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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungwidrigkeit des §2 Abs11 Krnt GemeindeplanungsG 1982 sowie der Aufhebung auf diese Bestimmung gestützter Verordnungen mit E v 10.10.95, G21/95 ua; Zurückweisung auch eines Individualantrags auf Aufhebung einer der mit diesem Erkenntnis aufgehobenen Verordnungen mangels Legitimation. (weitere Anlaßfälle: E v 10.10.95, B2272/93 und B1019/94).Spruch
I. Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Das Land Kärnten ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit zu B1975/93 und B1976/93 jeweils S 15.000,-- (insgesamt also S 30.000,--) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
II. Der Antrag auf Verordnungsprüfung wird zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 14. (B1976/93) bzw.
19. (B1975/93) Oktober 1993 hatte die Kärntner Landesregierung die von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellungen gegen die Bescheide des Gemeindevorstandes der Gemeinde Maria Wörth vom 25. Juni bzw. 8. Juli 1993 abgewiesen, mit denen die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung von Baubewilligungen zur Errichtung von Einfamilienhäusern im Hinblick darauf abgewiesen worden waren, daß die betroffenen Grundstücke mit Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 30. Oktober 1990 über die Festlegung von Aufschließungsgebieten gemäß §2 Abs11 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 als Aufschließungsgebiete festgelegt worden waren.
2. Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, in welchen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, aber auch die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums (B1975/93) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide begehrt wird. Weiters wird der - zu Zl. V91/93 protokollierte - Antrag gestellt, die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 30. Oktober 1990, Zl. 610-2/G/J/1990, über die Festlegung von Aufschließungsgebieten als gesetzwidrig aufzuheben.
3. Die Kärntner Landesregierung als belangte Behörde dieser verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren legte jeweils die Verwaltungsakten vor und erstattete im Verfahren zu B1976/93 eine Gegenschrift, in welcher der bekämpfte Bescheid verteidigt und der Antrag gestellt wird, der Verfassungsgerichtshof wolle erkennen, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden seien. Im Verfahren zu B1975/93 verwies die Kärntner Landesregierung auf die zu B1976/93 erstattete Gegenschrift und teilte mit, daß eine Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen im Fall der Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens abgegeben werde.
4. Die Gemeinde Maria Wörth als beteiligte Partei dieser verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren legte die Akten betreffend die Verordnungserlassung vor und erstattete zu B 1975/93 eine Äußerung, in welcher der angefochtene Bescheid verteidigt und dargelegt wird, weshalb die angegriffene Verordnung nach Auffassung der Gemeinde Maria Wörth gesetzmäßig sei.
Im Verfahren zu B1976/93 erstattete die Gemeinde ebenfalls eine Äußerung, in welcher auf jene zu B1975/93 verwiesen wird. Ergänzend wird ausgeführt, daß die beantragten Bauvorhaben gemäß §11 Abs2 Gemeindeplanungsgesetz 1982 nicht bewilligt werden konnten.
5. Die Beschwerdeführer erstatteten in beiden Verfahren eine Replik, in welcher sie den Ausführungen in der Äußerung der Gemeinde Maria Wörth entgegentreten und Beweisanträge stellen. Im übrigen wird beantragt, im Sinne der Beschwerdeanträge zu erkennen.
6. Auf Anfrage des Verfassungsgerichtshofes teilte die Kärntner Landesregierung mit, daß die Gemeinde Maria Wörth die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 30. Oktober 1990, Zl. 610-2/G/J/1990, über die Festlegung von Aufschließungsgebieten der Kärntner Landesregierung als Aufsichtsbehörde nicht mitgeteilt habe. Kurz darauf teilte die Gemeinde Maria Wörth mit, daß die genannte Verordnung der Kärntner Landesregierung als Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 10. November 1994 nunmehr mitgeteilt worden sei.
Weiters legte die Gemeinde Maria Wörth auf Anfrage des Verfassungsgerichtshofes weitere Unterlagen vor; die Beschwerdeführer gaben hiezu eine weitere Stellungnahme ab.
II. Aus Anlaß dieser in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm. §35 VerfGG 1953 zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs11 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 13. April 1982, Zl. Verf-212/1/1982, über die Wiederverlautbarung des Gemeindeplanungsgesetzes 1970, LGBl. für Kärnten 51/1982, ein.
Weiters leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Wendung "332/1, 332/3," in Punkt 1 Z3 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth vom 30. Oktober 1990, Zl. 610-2/G/J/1990, über die Festlegung von Aufschließungsgebieten, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Gemeindeamtes der Gemeinde Maria Wörth in der Zeit vom 6. bis 20. November 1990, ein.
Mit Erkenntnis vom heutigen Tage, G21,22/95, V23,24/95 ua. Zlen., sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß die genannte Gesetzesstelle verfassungswidrig war und hob u.a. die genannte Verordnung zur Gänze als gesetzwidrig auf.
III. Die Beschwerden sind
gerechtfertigt.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung der angefochtenen Bescheide ein verfassungswidriges Gesetz bzw. eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
Die Beschwerdeführer wurden somit durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
IV. Insoweit jedoch beantragt wird, die in Rede stehende Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Maria Wörth als gesetzwidrig aufzuheben (V91/93), ist dieser Antrag deshalb zurückzuweisen, weil diese Verordnung den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegt und zu ihrer Bekämpfung daher ein anderer - hier auch mit Erfolg in Anspruch genommener - Rechtsweg offensteht.
V. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von jeweils
S 2.500,-- enthalten.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B1975.1993Dokumentnummer
JFT_10048990_93B01975_00