TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/1 W137 2233021-2

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Veröffentlicht am 01.10.2020
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Entscheidungsdatum

01.10.2020

Norm

AVG §13 Abs3
BFA-VG §47
BFA-VG §6
BFA-VG §7 Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35

Spruch

W137 2233021-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Maßnahmenbeschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, vom 22.07.2020 zu Recht erkannt.

A)

I. Die Beschwerde gegen die Zimmerkontrolle/Leibesvisitation am 16.07.2020 wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 6 BFA-VG und § 47 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Darüber hinaus wird die Beschwerde wird gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Sein Antrag auf internationalen Schutz wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) 2016 abgewiesen und mit einer Rückkehrentscheidung in den Herkunftsstaat Nigeria verbunden. Die dagegen eingebrachte Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.07.2019, I417 2125652-1/17E, rechtskräftig abgewiesen.

2. Mit Bescheid vom 01.07.2020 hat das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet. Diese wird seit 02.07.2020 vollzogen. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22.07.2020, W155 2233021-1/8E, vollinhaltlich abgewiesen. Unter einem wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gegeben sind.

3. Durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter, RA DR. Gregor KLAMMER, brachte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23.07.2020 eine Maßnahmenbeschwerde beim Verwaltungsgericht XXXX ein. In dieser wurden rechtswidrige Zimmerkontrollen und Leibesvisitationen („meinen nackten Körper besichtigen zu lassen“) ab 16.07.2020 in nicht näher definiertem Umfang thematisiert.

Beantragt wurde a) „Verfahrenshilfe für Gebühren und Kosten“; b) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Ladung konkret bezeichneter Zeugen; c) „die in ihrem genauen Umfang noch zu erhebenden Durchsuchungen, insbesondere durch Besichtigung meines nackten Körpers, für rechtswidrig zu erklären“; d) der Zuspruch von Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand im gesetzlichen Umfang.

4. Mit Begleitschreiben vom 30.07.2020 hat das Verwaltungsgericht XXXX diese Beschwerde zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt. Die Beschwerde langte am 04.08.2020 ein.

Am selben Tag übermittelte das Bundesamt den gegenständlichen Verwaltungsakt und eine ausführliche Stellungnahme zur Beschwerde. Hingewiesen wurde dabei insbesondere auf einen Internet-Eintrag („ XXXX “ vom 02.07.2020; wobei „ XXXX “ der Spitzname des Beschwerdeführers ist), wonach diesem in der Schubhaft ein Mobiltelefon zugesteckt werden soll. Am 16.07.2020 sei eine Vorführung des Beschwerdeführers im Rahmen des HRZ-Verfahrens erfolgt. Ausdrücklich verwiesen wird im Weiteren auf die Unzulässigkeit von Erkundungsvorbringen.

Das Bundesamt beantragte die Abweisung der Beschwerde und Kostenersatz.

5. Am 06.08.2020 wurde das Bundesverwaltungsgericht davon informiert, dass sich der Beschwerdeführer gegen die freiwillige Rückkehr in den Herkunftsstaat entschieden habe.

6. Mit Mängelbehebungsauftrag vom 06.08.2020 setzte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters eine 14-tägige Frist um die konkret bekämpften Maßnahmen und die Gründe für die angenommene Rechtswidrigkeit darzulegen. Relevant sei dabei auch, ob es sich um sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbare Akte handle – dies habe Auswirkungen auf den allfälligen Kostenersatz.

Überdies sei auch der Antrag auf Verfahrenshilfe nicht entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen gestellt/begründet worden.

7. Am 24.08.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme des Vertreters ein, wonach der Beschwerdeführer in das PAZ XXXX verlegt worden sei. Da er „vermutlich in kurzer Zeit aus der Schubhaft entlassen werden wird“, werde um Fristerstreckung bis 07.09.2020 ersucht.

Darüber hinaus wird in der Stellungnahme angeregt, den Akt dem zuständigen Verwaltungsgericht XXXX zu übermitteln, da es sich um Maßnahmen der LPD XXXX handeln würde.

8. Am 08.09.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein „Erneuter Antrag auf Fristerstreckung“ ein, den RA Dr. KLAMMER wie folgt begründete:

„Mit Mängelbehebungsauftrag vom 06.08.2020 wurde eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 07.09.2020 erteilt.

Da Herr XXXX sich derzeit in Schubhaft in XXXX befindet und der Vertreter ihn bis dato nicht besuchen konnte, wird erneut höflichst um eine Fristerstreckung bis zum 22.09.2020 ersucht.“

9. Mit Schreiben vom 08.09.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht – unter Setzung einer Frist von drei Tagen – dem rechtsfreundlichen Vertreter einen Mängelbehebungsauftrag im Zusammenhang mit dem Antrag auf Verfahrenshilfe.

Auf dieses Schreiben wurde weder vom Beschwerdeführer noch seinem Vertreter in irgendeiner Form reagiert.

10. Mit Beschluss vom 15.09.2020, W137 2233021-2/9E, hat das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe zurückgewiesen und insbesondere festgehalten, dass kein rezentes Vermögensbekenntnis vorgelegt worden sei.

11. Am 22.09.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein „Weiterer Antrag auf Fristerstreckung“ ein, den RA Dr. KLAMMER wie folgt begründete:

„Mit Mängelbehebungsauftrag vom 06.08.2020 wurde eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 22.09.2020 erteilt.

Da Herr XXXX sich derzeit in Schubhaft in XXXX befindet und der Vertreter ihn bis dato nicht besuchen konnte, wird erneut höflichst um eine weitere Fristerstreckung bis zum 06.10.2020 ersucht.“

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er verfügt über kein Personal- oder Reisedokument. Er ist nicht Asylwerber; es besteht kein faktischer Abschiebeschutz. Der Beschwerdeführer wurde von 02.07.2020 bis 10.08.2020 in XXXX in Schubhaft angehalten. Seit 11.08.2020 erfolgt die Anhaltung im PAZ XXXX .

Der Beschwerdeführer wird jedenfalls sei 15.07.2020 von RA Dr. Gregor KLAMMER vertreten. Dieser behauptete in seiner jüngsten Eingabe (vom 22.09.2020) an das Bundesverwaltungsgericht tatsachenwidrig eine gerichtliche Fristerteilung im Rahmen einer Mängelbehebung bis 22.09.2020 und beantragte eine weitere Fristerstreckung. Der Rechtsanwalt hat seinen Mandanten im Zeitraum 24.07.2020 bis 30.09.2020 trotz bestehenden Mängelbehebungsauftrag nicht ein einziges Mal im Polizeianhaltezentrum aufgesucht oder von einem Mitarbeiter aufsuchen zu lassen.

Ein von RA Dr. Gregor KLAMMER eingebrachter Antrag auf Verfahrenshilfe wurde vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig zurückgewiesen, weil dieser nicht den gesetzlichen Voraussetzungen entsprach und auch ein gerichtlicher Mängelbehebungsauftrag vom rechtsfreundlichen Vertreter ignoriert wurde.

Der Beschwerdeführer erhob Maßnahmenbeschwerde gegen eine Zimmerkontrolle samt Leibesvisitation am 16.07.2020 sowie gegen seither „meinem Gefühl nach täglich“ vorgenommene gleichartige „in ihrem genauen Umfang noch zu erhebende“ Durchsuchungen. Dem gerichtlichen Mängelbehebungsauftrag in diesem Zusammenhang wurde bis zum heutigen Tage nicht nachgekommen. Die diesbezüglich eingeräumte Frist (bis 24.08.2020) wurde gerichtlich nie erstreckt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes (Schubhaft) sowie den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den Beschwerdeführer. Unstrittig sind der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und sein asylrechtlicher Status. Die Orte der Anhaltung ergeben sich aus der Anhaltedatei.

1.2. Das Bestehen des Vertretungsverhältnisses ergibt sich aus der im Juli beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachten Schubhaftbeschwerde. Auf das Ersuchen vom 08.09.2020 bezüglich Fristerstreckung im Rahmen der Mängelbehebung hat das Bundesverwaltungsgericht (nachweislich) in keiner Form reagiert. Von der Erteilung/Erstreckung einer Frist bis 22.09.2020 kann daher keine Rede sein. Die Feststellungen zu den nicht erfolgten Kontakten von RA Dr. Gregor KLAMMER zu seinem Mandanten ergeben sich aus einem am 01.10.2020 erstellten Auszug aus der Anhaltedatei.

1.3. Die Feststellungen zur Zurückweisung des Antrags auf Gewährung von Verfahrenshilfe ergeben sich aus der diesbezüglichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (W137 2233021-2/9E).

1.4. Aus der Beschwerde ergibt sich – abseits jener Punkte, die Inhalt des Mängelbehebungsauftrags waren – zumindest die konkrete Bekämpfung einer vom Beschwerdeführer mit 16.07.2020 datierten Zimmerkontrolle samt Leibesvisitation, somit einer konkreten Maßnahme. Darüber hinaus wurden keine konkreten Akte bekämpft – was sich auch dem einschlägigen Antrag im Beschwerdeschriftsatz zweifelsfrei entnehmen lässt. Dass dem Mängelbehebungsauftrag bis zum heutigen Tage (Abfertigung dieser Entscheidung) nicht nachgekommen worden ist, ergibt sich aus der Aktenlage.

Im Übrigen erfolgte auch (neuerlich) keine gerichtliche Reaktion auf das zweite Ersuchen um Fristerstreckung, weshalb der Rechtsanwalt nicht von einer Gewährung derselben ausgehen durfte.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“

2.2. Der mit „Bundesverwaltungsgericht“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

§ 7. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2.

Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3.

Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4.

Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5.

Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1.       er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2.       er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3.       gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Gemäß § 6 BFA-VG schreiten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (hier der LPD XXXX ) für das Bundesamt ein. Das betrifft auch die Anwendung unmittelbarer Zwangsgewalt (§ 47 BFA-VG), die hier im Rahmen einer vom Bundesamt angeordneten Schubhaft ausgeübt worden ist. Dies im Übrigen auch aufgrund einer konkreten Anlassmeldung seitens der (für die Verfahrensführung) zuständigen Regionaldirektion. Demgemäß ist auch das Bundesamt im gegenständlichen Verfahren die belangte Behörde – wenngleich „nach außen“ eine Maßnahme durch der LPD XXXX zuzurechnende Personen erfolgte.

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig. Vor diesem Hintergrund kann dem Ansinnen des bevollmächtigten Vertreters, die Beschwerde an das Verwaltungsgericht XXXX zu übermitteln, nicht entsprochen werden.

Zu Spruchteil A)

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit der Maßnahme (Zimmerkontrolle/Leibesvisitation) am 16.07.2020

Eingangs ist klarzustellen, dass der Beschwerdeführer die angeführte Maßnahme konkret bezeichnet und seine Beschwerde auch mit einer konkreten Begründung (grundsätzliche Unzulässigkeit einer solchen Maßnahme aufgrund einer lediglich konstruierten Begründung) versehen hat. Aus diesem Grund ist über diese Einzelmaßnahme auch inhaltlich abzusprechen.

Zunächst ist festzuhalten, dass für diesen Tag in der Anhaltedatei zwar eine Einvernahme bei der nigerianischen Botschaft (vormittags) und ein Besuch des Rechtsvertreters (nachmittags) verzeichnet sind, nicht aber die angefochtene Maßnahme. Unabhängig davon ergibt sich aus der Aktenlage, dass das Bundesamt jedenfalls am 04.07.2020 die relevanten Dienststellen der LPD XXXX davon informierte, dass am 02.07.2020 auf einer öffentlichen Internetseite angekündigt worden ist, dem Beschwerdeführer ein Mobiltelefon zukommen zu lassen – es also rechtswidrig in das Polizeianhaltezentrum einzuschmuggeln. Vor diesem Hintergrund ist eine Zimmerkontrolle nach Empfang externer Besucher – auch verbunden mit einer Leibesvisitation und dem Erfordernis der Entkleidung – grundsätzlich nachvollziehbar.

Die in der Beschwerde vorgebrachte Argumentation, er habe mit den Veröffentlichungen im Internet „persönlich nichts zu tun“, überzeigt schon deshalb nicht, weil diese Personengruppe unter anderem an der Finanzierung seines Rechtsanwalts beteiligt ist (Eintrag vom 06.07.2020), ein mit ihm geführtes Telefonat veröffentlichte (09.07.2020) und ihn am 15.07.2020 auch persönlich in der Haft besuchte – was auch die Anhaltedatei belegt. Dass diese Handlungen (und Veröffentlichungen) ohne seine Zustimmung oder gar gegen seinen Willen erfolgt sind, ist auszuschließen und wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Sie sind auch unverändert (Stand: 01.10.2020) abrufbar.

Eine bereits grundsätzliche Rechtswidrigkeit der beschriebenen Maßnahme – im Sinne einer Grundlosigkeit oder reinen Schikane – kann daher nicht festgestellt werden.

Darüber hinaus wurden keine weiteren Beschwerdepunkte hinsichtlich der Maßnahme – konkret etwa die Umstände der Durchführung (die für sich eine Rechtsverletzung darstellten könnten) – in hinreichend konkreter Form thematisiert. Die Beschwerde ist in diesem Zusammenhang als unbegründet abzuweisen.

4. Zur Frage der Rechtswidrigkeit weiterer „in ihrem genauen Umfang noch zu erhebender Durchsuchungen“ zu nicht näher definierten Zeitpunkten

In diesem Zusammenhang erging an RA Dr. Gregor KLAMMER mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.08.2020 ein Mängelbehebungsauftrag unter Setzung einer 14-tägigen Frist, dem jedoch bis zum heutigen Tag nicht nachgekommen worden ist. Vielmehr hat der bevollmächtigte Rechtsanwalt seit diesem Zeitpunkt (also seit gut sieben Wochen) den Beschwerdeführer nachweislich nicht einmal persönlich aufgesucht. Berücksichtigungswürdige Gründe einer Unmöglichkeit der Kontaktaufnahme wurden im Übrigen von Dr. KLAMMER dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht zur Kenntnis gebracht.

Das Begehren hat sich in den hier relevanten Fällen darauf zu richten, einen konkreten Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären. Die gegen den Betroffenen ausgeübte Befehls- und Zwangsgewalt ist räumlich und zeitlich zu umschreiben. Das Gericht geht aufgrund der Beschwerdeschrift davon aus, dass mehrere Verwaltungsakte angefochten werden. Erst aus einem konkret umschriebenen Verwaltungsakt ergibt sich die Fristberechnung, die Zuordnung zu einer konkreten belangten Behörde sowie auch die Kostenfolgen. Es kommt diesbezüglich auch darauf an, welche und wie viele sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbare Akte, die einer isolierten Betrachtung zugänglich sind, vorliegen.

Der obsiegenden Partei steht der – allfällige - Verhandlungsaufwand für jeden für rechtswidrig erklärten Verwaltungsakt zu, sofern das festgestellte Verwaltungsgeschehen, an Hand dessen die Beurteilung vorzunehmen ist, sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbare Akte, die einer isolierten Betrachtung zugänglich sind, enthält (VwGH vom 10.04.2008; Zl 2006/01/0029). Bei Ermittlung der Anzahl der erfolgreich angefochtenen Verwaltungsakte [§ 79a Abs. 7 AVG iVm § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 1 VwGG] kann nicht allein darauf abgestellt werden, wie die zugrundeliegende Beschwerde strukturiert ist und wie viele Einzelakte sie im Rahmen des bekämpften Amtshandelns zu erkennen vermeint. Wesentlich sind vielmehr die behördlichen Feststellungen über das angefochtene Verwaltungsgeschehen, an Hand derer zu beurteilen ist, wie viele sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbare Akte, die einer isolierten Betrachtung zugänglich sind, vorliegen, wobei für diese Beurteilung auch der jeweils verfolgte Zweck der Amtshandlung(en) sowie die in Frage kommenden Rechtsverletzungen eine Rolle spielen (VwGH vom 09.09.2003, Zl. 2002/01/0360; VwGH vom 12.04.2005, Zl 2004/01/0277).

Da RA Dr. Gregor KLAMMER nicht in der Lage war, in den nunmehr fast zwei Monaten nach Einlangen des Mängelbehebungsauftrags auch nur konkrete Maßnahmen (zeitlich und örtlich trennbar) zu bezeichnen – „gefühlt täglich“ ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend – ist die Beschwerde über die in Punkt II.3. angeführte Maßnahme hinaus zurückzuweisen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war. Entscheiden ist dabei, dass der Beschwerdeführer – beziehungsweise der von ihm bevollmächtigte Rechtsanwalt – eine Maßnahme ausschließlich mit dem Argument der grundsätzlichen Rechtswidrigkeit (Grundlosigkeit) bekämpfte und darüber hinaus nicht in der Lage war, den Erfordernissen zur Konkretisierung bekämpfter Maßnahmen nachzukommen.

6. Kostenersatz

6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Insbesondere betrifft das die Voraussetzungen für die inhaltliche Behandlung von Maßnahmenbeschwerden.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Häftling Kontrolle Kostenentscheidung - Gericht Kostenersatz Kostenersatz - Antrag Mängelbehebung Maßnahmenbeschwerde Schubhaft Verbesserungsauftrag Verfahrenshilfeantrag Verfahrenshilfe-Nichtgewährung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2233021.2.01

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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