TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/3 W105 2196948-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AVG §68 Abs2
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

W105 2196948-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Harald BENDA im Verfahren über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 25.04.2019, (beide) Zl. 1082700206/151081257, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer stellte am 13.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom 20.04.2018 wies die belangte Behörde diesen Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt (V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise verfügt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Das diesbezügliche Verfahren ist derzeit zur Zl. W105 2196948-1 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.

Mit Bescheid vom 25.04.2019, Zl. 1082700206/151081257, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z. 1 AsylG sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hätte. Begründend wurde ausgeführt, dass über den Beschwerdeführer durch das Landesgericht XXXX am XXXX wegen §§ 28a, 28 (2a), 27 (2) SMG die Untersuchungshaft verhängt worden wäre. Da er durch das Landesgericht XXXX wegen §§ 27 (1) Z. 1 1. Fall, 27 (1) Z. 1 2. Fall, 27 (2) SMG am XXXX rechtskräftig zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei, lebe sein Aufenthaltsrecht nicht wieder auf.

Mit Bescheid ebenfalls vom 25.04.2019 hat das BFA gemäß § 68 Absatz 2 AVG seinen Bescheid vom 20.04.2018, Zl. 1082700206/151081257, betreffend die Spruchpunkte IV., V. und VI., von Amts wegen aufgehoben (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt V.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer seien mit dem - derzeit im Beschwerdeverfahren befindlichen - Bescheid vom 20.04.2018 keine Rechte eingeräumt worden, weshalb die Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG auch "grundsätzlich" anwendbar sei. Der Vollständigkeit halber werde auch ausgeführt, dass die Spruchpunkte I., II. und III. der Entscheidung vom 20.04.2018 von der gegenständlichen Abänderung nicht betroffen seien. Bereits im Bescheid vom 20.04.2018 sei in Bezug auf den Beschwerdeführer eine noch nicht rechtskräftige Rückkehrentscheidung getroffen worden. Da jedoch ein Einreiseverbot lediglich in Verbindung mit einer Rückkehrentscheidung erlassen werden könne, sei die Entscheidung vom 20.04.2018 insofern abzuändern bzw. zu ergänzen gewesen, dass in Bezug auf den Beschwerdeführer abermals eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot auszusprechen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer sei mit Urteil vom Landesgericht XXXX vom XXXX wegen §§ 27 (1) Z. 1 1. Fall, 27 (1) Z. 1 2. Fall, 27 (2) SMG rechtskräftig zu einer teilbedingten Strafe von 7 Monaten verurteilt worden. Die Erfüllung dieses Tatbestandes indiziere, dass das Verhalten des Beschwerdeführers eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten gezeigt, dass er kein Interesse daran habe, die Gesetze Österreichs einzuhalten. Die Erlassung eines Einreiseverbotes sei aufgrund der Schwere seines Fehlverhaltens und seiner (näher dargestellten) persönlichen Umstände daher gerechtfertigt und notwendig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin führt der Beschwerdeführer aus, dass die (teilweise) Aufhebung des Bescheides vom 20.04.2018 unzulässig wäre, da eine Beschwerde erhoben worden sei, über die noch nicht entschieden worden wäre. Mit der Aufhebung nehme das BFA die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für sich in Anspruch. Beantragt wurde, den angefochtenen Bescheid in allen Spruchpunkten aufzuheben bzw. allenfalls zur Ergänzung des Verfahrens an die 1. Instanz zurückzuverweisen.

II. Beweiswürdigung:

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten den Beschwerdeführer betreffenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

§ 17 VwGVG normiert wie folgt: "Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."

zu Spruchpunkt A.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die Bestimmung des § 68 AVG lautet hinsichtlich ihrer Absätze 1 und 2 wie folgt:

"(1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Daraus geht hervor, dass eine amtswegige Aufhebung oder Abänderung für der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegender Bescheide nur für Bescheide, "aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist", in Betracht kommt (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 2015, Ra 2015/12/0029 m.w.H., wonach die Anhängigkeit einer Beschwerde bei den Verwaltungsgerichten - wie im vorliegenden Fall - die Anwendbarkeit des § 68 Abs. 2 AVG nicht ausschließt).

Aus einem Bescheid, mit dem im Einparteienverfahren das Begehren der Partei u.a. - wie im vorliegenden Fall - abgewiesen oder eine Verpflichtung auferlegt wird, ist im Sinne des § 68 Abs. 2 AVG zwar niemandem ein Recht erwachsen. Eine Abänderung bzw. Aufhebung nach § 68 Abs. 2 AVG ist allerdings auch hier nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig, wenn dadurch die Rechtslage der Partei ungünstiger als durch den abgeänderten bzw. aufgehobenen Bescheid gestaltet wird (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. April 1993, 90/10/0209; vom 27. April 2000, 98/10/0317; vom 9. September 2016, 2013/12/0196; vom 27. Mai 2014, 2011/10/0197 u.v.m. sowie Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, Rz. 81 ff zu § 68, Stand 1.3.2018, rdb.at).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ihren den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abweisenden Bescheid vom 20.04.2018 hinsichtlich der darin ebenfalls ausgesprochenen Rückkehrentscheidung insofern abgeändert, als sie diese durch ein Einreiseverbot ergänzt hat bzw. wurde mit Bescheid desselben Datums ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer sein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verloren hat.

Damit wurde die Rechtsposition des Beschwerdeführers aber unzweifelhaft ungünstiger als im Vergleich zur ursprünglichen Entscheidung gestaltet, weshalb die belangte Behörde im Sinne der oben zitierten Rechtslage zur gegenständlichen amtswegigen Aufhebung und Abänderung gemäß § 68 Abs. 2 AVG - wie der Beschwerdeführer auch zutreffend ausgeführt hat - nicht berechtigt war.

Da somit aber die von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des § 68 Abs. 2 AVG keine Grundlage für die gegenständliche Abänderung bilden konnte, und auch sonst keine entsprechenden Rechtsgrundlagen, auf welche die belangte Behörde die in Rede stehende Abänderung stützen hätte können, vorliegen, waren die Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos zu beheben (vgl. zu alldem BVwG 27.11.2018, W256 2180929).

Lediglich der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass aufgrund prozessökomischer Erwägungen im Sinne des § 39 Abs. 2 AVG die beiden Verfahren (betreffend Verlust des Aufenthalts) sowie (betreffend Behebung der Spruchpunkte IV., V., und VI. des Bescheides vom 20.04.2018 sowie Erlassung einer Rückkehrentscheidung) in casu zusammengeführt wurden.

Vor dem Hintergrund, dass der gegenständlich angefochtene Bescheid bereits auf Grund der Aktenlage aufzuheben war, konnte gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entfallen.

Auch konnte aufgrund der gegenständlich erfolgten Sachentscheidung binnen der durch § 18 Abs. 5 BFA-VG normierten Frist ein gesonderter Abspruch über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung, von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es - wie der oben angeführten Rechtsprechung zu entnehmen ist - an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Behebung der Entscheidung entschiedene Sache Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W105.2196948.2.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten