Entscheidungsdatum
21.09.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W137 2230890-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nordmazedonien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2020, Zl. 1223437602/200363467 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft von 29.04.2020 bis 13.05.2020 für rechtmäßig erklärt.
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien. Er befand sich seit März 2019 in Untersuchungshaft.
2. Mit Schreiben vom 28.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt und wurde ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme zur geplanten Verhängung der Schubhaft sowie zur Beantwortung bestimmter Fragen eingeräumt.
3. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 14.06.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen zahlreicher Delikte nach dem Suchtmittelgesetz sowie wegen strafbarer Handlungen gegen die Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweiszeichen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.
4. Am 18.02.2020 wurde dem Beschwerdeführe erneut eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt. Ihm wurde abermals die Möglichkeit eingeräumt, zur Verhängung der Schubhaft Stellung zu nehmen und bestimmte Fragen zu beantworten. Eine Stellungnahme wurde nicht übermittelt.
5. Am 09.03.2020 wurde ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates an die nordmazedonische Botschaft übermittelt. Eine Zustimmung seitens des nordmazedonischen Innenministeriums wurde am 11.03.2020 erteilt.
6. Mit Bescheid vom 16.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nordmazedonien zulässig ist und gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein befristetes Einreiseverbot für sieben Jahre ausgesprochen.
7. Mit Bescheid vom 28.04.2020 wurde die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründet wurde dieser im Wesentlichen mit einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie den mangelnden Existenzmitteln und einem fehlenden gesicherten Wohnsitz. Mit der Anordnung des gelinderen Mittels könne auch unter Berücksichtigung der Straffälligkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden „ultima-ratio-Situation“ auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.
8. Am 29.04.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen und umgehend in Schubhaft genommen.
9. Am 13.05.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen. Am selben Tag wurde ein Mandatsbescheid erlassen und ein gelinderes Mittel angeordnet.
10. Am 13.05.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmachtsbekanntgabe) ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass das Bundesamt Verfahrensvorschriften verletzt habe. Es habe den Beschwerdeführer nicht einvernommen und daher keine konkrete Einzelfallabwägung der konkreten Situation des Beschwerdeführers vorgenommen. Der Beschwerdeführer könne nach der Haftentlassung bei seinem Onkel leben, es liege keine Fluchtgefahr vor und hätten gelindere Mittel verhängt werden können. Zudem sei er 2019 festgenommen worden, bevor er sich in seiner Mietwohnung habe melden können. Der Beschwerdeführer habe sich bei der nordmazedonischen Botschaft hinsichtlich der bestehenden Ausreisemöglichkeiten erkundigt. Wann eine Abschiebung erfolgen könne sei demnach nicht klar.
Beantragt werde daher a) dass eine mündliche Verhandlung unter Ladung des Onkels als Zeugen durchgeführt werde; b) der Bescheid behoben werde und festgestellt werde, dass die Anordnung sowie die Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig gewesen sei; c) dass festgestellt werde, dass die Voraussetzungen für eine weiteren Anhaltung nicht vorliegen; d) die belangte Behörde zum Ersatz der Aufwendungen sowie der Kommissionsgebühr und Barauslagen zu verpflichten.
11. Am 13.05.2020 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Mit der Beschwerdevorlage verwies das Bundesamt im Wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer über keinen Wohnsitz in Österreich verfügt und kein gültiges Reisedokument besessen habe. Inzwischen sei ein gelinderes Mittel angewendet und der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen worden.
Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde sowie den Beschwerdeführer zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.
Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien. Er verfügt über keine Reisedokumente.
Mit Bescheid vom 16.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Nordmazedonien gemäß § 46 FPG zulässig ist und gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von sieben Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht integriert. Er wurde wegen strafbarer Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz sowie wegen Urkundendelikten zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Aus dieser wurde er vorzeitig bedingt entlassen. Der Beschwerdeführer war in Österreich abgesehen von Meldungen in Justizanstalten und einem Polizeianhaltezentrum nur von Dezember 2015 bis Anfang März 2016 aufrecht gemeldet. Der Beschwerdeführer ist insgesamt nicht vertrauenswürdig. Er hat sich im Verfahren bezüglich die Erlassung einer Schubhaft als nicht kooperativ erwiesen und insbesondere dem Bundesamt eine Unterkunftsmöglichkeit bei seinem Onkel vorenthalten. Eine Unmöglichkeit, sich rechtzeitig Kenntnis vom Inhalt des schriftlichen Parteiengehörs hat für den Beschwerdeführer nicht bestanden.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Familiäre Anknüpfungspunkte liegen in Österreich vor; ein Onkel des Beschwerdeführers lebt in Österreich. Der Beschwerdeführer ging vor Anordnung der Schubhaft keiner legalen Beschäftigung nach, stattdessen befand er sich ab März 2019 fast durchgehend in Strafhaft. Zuvor war er in Österreich auch nicht gemeldet. Dem Beschwerdeführer steht eine Unterkunftsmöglichkeit bei seinem Onkel zur Verfügung.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Schubhaftanordnung sowie während dieser grundsätzlich gesund und haftfähig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1223437602/200363467 sowie aus den Gerichtsakten. Unstrittig sind die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers.
1.2. Die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sind aus einem rezenten Auszug aus dem Strafregister ersichtlich und im Übrigen auch unstrittig. Die Feststellungen zu den Meldeadressen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer rezenten Nachschau im Zentralen Melderegister; auch die Ausführungen in der Beschwerde stehen dem nicht entgegen. Aufgrund seines Verhaltens seit 2019, insbesondere der Begehung von Straftaten und dem Fehlen einer amtlichen Wohnsitzmeldung – abgesehen von jenen in Justizanstalten und in einem Polizeianhaltezentrum – konnte dem Beschwerdeführer keine Vertrauenswürdigkeit attestiert werden. Die fehlende Kooperationsbereitschaft im Zusammenhang mit der Schubhaftanordnung zeigte sich insbesondere in der völligen Ignoranz, mit der der Beschwerdeführer auf ein schriftliches Parteiengehör (nicht) reagierte. Nicht nur hatte er ein solches bereits 2019 erhalten (und ebenfalls nicht darauf reagiert), er befand sich zum relevanten Zeitraum auch schon nahezu ein Jahr lang in Österreich in Haft. Damit wäre es ihm im Rahmen der Haftbetreuung problemlos möglich gewesen, Kenntnis vom Inhalt des Schreibens zu erlangen – die Beschwerdebehauptung einer fehlenden „praktischen Möglichkeit“ zur Stellungnahme ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Überdies hätte ein kurzer Anruf bei seinem schon länger in Österreich lebenden Onkel ein allfälliges Verständnisproblem ebenfalls beseitigen können. Der relevante Zeitraum lag auch noch deutlich vor dem „CoVid-19-Lockdown“; es bestanden somit für den in Wien lebenden Onkel die regulären Besuchsmöglichkeiten im Wiener Polizeianhaltezentrum.
1.3. Das Fehlen substanzieller sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. Es bestehen zwar unstrittig familiäre Anknüpfungspunkte, jedoch sind diese nicht von besonderer Intensität, da sich der Beschwerdeführer zwischen 2016 und 2019 allenfalls gelegentlich zu Besuchen in Österreich aufgehalten hat und hier nie gemeldet war. Zudem sind keine darüberhinausgehenden substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte hervorgekommen und auch nicht in der Beschwerde angeführt worden. Der Beschwerdeführer befand sich überdies längere Zeit in Haft, wodurch die Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen substanziell erschwert wurde. Nennenswerte sozialen, sprachliche oder berufliche Integrationsmaßnahmen sind nicht bekannt. Der deutschen Sprache ist der Beschwerdeführer nicht mächtig, was auch in der Beschwere angegeben wird und somit unstrittig ist. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über eine gesicherte Unterkunftsmöglichkeit verfügt, konnte aufgrund der erstmalig in der Beschwerde vorgebrachten glaubhaften Angaben getroffen werden.
1.4. Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gab es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden. Der Beschwerdeführer ließ die Möglichkeiten zu einer Stellungnahme ungenutzt und widersprach er dem im angefochtenen Bescheid angenommenen Gesundheitszustand auch in der Beschwerde nicht.
Aus dem oben Dargestellten ergibt sich die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers, die überdies durch eine unmittelbar zuvor verbüßte Strafhaft zusätzlich belegt ist. Eine grundsätzliche Haftunfähigkeit wurde in der Beschwerde auch nicht behauptet.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Zu Spruchteil A)
2.3. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft
3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Die „Fluchtgefahr“ ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer, wurde unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der Verletzung der Meldeverpflichtung, einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme, der Straffälligkeit sowie dem Fehlen substanzieller sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG.
Das Vorliegen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme ist faktisch unbestritten, womit das Kriterium der Ziffer 3 jedenfalls erfüllt ist.
3.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid vorrangig auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübt, noch über substanzielle soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und auch über keinen gesicherten Wohnsitz verfügte.
Die Behörde ging zum damaligen Zeitpunkt zutreffend von einem fehlenden gesicherten Wohnsitz aus, da der Beschwerdeführer abgesehen von Meldungen in Justizanstalten und im Polizeianhaltezentrum über eine amtliche Meldung im Bundesgebiet seit 09.03.2016 verfügte; wobei er damals nicht bei seinem Onkel gemeldet war. Zudem ließ er die Möglichkeit zur Stellungnahme im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs, in der er einen gesicherten Wohnsitz problemlos anführen hätte können, ungenützt. Dass die Behörde von der Wohnmöglichkeit bei seinem Onkel nicht gewusst hat, ist dementsprechend dem Beschwerdeführer selbst zuzurechnen.
Den Feststellungen hinsichtlich seiner familiären Anknüpfungspunkten wird in der Beschwerde ebenfalls entgegengetreten. Tatsächlich wusste die Behörde jedoch weder über den Onkel selbst noch über eine tatsächliche Wohnmöglichkeit bei diesem im Vorfeld der Schubhaftanordnung Bescheid – wie dargelegt aus eigenem Verschulden des Beschwerdeführers.
Die Behörde ging im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch richtigerweise von der strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers und einer daraus abgeleiteten mangelnden Vertrauenswürdigkeit aus. Diese wiederum wurde durch die fehlende Mitwirkung im Verfahren zur Erlassung einer Schubhaft unterstrichen.
3.3. Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt bei Erlassung des angefochtenen Bescheides im Ergebnis zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.
3.4. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte zum relevanten Zeitpunkt auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen, da sich der Beschwerdeführer insbesondere durch sein vor Anordnung der Schubhaft gezeigtes kriminelles Verhalten und die Verweigerung der Mitwirkung im Vorfeld der Schubhaftanordnung als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat – was aber Voraussetzung für die Anordnung des gelinderen Mittels ist. Auf Grund dieser überwogen daher – wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und war diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.
3.5. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen zudem bei Schubhaftanordnung davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Nordmazedonien nicht nur in zumutbarer, sondern sogar binnen relativ kurzer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war bei Bescheiderlassung/Schubhaftanordnung tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Abschiebungen nach Nordmazedonien fanden grundsätzlich statt; ein Heimreisezertifikat wurde bereits beantragt und dem Antrag auch stattgegeben. Die damals absehbare Anhaltedauer betrug nur wenige Wochen und ging deutlich nicht über die Schubhafthöchstdauer hinaus.
Mit den gesundheitlichen Problemen des Beschwerdeführers hat sich das Bundesamt im angefochtenen Bescheid ebenfalls hinreichend befasst, wobei diesbezüglich festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer unmittelbar zuvor eine mehrmonatige Freiheitsstrafe verbüßt hat und auch in der Beschwerde keine Erkrankungen vorgebracht hat.
3.6. Soweit in der Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgrund des Unterbleibens einer mündlichen Einvernahme argumentiert wird, ist zunächst festzuhalten, dass den Beschwerdeführer eine Mitwirkungspflicht getroffen hat, der er aus eigenem Verschulden nicht nachgekommen ist (siehe dazu oben Punkt II.1.2.). Dem Beschwerdeführer steht es jedoch nicht frei, eine bestimmte Form der Ermittlungen der Behörde durch Kooperationsverweigerung zu erzwingen.
Wäre er seiner Mitwirkungspflicht im Rahmen des schriftlichen Parteiengehörs nachgekommen, hätte sich das Bundesamt näher mit der Unterkunftsmöglichkeit bei seinem Onkel auseinandersetzen können – und es wäre eventuell von Anfang an gar nicht zur Anordnung einer Schubhaft gekommen. Das ergibt sich daraus, dass das Bundesamt bereits am 13.05.2020 – unmittelbar nach Bekanntgabe der Unterkunftsmöglichkeit – die Entlassung aus der Schubhaft anordnete und ein gelinderes Mittel verfügte. Dies auch vor dem Hintergrund vorübergehend fehlender Abschiebemöglichkeiten in den Herkunftsstaat.
3.7. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft abzuweisen.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Durch Einträge in öffentlichen Registern (ZMR, Strafregister, etc.) belegte oder widerlegte Tatsachen beziehungsweise Sachverhaltselemente bedürfen ebenfalls keiner mündlichen Erörterung.
In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Die in der Beschwerde behauptete Kooperationswilligkeit hat der Beschwerdeführer jedenfalls im Zusammenhang mit dem Verfahren betreffend die allfällige Anordnung einer Schubhaft offenkundig vermissen lassen. Zudem hat sich seine diesbezügliche Begründung in der Beschwerde als offensichtliche Ausrede erwiesen. Der vertretene Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde auch nicht dargelegt, welche entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente einer Abklärung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürften. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.
5. Kostenersatz
5.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
5.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Die Berücksichtigung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2230890.1.00Im RIS seit
10.12.2020Zuletzt aktualisiert am
10.12.2020