Entscheidungsdatum
14.09.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W221 2234704-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 20.08.2020, Zl. 462779/19/ZD/0820, betreffend Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 02.07.2020, eingelangt bei der Zivildienstserviceagentur per Mail am 21.07.2020, beantragte der Beschwerdeführer den Aufschub des Antritts des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 ZDG bis 03.09.2021 und begründete dies damit, dass er seit September 2018 eine Lehre als Installations- und Gebäudetechniker für Gas- und Sanitärtechnik absolviere. Dadurch, dass er sich bereits im vierten Lehrjahr befinde, bewirke eine Unterbrechung der Lehre eine Verzögerung um ein Jahr.
Mit Schreiben der Zivildienstserviceagentur vom 29.07.2020 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, einen von der Wirtschaftskammer protokollierten Lehrvertrag und einen Nachweis der außerordentlichen Härte bzw. des bedeutenden Nachteils gemäß § 14 Abs. 2 ZDG, welcher ihm bei Unterbrechung der Ausbildung wegen der Leistung des ordentlichen Zivildienstes entstehe, innerhalb einer Frist von zwei Wochen nachzureichen.
Mit Schreiben vom 13.08.2020 legte der Beschwerdeführer der Zivildienstserviceagentur eine Kopie seines am 27.08.2018 abgeschlossenen Lehrvertrages (Lehrzeit 04.09.2018 - 03.09.2021) vor.
Mit dem im Spruch genannten Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 20.08.2020, zugestellt am 24.08.2020, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufschub des ordentlichen Zivildienstes gemäß § 14 Abs. 2 ZDG abgewiesen. Begründend wird darin ausgeführt, dass die Tauglichkeit des Beschwerdeführers zum Wehrdienst von der Stellungskommission erstmals am 17.05.2017 festgestellt worden sei. Da der Beschwerdeführer die maßgebliche Ausbildung im September 2018 begonnen habe, sei auf seinen Antrag § 14 Abs. 2 ZDG anzuwenden. Gemäß dem Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 31.07.2017, Zl. 462779/1/ZD/17, sei der Eintritt der Zivildienstpflicht mit 20.07.2017 festgelegt worden. Da der Beschwerdeführer noch nicht zum ordentlichen Zivildienstantritt innerhalb eines Jahres aufgefordert worden sei, wäre dieser gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz ZDG aufzuschieben, wenn die Unterbrechung seiner Ausbildung einen bedeutenden Nachteil bedeuten würde. Da der Beschwerdeführer außerdem, ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung begonnen habe, wäre gemäß § 14 Abs. 2 zweiter Satz ZDG auch dann aufzuschieben, wenn die Unterbrechung eine außerordentliche Härte darstellen würde. Da der Beschwerdeführer jedoch keinen Nachweis über einen bedeutenden Nachteil gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz ZDG erbracht habe, sei sein Antrag abzuweisen gewesen. Da die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 erster Satz ZDG nicht vorliegen würden, könne auch keine außerordentliche Härte iSd § 14 Abs. 2 zweiter Satz ZDG vorliegen und der Aufschub nach dieser Bestimmung ebenfalls nicht gewährt werden.
Gegen diesen Zuweisungsbescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er begründend ausführte, dass er von 2014 bis 2018 die HTL besucht habe. Aufgrund mangelnden Schulerfolges habe er die Schule nach vier Jahren abgebrochen. Im Anschluss daran habe er die immer noch aufrechte Lehre begonnen. Die Zuweisung zum Zivildienst mit 01.10.2020 stelle für ihn eine außerordentliche Härte dar, da er bis jetzt noch über keine abgeschlossene Ausbildung verfüge und eine Unterbrechung der laufenden praktischen Lehrausbildung ein bedeutender Nachteil für einen positiven Abschluss seiner Erstausbildung sei.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 03.09.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer wurde am 17.05.2017 rechtskräftig für tauglich befunden. Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 31.07.2017, Zl. 462779/1/ZD/17, wurde der Eintritt seiner Zivildienstpflicht mit 20.07.2017 festgestellt, nachdem der Beschwerdeführer am 20.07.2017 eine mängelfreie Zivildiensterklärung gemäß § 1 Abs. 1 ZDG abgegeben hat.
Der Beschwerdeführer begann am 04.09.2018 eine Lehre als Installations- und Gebäudetechniker für Gas- und Sanitärtechnik, wobei die Lehrzeit bis 03.09.2021 festgesetzt ist.
Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 08.06.2020 wurde der Beschwerdeführer einer näher bezeichneten Einrichtung für den Zuweisungszeitraum 01.10.2020 bis 30.06.2021 zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind soweit unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Da sich im vorliegenden Fall der unstrittige Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu A)
Die maßgeblichen Bestimmungen des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 14. (1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist ~ sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen ~ auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.
(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.
(3) – (5) […]“
§ 25 Abs. 1 Z 4 des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) lautet wie folgt:
„Ausschluss von der Einberufung
§ 25. (1) Von der Einberufung zum Präsenzdienst sind ausgeschlossen
Z 1 bis Z 3 […]
4. hinsichtlich der Einberufung zum Grundwehrdienst jene Wehrpflichtigen, die nachweislich in einer laufenden Schul- oder Hochschulausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung am Beginn jenes Kalenderjahres standen, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals oder, im Falle einer zwischenzeitlich festgestellten vorübergehenden Untauglichkeit oder Untauglichkeit, neuerlich ihre Tauglichkeit festgestellt wurde.
[…]“
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht ein Rechtsanspruch auf Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes nach § 14 Abs. 1 ZDG nur für die Dauer einer der dort genannten Ausbildungen und nach dem Wortlaut dieser Bestimmung überdies nur in Ansehung bereits begonnener, nicht jedoch hinsichtlich erst geplanter Ausbildungszeiten. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt für einen Rechtsanspruch auf nahtlosen Anschluss eines Studiums an einer Hochschule, Fachhochschule oder einem Kolleg an eine mit der Ablegung der Reifeprüfung endende schulische Ausbildung (VwGH 21.05.1996, 96/11/0091; VwGH 12.01.1988, 87/11/0220, mwN). Der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung, ob ein Wehrpflichtiger oder Zivildienstpflichtiger bereits in Ausbildung stand, ist gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 der Beginn jenes Kalenderjahres, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals die Tauglichkeit festgestellt wurde.
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Feststellungen, dass die Tauglichkeit des Beschwerdeführers bereits am 17.05.2017 rechtskräftig festgestellt wurde, sodass der Beschwerdeführer bereits am Beginn des Kalenderjahres 2017 in jenem Ausbildungsverhältnis hätte stehen müssen, für das er Aufschub begehrt. Die Lehre als Installations- und Gebäudetechniker für Gas- und Sanitärtechnik begann der Beschwerdeführer hingegen erst am 04.09.2018, sodass der Beschwerdeführer zum in § 25 Abs. 1 Z 4 WG 2001 genannten Zeitpunkt in keiner Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stand, weshalb sich § 14 Abs. 1 ZDG als nicht anwendbar erweist.
Gemäß § 14 Abs. 2 ZDG ist der Zivildienst darüber hinaus auf Antrag dann aufzuschieben, wenn der Zivildienstpflichtige durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die nach dem genannten Zeitpunkt begonnen wurde, einen bedeutenden Nachteil erleiden oder eine Unterbrechung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.
Vermeint der Beschwerdeführer, dass er bis jetzt noch über keine abgeschlossene Ausbildung verfüge und eine Unterbrechung der laufenden praktischen Lehrausbildung ein bedeutender Nachteil für einen positiven Abschluss seiner Erstausbildung sei, da er sich im vierten Lehrjahr befinde und eine Unterbrechung zu einer Verzögerung um ein Jahr führen würde, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die bloße Verlängerung des Studiums (und wohl auch der Lehrausbildung) infolge der Zivildienstleistung eine natürliche Folge der Erfüllung der diesbezüglichen staatsbürgerlichen Pflicht ist. Eine solche Verzögerung würde auch dann eintreten, wenn der Zivildienstpflichtige den Zivildienst vor Beginn der Hochschulausbildung (bzw. der Lehrausbildung) absolviert hätte (VwGH 22.03.2002, 2001/11/0395; 26.11.2002, 2001/11/0398; 22.01.2002, 2001/11/0180, mwN).
Weiter ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur sogenannten „Harmonisierungspflicht“ hinzuweisen, wenngleich diese primär auf die Vermeidung „besonders berücksichtigungswürdiger wirtschaftlicher, familiärer oder aufgrund einer eingetragenen Partnerschaft bestehender Interessen“ (§ 13 Abs 1 Z 2 ZDG) abstellt. Ein Zivildienstpflichtiger hat die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes so vorzunehmen, dass für den Fall seiner Zuweisung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden. Den Zivildienstpflichtigen trifft also die Verpflichtung, seine Angelegenheiten mit der Zivildienstpflicht zu harmonisieren. Verletzt er diese Harmonisierungspflicht, können die daraus abgeleiteten Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig angesehen werden (VwGH 13.12.2001, 2000/11/0085, zu der mit dem Zivildienst vergleichbaren Wehrpflicht und VwGH 18.05.2010, 2008/11/0172).
Der der Beschwerdeführer war nach Eintritt seiner Zivildienstpflicht mit 20.07.2017 nicht daran gehindert, sich auf www.zivildienst.gv.at über Einrichtungen und Termine zu informieren und einen Zuweisungswunsch abzugeben, wenngleich kein Rechtsanspruch auf eine wunschgemäße Zuweisung besteht. Dadurch wäre es ihm möglich gewesen den Ort und Antrittstermin zum Zivildienst insofern mitzugestalten, als er diesen selbst mit der Einrichtung, bei der er den Zivildienst ableisten hätte wollen, vereinbaren und er bzw. die jeweilige Einrichtung um entsprechende (rasche) Zuweisung bei der Behörde vorstellig werden hätte können. Dies hat er unterlassen.
Vor diesem Hintergrund stellt eine Unterbrechung der Lehre weder einen bedeutenden Nachteil noch eine außerordentliche Härte dar.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes wurde von der belangten Behörde im Ergebnis somit zu Recht abgewiesen.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.
Schlagworte
Ausbildung außerordentliche Härte bedeutender Nachteil Harmonisierungspflicht Lehre - Berufsschule ordentlicher Zivildienst Verzögerung Zivildiener Zivildienst Zivildienst - AntrittsaufschubEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2234704.1.00Im RIS seit
10.12.2020Zuletzt aktualisiert am
10.12.2020