TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/14 W136 2227666-1

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Veröffentlicht am 14.08.2020
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Entscheidungsdatum

14.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1
WG 2001 §25 Abs1 Z4
ZDG §14 Abs1
ZDG §14 Abs2

Spruch

W 136 2227666-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 11.12.2019, Zl. 491050/17/ZD/1219, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 14 Abs. 2 des Zivildienstgesetzes 1986 in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom 18.09.2019 stellte die Zivildienstserviceagentur (im Folgenden ZD) gemäß § 5 Abs. 4 ZDG aufgrund der mängelfreien Zivildiensterklärung den Eintritt der Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers (im Folgenden BF) mit 02.09.2019 fest.

2. Mit dem am 28.10.2019 bei der ZD eingelangten Formular für Zivildienstpflichtige beantragte der BF aufgrund eines Fachhochschulstudiums einen Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes bis Juli 2022 (Abschluss BSc). Vom BF wurde lediglich der Punkt, dass er noch keine abgeschlossene Ausbildung hätte, angekreuzt, persönliche Anmerkungen wurden hingegen nicht eingetragen. Dem Antrag waren keine Nachweise oder Bestätigungen beigelegt.

3. Mit Schreiben vom 08.11.2019 wurde der BF von der ZD aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens insbesondere einen Nachweis für den Beginn der für den BF maßgeblichen Ausbildung (aktuelle Studienbestätigung) sowie der außerordentlichen Härte bzw. des bedeutenden Nachteils gemäß § 14 Abs. 2 ZDG, welcher ihm bei Unterbrechung der Ausbildung wegen Leistung des Zivildienstes entstünde, vorzulegen. Gleichzeitig wurde der BF über die Bestimmungen des § 14 Abs. 1 und 2 ZDG sowie durch Anführung von Beispielen darüber informiert, welche Umstände eine außerordentliche Härte oder einen bedeutenden Nachteil darstellen.

4. Mit E-Mail vom 20.11.2019 übermittelte der BF eine Inskriptionsbestätigung der FH JOANNEUM (Wintersemester 2019/20) und eine Studienbestätigung der Universität Graz über seine Abmeldung vom Bachelorstudium der Soziologie mit 09.09.2019. Ergänzend führte er aus, dass er am 26.06.2019 als tauglich eingestuft worden sei und bereits im Jahr davor im Wintersemester 2018/19 an der Karl-Franzens-Universität Graz mit dem Bachelorstudium Soziologie begonnen habe. Als er im Juli 2019 die Zusage für einen Studienplatz an der FH Joanneum erhalten habe, habe er im Wintersemester 2019/20 mit dem Fachhochschul-Bachelorstudiengang XXXX begonnen und sich von der Karl-Franzens-Universität abgemeldet. Aufgrund des Beginns seines Studiums bereits im Jahr 2018, somit vor dem ersten Jänner des Stellungsjahres, in welchem seine Tauglichkeit festgestellt worden sei, würde er daher die Voraussetzungen auf Aufschub des Zivildienstes erfüllen. Dieser Umstand sei ihm auch im Rahmen einer Vorsprache im August 2019 bei der Stellungskommission Steiermark bestätigt worden.

5. Mit dem bekämpften Bescheid vom 11.12.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 Abs. 2 ZDG ab.

Hierzu wird in der Begründung nach ausführlicher Darlegung des bisherigen Verfahrensganges wie folgt ausgeführt (auszugsweise):

„Gemäß § 14 Abs. 1 ZDG ist Zivildienstpflichtigen, die am 1. Jänner des Jahres, in dem ihre Tauglichkeit festgestellt wurde (§ 25 Abs. 1 Z4 WG 2001), in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens aber bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres, in dem der Antragsteller das 28. Lebensjahr vollendet, aufzuschieben.

Gemäß § 14 Abs. 2 ZDG ist Zivildienstpflichtigen auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes längstens bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres, in dem die Genannten das 28. Lebensjahr vollenden, aufzuschieben, wenn sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden ihrer Zivildiensterklärung oder nach Ende eines Aufschubes vom Antritt des ordentlichen Zivildienstes (gemäß § 14 Abs. 1 ZDG) zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung/ Schulausbildung/ Hochschulausbildung/ weiterführende Ausbildung, die sie nach dem 1. Jänner des Jahres, in dem ihre Tauglichkeit festgestellt wurde (§ 25 Abs. 1 Z4 WG 2001) begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige, ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung (etwa ein Hochschulstudium) begonnen hat und eine Unterbrechung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

[…]

Ihre Tauglichkeit zum Wehrdienst wurde von der Stellungskommission erstmals am 26.06.2019 festgestellt. Das hier maßgebliche Studium an der „FH Joanneum GmbH“ wurde im Wintersemester 2019/20 begonnen, somit war auf Ihren Antrag auf Aufschub § 14 Abs. 2 ZDG anzuwenden. Der Umstand, dass Sie davor ein anderes Studium begonnen (und mittlerweile beendet) haben, ändert nichts am Beginn des derzeit verfolg(t)en, hier maßgeblichen Studiums.

Gemäß Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 18.09.2019, Zl. 491050/1/ZD/19, wurde mit 02.09.2019 der Eintritt Ihrer Zivildienstpflicht festgestellt. Da Sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamkeit der Zivildiensterklärung zugewiesen sind, wäre Ihr Zivildienstantritt gemäß § 14 Abs. 2 ZDG, erster Satz, aufzuschieben, wenn die Unterbrechung Ihrer Ausbildung einen bedeutenden Nachteil bedeuten würde. Da Sie außerdem, ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung begonnen haben, wäre gemäß § 14 Abs. 2 ZDG, zweiter Satz, Ihr Zivildienstantritt auch aufzuschieben, wenn die Unterbrechung dieser Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Da Sie trotz Aufforderung keinen Nachweis eines bedeutenden Nachteils gemäß erstem Satz § 14 Abs. 2 ZDG erbracht haben, war Ihr Antrag spruchgemäß abzuweisen.

Da die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 erster Satz nicht vorliegen (bedeutender Nachteil bei Unterbrechung der Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung), kann auch keine außerordentliche Härte im Sinne des § 14 Abs. 2 zweiter Satz vorliegen und konnte ein Aufschub nach dieser Bestimmung ebenfalls nicht gewährt werden. ……“

6. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 13.01.2020 (eingelangt bei der ZD am selben Tag) rechtzeitig Beschwerde und führte – nach einer Wiederholung des Sachverhalts – im Wesentlichen Folgendes aus:

Es sei zu berücksichtigen, dass ein FH-Studium in der Regel – im Gegensatz zu einem Universitätsstudium – durch eine strenge Anwesenheitspflicht bei Lehrveranstaltungen gekennzeichnet sei (Beilage 2) und einem Schulbetrieb gleichen würde. Der BF würde bei einer Ableistung des Zivildienstes daher Gefahr laufen, dass bestimmte Lehrveranstaltungen nicht mehr bzw. nur zu einem späteren, ungewissen Zeitpunkt besucht werden können. Bei längerem Fernbleiben sei die FH Joanneum sogar berechtigt, den Studienvertrag zu beenden, wenn keine hinreichenden Gründe vorliegen. Der Studienplan (Beilage 3) würde einen streng geregelten Semesterlehrplan vorsehen, der für den positiven Abschluss des Studiums absolviert werden müsste. Man könnte bei einem FH-Studium nicht einfach (beliebig) Lehrveranstaltungen aufschieben oder vorziehen, wie es an ordentlichen Universitäten möglich sei. Nach der Aufnahme an der FH Joanneum sei das Studium verpflichtend anzutreten und ein Aufschub unzulässig. Berücksichtigt man das besonders strenge Auswahlverfahren mit Aufnahmeprüfung, die Besonderheit eines FH-Studiums mit Anwesenheitspflicht sowie klar bestimmten Studienplätzen und die überlange Verfahrensdauer zur Feststellung seiner Tauglichkeit, wäre es eine außerordentliche Härte für den BF, wenn er jetzt seine Ausbildung ab- bzw. unterbrechen müsste, um den Zivildienst abzudienen. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass er bald das halbe Studium abgeschlossen habe. Außerdem hätte der BF seinen Zivildienst bereits (gerne) noch vor seinem FH-Studium abgeleistet, wenn die Feststellung der Tauglichkeit nicht einen derart langen Zeitraum in Anspruch genommen hätte. Aufgrund des Schulcharakters und Studienplanes (Beilage 3) sei ein Aufschub des Studienbeginns nicht möglich bzw. eine Unterbrechung z.B. infolge Antritts des Zivildienstes, und zwar aufgrund der Anwesenheitspflicht, unumgänglich. Vor dem Hintergrund der zweijährigen Dauer für die Feststellung der Tauglichkeit, wäre eine Unterbrechung vor Abschluss des Studiums mit Juli 2022 ein bedeutender Nachteil für den BF. Er würde zumindest ein Jahr verlieren und es sei derzeit nicht abschätzbar, welche Lehrveranstaltungen gar nicht mehr oder nur zu einem unverhältnismäßig späten Zeitpunkt besucht werden könnten. Gleichzeitig würde der BF bei einer längeren Unterbrechung aus seinem Studium herausgerissen werden, was einen negativen Einfluss auf die Ausbildung insgesamt haben könnte. Weiters sei die höchstgerichtliche Judikatur, wonach die Verlängerung eines Studiums um ein Semester infolge Antritt des Zivildienstes keinen bedeutenden Nachteil und keine außergewöhnliche Härte darstellen würde, nicht unisono auf ein Fachhochschulstudium anzuwenden. Unterbrechungen seien äußerst benachteiligend. Die Klassenzusammensetzung würde sich zum Nachteil des BF ändern. Der Lernerfolg durch das Herausreißen in Mitleidenschaft gezogen werden. Es sei auch nicht abschätzbar, ob bestimmte Lehrveranstaltungen nachgeholt werden können oder in der Zwischenzeit nicht mehr angeboten werden. Auch die Teilnahme an ausbildungsspezifischen Projekten und Praktika sei wohl nicht im geplanten und vorgesehenen Ausmaß möglich. Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

7. Mit Anschreiben der ZD vom 17.01.2020 wurden die Beschwerde und der gegenständliche Verfahrensakt dem BVwG (eingelangt 20.01.2020) vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.

Die Tauglichkeit des BF zum Wehrdienst wurde von der Stellungskommission laut unbestrittener Aktenlage erstmals am 26.06.2019 festgestellt. Für das Bundesverwaltungsgericht steht weiters der unter Punkt I dargelegte Sachverhalt, was den Zeitpunkt des Eintrittes der Zivildienstpflicht des BF sowie den entscheidungswesentlichen Beginn seines Studiums betrifft, unstrittig fest. Dies ergibt sich aus der diesbezüglich vorliegenden Aktenlage sowie dem damit übereinstimmenden Vorbringen des BF.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.

2. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A):

1. Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 – ZDG, idF BGBl. I Nr. 23/2020 von Bedeutung:

„§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist - sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen - auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluss der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.

(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.“

Der in § 14 Abs. 1 ZDG verwiesene § 25 WG 2001 lautet (auszugsweise):

"Ausschluss von der Einberufung

§ 25. (1) Von der Einberufung zum Präsenzdienst sind ausgeschlossen

4. hinsichtlich der Einberufung zum Grundwehrdienst jene Wehrpflichtigen, die nachweislich in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung am Beginn jenes Kalenderjahres standen, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals oder, im Falle einer zwischenzeitlich festgestellten vorübergehenden Untauglichkeit oder Untauglichkeit, neuerlich ihre Tauglichkeit festgestellt wurde.

…“

2. Der Antrag des BF ist, wie von der belangten Behörde zutreffend erkannt, an § 14 Abs. 2 ZDG zu messen (vgl. VwGH 21.03.2013, 2012/11/0081), da der BF, der am 26.06.2019 erstmals für tauglich befunden wurde, sein hier maßgebliches Studium im Wintersemester 2019/2020 begonnen hat.

3. § 14 Abs. 2 ZDG regelt zwei Fallkonstellationen:

a) Für die Anwendbarkeit des ersten Satzes dieser Bestimmung ist entscheidend, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zum Zivildienst nicht derart zugewiesen war, dass er den Zivildienst binnen Jahresfrist (gerechnet ab dem Wirksamwerden der Zivildiensterklärung bzw. ab dem Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 leg.cit) anzutreten hatte (vgl. VwGH 21.03.2013, 2012/11/0081).

b) Nach dem zweiten Satz leg.cit gilt dasselbe, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.

Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 17.12.2019 (der Bescheid wurde dem BF an diesem Tag durch Hinterlegung zugestellt) ist ein Zuweisungsbescheid wie oben unter a) angeführt gegenüber dem BF unstrittig nicht ergangen. Daher kommt es fallbezogen darauf an, ob der BF durch die Unterbrechung seines Studiums zum Zwecke der Zivildienstleistung einen bedeutenden Nachteil erleiden würde. Auf das Vorliegen einer außerordentlichen Härte – wie es der § 14 Abs. 2 zweiter Satz verlangt – kommt es im Beschwerdefall nicht an, weil bereits § 14 Abs. 1 erster Satz leg. cit. zum Tragen kommt (VwGH 21.03.2013, 2012/11/0081).

4. Die belangte Behörde hat den verfahrensgegenständlichen Antrag des BF mit der Begründung abgewiesen, dass dieser den Nachweis eines bedeutenden Nachteils im Falle der Unterbrechung seines Studiums durch Antritt des Zivildienstes nicht erbracht hat bzw. dass mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 erster Satz ZDG auch keine außerordentliche Härte iSd. § 14 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. vorliegen kann.

Der belangten Behörde ist zu folgen.

4.1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Tauglichkeit des BF erstmals mit 26.06.2019 festgestellt wurde und dass er sein hier maßgebliches Studium erst danach im Wintersemester 2019/2020 begonnen hat. Daraus ergibt sich, dass der BF bewusst den Antritt seines Studiums noch vor seinem Zivildienst geplant hat.

Der BF hat im Wesentlichen nur geltend gemacht, dass ein Fachhochschulstudium im Gegensatz zu Universitätsstudien durch eine strenge Anwesenheitspflicht bei Lehrveranstaltungen gekennzeichnet sei und einem Schulbetrieb gleichen würde. Man könnte auch nicht einfach (beliebig) Lehrveranstaltungen aufschieben oder vorziehen, wie es an ordentlichen Universitäten möglich sei. Aufgrund des Schulcharakters und des strengen Studienplanes sei wegen der Anwesenheitspflicht eine Unterbrechung aufgrund des Zivildienstes unumgänglich. Er würde zumindest ein Jahr verlieren und es sei auch nicht abschätzbar, welche Lehrveranstaltungen gar nicht mehr oder nur zu einem späteren Zeitpunkt besucht werden könnten. Außerdem würde der BF aus seinem Studium herausgerissen werden, worunter sein Lernerfolg leiden bzw. sich die Klassenzusammensetzung zu seinem Nachteil ändern würde. Auch die Teilnahme an ausbildungsspezifischen Projekten und Praktika sei wohl nicht im geplanten und vorgesehenen Ausmaß möglich. Schließlich sei die höchstgerichtliche Judikatur, wonach die Verlängerung eines Studiums um ein Semester infolge Antritt des Zivildienstes keinen bedeutenden Nachteil und keine außergewöhnliche Härte darstellen würde, nicht unisono auf ein Fachhochschulstudium anzuwenden. Damit konnte er – wie die nachfolgend angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zeigt – jedoch keinen bedeutenden Nachteil oder eine außerordentliche Härte geltend machen. Im Sinne der nachfolgend zitierten Harmonisierungspflicht musste er nämlich bereits vor Beginn seines Studiums damit rechnen, dass er seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Ableistung des Zivildienstes noch wird nachkommen müssen.

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber generell davon ausgeht, dass Zivildienstpflichtige – nicht zuletzt in ihrem eigenen Interesse – ua. ein Hochschulstudium grundsätzlich erst nach Leistung des Zivildienstes beginnen sollen. Die bloße Verlängerung des Studiums infolge Zivildienstleistung ist eine natürliche Folge der Erfüllung der in Rede stehenden staatsbürgerlichen Pflicht und vermag von vornherein keine außerordentliche Härte zu begründen. Die Verzögerung würde (nämlich) auch dann eintreten, wenn der Zivildienstpflichtige den Zivildienst vor Studienbeginn absolviert hätte. Daß allenfalls ein weiteres Semester infolge einer Unterbrechung des Studiums verloren ginge, stellt keine außerordentliche Härte iSd § 14 Abs. 2 ZDG idF der ZDGNov 1996 dar (VwGH 22.03.2002, 2001/11/0395). Eine Unterscheidung zwischen Universitäten und Fachhochschulen oder eine Einschränkung auf Universitäten kann der in der Beschwerde zitierten Entscheidung des VwGH nicht entnommen werden.

4.2. Unabhängig davon ist im konkreten Fall davon auszugehen, dass der mit einer zivildienstbedingten Unterbrechung des Studiums verbundene Zeitverlust, den Studienerfolg des BF nicht (nachhaltig) gefährden wird, zumal grundsätzlich anzunehmen ist, dass besonders der Zivildienst sicherlich Raum lassen wird, um einen Teil der Freizeit dem Studium bzw. der Vorbereitung auf eine bevorstehende Prüfung zu widmen und so eine allfällige Verzögerung möglichst hintanzuhalten. Aus diesem Grund ist auch nicht zu befürchten, dass der BF aus seinem Studium herausgerissen wird und dass sein Lernerfolg tatsächlich darunter leiden würde. Immerhin handelt es sich den Ausführungen in der Beschwerde zufolge beim BF um einen außergewöhnlich erfolgreichen Studenten, der schon bald das halbe Studium abgeschlossen haben wird (vgl. Beschwerdeschrift). Auch ist nicht zu sehen, warum eine Änderung der Klassenzusammensetzung dem BF unbedingt zum Nachteil gereichen sollte. Außerdem kann eine solche Veränderung auch jederzeit durch seine Mitstudenten erfolgen, die ebenso ihrer staatsbürgerlichen Pflicht nachkommen, ihr Studium vorzeitig beenden oder die „Klassengemeinschaft“ aus anderen Gründen verlassen.

Dabei ist auch festzuhalten, dass die mit der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes verbundene Verhinderung „einer zügigen und ununterbrochenen Dauer des Studiums“ für sich allein noch keinen „bedeutenden Nachteil“ im Sinne des Gesetzes darstellt. Dieser mit jeder derartigen Unterbrechung einer Ausbildung verbundene Nachteil wird vom Gesetz grundsätzlich in Kauf genommen, wie sich aus § 14 Abs. 2 ZDG ergibt. Eine gegenteilige Auffassung wäre mit Wortlaut und Sinn des Gesetzes, welches ausdrücklich auf einen „bedeutenden Nachteil“ abstellt, nicht vereinbar und hätte faktisch zur Folge, dass § 14 Abs. 2 ZDG weitgehend ins Leere ginge (VwGH 17.12.1998, 98/11/0183).

Schließlich hat der BF durch die Aufnahme seines Studiums Fakten geschaffen, aus denen er nunmehr die Unzumutbarkeit einer Unterbrechung abzuleiten versucht, obwohl er wissen musste, dass er seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes noch wird nachkommen müssen. Dabei ist zum einen darauf aufmerksam zu machen, dass grundsätzlich alle Zivil- und Wehrdienstleistenden, die bereits vor Erbringung der jeweilig in Rede stehenden Dienstleistung ihre berufliche (künstlerische) Existenz zu verwirklichen begonnen haben, einen Rückschlag bzw. Zeitverlust in ihrer Karriere hinzunehmen haben (VwGH 30.06.1992, 92/11/0104). Zum anderen ist auf die Rechtsprechung des VwGH zur sogenannten „Harmonisierungspflicht“ hinzuweisen, wenngleich diese primär auf die Vermeidung „besonders berücksichtigungswürdiger wirtschaftlicher, familiärer oder aufgrund einer eingetragenen Partnerschaft bestehender Interessen“ (§ 13 Abs 1 Z 2 ZDG) abstellt. Ein Zivildienstpflichtiger hat die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes so vorzunehmen, dass für den Fall seiner Zuweisung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden. Den Zivildienstpflichtigen trifft also die Verpflichtung, seine Angelegenheiten mit der Zivildienstpflicht zu harmonisieren. Verletzt er diese Harmonisierungspflicht, können die daraus abgeleiteten Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig angesehen werden (VwGH 13.12.2001, 2000/11/0085, zur dem Zivildienst vergleichbaren Wehrpflicht).

Abschließend ist lediglich ergänzend anzumerken, dass das Gesetz grundsätzlich auch keinen Anhaltspunkt für einen Rechtsanspruch auf nahtlosen Anschluss eines Studiums an einer Hochschule, Fachhochschule oder einem Kolleg an eine mit der Ablegung der Reifeprüfung (hier an einer allgemeinbildenden höheren Schule) endende schulische Ausbildung bietet (Hinweis E 12.1.1988, 87/11/0220). (VwGH 21.05.1996, 96/11/0091).

Insoweit der BF auf seinen Studienwechsel und sein (erstes) Studium der Soziologie hinweist, das er bereits 2018 begonnen hat, ist darauf zu verweisen, dass der in § 14 Abs. 1 ZDG genannte Anspruch auf Aufschub des Zivildienstes nur für jene bereits "laufende" Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstige Berufsvorbereitung, die in dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WehrG 2001 näher genannten Zeitpunkt bereits begonnen war, besteht (vgl. VwGH vom 26.09.2013, Zl. 2010/11/0100). Nachdem der BF das Studium der Soziologie jedoch nicht fortgesetzt hat, sondern den Aufschub für eine nach dem im § 25 Abs. 1 Z 4 WehrG genannten Zeitpunkt begonnen Ausbildung begehrt, ist für ihn damit nicht gewonnen.

4.3. Im Sinne der vorzitierten Judikatur war daher der belangten Behörde zu folgen, wenn sie einen bedeutenden Nachteil einer Unterbrechung der Ausbildung des BF im Sinne des § 14 Abs. 2 ZDG verneint. Da der Antrag des BF auf Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes von der belangten Behörde im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde, war der Beschwerde keine Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die maßgebliche Rechtsfrage des Vorliegens eines bedeutenden Nachteils oder einer außerordentlichen Härte im Sinne des § 14 Abs. 2 ZDG wurde in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH mehrfach behandelt. Nach der oben zu Spruchpunkt A dargelegten Rechtsprechung war im vorliegenden Fall eine solche zu verneinen.

Schlagworte

Ausbildung außerordentliche Härte bedeutender Nachteil Fachhochschulstudium Harmonisierungspflicht ordentlicher Zivildienst Studienunterbrechnung Studienverzögerung Studienwechsel Zivildiener Zivildienst Zivildienst - Antrittsaufschub

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2227666.1.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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