TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/17 W227 2234077-1

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Veröffentlicht am 17.09.2020
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Entscheidungsdatum

17.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
C-SchVO 2020/21 §2 Abs1
C-SchVO 2020/21 §6 Abs1
C-SchVO 2020/21 §9 Abs1
Leistungsbeurteilungsverordnung §14 Abs5
Leistungsbeurteilungsverordnung §14 Abs6
Leistungsbeurteilungsverordnung §20
Leistungsbeurteilungsverordnung §5 Abs2
SchUG §18 Abs1
SchUG §20 Abs1
SchUG §25 Abs1
SchUG §71 Abs2 litc
SchUG §82m

Spruch

W227 2234077-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX , Erziehungsberechtigte des am XXXX geborenen XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 21. Juli 2020, Zl. Präs/3a-407-4/3-2020, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Sohn der Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2019/2020 die Klasse XXXX (8. Schulstufe) des Bundesrealgymnasiums (BRG) XXXX .

2. Am 6. Juli 2020 entschied die Klassenkonferenz der XXXX , dass der Sohn der Beschwerdeführerin gemäß § 25 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) zum Aufsteigen in die nächste Schulstufe nicht berechtigt sei, weil er in den Pflichtgegenständen „Englisch“ und „Physik“ jeweils mit „Nicht genügend“ beurteilt worden sei.

3. Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin frist- und formgerecht Widerspruch. Darin bringt sie im Wesentlichen vor, sie habe Ende Mai 2020 eine Frühwarnung über den Leistungsstand ihres Sohnes im Pflichtgegenstand „Englisch“ erhalten. Bei der „Semesterprüfung“ am 8. Juni 2020 habe ihr Sohn 18,5 von 19,5 Punkte erreicht und sei mit „Nicht genügend“ beurteilt worden. Die Englischlehrerin habe nach Rücksprache nur gemeint, dass „es wieder nicht exzellent genug gewesen sei“. Dieses Verhalten der Englischlehrerin lasse „kein gütliches Entgegenkommen und Wohlwollen [ihrem] Sohn gegenüber“ erkennen.

Auch im Pflichtgegenstand „Physik“ habe sie Ende Mai/Anfang Juni 2020 eine Frühwarnung über den negativen Leistungsstand ihres Sohnes erhalten. Daraufhin habe er in „dieser stressigen Zeit, um eine positive Semesternote in Physik zu erhalten, eine mündliche Prüfung ablegen [müssen]“. Diese sei „leider negativ [ausgefallen]“, worauf er „nun im Zeugnis, aufgrund der verabsäumten Arbeit während der Corona Zeit, ein Nicht genügend stehen“ habe.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Bildungsdirektion für Oberösterreich gemäß § 20 Abs. 6 i.V.m. § 25 Abs. 1 sowie § 71 Abs. 2 lit. c i.V.m. Abs. 4 und 6 SchUG aus, dass der Widerspruch als unbegründet abgewiesen werde, die Beurteilung in den Pflichtgegenständen „Englisch“ und „Physik“ jeweils mit „Nicht genügend“ festgesetzt werde und somit der Sohn der Beschwerdeführerin nicht zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt sei.

Begründend führte die Bildungsdirektion zusammengefasst aus, dass der Sohn der Beschwerdeführerin in den Pflichtgegenständen „Englisch“ und „Physik“ die nach Maßgabe der Lehrpläne gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des jeweiligen Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen nicht überwiegend erfüllt habe.

5. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde, in der sie im Wesentlichen (hier relevant) vorbringt:

Sie habe „nie“ eine Note für ihren Sohn „geschenkt“ haben wollen, hätte sich aber trotzdem „mehr Einfühlungsvermögen“ von seiner Englischlehrerin bei der Prüfungssituation erwartet.

Dass ihr Sohn etwaige Aufgaben in „Physik“ nicht erledigt bzw. Desinteresse an den Tag gelegt habe, sei „natürlich nicht zu entschuldigen“. Sie wolle die Physiklehrerin auch nicht „persönlich angreifen“, aber man müsste einmal „hinterfragen, ob der Lernstoff interessant, zeitgemäß und spannend“ vermittelt worden sei, was nach den Aussagen ihres Sohnes nicht der Fall gewesen sei.

Vor dem „Lockdown durch Corona“ bis zum 13. März 2020 und im Semesterzeugnis seien die Leistungen ihres Sohnes mit „Genügend“ bewertet worden, nach dem „Lockdown“ Ende Mai 2020 hätten sie die Mahnung zum drohenden „Nicht genügend“ bekommen. Somit habe sich die Note durch jene Leistungen, die während der „distance learning Zeit“ erbracht worden seien, verschlechtert. Leistungen, die in der „Phase des Homeschoolings“ erbracht worden seien, dürften „laut Erlass“ jedoch nicht dazu führen, dass sich die „Jahresnote verschlechter[e]“.

6. Am 14. September 2020 trat der Sohn der Beschwerdeführerin zur Wiederholungsprüfung im Pflichtgegenstand „Englisch“ an und wurde mit „Nicht genügend“ beurteilt, zur Wiederholungsprüfung im Pflichtgegenstand „Physik“ am 15. September 2020 trat er nicht an.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Sohn der Beschwerdeführerin besuchte im Schuljahr 2019/2020 die Klasse XXXX (8. Schulstufe) des BRG XXXX .

In den Pflichtgegenständen „Englisch“ und „Physik“ sind die Jahresleistungen des Sohnes der Beschwerdeführerin jeweils mit „Nicht genügend“ zu beurteilen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen basieren auf dem unstrittigen Akteninhalt. Dass die Jahresleistungen des Sohnes der Beschwerdeführerin in den Pflichtgegenständen „Englisch“ und „Physik“ mit „Nicht genügend“ zu beurteilen sind, ergibt sich aus den schlüssigen – auf den Unterlagen der Schule basierenden – sowie richtigen Fachgutachten und pädagogischen Gutachten, die die Beschwerdeführerin nicht entkräften konnte.

Dabei ist insbesondere Folgendes hervorzuheben:

a)       Englisch

Im ersten Semester wurden die beiden (lehrplankonformen) Englischschularbeiten des Sohnes der Beschwerdeführerin (unstrittig) mit „Nicht genügend“ beurteilt.

Im zweiten Semester fand keine Schularbeit statt. Die (lehrplankonforme) mündliche Prüfung am 8. Juni 2020 wurde aus folgenden Gründen zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt: Bei der ersten Aufgabe (korrekte Präposition einfügen) beantwortete der Sohn der Beschwerdeführerin 3 von 5 Fragestellungen falsch (dennoch wurde ein halber Punkt vergeben). Bei der zweiten Aufgabe (entweder die Gerund- oder Infinitivform einsetzen) erreichte er 2 von 5 Punkten. Bei der dritten Aufgabe (3 „IF-Sätze“ mit der korrekten Zeit einsetzen) war klar ersichtlich, dass er die Basisregeln nicht beherrscht. Darüber hinaus erreichte er im „Vokabel Teil“ nur 2 von 10 Punkten. Im „Speaking Teil“ antwortete er oft sehr knapp und mit Basisfehlern. Es erfolgte hier eine sehr nachsichtige Beurteilung mit 10 von 12 Punkten.

Im Bereich Mitarbeit waren die in die Unterrichtsarbeit eingebundenen mündlichen und schriftlichen Leistungen des Sohnes der Beschwerdeführerin meist sehr knapp; sie mussten explizit von der Lehrerin nachgefragt werden. Die mündlichen Leistungen waren meist von grundlegenden Fehlern in der Grammatik und im Vokabular geprägt. Alle 5 schriftlichen Mitarbeitsfeststellungen im ersten Semester wurden mit einem „Minus“ vermerkt, im zweiten Semester wurde lediglich ein „Plus“ bei 6 Mitarbeitsfeststellungen vermerkt. Grundlegende Defizite konnten vor allem beim Schreiben von Texten festgestellt werden, da diese teils kaum verständlich und diesen oft sehr schwierig zu folgen war. Aufgrund der sprachlichen Defizite (rezeptives Verständnis und produktive Fähigkeiten) konnte der Sohn der Beschwerdeführerin dem Unterricht nicht gut folgen. Darüber hinaus gehen mit diesem Punkt auch die Defizite in der Fähigkeit, Erarbeitetes richtig einzuordnen und anzuwenden, einher. Die Mitarbeit wurde im ersten Semester mit „Nicht genügend“ und im zweiten Semester mit „Genügend“ beurteilt.

b)       Physik

Im ersten Semester war ein wesentlicher Bereich die „Elektrizität“. Die beiden (lehrplankonformen) Physiktests wurden knapp positiv beurteilt. Der Sohn der Beschwerdeführerin zeigte keine Beteiligung am Unterricht, erledigte keine Arbeitsaufträge, vergaß (zunächst) zweimal ein Referat, das dann sehr schwach präsentiert wurde, und wurde bei den 2 Wiederholungen negativ beurteilt.

Im zweiten Semester gliederte sich der wesentliche Bereich in „Optik, Radioaktivität und Kräfte“. Bei den geforderten Arbeitsaufträgen (2 im Bereich „Optik“, 3 im Bereich „Radioaktivität“) erledigte der Sohn der Beschwerdeführerin nur einen Arbeitsauftrag aus dem Bereich „Radioaktivität“.

Die Mitarbeit wurde in beiden Semestern je mit „Nicht genügend“ beurteilt.

Bei der mündlichen Prüfung am 22. Juni 2020 wurde (sehr entgegenkommend) lediglich das Stoffgebiet „Radioaktivität“ geprüft. Dabei erreichte der Sohn der Beschwerdeführerin lediglich 9,5 von 30 möglichen Punkten – sie wurde zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Gemäß § 25 Abs. 1 SchUG ist eine Schulstufe erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit „Befriedigend“ beurteilt wurde.

Gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG ist gegen die Entscheidung, dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist, ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig.

Gemäß § 18 Abs. 1 SchUG hat der Lehrer die Beurteilung der Leistungen der Schüler in den einzelnen Unterrichtsgegenständen durch Feststellung der Mitarbeit der Schüler im Unterricht sowie durch besondere in die Unterrichtsarbeit eingeordnete mündliche, schriftliche und praktische oder nach anderen Arbeitsformen ausgerichtete Leistungsfeststellungen zu gewinnen. Maßstab für die Leistungsbeurteilung sind die Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand des Unterrichtes.

Gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz SchUG hat der Lehrer der Beurteilung der Leistungen eines Schülers in einem Unterrichtsgegenstand auf einer ganzen Schulstufe alle in dem betreffenden Unterrichtsjahr erbrachten Leistungen (§ 18) zugrunde zu legen, wobei dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist.

Gemäß § 82m Abs. 1 SchUG kann der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung in Ausnahme zu den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Schuljahre 2019/2020 und 2020/2021 mit Verordnung

1.       bestehende Stichtage abweichend festsetzen und gesetzliche Fristen verkürzen, verlängern oder verlegen,

2.       die Schulleitung ermächtigen oder verpflichten, in Abstimmung mit den die einzelnen Unterrichtsgegenstände unterrichtenden Lehrern von der Aufteilung der Bildungs- und Lehraufgaben und des Lehrstoffes in den Lehrplänen auf die einzelnen Schulstufen oder Semester abzuweichen, Förderunterricht verpflichtend anzuordnen, den Besuch der gegenstandsbezogenen Lernzeit verpflichtend anzuordnen oder Ergänzungsunterricht vorzusehen,

3.       den Einsatz von elektronischer Kommunikation für die Abhaltung von Konferenzen, für Unterricht und Leistungsfeststellung und -beurteilung regeln,

4.       für Schularten, Schulformen, Schulen, Schulstandorte, einzelne Klassen oder Gruppen oder Teile von diesen bei ortsungebundenem Unterricht Leistungsfeststellung und -beurteilung regeln und

5.       die Schulleitung ermächtigen oder verpflichten, die Unterrichtszeit in bestimmten Unterrichtsgegenständen teilweise oder zur Gänze auf Teile des Unterrichtsjahres zusammenzuziehen.

Diese Verordnung muss unter Angabe der Geltungsdauer und einer neuen Regelung jene gesetzlichen Bestimmungen benennen, von welchen abgewichen werden soll und kann rückwirkend mit 16. März 2020 in Kraft gesetzt werden.

Gemäß § 82m Abs. 2 SchUG sind unter Ergänzungsunterricht Unterrichtseinheiten zu verstehen, die zusätzlich zur lehrplanmäßig verordneten Stundentafel abgehalten werden, um im stundenplanmäßigen Unterricht nicht behandelten oder im ortsungebundenen Unterricht angeleitet erarbeiteten Lehrstoff zu behandeln. Ergänzungsunterricht und Förderunterricht können während des gesamten Schuljahres von Lehrkräften oder Lehramtsstudierenden durchgeführt werden. Die Teilnahme an diesem Unterricht kann als freiwillig oder für Schüler verpflichtend geregelt werden.

Gemäß § 82m Abs. 3 SchUG umfasst ortsungebundener Unterricht die Vermittlung von Lehrstoff und die Unterstützung von Schülern unter Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel, deren Bereitstellung vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung unterstützt wird, (angeleitetes Erarbeiten) ohne physische Anwesenheit einer Mehrzahl von Schülerinnen und Schülern am gleichen Ort.

Gemäß § 2 Abs. 1 COVID-19-Schulverordnung 2020/21 ([C-SchVO] Anordnung ortsungebundenen Unterrichts) findet der Unterricht abweichend von § 10 und § 43 Abs. 1 SchUG und von §§ 11, 12 und 43 SchUG-BKV für alle Schüler sowie Studierende an Schulen im Geltungsbereich des § 1, ausgenommen jene gemäß Abs. 2, vom 16. März 2020 bis zum Ende des Schuljahres 2019/2020 als ortsungebundener Unterricht statt.

Nach § 6 Abs. 1 C-SchVO (Unterrichtsgestaltung bei ortsungebundenem Unterricht) erfolgt die Unterrichts- und Erziehungsarbeit und die Kommunikation zwischen Schülern, Studierenden, Erziehungsberechtigten, Lehrkräften und der Schulleitung mittels elektronischer Kommunikation, insbesondere die Aufbereitung des Lehrstoffes, durch das Erteilen von schriftlichen Arbeitsaufträgen, den Einsatz von Lernplattformen und die direkte Kommunikation durch zumindest Tonübertragungen oder Ton- und Videoübertragungen. Der Unterricht ist so zu gestalten, dass Schüler die Möglichkeit zu Rückfragen an die Lehrkräfte in mündlicher oder schriftlicher Form haben.

Nach § 9 Abs. 1 C-SchVO (Grundsätze der Leistungsbeurteilung) sind die Bestimmungen des § 2 Abs. 8, § 3 Abs. 1 lit. c sublit. aa, § 7 sowie aus § 20 Abs. 1 der letzte Nebensatz des ersten Satzes der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) ab dem 16. März 2020 für die Leistungsfeststellung nicht anzuwenden. Die von den Schülern von 16. März bis zur Ausnahme vom ortsungebundenen Unterricht gemäß Anlage A erbrachten Leistungen sind ausschließlich als Mitarbeit gemäß § 4 Abs. 1 LBVO zu werten. Von Schülern mittels elektronischer Kommunikation übermittelte Daten können als Aufzeichnungen gemäß § 4 Abs. 3 LBVO herangezogen werden.

Gemäß § 5 Abs. 2 LBVO ist auf Wunsch des Schülers in jedem Pflichtgegenstand einmal im Semester eine mündliche Prüfung durchzuführen.

Nach § 14 Abs. 5 LBVO sind mit „Genügend“ Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt.

Nach § 14 Abs. 6 LBVO sind Leistungen mit „Nicht genügend“ zu beurteilen, mit denen der Schüler nicht einmal alle Erfordernisse für die Beurteilung mit „Genügend“ erfüllt.

Nach § 20 Abs. 1 LBVO hat der Lehrer den Beurteilungen der Leistungen eines Schülers in einem Unterrichtsgegenstand für eine ganze Schulstufe alle vom Schüler im betreffenden Unterrichtsjahr erbrachten Leistungen zugrunde zu legen, wobei dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist. Dabei sind die fachliche Eigenart des Unterrichtsgegenstandes und der Aufbau des Lehrstoffes zu berücksichtigen.

3.1.2. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Dem Beschwerdevorbringen, Leistungen, die in der „Phase des Homeschoolings“ erbracht worden seien, dürften „laut Erlass“ nicht dazu führen, dass sich die „Jahresnote verschlechtert“, ist Folgendes zu entgegnen:

Abgesehen davon, dass unklar ist, von welchem „Erlass“ die Beschwerdeführerin ausgeht, sind bei der Jahresbeurteilung (nach wie vor) alle in dem betreffenden Unterrichtsjahr erbrachten Leistungen zugrunde zu legen (vgl. § 20 Abs. 1 SchUG und § 20 Abs. 1 LBVO). Eine Einschränkung wurde lediglich dahingehend vorgenommen, dass der letzte Nebensatz des ersten Satzes in § 20 Abs. 1 der LBVO, wonach dem zuletzt erreichten Leistungsstand das größere Gewicht zuzumessen ist, ab dem 16. März 2020 für die Leistungsfeststellung nicht anzuwenden ist (vgl. § 9 Abs. 1 C-SchVO).

Weiters führte bereits die Bildungsdirektion für Oberösterreich zu Recht im angefochtenen Bescheid aus, dass es sich bei der mündlichen Englischprüfung am 8. Juni 2020 nicht um eine „Semesterprüfung“ gehandelt hat, sondern um eine Prüfung gemäß § 5 Abs. 2 LBVO („Wunschprüfung“), die in die Gesamtbeurteilung eingeflossen ist.

Auch müssen im Pflichtgegenstand „Englisch“ alle Teilkompetenzen ausreichend beherrscht werden, um in einer Sprache das entsprechende Kompetenzniveau zu erreichen. Jede dieser Teilkompetenzen stellt daher für sich genommen einen wesentlichen Bereich dar. Daraus folgt, dass i.S.d. § 14 LBVO die Anforderungen in jedem einzelnen wesentlichen Bereich überwiegend erfüllt sein müssen, um zumindest den Anforderungen an ein „Genügend“ zu entsprechen (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage, Anm. 1 zu § 14 LBVO; vgl. dazu auch BVwG 17.12.2015, W227 2111858-3/3E; 18.08.2016, W227 2132033-1/4E; zur Gesamtbeurteilung der Leistungen vgl. etwa VwGH 05.11.2014, 2012/10/0009; 22.11.2004, 2004/10/0176, jeweils m.w.N.). Da – wie oben ausgeführt – die produktiven Englischfähigkeiten des Sohnes der Beschwerdeführerin vor allem im Bereich der Vokabeln, Grammatik, Sprechen und Schreiben, und damit in mehreren Teilkompetenzen nicht überwiegend erfüllt wurden, wurde er zu Recht in „Englisch“ mit „Nicht genügend“ beurteilt.

Ähnliches gilt für den Pflichtgegenstand „Physik“, wo der Sohn der Beschwerdeführerin den wesentlichen Bereich „Elektrizität“ im ersten Semester und die drei geforderten Bereiche „Optik, Radioaktivität und Kräfte“ im zweiten Semester im Bereich der Mitarbeit nicht überwiegend erfüllen konnte, auch die mündliche Prüfung negativ war und lediglich die beiden Tests im ersten Semester knapp positiv beurteilt werden konnten. Folglich wurden die Jahresleistungen des Sohnes der Beschwerdeführerin zu Recht mit „Nicht genügend“ beurteilt. Dabei merkte schon die Bildungsdirektion für Oberösterreich zutreffend im angefochtenen Bescheid an, dass der Grundsatz im heurigen Schuljahr, der Schüler soll durch die Ausnahmesituation keinen Nachteil haben, nicht so zu verstehen ist, dass sie unbedingt positiv beurteilt werden müssen. Ein Nachteil wäre es gewesen, etwa keine Prüfung machen zu können. Die Möglichkeit dazu hatte der Sohn der Beschwerdeführerin, allerdings zeigte er dabei keine ausreichenden Leistungen, obwohl der Prüfungsstoff von der Physiklehrerin extrem eingeschränkt worden war.

Zusammengefasst hat der Sohn der Beschwerdeführerin die Anforderungen in den Pflichtgegenständen „Englisch“ und „Physik“ nicht einmal in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt, weshalb seine Leistungen in diesen Pflichtgegenständen zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt wurden.

Damit enthält das Jahreszeugnis des Sohnes der Beschwerdeführerin in zwei Pflichtgegenständen die Note „Nicht genügend“, weshalb er nach § 25 Abs. 1 SchUG die Schulstufe nicht erfolgreich abgeschlossen hat.

Die Bildungsdirektion für Oberösterreich kam damit zu Recht zum Ergebnis, dass der Sohn der Beschwerdeführerin zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe der von ihm besuchten Schulart nicht berechtigt ist.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe dazu etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

Abgesehen davon ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 27.03.2019, Ra 2019/10/0017, m.w.N.).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:

Dass die Leistungen des Sohnes der Beschwerdeführerin zutreffend mit „Nicht genügend“ beurteilt wurden und er damit zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe der von ihm besuchten Schulart nicht berechtigt ist, entspricht der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufstieg in nächsthöhere Schulstufe Gesamtbeurteilung Jahresbeurteilung Jahreszeugnis Lehrplan Leistungsbeurteilung Leistungsfeststellung negative Beurteilung negative Leistungsfeststellung Pandemie Pflichtgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2234077.1.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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