TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/3 W175 2223810-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.12.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §11 Abs4
FPG §21
VwGVG §14 Abs1

Spruch

W175 2223810-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Moskau vom 23.08.2019, GZ. Moskau-KA/VIS3595/2019, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geboren am XXXX , armenischer Staatsangehöriger, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Moskau vom 19.07.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Armeniens, brachte am 10.07.2019 bei der Österreichischen Botschaft in Moskau (im Folgenden: ÖB Moskau) unter Verwendung des vorgesehenen Formulars einen Antrag auf Erteilung eines nationalen Visums D für Saisoniers ein. Sie beantragte ein Visum für die einmalige Einreise bei einer Gesamtaufenthaltsdauer von 180 Tagen in der Zeit von 12.07.2019 bis 31.12.2019.

Mit dem Antrag wurden folgende verfahrensrelevante Dokumente (in Kopie) vorgelegt:

- Geburtsurkunde

- Bescheid des AMS, mit welchem der BF eine Beschäftigungsbewilligung für die Tätigkeit als landwirtschaftliche Hilfsarbeiterin für den Zeitraum 01.07.2019 30.12.2019, im Ausmaß von 20 Stunden pro Woche, erteilt wurde

- Reisepass.

Eine Abfrage des zentralen Fremdenregisters durch die ÖB Moskau ergab, dass die BF am 17.12.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hatte und am 15.03.2019 nach Armenien abgeschoben worden war.

Mit Schreiben vom 15.07.2019 wurde der BF mitgeteilt, dass Bedenken gegen die Erteilung des beantragten Visums bestünden, da der Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Auf eine nähere Begründung habe gemäß §11 Abs. 4 FPG verzichtet werden können. Die Wiederausreise in den Heimatstaat erscheine nicht gesichert. Es bestünden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben der BF. Begründend wurde der Asylantrag der BF und die daraus resultierende Abschiebung im März 2019 angeführt.

Mit Stellungnahme datiert mit 17.07.2019 führte die BF aus, dass ihre Wiederausreise gesichert sei. Sie habe aufgrund der Abschiebung erkannt, dass sie nicht dauerhaft in Österreich leben könne. Da sie in ihrem Heimatstaat keine Arbeit bekomme, möchte sie in Österreich in der Landwirtschaft arbeiten. Sie würde dann wieder in ihren Heimatstaat reisen, um dort zu leben und auch ihre Verwandten zu treffen. Mit dem Geld könne sie sich in ihrem Heimatstaat einen ausreichenden Lebensstandard sichern. Der beiliegenden notariell beglaubigten Haftungserklärung könne entnommen werden, dass der Republik Österreich durch den Aufenthalt der BF kein Schaden entstehen werde. Der Stellungnahme war eine Haftungsübernahme sowie ein Schreiben des vorgeblich künftigen Arbeitgebers der BF angeschlossen. Darin wurde ausgeführt, dass er am 20.05.2019 beim AMS einen Antrag auf Saisonbewilligung gestellt habe. Da die BF schon sehr dringend gebraucht werde, werde um umgehende Visumserteilung ersucht.

Mit Bescheid vom 19.07.2019 wurde der Antrag auf Erteilung eines Visums der Kategorie D gemäß § 21 FPG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. Auf eine nähere Begründung sei gemäß § 11 Abs. 4 FPG zu verzichten gewesen. Die Wiederausreise in den Heimatstaat sei nicht gesichert. Es bestünden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben der BF.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF am 23.07.2019 fristgerecht Beschwerde. Nach Darstellung des Verfahrensgangs und Wiederholen des Vorbringens der Stellungnahme wurde begründend ausgeführt, dass Gegenstand des bekämpften Bescheides nur § 21 Abs. 1 Z 3 FPG sei. Die BF habe Österreich in der Vergangenheit nicht verlassen, da ihr Mann schwer krank gewesen sei und sie diesen gepflegt habe. Nach dem Tod des Mannes sei die BF ohne Vorankündigung abgeschoben worden. Der Hauptgrund ihres Antrages auf Erteilung des gegenständlichen Visums sei die Arbeitsaufnahme in Österreich, um Geld zum Überleben zu haben. Auch könne sie am Wochenende das Grab ihres Mannes in Linz besuchen. Sie wolle nicht nur einmal in Österreich arbeiten und werde daher wieder rechtzeitig ausreisen, ansonsten würde sie 2020 zu Recht kein Visum mehr bekommen. Die Republik Österreich gehe kein Risiko ein, da eine Haftungsübernahme vorliege. Der Verweis der Behörde auf § 11 Abs. 4 FPG gehe insoweit ins Leere, als dass der Bescheid in einer Weise auszufertigen sei, dass der Betroffene dessen Inhalt und Wirkung nachvollziehen könne. Es seien die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstünden. Der Verzicht der Behörde auf eine Begründung widerspreche der Begründungspflicht des § 11 Abs. 4 FPG.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 23.08.2019, wies die ÖB Moskau die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass eine notariell beglaubigte Haftungserklärung für das Visumverfahren nicht relevant sei. Es müsse eine elektronische Verpflichtungserklärung abgegeben werden. Dies sei gegenständlich nicht der Fall.

In der Beschwerde werde ausgeführt, dass der Bescheid nicht ausreichend begründet worden sei. Gemäß § 11 Abs. 4 FPG seien der BF die Gründe, weshalb sie eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit darstelle, mitzuteilen. Der BF sei jedoch sowohl in der Aufforderung zur Stellungnahme als auch im bekämpften Bescheid mitgeteilt worden, dass die belangte Behörde aufgrund ihres Asylantrag und der Abschiebung berechtigte Zweifel habe, dass die BF Österreich nach Ablauf des Visums wieder verlasse und sie sohin eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) darstelle. Hinsichtlich der Wiederausreiseabsicht der BF wurde ausgeführt, dass diese keine wirtschaftliche, familiäre oder soziale Bindung zum Heimatstaat habe. Betreffend das Vorbringen der BF, in ihrem Heimatstaat keine Arbeit zu finden, wurde ausgeführt, dass der Antrag auf Saisonbewilligung beim AMS bereits zwei Monate nach ihrer Abschiebung gestellt worden sei. Es werde daher davon ausgegangen, dass nicht ernsthaft versucht worden sei, in Armenien Arbeit zu finden und die BF nach der Abschiebung nach einer Möglichkeit suche, zurück nach Österreich zu gelangen.

Am 06.09.2019 stellte die BF einen Vorlageantrag. Darin wurde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass sich die Behörde negativ über den zukünftigen Arbeitgeber der BF geäußert habe und diesen mit "vorgeblichen Arbeitgeber NN" bezeichnet habe. Auch werde Frau MM, welche eine Haftungserklärung für die BF abgegeben habe, als "der belangten Behörde nicht näher bekannt" bezeichnet. Schon das Weglassen der Anrede mit Herr und Frau zeige, dass die Behörde voreingenommen sei und die vorgelegten Beweise nicht objektiv geprüft habe. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung hätte die abgegebene Haftungserklärung beurteilt werden müssen. Auch sei der künftige Arbeitgeber der BF sowie die die Haftungserklärung abgebende Person nicht kontaktiert worden, um die Echtheit und Richtigkeit der Angaben zu überprüfen. Darüber hinaus sei die Manduktionspflicht verletzt worden, da die BF nicht über die Notwendigkeit einer EVE aufgeklärt worden sei. Es sei nunmehr eine EVE abgegeben worden. Die BF habe zahlreiche Verwandte und Freunde in Armenien und der Ukraine, mit denen sie sich regelmäßig treffe.

Mit einem am 27.09.2019 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 19.09.2019 wurde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF stellte am 10.07.2019 bei der ÖB Moskau einen Antrag auf Ausstellung eines nationalen Visums D mit einer Gültigkeitsdauer von 12.07.2019 bis 31.12.2019 für die einfache Einreise und für den Hauptzweck Saisonarbeiterin.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 17.06.2019 wurde der BF eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als landwirtschaftliche Hilfsarbeiterin für den Zeitraum zwischen 01.07.2019 und 30.12.2019 erteilt.

Die BF reiste erstmals 2012 gemeinsam mit ihrem Mann illegal nach Österreich, wo sie am 17.12.2012 Anträge auf internationalen Schutz stellten. Der Sohn, die Schwiegertochter sowie zwei Enkelkinder reisten ebenfalls illegal nach Österreich ein und stellten am 16.06.2012 Anträge auf internationalen Schutz. Die BF sowie ihre Familienangehörigen gaben im Zuge des Asylverfahrens unter Angabe falscher Namen an, syrische Staatsangehörige zu sein. Diese Anträge wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 12.07.2013 sowie durch Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 09.10.2013 abgewiesen. Die BF führte im Heimatstaat gemeinsam mit ihrer Familie einen landwirtschaftlichen Betrieb. Am 24.08.2017 wurden der Sohn, die Schwiegertochter sowie die Enkelkinder der BF nach Armenien abgeschoben. Nach dem Tod ihres Mannes in Österreich wurde die BF am 15.03.2019 nach Armenien abgeschoben. Die BF besuchte keine Schule, war in Österreich nie legal erwerbstätig und lebte von Leistungen der Grundversorgung. Die BF und deren Familienangehörigen waren während ihres Aufenthaltes an derselben Wohnadresse gemeldet.

Der Sohn der BF stellte am 10.01.2019 bei der ÖB Moskau einen Antrag auf Erteilung einer Rot-weiß-Rot-Karte für sonstige Schlüsselkräfte. Er reiste im Besitz eines Visums D nach Österreich ein und ist derzeit im Besitz einer Rot-Weiß-Rot-Karte für sonstige Schlüsselkräfte mit einem Gültigkeitszeitraum von 10.01.2019 bis 10.01.2021. Die Schwiegertochter und ein Enkel der BF sind in Österreich im Besitz von Rot-Weiß-Rot-Karten plus für Familienangehörige gemäß § 46 NAG mit einer Gültigkeitsdauer von 14.11.2019 bis 14.11.2020.

Die BF war im Zeitraum von März 2018 bis März 2019 durchgehend an derselben Wohnadresse gemeldet. Ihr Sohn meldete sich im Jänner 2019 nach seiner erneuten Einreise nach Österreich an der Adresse der BF an, lebte dort bis zur Abschiebung der BF im März 2019 mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt und ist derzeit dort aufrecht gemeldet.

Die BF geht in ihrem Herkunftsstaat keiner Erwerbstätigkeit nach. Die BF machte keine substantiierten Angaben zu ihrer familiären, sozialen, beruflichen und wirtschaftlichen Verwurzelung in ihrem Heimatstaat. Ihre engsten Familienangehörigen sind in Österreich aufhältig; sie machte keine Angaben über weitere Familienangehörige im Herkunftsstaat.

Der BF wurde mit Schreiben vom 15.07.2019 Gelegenheit zur Stellungnahme geboten. In der Folge wurde auch eine Stellungnahme eingebracht, welche allerdings nicht geeignet war, die dargelegten Bedenken zu zerstreuen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend den Gang des Verfahrens vor der ÖB Moskau ergeben sich zweifelsfrei aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Zudem ergeben sich die Feststellungen hinsichtlich des letzten Aufenthalts der BF in Österreich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegistern, des Zentralen Fremdenregisters, des Betreuungsinformationssystems Grundversorgung sowie durch Einsicht in deren Asylakt. Die Feststellung betreffend die Arbeitsbewilligung beruht auf den vorgelegten Dokumenten.

Auch die Feststellungen betreffend die Familie der BF beruhen auf einer Abfrage des Zentralen Melderegisters, des Zentralen Fremdenregisters, des Betreuungsinformationssystems Grundversorgung sowie durch Einsicht in deren Asylakten.

Anzumerken ist auch, dass die BF am 15.03.2019 abgeschoben wurde und bereits am 10.07.2019 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Visums D gestellt hat beziehungsweise der vorgebliche künftige Arbeitgeber bereits am 20.05.2019 den Antrag auf Saisonbewilligung beim AMS stellte.

Das vorangegangene fremdenrechtliche Fehlverhalten der BF in ihrem Asylverfahren sowie das Fehlen einer sozialen, familiären und wirtschaftlichen Verwurzelung im Herkunftsstaat bilden einen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass ihre Wiederausreise nicht gesichert ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Rechtliche Grundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

"§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

[...]

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.

[...]

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

[...]

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

§ 20 Form und Wirkung der Visa D

(1) Visa D werden erteilt als

1. Visum für den längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet;

2. Visum aus humanitären Gründen;

3. Visum zu Erwerbszwecken;

4. Visum zum Zweck der Arbeitssuche;

5. Visum zur Erteilung eines Aufenthaltstitels;

6. Visum zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005;

7. Visum zur Wiedereinreise;

8. Visum aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen;

9. Visum für Saisoniers;

10. Visum für Praktikanten.

(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur in den Fällen des § 24 zulässig. Visa D werden für die ein- oder mehrmalige Einreise ausgestellt und berechtigen zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet von mehr als 90 Tagen, und zwar von längstens

1. sechs Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1 bis 8 und 10;

2. neun Monaten innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 9;

3. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1, sofern dies aus Gründen des nationalen Interesses oder auf Grund internationaler Verpflichtungen notwendig ist; oder

4. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 3, sofern dies auf Grund internationaler Vereinbarungen zur Ausübung einer Tätigkeit, die vom AuslBG gemäß § 1 Z 14 AuslBVO ausgenommen ist, notwendig ist.

(3) Visa gemäß Abs. 1 sind befristet zu erteilen. Ihre Gültigkeitsdauer darf jene des Reisedokumentes nicht übersteigen. Die Gültigkeitsdauer des Reisedokumentes hat, ausgenommen in begründeten Notfällen, jene eines Visums um mindestens drei Monate zu übersteigen. Eine von der erlaubten Aufenthaltsdauer abweichende Gültigkeitsdauer der Visa ist unzulässig.

(3a) Visa gemäß Abs. 1 Z 8 und 9 können mit einer Gültigkeitsdauer von weniger als 91 Tagen ausgestellt werden, sofern ein Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a) oder ein Antrag gemäß § 22a gestellt wurde und der durchgehende Aufenthalt im Bundesgebiet insgesamt 90 Tage übersteigt.

(4) Das Visum ist im Reisedokument des Fremden durch Anbringen ersichtlich zu machen.

(5) Die nähere Gestaltung sowie die Form der Anbringung der Visa D im Reisedokument wird durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt.

(6) Visa gemäß Abs. 1 Z 1 sowie gemäß des Visakodex können unter den Voraussetzungen, unter denen für österreichische Staatsbürger österreichische Dienstpässe ausgestellt werden, als Dienstvisa gekennzeichnet werden.

§ 21 Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung von Visa D

(1) Visa gemäß § 20 Abs. 1 Z 1, 3 bis 5 und 8 bis 10 können einem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn

1. dieser ein gültiges Reisedokument besitzt;

2. kein Versagungsgrund (Abs. 2) vorliegt und

3. die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint.

In den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 4 und 5 hat die Vertretungsbehörde von der Voraussetzung der Z 3 abzusehen.

(2) Die Erteilung eines Visums ist zu versagen, wenn

1. der Fremde den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;

2. begründete Zweifel im Verfahren zur Erteilung eines Visums an der wahren Identität oder der Staatsangehörigkeit des Fremden, an der Echtheit der vorgelegten Dokumente oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhaltes oder am Vorliegen weiterer Erteilungsvoraussetzungen bestehen;

3. der Fremde nicht über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder er im Gesundheitszeugnis gemäß § 23 eine schwerwiegende Erkrankung aufweist;

4. der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7 bis 10 für die Wiederausreise verfügt;

5. der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs;

6. der Fremde im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

7. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

8. gegen den Fremden ein rechtskräftiges Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, außer im Fall des § 26a (Visa zur Wiedereinreise) oder des § 27a (Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes);

9. der Aufenthalt des Fremden die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat beeinträchtigen würde;

10. Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde außer in den Fällen des § 24 eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;

11. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB), eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

12. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

13. der Fremde öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

14. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 2 Z 3, 4 oder 5 ein Visum erteilen, wenn auf Grund einer im öffentlichen Interesse eingegangenen Verpflichtung eines Rechtsträgers im Sinn des § 1 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz - AHG, BGBl. Nr. 20/1949, oder auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten gesichert erscheint, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten.

(4) Wird einer Aufforderung zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 99 Abs. 1 Z 7 und Abs. 4 nicht Folge geleistet, ist der Antrag auf Erteilung eines Visums zurückzuweisen."

Im gegenständlichen Fall wurde der Antrag der BF auf Erteilung eines Visums der Kategorie D unter anderem mit der Begründung abgewiesen, dass die Wiederausreise der BF in den Herkunftsstaat nicht gesichert erscheint. Die BF stellte am 17.12.2012 unter Angabe einer falschen Identität einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Die BF kam nach negativem Abschluss ihres Asylverfahrens der Aufforderung zu Ausreise nicht nach und wurde am 15.03.2019 zwangsweise in ihren Herkunftsstaat abgeschoben. Bereits zwei Monate nach der Abschiebung aus Österreich wurde der gegenständliche Antrag auf Saisonbewilligung beim AMS gestellt. Die Begründung der BF, sie wolle nach Österreich reisen, da sie in ihrem Herkunftsstaat keine Arbeit finde, ist aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen der Abschiebung der BF und dem gegenständlichen Antrag auf Saisonbewilligung nicht glaubwürdig.

Der Gesichtspunkt "Wiederausreiseabsicht" ist in einem Verfahren betreffend Verweigerung eines Visums unter dem Blickwinkel des § 21 Abs. 1 Z 3 FPG zu betrachten. Mit diesem Kriterium hat sich der Verwaltungsgerichtshof grundlegend in der Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, auseinandergesetzt. Als wesentlich festzuhalten ist, dass nicht ohne weiteres ("generell") unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin in Österreich unrechtmäßig aufhältig bleiben werden. Es bedarf vielmehr konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung, und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde (vgl. VwGH vom 19.03.2014, Zl. 2013/21/0189). Dem Umstand, dass einem Fremden schon einmal ein Visum erteilt wurde und er rechtzeitig vor dessen Ablauf wieder ausreiste, kommt bei der Beurteilung des Risikos einer rechtswidrigen Einwanderung maßgebliche Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 23.05.2018, Ra 2018/22/0061; m.H. auf VwGH vom 14.11.2013, Zl. 2013/21/0137 sowie vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, wonach es für die Beurteilung der Wiederausreiseabsicht entscheidend darauf ankommt, ob dem Fremden ein in der Vergangenheit liegendes fremdenrechtliches Fehlverhalten anzulasten ist). Ferner hielt der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.12.2007, Zl. 2007/21/0104, fest, dass das Kriterium "Wiederausreise" nunmehr als positive Voraussetzung zur Visumserteilung konzipiert ist und sich sohin ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus als unwahrscheinlich erweisen muss. Zweifel gehen daher zu Lasten des Fremden.

Der Aktenlage ist nicht zu entnehmen, dass sich Familienangehörige oder Verwandte der BF in deren Heimatstaat befinden würden. Eine besondere familiäre oder soziale Verwurzelung der BF im Heimatstaat ist nicht feststellbar. Der Ehemann der BF ist in Österreich verstorben. Der Sohn, die Schwiegertochter und ein Enkel, mit welchen die BF bereits in Österreich zusammengelebt hat, sind rechtmäßig in Österreich aufhältig. Auch eine relevante wirtschaftliche/finanzielle Verwurzelung der BF im Heimatstaat war nicht festzustellen; so konnte diese weder ein regelmäßiges Einkommen aus Erwerbstätigkeit oder selbständiger Tätigkeit oder relevante Eigenmittel oder das Vorhandensein von Eigentum nachweisen beziehungsweise führte sie selbst an, arbeitslos zu sein und keine Beschäftigung im Herkunftsstaat zu finden. Daraus ergeben sich - in Zusammenschau mit den Umständen des vorangegangenen Aufenthalts - gewichtige Indizien für den beabsichtigten Verbleib der BF in Österreich über den Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums hinaus. So kam die BF bereits in ihrem Asylverfahren der Aufforderung der Behörde, Österreich freiwillig zu verlassen, nicht nach. Daher ist ihr ein fremdenrechtliches Fehlverhalten anzulasten und bestehen daher konkrete Zweifel an ihrer Wiederausreiseabsicht, die - gemäß der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - zu ihren Lasten gehen.

Die Ausführungen der BF hinsichtlich der beabsichtigten Wiederausreise vor Ablauf des Visums erschöpfen sich in einer bloßen diesbezüglichen Behauptung.

Es kann der ÖB Moskau nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Wiederausreise der BF als nicht gesichert ansieht.

Aufgrund der dargelegten Erwägungen war der Entscheidung der belangten Behörde nicht entgegenzutreten und war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Beschwerdevorentscheidung Einreisetitel Glaubwürdigkeit Mitwirkungspflicht österreichische Botschaft Prognose Vorlageantrag Wiederausreise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W175.2223810.1.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten