Entscheidungsdatum
02.09.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W221 2234364-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RAST & MUSLIU Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Heerespersonalamtes vom 14.07.2020, Zl. P1433351/2-HPA/2020 (1), betreffend Pauschalentschädigung für die Dauer des außerordentlichen Zivildienstes, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 21.04.2020 eine Pauschalentschädigung für die Monate April bis inklusive Juni 2020 iHv € 3.425,42. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass mit Bescheid vom 20.03.2020 sein Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) bis 30.06.2020 verlängert worden sei. In genanntem Bescheid werde zwar auf die monatliche Grundvergütung und den monatlichen Zuschlag zur Grundvergütung nach § 25a Abs. 2 Z 1 und 2 ZDG hingewiesen, nicht jedoch auf die bei Leistung eines außerordentlichen Zivildienstes zustehende Pauschalentschädigung. Es liege ein Verstoß gegen den in Art. 7 B-VG normierten Gleichheitsgrundsatz vor, wenn bloß „freiwilligen Zivildienern“ eine Pauschalentschädigung zustehen würde.
Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Heerespersonalamtes vom 14.07.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass das ZDG zwischen außerordentlichem Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG unmittelbar nach Abschluss eines ordentlichen Zivildienstes, und dem außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG unterscheide. Eine Entschädigung oder Fortzahlung der Dienstbezüge, wie sie dem Wehrpflichtigen zustehe, der gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Wehrgesetz 2001 einen Einsatzpräsenzdienst leiste, gebühre nach § 34b ZDG jedoch nur Anspruchsberechtigten, die einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG leisten würden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er ausführte, dass gegenständlich eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der „verlängerten Zivildiener“ im Vergleich zu „freiwilligen Zivildienern“ vorliege. Zwar sei es richtig, dass eine Ungleichbehandlung durch objektive Gründe im Einzelfall gerechtfertigt sein könne, wenn diese verhältnismäßig seien. Eine unsachliche Schlechterstellung sei aber jedenfalls unzulässig. Auch sei im Gleichbehandlungsgesetz der Grundsatz des gleichen Entgelts für die gleiche bzw. als gleichwertig anerkannte Arbeit enthalten. Gegenständlich sei von einer gleichwertigen Arbeitsleistung der „verlängerten“ im Vergleich zu „freiwilligen“ Zivildienern auszugehen. Die Rechtsfolge bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei ein Ausgleichsanspruch, dies bedeute, der Anspruchsberechtigte sei finanziell so zu stellen, als hätte es die Ungleichbehandlung nicht gegeben.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 25.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer hat von 01.07.2019 bis 31.03.2020 den ordentlichen Zivildienst abgeleistet.
Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 20.03.2020 zum außerordentlichen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG von 01.04.2020 bis 30.06.2020 zugewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind soweit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und auch unstrittig ist, kann von einer mündlichen Verhandlung, die der Beschwerdeführer auch nicht beantragt hat, abgesehen werden.
Zu A)
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) lauten wie folgt:
„Zivildienst
§ 6a (1) Der Zivildienst gliedert sich in den ordentlichen und den außerordentlichen Zivildienst.
(2) […]
(3) Der außerordentliche Zivildienst ist als Einsatz bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges und außerordentlichen Notständen, und zwar
1. als Einsatz gemäß § 21 Abs. 1 und
2. als Einsatz gemäß § 8a Abs. 6 zu leisten.
Ordentlicher Zivildienst
§ 8a (1) – (5) […]
(6) Sofern ein Einsatz nach Abs. 1 über die bescheidmäßig verfügte Dauer des ordentlichen Zivildienstes (§ 8 Abs. 1) hinaus erforderlich wird, ist der weitere Einsatz von der Zivildienstserviceagentur bescheidmäßig zu verfügen und gilt als außerordentlicher Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1.
(7) […]
Außerordentlicher Zivildienst
§ 21 (1) Die Zivildienstserviceagentur hat Zivildienstpflichtige bei Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges und außerordentlichen Notständen (insbesondere in Zeiten, in denen Wehrpflichtige zur Leistung des Einsatzpräsenzdienstes einberufen werden) im personell und zeitlich notwendigen Ausmaß zur Leistung des außerordentlichen Zivildienstes zu verpflichten. Die Zivildienstpflichtigen sind anerkannten Einrichtungen (§ 4 Abs. 1) zuzuweisen, die in besonderem Maße geeignet sind, die Erfüllung des Zweckes dieses außerordentlichen Zivildienstes zu gewährleisten. Hinsichtlich der Zuweisung von Zivildienstleistenden an Rechtsträger sowie die Anweisung Zivildienstleistender durch Rechtsträger gilt § 8a sinngemäß.
(2) – (8) […]
§ 25a (1) Dem Zivildienstleistenden gebührt eine Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschlag).
(2) Die Höhe der monatlichen Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschlag) bestimmt sich nach dem Gehalt einschließlich allfälliger Teuerungszulagen eines Beamten der Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2, des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, und beträgt
1. für die Grundvergütung bei ordentlichem oder außerordentlichem Zivildienst 12,87 vH und
2. für den Zuschlag zur Grundvergütung bei Einsätzen nach § 8a Abs. 6 und § 21 7,05 vH dieses Gehaltsansatzes.
(3) […]
§ 34. (1) Der Zivildienstpflichtige, der
1. einen ordentlichen Zivildienst oder
2. einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 im Anschluss an einen in Z 1 genannten Zivildienst leistet,
hat Anspruch auf Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, wie er einem Wehrpflichtigen nach § 23 HGG 2001 zusteht.
(2) – (4) […]
§ 34b (1) Der Zivildienstpflichtige, der einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 leistet, hat für die Dauer eines solchen Dienstes Anspruch auf Entschädigung oder Fortzahlung der Dienstbezüge, wie er einem Wehrpflichtigen zusteht, der gemäß § 2 Abs. 1 lit. a WG 2001 einen Einsatzpräsenzdienst leistet.
(2) […]“
Im vorliegenden Fall beantragte der Beschwerdeführer als Zivildienstpflichtiger, dessen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG verlängert wurde, eine Pauschalentschädigung.
Soweit der Beschwerdeführer implizit auf § 34b Abs. 1 erster Fall ZDG Bezug nimmt und vermeint, ihm gebühre als Zivildienstleistendem, der gemäß § 8a Abs. 6 ZDG verlängert wurde, ebenso wie einem Zivildienstleistenden nach § 21 Abs. 1 ZDG, eine Entschädigung, wie er einem Wehrpflichtigen zusteht, der gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Wehrgesetz 2001 einen Einsatzpräsenzdienst geleistet hat, ist dazu Folgendes auszuführen:
Wenngleich nicht übersehen wird, dass § 8a Abs. 6 ZDG bestimmt, dass ein gemäß dieser Bestimmung „verlängerter“ Zivildienst als außerordentlicher Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG gilt, muss bedacht werden, dass § 6a Abs. 3 ZDG eine Legaldefinition des außerordentlichen Zivildienstes enthält, wobei zwischen einem Einsatz gemäß § 21 Abs. 1 (Z 1) und einem Einsatz gemäß § 8a Abs. 6 (Z 2) leg. cit. unterschieden wird. Alleine aus dem in § 6a Abs. 3 Z 2 ZDG enthaltenen expliziten Verweis auf den „verlängerten“ außerordentlichen Zivildienst nach § 8a Abs. 6 ZDG ergibt sich somit, dass dieser nicht die gleichen Rechtsfolgen nach sich ziehen muss, wie jener nach § 21 Abs. 1 ZDG. Im Einklang damit führt auch § 25a Abs. 2 Z 2 ZDG, der den Zuschlag zur Grundvergütung regelt, ausdrücklich § 8a Abs. 6 ZDG neben § 21 Abs. 1 ZDG an. Eine derartige Präzisierung wäre nicht erforderlich, wenn beide Formen des außerordentlichen Zivildienstes die gleichen rechtlichen bzw. finanziellen Auswirkungen hätten. Darüber hinaus hat nur der außerordentliche Zivildiener nach § 8a Abs. 6 ZDG (neben dem ordentlichen Zivildiener) gemäß § 34 ZDG Anspruch auf Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, weil § 21 ZDG hier nicht explizit genannt ist.
Aus den voranstehenden Überlegungen ergibt sich daher, dass § 34b Abs. 1 ZDG ausschließlich auf den außerordentlichen Zivildienst nach § 21 Abs. 1 ZDG Bezug nimmt, nicht jedoch auf den „verlängerten“ außerordentlichen Zivildienst nach § 8a Abs. 6 ZDG.
Die belangte Behörde ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass die Pauschalentschädigung nur jenen Anspruchsberechtigten gebührt, die einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 21 Abs. 1 ZDG leisten.
Wenn der Beschwerdeführer nun vorbringt, der Bescheid der belangten Behörde verstoße gegen den in Art. 7 B-VG normierten Gleichheitsgrundsatz, ist dazu auszuführen, dass eine Verletzung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen kann, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Der Gleichheitsgrundsatz bindet auch den Gesetzgeber (siehe etwa VfSlg. 13.327/1993, 16.407/2001). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. VfSlg. 14.039/1995, 16.407/2001). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber jedoch von Verfassungs wegen durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen (siehe etwa VfSlg. 16.176/2001, 16.504/2002). Der Gesetzgeber kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wohl von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl. VfSlg. 14.841/1997, 16.124/2001 und 16.771/2002); dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (z.B. VfSlg. 11.615/1988, 14.841/1997); ebenso wenig können daher Einzelfälle einer Begünstigung die am Durchschnitt orientierte Regelung unsachlich machen (VfSlg. 8871/1980).
Unter Zugrundelegung einer solchen Durchschnittsbetrachtung tritt ein außerordentlicher Zivildienstpflichtiger nach § 21 Abs. 1 ZDG direkt aus dem Berufsleben (erneut) in den Zivildienst ein und erleidet somit einen Einkommensverlust, während ein „verlängerter“ außerordentlicher Zivildienstpflichtiger nach § 8a Abs. 6 ZDG bisher nur die Pauschalvergütung (Grundvergütung und Zuschlag) nach § 25a ZDG bezogen hat und somit keinen unmittelbaren Einkommensverlust erleidet. Darüber hinaus hat – wie bereits erwähnt – der außerordentliche Zivildiener nach § 8a Abs. 6 ZDG Anspruch auf Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, welche dem außerordentlichen Zivildiener nach § 21 As. 1 ZDG nicht zustehen. Vor diesem Hintergrund kann die von der belangten Behörde im vorliegenden Fall angewendete gesetzliche Bestimmung des § 34b ZDG, die eine unterschiedliche Behandlung von außerordentlichen Zivildienstleistenden, nämlich solchen nach § 21 Abs. 1 ZDG und solchen nach § 8a Abs. 6 ZDG enthält, aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht als gleichheitswidrig erkannt werden, weshalb von einem Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof abgesehen wird.
Bringt der Beschwerdeführer schließlich vor, dass im Gleichbehandlungsgesetz der Grundsatz des gleichen Entgelts für die gleiche bzw. als gleichwertig anerkannte Arbeit enthalten ist, ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall keine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung vorliegt, weshalb sich genanntes Gesetz als nicht einschlägig erweist.
Aufgrund der bestehenden Rechtslage und mangels verfassungsrechtlicher Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts ist die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung auch von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Im gegenständlichen Fall fehlt es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des § 34b ZDG und zur Anwendbarkeit desselben auf Zivildienstpflichtige, die einen außerordentlichen Zivildienst gemäß § 8a Abs. 6 ZDG leisten.
Schlagworte
außerordentlicher Zivildienst Einkommensentfall Gleichheitsgrundsatz Pauschalentschädigung Revision zulässig Ungleichbehandlung Verlängerung Zivildiener ZivildienstEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2234364.1.00Im RIS seit
10.12.2020Zuletzt aktualisiert am
10.12.2020