TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/16 W279 2233921-2

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Veröffentlicht am 16.09.2020
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Entscheidungsdatum

16.09.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch

W279 2233921-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX 1979, Staatsangehörigkeit Nigeria, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (BF) reiste unbestimmten Datums ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 10.08.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2013 zur Zahl XXXX wurde sein Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria ebenfalls nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG seine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria verfügt (Spruchpunkt III.).

Am 09.05.2014 wurden der BF vom Landesgericht für Strafsachen XXXX , zur XXXX , wegen des Vergehens nach § 15 StGB, §§ 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und 27 Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.08.2013 Zl. XXXX - erhob der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde. Mit Erkenntnis vom 28.10.2015, GZ I408 1437487-1/9E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. als unbegründet ab und verwies das Verfahren gemäß § 75 Abs 20 AsylG hinsichtlich Spruchpunkt III. zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurück.

Am 11.04.2016 wurden der BF vom Bezirksgericht XXXX , XXXX wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 21.12.2017 zur Zahl XXXX wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Es wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Es wurde dem BF keine Frist zur freiwilligen Ausreise erteilt (Spruchpunkt IV.) und gegen ihn ein Einreiseverbot für die Dauer von 10 Jahren verhängt (Spruchpunkt V.) und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Mit Berichtigungsbescheid vom 02.01.2018 stellte die erkennende Behörde die Rechtsmittelbelehrung hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung richtig.

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.02.2018, Zl. I414 1437487-2/3E, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. zu lauten hat: "Eine 'Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG wird Ihnen nicht erteilt." Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wurde mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX , XXXX vom 18.08.2016 wurde die VP wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 16 (sechzehn) Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom 28.06.2018 wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1, achter Fall, Absatz 3 SMG, des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 15. 83 Abs 1 und 84 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Am 17.09.2018 stellte der BF aus dem Stande der Strafhaft in der JA XXXX schriftlich einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 12.10.2018 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. (Spruchpunkt I.)

Dagegen erhob der BF neuerlich durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.11.2018, Zl. I415 1437487-3, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und eine Revision wurde gem. Art. 133 Abs 4 B-VG als nicht zulässig erklärt.

Mit Schreiben vom 11.01.2019 (zugestellt am 14.01.2019) wurde dem BF die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt und somit Parteiengehör gewährt. Der BF hatte die Möglichkeit zur beabsichtigten Erlassung eines ordentlichen Schubhaftbescheides gemäß § 76 FPG innerhalb von zehn Tagen Stellung zu nehmen. Dieser Möglichkeit kam der BF innerhalb der Frist nicht nach.

Am 26.03.2019 wurde dem BF ein Ersatzreisedokument von der nigerianischen Botschaft für die Ausreise aus Österreich ausgestellt.

Mit Bescheid des BFA vom 16.04.2020, Zl. XXXX , wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Die Rechtsfolgen des Bescheides sollten nach Entlassung des BF aus der Strafhaft eintreten.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 20.08.2020, GZ W154 2233921-1/3E wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig war.

Verfahrensgegenständlich ist die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird festgestellt.

Der BF wurde vierfach im Zusammenhang mit Suchtmitteln rechtskräftig verurteilt, ist nigerianischer Staatsangehöriger, ausreiseunwillig, verfügt über keine familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Ein Heimreisezertifikat von Juli 2020 liegt vor. Eine Abschiebung ist für Oktober 2020 geplant, sonst haben sich keine Änderungen im Vergleich zur letzten Verhältnismäßigkeitsüberprüfung ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.

Anzeichen für eine Haftunfähigkeit oder eine COVID-19 Risikogruppe sind nicht hervorgekommen.

Es gibt auch keine Hinweise auf ein verstärktes Vorkommen von CoVid-19-Infektionen („Cluster“) in Justizanstalten und Polizeianhaltezentren.

Der weltweite Flugbetrieb wurde vor wenigen Monaten sukzessive wiederaufgenommen. Eine Abschiebung im Oktober 2020 erscheint realistisch. Jedenfalls ist von einer Abschiebung innerhalb der höchstzulässige Dauer der Schubhaft auszugehen.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A) (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 – FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

„§ 22a. (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“

§22a Abs. 4 bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage, da der Beschwerdeführer seit 12.04.2020 in Schubhaft angehalten wird.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG sowie einfachgesetzlichen Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 – FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:

Art 5 Abs. 1 lit. F EMRK

(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:
f)         wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

§ 76 FPG (in der nunmehr gültigen Fassung)

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Gemessen also an § 76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 2 - immer noch - vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Schubhaft anordnete, haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar.

Mit der Anordnung gelinderer Mittel kann dementsprechend weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Angesichts (in besonderem Umfang) fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit – siehe dazu auch die die Straffälligkeit – kommen diese schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin.

Verzögerungen im Zusammenhang mit der Abschiebung, die in der Sphäre des Bundesamtes liegen würden, sind nicht zu erkennen.

Substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers sind nicht aktenkundig.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gegeben ist. Eine über die Frage der Verhältnismäßigkeit hinausgehende Prüfung der Schubhaft ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht vorgesehen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Heimreisezertifikat öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Suchtmitteldelikt Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W279.2233921.2.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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