Entscheidungsdatum
19.03.2015Norm
AsylG 2005 §56Spruch
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Türkei, vertreten durch XXXX; gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.02.2015,
Zl. 13-585228900/14067679, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, stellte im Gefolge seiner rechtswidrigen Einreise nach Österreich am 06.04.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23.11.2012 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei verfügt (Spruchpunkt III.).
3. Die gegen die abweisende Entscheidung des Bundesasylamtes eingebrachte Beschwerde vom 07.12.2012 wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.04.2013,
Zl. E7 431367-1/2012/8E, zugestellt und damit rechtskräftig am 08.05.2013, abgewiesen.
4. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12.06.2013, U 1076/2013-5, abgewiesen.
5. Am 16.10.2013 stellte der Beschwerdeführer beim Magistrat der Stadt XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 41 a Abs. 9 NAG.
6. Mit Schreiben vom 04.12.2013 teilte der Magistrat der Stadt XXXX dem Beschwerdeführer mit, dass aufgrund der Versagungsbestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes beabsichtigt sei, dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht stattzugeben.
7. Das damals anhängige Verfahren wurde mit 28.01.2014 zuständigkeitshalber vom Magistrat der Stadt XXXX dem ab dem 01.01.2014 zuständigen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) übermittelt.
8. Mit dem Bescheid des BFA vom 23.05.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus den Gründen des Art. 8 EMRK gem. § 55 AsylG abgewiesen.
Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG, § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 3 FPG wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Türkei gem. § 46 FPG zulässig ist.
Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgehalten.
9. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 19.09.2014, Zl. E 1084/2014-5, abgewiesen.
10. Am 19.12.2014 brachte der Beschwerdeführer beim BFA einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" gemäß
§ 56 Abs. 1 AsylG ein.
11. Am 19.12.2014 wurde dem BFA schriftlich mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer seine Vertrauensperson XXXX bevollmächtigt habe, ihn beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bezüglich Aufenthaltsangelegenheiten zu vertreten, Stellungnahmen abzugeben, Anträge zu stellen, sämtliche Formalitäten zu erledigen und Schriftstücke entgegenzunehmen (vgl. AS 487).
12. Am 21.01.2015 wurde der Beschwerdeführer im Beisein seines Vertreters von einem Organ des BAF niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er im Verfahren durch seinen Berater (Lebensberater) Herrn XXXX vertreten werde.
13. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 12.02.2015, Zl. 13-585228900/14067679, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 56 AsylG in Spruchpunkt I. abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde der Antrag auf "Heilung der Mängel gemäß § 4 AsylG-DV iVm
§ 8 AsylG-DV" vom 21.01.2015 abgewiesen.
14. In einer "Verfügung" vom 13.02.2015 (AS 603) wurde vom BFA unter anderem festgehalten: "Bescheid per RSa Brief an Fremden zu stellen".
15. Mittels an den Beschwerdeführer persönlich adressierten RSa-Brief wurde vom BFA versucht, den angefochtenen Bescheid, dem Beschwerdeführer persönlich zuzustellen. Mangels Anwesenheit des Beschwerdeführers an der Abgabestelle wurde am 17.02.2015 der RSa-Brief an der Abgabestelle zurückgelassen und als Beginn der Abholfrist der 17.02.2015 bezeichnet.
16. Mit einem vom Beschwerdeführer persönlich unterfertigten Schreiben, das dem BFA am 02.03.2015 mittels Telefax übermittelt wurde, erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 12.02.2015.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
2. Zu Spruchteil A)
2.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Zurückweisung durch Beschluss hat etwa im Falle des Fehlens eines Bescheides zu erfolgen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 28 K 2).
2.2. Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 23.07.2009, 2007/05/0139). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 2011, Rz 426). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).
2.3. Aus § 10 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass sich Parteien in einem behördlichen Verfahren durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen können. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen.
Die Wirksamkeit der Vollmacht gegenüber der Behörde tritt mit dem Zugang der Mitteilung bei der Behörde ein (VwGH 25.03.1996, 95/10/0052) und ist die Behörde an diese Vollmacht solange gebunden und zur Zustellung an den namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigten verpflichtet, als die Vollmacht nicht widerrufen bzw. aufgekündigt wird (Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 9 Rz 6).
Eine allgemeine Vollmacht zur Vertretung beinhaltet, so nicht explizit ausgeschlossen, auch die Befugnis zur Empfangnahme von Schriftstücken iSd § 9 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ZustG, (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014], § 10 Rz 17). Einem Bevollmächtigten sind alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit zuzustellen (VwGH 26.04.2011, 2010/03/0186) und ist dieser in der Zustellverfügung als Empfänger zu bezeichnen (VwGH 03.07.2001, 2000/05/0115; 28.08.2008, 2008/22/0607).
Aus § 9 Abs. 3 ZustG folgt, dass für den Fall, dass ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, die Behörde, soweit nicht anderes gesetzlich bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen hat. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
2.4. Im gegenständlichen Fall ist die schriftliche Mitteilung des Vertreters des Beschwerdeführers betreffend seine Bevollmächtigung der belangten Behörde am 19.12.2014 zugegangen. Der angefochtene Bescheid ist allerdings erst am 12.02.2015 unterzeichnet und abgefertigt worden. Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen zu den hier relevanten Bestimmungen des AVG und des ZustG wäre die belangte Behörde jedoch verpflichtet gewesen, in der Zustellverfügung den Vertreter des Beschwerdeführers zu bezeichnen und wäre diesem zuzustellen gewesen.
Dass dem Vertreter des Beschwerdeführers die Entscheidung des BFA tatsächlich zugekommen wäre und es somit zu einer Heilung des Zustellmangels im Sinn des
§ 9 Abs. 3 ZustG gekommen wäre, kann weder der Aktenlage noch den Ausführungen gegenständlicher Beschwerde entnommen werden.
Die direkte Zustellung an den Beschwerdeführer war somit nicht rechtswirksam.
2.5. Das Bundesverwaltungsgericht stellt daher fest, dass der angefochtene Bescheid bislang nicht rechtswirksam erlassen wurde. Mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes war damit die Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig zurückzuweisen.
Erst nach allfälliger neuerlicher und rechtswirksamer Erlassung eines Bescheides gegenüber dem Beschwerdeführer ist ein Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht möglich.
3. Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die unter Punkt 2. wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen ist die Rechtslage eindeutig, weshalb auch aus diesem Grund die Revision nicht zulässig ist (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Bescheidqualität Vertretungsverhältnis Zurückweisung Zustellmangel ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2015:L507.1431367.3.00Im RIS seit
10.12.2020Zuletzt aktualisiert am
10.12.2020