TE Bvwg Erkenntnis 2014/11/20 G306 2010640-2

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Veröffentlicht am 20.11.2014
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Entscheidungsdatum

20.11.2014

Norm

AsylG 2005 §56
AVG §13 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs5

Spruch

G306 2010640-2/2E IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Kosovo, vertreten durch

XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.09.2014, Zl. 357799801/14689866, zu Recht erkannt:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtenen Bescheides gemäß

§ 28 Abs. 5 iVm. § 27 VwGVG idgF ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte am 13.06.2014 persönlich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 AsylG.

2. Mit Schreiben vom 18.07.2014, Zahl: 357799801/14707384 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Oberösterreich, wurde dem BF ein Verbesserungsauftrag übermittelt. Dem BF wurde darin eine Frist von 2 Wochen zur Behebung der Mängel eingeräumt. Das Schreiben wurde vom BF nicht entgegengenommen bzw. konnte es nicht zugestellt werden und gelangte das Schreiben am 24.07.2014 wiederum mit dem Vermerk "unbekannt" an das BFA zurück.

3. Am 04.08.2014 erklärte der nunmehr ausgewiesene Rechtsvertreter des BF, dass er diesen im gegenständlichen Verfahren vertreten werde. Aufgrund dessen wurde neuerlich ein Verbesserungsauftrag an den ausgewiesenen Rechtsvertreter übermittelt und wurde dieses Schreiben nachweislich am 06.08.2014 rechtmäßig zugestellt. Auch in diesem Schreiben wurde eine Frist von 2 Wochen für die Behebung der Mängel eingeräumt. Bis zur Bescheiderlassung langte beim BFA keine Verbesserung des Antrages ein.

4. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem ausgewiesenen Rechtsvertreter nachweislich am 11.09.2014 rechtmäßig zugestellt, wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen vom 13.06.2014 gemäß § 56 AsylG 2005 idgF, zurückgewiesen.

Begründend führt die belangte Behörde in ihrem Bescheid aus, dass der BF mit Schreiben vom 18.07.2014 sowie 06.08.2014 zur Behebung der Mängel seines Antrages aufgefordert und hingewiesen worden sei, dass, sollten die Mängel nicht behoben werden, der Antrag zurückgewiesen würde. Das Schreiben des BFA wäre am 18.07.2014 an die Wohnadresse des BF ergangen (wo er aufrecht gemeldet gewesen sei) und sei dieses mit dem Vermerk "unbekannt" zurückgekommen. Am 04.08.2014 habe der BF bekanntgegeben, dass er von seinem ausgewiesenen Rechtsvertreter vertreten werde. Der Verbesserungsauftrag sei sodann nachweislich an diesem zugestellt worden. Bis zur Bescheiderlassung sei jedoch keine Verbesserung des Antrages eingelangt. Aufgrund dessen sei der Antrag zurückgewiesen worden.

5. Am 09.09.2014 langte das mit 08.09.2014 datierte Schreiben des ausgewiesenen Rechtsvertreters am BFA ein. Darin wurde ausgeführt, dass sich aufgrund des Urlaubes des Einschreitens die Kontaktaufnahme mit dem Mandanten bzw. die Vervollständigung der Daten verzögere. Es werde daher nachträglich um Fristerstreckung ersucht. Der Rechtsvertreter selbst habe sich zwischen 14.08. und 01.09.2014 im Ausland auf Urlaub befunden. Sein Vertreter habe in seiner Abwesenheit den Erstantrag nicht verbessert.

6. Mit Schreiben vom 25.09.2014, beim BFA am 29.09.2014 eingelangt brachte der BF gegen den oben angeführten Bescheid die Beschwerde ein. Darin führte der BF zusammengefasst als Begründung aus, dass gemäß § 13 Abs. 3 AVG die Behörde unverzüglich von Amtswegen die Behebung von Mängeln schriftlicher Anbringen zu veranlassen habe. Da nach § 58 Abs. AsylG der Antrag jedoch persönlich zu stellen sei, läge kein schriftliches Anbringen vor. Es sei lediglich das Formular vollständig ausgefühlt worden und hätte die Behebung der Mängel eigentlich sofort durch das BFA veranlasst werden können. Die das Formular entgegennehmende Person hätte offenbar keine Möglichkeit oder Zeit gehabt, das Antragsformular mit dem BF durchzugehen. Mit Schreiben vom 18.07.2014 sei dann ein Mängelbehebungsauftrag ergangen. Zwischenzeitlich sei der BF sogar zur Einvernahme beim Organwalter gewesen. Zwischen Antrag und Mängelbehebungsauftrag wären mehr als ein Monat vergangen und habe er nur eine 2 Wochenfrist für die Verbesserung gesetzt bekommen. Diese Frist erscheinen ihm daher nicht angemessen, da sich der Rechtsberater in der Zwischenzeit auf Urlaub befunden habe. Eine mögliche Zurückweisung sei im § 58 Abs. 10 erschöpfend geregelt. Der Antrag hätte daher allenfalls nach § 58 Abs. 11 AsylG zurückgewiesen werden können, wenn zuvor eine Belehrung stattgefunden hätte.

Der BF stellte den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben und den bekämpften Bescheid, ersatzlos aufheben.

Der gegenständliche Beschwerdeakt wurde vom BFA am 02.10.2014 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der BF ist kosovarischer Staatsangehöriger und wurde am 25.05.1985 in Peje, Kosovo, geboren. Der BF ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 10 FPG idgF.

Der BF stellte am 13.06.2014 seinen gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß § 56 AsylG idgF. Der BF begab sich dafür persönlich zum BFA, RD Oberösterreich und füllte eigenhändig das dafür vorgesehene Formular aus und gab es im Anschluss am Schalter ab.

Mit Schreiben vom 18.07.2014, an die vom BF angegebenen Wohnadresse adressiert, wurde dieser aufgefordert die im Formular nicht ausgefüllten Punkte E, F, G und I zu ergänzen und die entsprechenden Unterlagen sowohl im Original als auch in Kopie, vorzulegen. Dieses Schreiben langte am 24.07.2014 mit dem Hinweis "unbekannt" wieder beim BFA ein. Das BFA ließ aufgrund dessen Erhebungen von der Polizei durchführen. Die Polizei berichtete mit Schreiben vom 25.07.2014 an das BFA, dass die Erhebungen ergeben hätten, dass der BF zwar an der bekanntgegebenen Adresse als Untermieter gemeldet sei, er jedoch laut Untermieter nie dort gewohnt habe.

1.2. Am 04.08.2014 teilte der ausgewiesene Rechtsvertreter dem BFA telefonisch mit, dass er den BF im gegenständlichen Verfahren vertreten würde. Aufgrund dessen wurde der Verbesserungsauftrag neuerlich an den Rechtsvertreter übermittelt und von diesem auch am 06.08.2014 nachweislich übernommen und damit rechtmäßig zugestellt.

Bis zur Bescheiderlassung langte beim BFA keine Verbesserung der Mängel ein.

Am 09.09.2014 langte das mit 08.09.2014 datierte Schreiben des ausgewiesenen Rechtsvertreters am BFA ein worin dieser mitteilte, dass es aufgrund seines Urlaubs zu Verzögerungen gekommen sei und bitte er um Fristerstreckung. Zu diesem Zeitpunkt war der bekämpfte Bescheid bereits erlassen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgerichtes vorliegenden Gerichtsakts.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht u.a. über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Z. 1) sowie über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8.Hauptstück des FPG. (Z. 3).

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 2013/10 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

3.1. Zum Spruchpunkt A):

3.1.1. Der mit "Aufenthaltstitel in besonderen berücksichtigungswürdigen Fällen" betitelte § 56 AsylG lautet wie folgt:

"(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls

1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und

3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand."

Der mit "Antragstellung und amtswegiges Verfahren" betitelte § 58 AsylG lautet wie folgt:

"(1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben".

Der mit "Anbringen" betitelte § 13 AVG lautet wie folgt:

"(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

(4) Bei Zweifeln über die Identität des Einschreiters oder die Authentizität eines Anbringens gilt Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der Frist als zurückgezogen gilt.

(5) Die Behörde ist nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten, und, außer bei Gefahr im Verzug, nur während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit verpflichtet, mündliche oder telefonische Anbringen entgegenzunehmen. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.

(6) Die Behörde ist nicht verpflichtet, Anbringen, die sich auf keine bestimmte Angelegenheit beziehen, in Behandlung zu nehmen.

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

(8) Der verfahrenseinleitende Antrag kann in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden.

(9) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 10/2004)".

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Vorweg ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie hinsichtlich ihrer Begründung die erforderliche Sorgfalt vermissen lässt und diese damit nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer zurückweisenden behördlichen Entscheidung entspricht (vgl. § 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

Es ist auch anzuzweifeln ob die entscheidende Behörde erkannte, dass ihre Antragszurückweisung rein auf § 13 Abs. 3 AVG beruht und daher nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, nicht aber über den Antrag als solches entscheiden durfte (im Spruch befindet sich auch kein Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG). Die belangte Behörde hatte ausschließlich darüber zu entscheiden, ob die sachliche Behandlung des Antrages mangels der fristgerechten Befolgung des Verbesserungsauftrages zu Recht verweigert werden konnte. Angezweifelt wird dies deshalb, weil die belangte Behörde in ihrem bekämpften Bescheid auf Seite 5 anführt:

"Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 56 AsylG ist daher zurückzuweisen, da die Mängel nicht fristgerecht behoben wurden.

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG sowie gem. § 53 Abs. 3 FPG ist, wird ein Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. §§ 55-57 abgewiesen, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Ein Beschwerdeverfahren bezüglich einer gegen Sie erlassenen Rückkehrentscheidung ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig"

Zum Beschwerdevorbringen:

Die Beschwerde bringt vor, dass der Antrag gemäß § 58 Abs. 5 AsylG persönlich zu stellen sei und daher kein schriftliches Anbringen vorliegen würde und die Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG daher nicht möglich wäre.

Für die Antragstellung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen besteht kein Formularzwang. Grundvoraussetzung sind das persönliche Erscheinen (§ 58 Abs. 5 AsylG) und die Begründung des Antrages. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes ist die Mitwirkung des BF wesentlich und wird dadurch das Verfahren erleichtert. Nachdem die Verwendung eines konkreten Formulars nicht zwingend notwendig ist, kann die persönliche Antragsstellung gegebenenfalls auch mündlich vorgenommen werden.

Verbesserungen mangelhafter Anbringen nach § 13 Abs. 3 AVG können nach eindeutigen Wortlaut nur für schriftliche Anbringen gelten. Im gegenständlichen Sachverhalt begab sich der BF persönliche zum BFA, befüllte das aufliegende Antragsformular und übergab es im Anschluss einem Organ des BFA. Das Antragsformular liegt dem Akt bei und weist es am obigen rechten Rand einen Eingangsstempel des BFA, RD Oberösterreich, datiert mit 13.06.2014 auf. Im vorgesehenen, nur von der Behörde auszufüllenden Rubrik "Abgegeben am: .............., persönlich................ oder gesetzlichen Vertreter................... . Bei: ............" scheint keine Eintragung auf.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung Zahl: 2001/20/0195 v. 6.5.2004 angenommen, dass auch bei protokollierte mündlichen Anbringen ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zulässig wäre. Wenn der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass auch beim mündlichen Anbringen ein Verbesserungsauftrag möglich ist, so muss dies noch mehr bei einer Abgabe eines Antrages mittels selbständig ausgefüllten Formulars gelten. Dieser Antrag (vom BF ausgefüllt) wurde im Original zum Handakt gegeben.

Der Gesetzgeber hat auch im § 58 Abs. 6 AsylG auf § 13 Abs. 3 AVG Bezug genommen:

"..........

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren;

§ 13 Abs. 3 AVG gilt.

............".

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass man auch bei einer persönlichen Antragsstellung eines Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, bei dessen Mangelhaftigkeit, einen Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG erteilen kann.

Unbeachtet dessen ist die vorliegende Beschwerde nicht unberechtigt und führt sie auch zum Erfolg wenn sie anführt, dass zwischen der Annahme und der Bearbeitung des Antrages mehr als ein Monat vergangen wäre.

Der BF führt in der Beschwerde an, dass er seinen Antrag persönlich am 13.06.2014 beim BFA gestellt habe. Dies ist auch durch den, am Antragsformular angebrachten Einlaufstempel, datiert mit 13.06.2014, ersichtlich. Der BF wurde am 30.06.2014 vor dem BFA vom Bescheid erlassenden Organ niederschriftlich einvernommen. Ein Vorhalt des mangelhaften Antrages wurde offensichtlich nicht vorgenommen bzw. ist dies aus dem Akt nicht ersichtlich. Am 18.07.2014, genau 5 Wochen nach der Antragstellung erließ das BFA, selbe Organwalter, den Verbesserungsauftrag und räumte dem BF zur Behebung der Mängel eine Frist von zwei Wochen ein.

Das Wort "unverzüglich" im § 13 Abs. 3 AVG zielt darauf ab, "die Behörde zur umgehenden Prüfung der Mängelfreiheit des Antrages und der Vollständigkeit der Unterlagen zu verhalten." (VwGH 2006/07/0040 RS 3).

Im konkret vorliegenden Fall war daher zu prüfen, ob die belangte Behörde rechtswidriger Weise den Mängelbehebungsauftrag nicht unverzüglich erteilte. Wie bereits erwähnt, hat die Behörde die Mängelbehebung (Verbesserungsauftrag) unverzüglich zu veranlassen. Unter "unverzüglich" versteht der Gesetzgeber eine Frist von maximal 4 Wochen. Der BF stellte seinen Antrag am 13.06.2014 und erließ die belangte Behörde ihren Verbesserungsauftrag 5 Wochen später somit am 18.07.2014. Während dieser Zeit wurde der BF sogar, vom Bescheid erlassenden Organwalter, am 30.06.2014 niederschriftlich einvernommen - der offensichtlich mangelhafte Antrag wurde während der Einvernahme nicht erwähnt. Die belangte Behörde ist daher ihrer, nach § 13 Abs. 3 AVG, auferlegte Verpflichtung ("unverzüglich") nicht nachgekommen und liegt daher ein überwiegendes Verschulden der belangten Behörde vor.

Aus den dargelegten Gründen war der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben.

Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde konnte unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltstitel Bescheidqualität ersatzlose Behebung Prozessvoraussetzung Voraussetzungen wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2014:G306.2010640.2.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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