TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/29 W144 2179246-2

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Veröffentlicht am 29.07.2020
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Entscheidungsdatum

29.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §88 Abs2a

Spruch

W144 2179247-2/4E

W144 2179246-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas HUBER über die Beschwerde von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, und 2.) XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, beide vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2020 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 88 Abs. 2a FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die 1.-Beschwerdeführerin (1.-BF) und der 2.-Beschwerdeführer (2.-BF) sind ein Ehepaar und afghanische Staatsangehörige. Sie stellten am 28.09.2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheiden vom 20.10.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diese Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte den BF den Status von subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (hinsichtlich des 2.-BF) und gemäß § 8 Absatz 1 AsylG iVm § 34 Absatz 3 AsylG (hinsichtlich der 1.-BF) zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen jeweils gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.10.2018 (Spruchpunkt III.).

Die gegen die Spruchpunkte I. dieser Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 12.04.2019, Zlen. XXXX und XXXX ua, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet ab.

Mit Bescheiden des BFA vom 19.10.2018 war den BF zwischenzeitig jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 20.10.2020 erteilt worden.

Am 25.04.2019 stellten die BF jeweils einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG und führten im Feld zu ergänzenden Angaben an, dass es angesichts der fehlenden Geburtsurkunde nicht möglich sei, über die Botschaft einen Pass zu bekommen.

Nachdem mit Schreiben des BFA vom 20.09.2019 die BF von der beabsichtigten Abweisung ihrer Anträge verständigt und ihnen eine Frist von zwei Wochen zur Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt worden war, wies das BFA die Anträge auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG idgF mit Bescheiden vom 21.01.2020 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass die BF laut Einvernahme vom 30.11.2016 vor dem BFA im Besitz von Geburtsurkunden seien. Sie könnten daher Reisepässe ihres Heimatlandes bei der afghanischen Botschaft in Wien erlangen, zumal alle afghanischen Staatsbürger unter Vorlage der notwendigen Unterlagen und, sollten sie diese nicht haben, unter Einhaltung bestimmter Procedere einen afghanischen Reisepass beantragen könnten. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen seien die Anträge daher abzuweisen gewesen.

Gegen diese Bescheide erhoben die BF im Wege ihrer Rechtsvertretung fristgerecht per Fax vom 12.02.2020 Beschwerde, worin geltend gemacht wurde, dass die BF keinen Reisepass von ihrem Heimatland erlangen könnten, zumal sie vor der afghanischen Regierung Angst hätten. Eine Vorsprache bei der afghanischen Botschaft sei den BF nicht zumutbar, weil sie aus Angst ihr Heimatland verlassen hätten. Der 1.-BF habe für das amerikanische Militär gearbeitet und sehe sein Leben nach wie vor in Afghanistan in Gefahr. Er habe Alpträume, sich mit den eigenen Füßen wieder in die Gefahrenzone (afghanische Botschaft) zu begeben und dort die Daten aller Familienmitglieder Preis zu geben. Die BF könnten sich „nicht so einfach einen afghanischen Reisepass holen, auch wenn sie eine Tazkira besitzen“. Diese Tazkira müsse nämlich vom afghanischen Innenministerium bestätigt werden und sie hätten niemanden in Afghanistan, der ihre Identität bezeugen und diese Bestätigung einholen könnte.

Die Beschwerdevorlagen langten am 30.03.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheiden des BFA vom 20.10.2017 wurde den BF gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (hinsichtlich des 2.-BF) und gemäß § 8 Absatz 1 AsylG iVm § 34 Absatz 3 AsylG (hinsichtlich der 1.-BF) der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt. Die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zuletzt bis zum 20.10.2020 erteilt.

Die BF beantragten jeweils am 25.04.2019 die Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 88 Abs. 2a FPG.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum subsidiären Schutzstatus der BF, zu den Verlängerungen der befristeten Aufenthaltsberechtigung und zu den Antragstellungen auf Ausstellung eines Fremdenpasses ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung bezüglich der Möglichkeit der Beschaffung von afghanischen Reisedokumenten ergibt sich aufgrund folgender Erwägungen:

Laut Niederschrift über die Einvernahme der BF vom 30.11.2016 zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz brachte der 1.-BF eine Tazkira (Geburtsurkunde) für seine Person sowie eine Tazkira (Geburtsurkunde) für die 2.-BF, seine Ehefrau, in Vorlage und die Dokumente wurden als Kopie zum Akt genommen.

Auch wenn die BF in ihren Anträgen auf Ausstellung von Fremdenpässen zunächst erwähnt haben, dass es ihnen „durch die fehlende Geburtsurkunde“ nicht möglich sei, über die Botschaft einen Pass zu erlangen, ging das BFA aufgrund der Angaben der BF vor dem BFA am 30.11.2016 zu Recht davon aus, dass die BF im Besitz von Geburtsurkunden sind. Im Beschwerdeschriftsatz haben die BF den Besitz von Geburtsurkunden nicht bestritten und auch kein gegenteiliges Vorbringen erstattet.

Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass es den BF nicht möglich wäre, Reisedokumente bei der afghanischen Botschaft in Wien zu erlangen. Wie vom BFA zutreffend im angefochtenen Bescheid erwähnt wurde, können afghanische Staatsangehörige bei der afghanischen Botschaft in Wien die Ausstellung eines Reispasses beantragen und es sind Unterlagen zum Nachweis der Identität der Antragsteller anzuschließen (siehe hierfür auch http://www.afghanistan-vienna.org/wp-content/uploads/2013/04/passport-form1.pdf). Da die BF im Besitz ihrer afghanischen Geburtsurkunden/Tazkiren sind und sohin über Identitätsdokumente verfügen, sind keine Umstände ersichtlich, welche der Ausstellung von afghanischen Reisepässen im Falle der BF nach entsprechender Antragstellung entgegenstehen würden.

Dem Beschwerdeeinwand, wonach die Tazkira vom afghanischen Innenministerium bestätigt werden müsse und die BF in Afghanistan niemanden hätten, der ihre Identität bezeugen sowie eine Bestätigung einholen könnte, ist zu entgegnen, dass das Erfordernis einer derartigen Bestätigung von den BF bloß behauptet wurde, ohne eine solche Praxis durch Beweismittel zu bescheinigen. Dem hg. Amtswissen zufolge wird seitens der afghanischen Botschaft lediglich die Vorlage einer afghanischen Tazkira im Original verlangt. Die Notwendigkeit der Vorlage einer Bestätigung des afghanischen Innenministeriums lässt sich auch nicht notorischen Länderberichten entnehmen. Verfahren und weitere Schritte zur Überprüfung der Identität der Antragsteller, allenfalls unter Befassung der Behörden im Herkunftsstaat werden dem hg. Amtswissen zufolge bloß im Falle des Fehlens von Unterlagen zur Nachweis der Identität bzw. im Falle von Zweifeln an der Identität durchgeführt. Aufgrund dieser Erwägungen vermochten die BF auch mit ihrem Beschwerdeeinwand keine Gründe aufzuzeigen, welche der Beschaffung von Reisedokumenten ihres Herkunftsstaates entgegenstehen würden.

Sohin bestehen in casu keine Anhaltspunkte dafür, dass es den BF nicht möglich wäre, gültige afghanische Reisedokumente zu erhalten. Es liegen auch keine Hinweise vor, dass die Botschaft den BF bei Vorliegen der Voraussetzungen die Ausstellung von Reisepässen verweigern würde. Die BF haben nach der Aktenlage bis dato keine Anstrengungen zur Erlangung von afghanischen Reisepässen unternommen.

Insofern die BF im Beschwerdeschriftsatz darauf verweisen, dass ihnen eine Vorsprache bei der afghanischen Botschaft nicht zumutbar sei, weil der 2.-BF für das amerikanische Militär gearbeitet habe und sein Leben in Afghanistan nach wie vor bedroht sei, ist auf das in Rechtskraft erwachsene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.04.2019, Zlen. XXXX ua, zu verweisen, worin nachvollziehbar beweiswürdigend dargelegt wurde, dass zwar nicht auszuschließen sei, dass der 2.-BF tatsächlich – jedoch nicht wie von ihm behauptet in einer leitenden Position, sondern in einer untergeordneten Position – für ein Unternehmen gearbeitet hat, das mit der US-Armee in Geschäftsverbindung stand, dass jedoch die behauptete persönliche Bedrohung durch die Taliban als nicht existent angenommen werde bzw. nicht glaubhaft sei. Aus der behaupteten Tätigkeit des 2.-BF lässt sich daher kein Risiko für ihn und seine Familie im Falle der Vorsprache bei der afghanischen Botschaft erblicken. Im Übrigen wurde von ihm in seinem Asylverfahren bloß eine – nicht als glaubhaft erachtete – Verfolgungsgefahr seitens der Taliban, nicht jedoch seitens der afghanischen Regierung ins Treffen geführt, sodass nicht einmal ansatzweise Gründe bestehen, welche ihn an einer Kontaktaufnahme mit der afghanischen Botschaft hindern würden. Solche Gründe legten die BF – abgesehen vom Verweis auf die Tätigkeit des 2.-BF – auch nicht dar.

Zusammenfassend konnte daher nicht festgestellt werden, dass den BF die Erlangung von afghanischen Reisedokumenten nicht möglich sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Da die 1.-BF und der 2.-BF ein Ehepaar sind, werden die Verfahren angesichts der gleichgelagerten Fälle zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Zu A)

Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG 2005 sowie § 3 Abs. 2 Z 5 BFA-VG obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG.

Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, gemäß § 88 Abs. 2a FPG auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

Gemäß § 92 Abs. 1 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;

2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;

3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;

5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

Liegen den Tatsachen, die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a leg. cit. angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist gemäß § 92 Abs. 3 FPG bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.

Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (2144 BlgNR XXIV. GP) geht zu Abs. 2 und Abs. 2a des § 88 FPG Folgendes hervor:

„Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, unter anderem in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat, vor. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie sieht diesbezüglich vor, dass subsidiär Schutzberechtigten, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wird durch § 88 Abs. 2a umgesetzt, indem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich.“

Bei dem im § 88 Abs. 2a FPG genannten Gesichtspunkt, „wenn der Antragsteller nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen“, handelt es sich angesichts der klaren Anordnung des § 88 Abs. 2a FPG um ein zwingendes Tatbestandsmerkmal - und somit eben um eine Erfolgsvoraussetzung - für die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0124).

Subsidiär Schutzberechtigte sind dann nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates (Herkunftsstaates) zu beschaffen, wenn dessen Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, Anmerkung 2 zu § 88 FPG 2005 [Stand 1.1.2015, rdb.at]). Dem Fremden muss es konkret (tatsächlich) möglich sein, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen. Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dem Antragsteller die Ausstellung eines Reisedokumentes seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert wird (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] K 9 zu § 88 FPG 2005).

Das in § 88 Abs. 2a normierte Erfordernis, dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu beschaffen, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechtes des Herkunftsstaates bedeutet, weshalb dem Gesetz die Prämisse zugrunde liegt, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung hinsichtlich der Ausstellung eines Reisedokumentes wenden müssen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] K 8 zu § 88 FPG 2005).

Wie bereits beweiswürdigend dargelegt wurde, kann im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die BF nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen.

Das BFA ging im angefochtenen Bescheid daher zu Recht davon aus, dass dieses zwingende Tatbestandsmerkmal für die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte in casu nicht erfüllt ist und die Ausstellung von Fremdenpässen daher im Falle der BF nicht in Frage kommt.

Das BFA hat daher zu Recht die Anträge auf Ausstellung von Fremdenpässen abgewiesen, sodass die Beschwerden spruchgemäß abzuweisen waren.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

In den gegenständlichen Fällen sind die genannten Kriterien erfüllt, weil der Sachverhalt durch die Verwaltungsbehörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. In den Beschwerden wurde zudem kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Fremdenpass Mitwirkungspflicht Reisedokument Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W144.2179246.2.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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