TE Bvwg Beschluss 2020/9/1 W183 2228940-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.09.2020
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Entscheidungsdatum

01.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §14
GebAG §2 Abs2
GebAG §3 Abs1
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W183 2228940-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts XXXX vom 29.01.2020, Zl. XXXX :

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte die belangte Behörde die Gebühren des Zeugen und nunmehrigen Beschwerdeführers mit EUR 842,20, wobei die Reisekosten für den Zeugen und seine Begleitperson für Flug, Parkgarage und Leihauto mit EUR 808,38 und die Aufenthaltskosten mit EUR 33,80 festgesetzt wurden.

2.       Mit Schriftsatz vom 10.02.2020 erhob der Zeuge das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die Ansprüche nicht vollständig seien und ergänzend Reisekosten in Form von Fahrtkosten zum Flughafen sowie Aufenthaltskosten für ihn und die Begleitperson für eine Nächtigung und der Mehraufwand für Verpflegung aufgeführt werden. Diese Angaben seien auch im Gerichtsgebäude abgegeben worden.

3.       Mit Schriftsatz vom 20.02.2020 (eingelangt am 25.02.2020) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

4.       Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Beschwerdemitteilung durch, worauf die Revisorin des Oberlandesgerichtes Wien mitteilte, auf eine Stellungnahme zu verzichten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Der Zeuge wurde mit Ladung vom 21.11.2019 zu einer Verhandlung am 13.01.2020 am LG XXXX geladen. Die Ladung wurde am Wohnort des Zeugen in der Schweiz zugestellt.

1.2.    Der Zeuge reiste zusammen mit einer Begleitperson aus der Schweiz an.

1.3.    Von der belangten Behörde wurden keine hinreichenden Sachverhaltsermittlungen durchgeführt.

2. Beweiswürdigung:

2.1.    Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen. 

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

3.2.    Zu A)

3.2.1.  Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn „die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen“ hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung präzisierend wie folgt aus (zuletzt VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123, mwN):

„In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN).“

3.2.2.  Für den gegenständlichen Fall ist eingangs festzuhalten, dass der Gebührenanspruch einer Begleitperson (§ 2 Abs. 2 GebAG) ein eigenständiger ist und die Begleitperson den Anspruch in eigenem Namen – nicht der Zeuge für sie – geltend zu machen hat (s. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und DolmetscherG- GebührenanspruchsG4 § 2 GebAG Anm. 10). Aus den vorliegenden Verwaltungsunterlagen ist nicht ersichtlich, ob die Begleitperson einen eigenen Anspruch geltend machte, sondern liegt vielmehr nahe (vgl. die Unterschrift auf dem Gebührenbestimmungsblatt), dass der Zeuge auch die Gebühren für seine Begleitperson beantragte. Welche Kosten aber tatsächlich dem antragstellenden Zeugen anfielen, ergibt sich aus den Verwaltungsunterlagen nicht.

3.2.3.  Gemäß § 3 Abs. 1 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

Im gegenständlichen Fall ist aus den vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehbar, welche Kosten angefallen sind und welche Gebühren konkret und zu welchem Zeitpunkt beantragt wurden. So sind auf dem Gebührenbestimmungsblatt die Parkgarage, Flugtickets und ein Leihauto vermerkt sowie Aufenthaltskosten, welche der Höhe nach einer Rechnung von einem Restaurantbesuch am Vorabend der Einvernahme entsprechen. Mit der Beschwerde wurde vom Zeugen hingegen ein weiterer Beleg für eine Nächtigung vorgelegt und zusätzliche Reisekosten geltend gemacht. Gemäß der Aussage des Beschwerdeführers seien diese Ansprüche bereits am Gericht geltend gemacht worden, was jedoch die belangte Behörde in einem AV vom 17.02.2020 verneint. Es ist daher erforderlich, weitere Ermittlungsschritte zu unternehmen, um feststellen zu können, welche Kosten vom Zeugen wann geltend gemacht wurden.

Zu den Kosten für die Verpflegung ist festzuhalten, dass sich deren Höhe aus § 14 GebAG ergibt und es zu deren Berechnung erforderlich ist, dass Feststellungen zu den Reisezeiten getroffen werden (vgl. (Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und DolmetscherG - GebührenanspruchsG4 § 14 GebAG Anm. 4). Der angefochtene Bescheid enthält aber keine diesbezüglichen Feststellungen und hat die belangte Behörde somit auch diesbezüglich Ermittlungen durchzuführen.

In einem fortgesetzten Verfahren wird daher die belangte Behörde weitere Ermittlungsschritte setzen sowie entsprechende nachvollziehbare Feststellungen treffen müssen.

Die genannten Ermittlungen sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts für eine abschließende Beurteilung der Frage der Zeugengebühr des nunmehrigen Beschwerdeführers notwendig. Da bislang nicht hinreichend ermittelt wurde, macht das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund ökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil mit der Entscheidung VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123, bereits Judikatur vorliegt, und vor diesem Hintergrund auch das gegenständliche Verfahren zu entscheiden war.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Begleitperson Ermittlungspflicht Gebührenanspruch Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W183.2228940.1.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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