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***. In den Planunterlagen sei dieser jedoch nicht eingezeichnet worden. Da aufgrund des Umfanges des Schaltschrankes eine Gefahr für Verkehrsteilnehmer, insbesondere für den landwirtschaftlichen Betriebsverkehr bestehe, verlangten die Beschwerdeführer, dass das Projekts nicht genehmigt werde.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstattete der Amtssachverständige für Wasserbautechnik ein Gutachten und kam zum Ergebnis, dass das gegenständliche Vorhaben im Wesentlichen bewilligungsgemäß ausgeführt worden sei, die Abänderungen gegenüber den erteilten Bewilligungen geringfügige Lageänderungen der Kanalisationsbauwerke darstellen würden und nachträglich bewilligungsfähig seien. Aus Sicht des Amtssachverständigen seien die im Zuge der Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens erfolgten Abänderungen geringfügig und würden öffentlichen Interessen sowie fremden Rechten nicht nachteilig beeinträchtigen.
Zum Vorbringen der nunmehrigen Beschwerdeführer hielt der Amtssachverständige fest, dass deren Grundstücke durch die abgeänderte Ausführung nicht in Anspruch genommen würden. Hinsichtlich der Situierung des Schaltschrankes des Pumpwerkes Strang *** verweist der Amtssachverständige auf die Auflage 1 im Bewilligungsbescheid und hält fest, dass das Einvernehmen mit dem Grundeigentümer, der Marktgemeinde ***, bereits vor Bauausführung hergestellt worden sei.
1.3. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 28. Mai 2020, *** wurde der Marktgemeinde *** die straßenverkehrsrechtliche Bewilligung zur Benützung der Gemeindestraße „***“, Grundstück Nr. ***, KG ***, zu anderen Zwecken als solchen des Straßenverkehrs, im konkreten Fall zur Aufstellung eines Elektroverteilerkastens, bewilligt.
Dieser Schaltschrank ist für den Betrieb des Kanal-Kleinhebewerkes „***“ entlang der westlichen Grundstücksgrenze von Grundstück Nr. ***, nördlich anschließend an die Grenze zu Grundstück Nr. ***, situiert worden und befindet sich auf einer öffentlichen Straße, Grundstück Nr. ***.
1.4. Nach Vorlage ergänzender Unterlagen und Einräumung des Parteiengehörs dazu stellte die belangte Behörde mit Bescheid vom 04. August 2020, Zl. ***, fest, dass die mit Bescheiden der belangten Behörde vom 31. August 2010, Zl. *** und vom 23. September 2010, Zl. ***, bewilligten Anlagen im Wesentlichen entsprechend den erteilten Bewilligungen ausgeführt worden seien. Folgende geringfügige Abweichungen gegenüber den erteilten Bewilligungen wurden nachträglich genehmigt:
„Ad. Bescheid vom 31.08.2010, Zl. ***:
Strang *** – *** *** - ***
Ein zusätzlicher Schacht *** wurde für zukünftige Erweiterungen auf dem Straßen-
grundstück Nr. *** errichtet. Zusätzlich berührtes Grundstück Nr.:*** KG ***.
Strang *** (***) ***
Der Anschluss an die bestehende Kanalisation erfolgte weiter nördlicher als geplant
bei Schacht ***.
Strang *** (***) ***– *** - ***
Ein zusätzlicher Schacht *** wurde auf die bestehende Leitung aufgesetzt, um
an die bestehende Kanalisation *** anzuschließen. Der Schacht *** wurde etwas westlicher errichtet. Weiters wurde der Schacht *** etwas östlicher auf dem Grundstück Nr. *** errichtet.
Strang *** ***
Dieser Strang wurde aufgrund Bedarfsmangel nicht errichtet.
Ad. Bescheid vom 23.09.2010, Zl. ***:
Strang *** ***-***
Das Kleinhebewerk (Pumpwerk) wurde in der *** auf Höhe des Anwesens C errichtet. Die Anwesen D und C leiten ihre Abwässer direkt in das Kleinhebewerk ein. Der Schacht *** wurde weiter südlicher für einen zukünftigen Anschluss der Parzelle Nr. *** errichtet. Ein zusätzlicher Schacht *** wurde für die Parzelle Nr. *** errichtet“.
Anschließend wird im Spruch des Bescheides eine Gegenüberstellung von geplanten und ausgeführten Anlagen wiedergegeben.
Begründend führte die belangte Behörde die angeführten Bewilligungen, Feststellungen aus der Überprüfungsverhandlung vom 12. Juli 2017 samt Erklärungen sowie die Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen an und kam schließlich zum Ergebnis, dass die bewilligten Anlagen im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den erteilten Bewilligungen errichtet worden seien. Die im Spruch angeführten geringfügigen Abweichungen hätten nachträglich genehmigt werden können, da sie laut Gutachten öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig seien bzw. der Betroffene zugestimmt hätte. Das Vorbringen der Ehegatten A und B hätte „mangels Verletzung eines ihnen diesbzgl. subjektiv öffentlich gewährleisteten Rechtes nicht erfolgreich geltend gemacht werden“ können.
1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, worin in der Sache wörtlich Folgendes vorgebracht wird:
„Durch die Bewilligung des Schaltkastens durch die Gemeinde *** wurden wir nicht nur in unserer grundbücherlich eingetragenen Dienstbarkeit eingeschränkt, sondern es erschwert die Bewirtschaftung unserer Flächen erheblich bzw. verunmöglicht dies.
Die gegenständliche Ausführung ist nicht akzeptabel. Die Bewirtschaftung unseres Grundstücks wird damit wesentlich erschwert und verunmöglicht. Es werden damit wesentliche Rechte unsererseits beschnitten.
Angemerkt wird, dass diese Beschwerde bei korrekter Projektumsetzung (6m Straßenbreite und Umkehrplatz), wie sie vom Amt der NÖ Landesregierung vorgeschrieben wurde, nicht nötig gewesen wäre“.
2. Beweiswürdigung
Diese Feststellungen ergeben sich aus den unbedenklichen Aktenunterlagen der belangten Behörde sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch. Weiterer Feststellungen bedurfte es, wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird, im gegenständlichen Fall nicht.
3. Rechtliche Erwägungen des Gerichts
3.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften
WRG 1959
§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden
(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
(…)
§ 102. (1) Parteien sind:
a) der Antragsteller;
b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen; ferner
c) im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;
d) Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;
e) diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;
f) im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 genannten Personen und Stellen;
g) diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch ein Regionalprogramm (§ 55g Abs. 1 Z 1) als rechtliche Interessen anerkannt wurden;
h) das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung der in § 55 Abs. 2 lit. a bis g genannten Aufgaben, nach Maßgabe des § 55 Abs. 5.
(2) Beteiligte im Sinne des § 8 AVG. sind – nach Maßgabe des jeweiligen Verhandlungsgegenstandes und soweit ihnen nicht schon nach Abs. 1 Parteistellung zukommt – insbesondere die Interessenten am Gemeingebrauch, alle an berührten Liegenschaften dinglich Berechtigten, alle, die aus der Erhaltung oder Auflassung einer Anlage oder der Löschung eines Wasserrechtes Nutzen ziehen würden, und im Verfahren über den Widerstreit von Entwürfen (§ 109) alle, die bei Ausführung eines dieser Entwürfe als Partei (Abs. 1) anzusehen wären. Beteiligte sind auch nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung, um einen möglichen Verstoß gegen die Verpflichtung des § 104a zu verhindern, insbesondere dann, wenn erhebliche negative Auswirkungen auf den ökologischen, chemischen und/oder mengenmäßigen Zustand und/oder das ökologische Potential der betreffenden Gewässer im Sinne des § 104 Abs. 1 lit. b zu erwarten sind.
(3) Die Beteiligten sind berechtigt, im Verfahren ihre Interessen darzulegen; in diesem Rahmen haben die nach § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannten Umweltorganisationen auch die Möglichkeit, alle von ihr für das geplante Vorhaben als relevant erachteten Stellungnahmen, Informationen, Analysen oder Meinungen in Schriftform vorzulegen oder während einer mündlichen Verhandlung oder Untersuchung mit dem Antragsteller vorzutragen. Diese sind bei der Entscheidung der Behörde angemessen zu berücksichtigen. Die Erhebung von Einwendungen steht den Beteiligten jedoch nicht zu.
(…)
§ 121. (1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung diese Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1).
(…)
VwGVG
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(…)
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(…)
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, 2a, 2b, 4 und 5, § 30, § 38a Abs. 3 und § 50 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
VwGG
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
B-VG
Artikel 133. (…)
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(…)
3.2. Rechtliche Beurteilung
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde einen auf § 121 Abs. 1 WRG 1959 gestützten Überprüfungsbescheid erlassen. Gegenstand des Verfahrens nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 und des dieses Verfahren abschließenden Bescheides ist ausschließlich die Frage der Übereinstimmung der ausgeführten mit der bewilligten Anlage. Die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides ist nicht mehr zu überprüfen. Dieser bildet die Grundlage für das Überprüfungsverfahren und den Überprüfungsbescheid (VwGH 28.04.2016, 2013/07/0056).
Im Mittelpunkt des Überprüfungsverfahrens steht der Zweck, dass nach Ausführung der wasserrechtlich bewilligten Anlage festgestellt werden soll, ob die Anlage auch entsprechend der wasserrechtlichen Bewilligungen, im konkreten Fall entsprechend den angeführten Bescheiden vom 31. August 2010 sowie vom 23. September 2010, errichtet wurden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass durch Abweichungen von den Bewilligungsbescheiden öffentliche Interessen oder durch das Wasserrechts-gesetz geschützte fremde Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 nicht beeinträchtigt werden. Diese Rechte vermitteln, wie sich aus § 102 Abs. 1 lit. b) WRG 1959 ergibt, Parteistellung sowohl im wasserrechtlichen Bewilligungs- als auch im Überprüfungsverfahren.
Die Parteien des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens können im wasser-rechtlichen Überprüfungsverfahren geltend machen, dass die ausgeführte Anlage mit der bewilligten in einer ihre Rechte berührenden Weise nicht übereinstimme. Werden im Überprüfungsbescheid Abweichungen nachträglich genehmigt, so können die Parteien dies mit der Behauptung bekämpfen, dadurch würde in ihre wasserrechtlich geschützten Rechte eingegriffen (VwGH 11.09.2003, 2002/07/0141).
Im vorliegenden Fall erachten sich die Beschwerdeführer durch die Herstellung eines - einen Teil der Abwasserbeseitigungsanlage bildenden - Schaltkastens auf einer der Marktgemeinde *** gehörenden Verkehrsfläche beschwert; sie erblicken darin die Verletzung einer ihnen zustehende Dienstbarkeit und die Behinderung bzw. Verunmöglichung der Bewirtschaftung ihres (nicht näher bezeichneten) Grundstücks (gemeint offenbar – vgl. die Aufführungen bei der Überprüfungsverhandlung: weil sich die von den Beschwerdeführer schon als nicht ausreichend erachtete Straßenbereite von 4 m um die Breite des Schaltschrankes von 0,50 m weiter verringert und dadurch die Zufahrt mit breiteren landwirtschaftlichen Fahrzeugen verhindert würde).
Wie sich aus § 102 Abs. 1 lit. b iVm § 12 Abs. 2 WRG 1959 ergibt, vermitteln rechtmäßig geübte Wassernutzungen (mit Ausnahme des Gemeingebrauchs), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 leg.cit. sowie das Grundeigentum Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren und steht die Verletzung solcher Rechte grundsätzlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung entgegen. Dem gegenüber verschaffen andere dingliche sowie obligatorische Rechte nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Parteistellung im Wasser-rechtsverfahren (z.B. VwGH 10.03.1992, 92/07/0044; 18.01.2001, 99/07/0151). Daher zählen Dienstbarkeitsrechte nicht zu den wasserrechtlich geschützten Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 (VwGH 29.06.2000, 97/07/0160; 27.06.2002, 99/07/0163; 21.10.2004, 2004/07/0126).
Vielmehr ergibt sich ausdrücklich aus § 102 Abs. 2 und 3 leg. cit., dass den dinglich Berechtigten an einer von einer Wasseranlage betroffenen Liegenschaft lediglich Beteiligtenstellung ohne die Befugnis zur Erhebung von Einwendungen zukommt (vgl. auch VwGH 28.04.2016, Ra 2016/07/0027).
Gegenständlich wird daher durch das (behauptete) Dienstbarkeitsrecht hinsichtlich eines von dem gegenständlichen Projekt berührten Grundstückes keine Parteistellung der Beschwerdeführer begründet und durch die Behauptung dessen Beeinträchtigung keine Verletzung eines im Wasserrechtsverfahrens geschützten Rechtes geltend gemacht.
Gleiches gilt für die Behauptung, es würde (durch die Behinderung der Zufahrt) die Bewirtschaftung eines im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden landwirtschaftlichen Grundstücks erschwert oder gar „verunmöglicht“. Eine wasserrechtlich relevante Verletzung des Eigentumsrechtes liegt nämlich nach ständiger Rechtsprechung (zB 07.05.1991, 87/07/0128; 21.10.2004, 2003/07/0105) nur bei einem Eingriff in die Substanz des Grundeigentums vor. Die Behinderung bzw. selbst der Verlust der Zufahrtsmöglichkeit stellt keinen solchen Eingriff dar (vgl. auch VwGH 27.09.1994, 94/07/0129).
Zusammenfassend ergibt sich also, dass die Beschwerdeführer im vorliegenden Fall keine Verletzung ihnen zukommender wasserrechtlich geschützter Rechte zu behaupten vermochten, weshalb ihnen mangels Parteistellung auch nicht die Befugnis zur Erhebung einer Beschwerde zukommt. Es braucht daher nicht weiter geprüft zu werden, ob es sich bei der Herstellung des strittigen Schaltkastens um eine (allenfalls geringfügige) Abänderung gegenüber dem bewilligten Projekt handelt und diese auch vom genehmigenden Ausspruch des angefochtenen Bescheides erfasst ist.
Vielmehr ist die vorliegende Beschwerde mittels Beschlusses gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG zurückzuweisen – die inhaltliche Überprüfung des angefochtenen Bescheides ist dem Gericht somit verwehrt.
Der Durchführung einer – im konkreten Fall nicht beantragten – mündlichen Verhandlung bedurfte es bereits deshalb nicht, da die Beschwerde zurückzuweisen war (vgl. § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu lösen, da die Entscheidung im Einklang mit der nicht uneinheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht (vgl. die zitierte Rechtsprechung). Die Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen diese Entscheidung ist daher nicht zulässig.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Überprüfungsbescheid; Verfahrensrecht; Parteistellung; Beschwerderecht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.999.001.2020Zuletzt aktualisiert am
10.12.2020