TE Vwgh Beschluss 2020/11/12 Ra 2020/16/0154

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Veröffentlicht am 12.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2020/16/0153 B 12.11.2020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der Ö Gesellschaft in N, vertreten durch Dr. Hermann Aflenzer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lessingstraße 40, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 4. August 2020, RV/5200001/2016, betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Linz Wels), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 27. Mai 2015 erfasste das Zollamt Linz Wels gemäß Art. 220 ZK einen Differenzbetrag in der Höhe von 17.818,36 an Zoll nachträglich buchmäßig und setzte eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG fest, wogegen die Revisionswerberin Beschwerde erhob.

Das Zollamt Linz Wels wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. Juli 2015 als unbegründet ab, woraufhin die Revisionswerberin die Vorlage ihrer Beschwerde beantragte.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet ab und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

Nach Darstellung dieses Verfahrensganges traf das Gericht zunächst folgende Sachverhaltsfeststellungen:

„Dem vorliegenden Abgabenverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Mit der o.a. Zollanmeldung vom 27.03.2015 wurden auf Antrag der direkt vertretenen [Revisionswerberin] verschiedene Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt.

In Pos. 3 dieser Zollanmeldung hat die [Revisionswerberin] die in Rede stehenden Wirtschaftsgüter mit der Bezeichnung ‚Befüllrohre‘ unter der Warennummer mit 7306 5080 90 (als andere Rohre, geschweißt, mit kreisförmigem Querschnitt, aus anderem legierten Stahl, andere als Präzisionsstahlrohre, nicht für zivile Luftfahrzeuge) angemeldet.

Eine von der Abfertigungsbeamtin veranlasste Überprüfung der Richtigkeit der zolltarifarischen Einreihung dieses Erzeugnisses durch die Steuer- und Zollkoordination, Technische Untersuchungsanstalt, führte zum Ergebnis, dass die Ware unter die Position 7306 3072 80 in die KN einzureihen ist (ETOS-Untersuchungsbefund vom 30.04.2015, 935/2015).

In ihrer Stellungnahme vom 18.05.2015 meinte die [Revisionswerberin], die Ware sei als Konstruktionsteil in die Position 7308 9098 in die KN einzureihen.

Das Zollamt teilte diese Ansicht nicht und erließ den nunmehr angefochtenen Bescheid.

In ihrer Beschwerde vom 25.06.2015 begehrt die [Revisionswerberin] die Einreihung des Befüllrohrs unter die Position 847990 der KN als Teil eines mechanischen Kompaktgewebetanks zur Aufbewahrung (Lagerung) von Pellets bzw. hilfsweise unter Position 8403 der KN als Teil einer Heizkesselanlage.

Im Vorlageantrag werden die Einwände der [Revisionswerberin] gegen die vom Zollamt vorgenommene Einreihung näher ausgeführt und die Bf. erachtet eine Tarifierung unter Position 8403 9090 der KN als zutreffend.

Hilfsweise käme auch eine Einreihung unter die Position 8479 9080 der KN (Teile von Maschinen, Apparate und mechanische Geräte mit eigener Funktion, in diesem Kapitel anderweit weder genannt noch inbegriffen, andere als aus gegossenem Eisen oder Stahl, andere als für zivile Luftfahrzeuge) in Betracht.

Die [Revisionswerberin] beschreibt das Befüllrohr im Vorlageantrag wie folgt:

‚1.1 Beschaffenheit und Material

Hinsichtlich der technischen Details des Befüllrohrs verweisen wir zunächst auf die technische Zeichnung Nr. ...

Aus Korrosionsschutzgründen besteht das Befüllrohr lt. Zeichnung aus galvanisch verzinktem Stahlblech Fe / Zn B8 µm, gemäß DIN EN12329. Mit Hilfe dieses Galvanisationsverfahrens wird das Stahlblech mit einer dünnen Schicht Zinkmetall überzogen.

Das Befüllrohr weist einen kreisförmigen Querschnitt auf. Es besteht aus einem 486 +/- 2,5 mm langen Rohr (sog. ‚KMH-Rohr mit Bördelrand‘). Das Rohr weist einen Innendurchmesser von 102 mm aus. Der Augendurchmesser des Rohrs beträgt 115 mm an den Rändern.

Wie aus der Zeichnung ersichtlich, ist 35 mm von einem Bördelrand entfernt ein Metallstab (i.F. Winkel) an das Befüllrohr angeschweißt. Der Winkel weist eine flache, längliche Form auf und steht vom Rohr rechtwinklig ab. Der Winkel ist 572,5 mm lang, 55 mm breit und 8 mm dick. An der Stelle, an der der Winkel am Rohr angeschweißt ist, weitet sich der Winkel stetig bis zu einer Breite von 120 mm auf. Der Winkel ist über seine ganze Länge mit schmalen, länglichen Ausschnitten versehen. Hierbei handelt es sich um Schraublöcher, die zur Befestigung des Befüllrohrs mittels Schrauben und Muttern bestimmt sind. Die über die ganze Länge vorhandenen Ausschnitte dienen der Höhenanpassung des Befüllrohrs entsprechend der individuellen Einbausituation.

Aus stofflicher Sicht besteht der Winkel, wie das Rohr, aus galvanisch verzinktem Stahl.

1.2 Funktion

Das Befüllrohr dient der Befüllung von Pellettanks (von der Antragstellerin Gewebetank genannt) mit Pellets, die in den Pellettank mit hohem Druck eingeblasen werden. Zu diesem Zweck ist es in den Pellettank fest eingebaut. Durch seine stabile Stahlausführung dient es als Stütze für die beim Einfüllvorgang verwendete Einblasvorrichtung, bei dem starke Kräfte auf das Befüllrohr wirken. Schließlich nimmt das Befüllrohr weitere Komponenten auf, die mit ihm zusammen das ‚Befüllsystem‘ darstellen, welches zum Funktionieren des ganzen Zentralheizungssystems unerlässlich ist (hierzu sogleich im Einzelnen).

2. Befüllrohr, als Teil der Ö Gewebetankmodelle

Das Befüllrohr ist stets Teil eines komplexen Befüllsystems für den Pellettank, welcher wiederum an ein Zentralheizungssystem angeschlossen ist. Im Einzelnen:

2.1 Befüllrohr als Teil des Befüllsystems

So besteht das Befüllsystem typischerweise aus dem Befüllrohr, einer Verschlusskappe, einer Einblasdüse sowie den für die Befestigung und Abdichtung dieser Komponenten erforderlichen Schellen und Schrauben. Zur Veranschaulichung verweisen wir auf die Anleitungen für Montage und Zusammenbau des Befüllsystems, auszugsweise beigefügt als Anlagenkonvolut ASt 3.

Abhängig vom Typ des Gewebetanks wird das Befüllungsrohr zusätzlich mit eine luft- und staubdichten Schlauchklemme 90-110 mm ausgeliefert. Näheres hierzu ist den Teilelisten zu den Gewebetanks der Antragstellerin (F H und F k) Anlagenkonvolut ASt 4 zu entnehmen.

2.2 Befüllrohr als Hauptteil des Befüllsystems

Wie aus den obigen Ausführungen ersichtlich, ist das Befüllrohr der Hauptbestandteil des Befüllsystems. Ohne das Befüllrohr kann die Zuführung der Pellets in den Pellettank nicht erfolgen. Außerdem ist es Montagegrundlage für die weiteren Komponenten des Befüllsystems; ohne das Befüllrohr kann das Befüllsystem noch nicht einmal montiert werden.

3. Befüllsystem: Teil der Gewebetankmodelle

Das Befüllsystem, dessen Bestandteil das Befüllrohr ist, ist wiederum Teil der von der Antragstellerin vertriebenen Gewebetankmodelle. Die genaue Position des Befüllsystems in den Gewebetankmodellen ist dem Informationsblatt ‚Voraussetzungen für F Gewebetanks zu entnehmen, das wir als Anlage ASt 5. beifügen.“

3        Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das Gericht aus, der Sachverhalt sei auf Grund des vom Zollamt elektronisch vorgelegten Akteninhalts, des Vorbringens der Revisionswerberin und der Beilage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung als erwiesen anzusehen. Der Verfahrensgang vor dem Zollamt sowie vor dem Gericht sei durch den angefochtenen Bescheid, die Schreiben des Zollamtes, die Bescheidbeschwerde, die Beschwerdevorentscheidung, dem Vorlageantrag, dem Vorlagebericht und den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung „evident“.

4        In rechtlicher Hinsicht erwog das Gericht nach Zitierung aus dem Zollkodex, der Kombinierten Nomenklatur sowie Erläuterungen zum Harmonisierten System und der Wiedergabe der im Revisionsfall in Betracht kommenden Kapitel 7306 und 8479 der Kombinierten Nomenklatur:

„Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sowie des Bundesfinanzhofs (BFH), (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95; BFH, Urteile vom 18.11.2001, VII R 78/00; vom 09.10.2001, VII R 69/00; vom 14.11.2000; VII R 83/99; vom 05.101999, VII R 42/98 und vom 23.07.1998, VII R 36/97) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteile vom 09.12.1997, C-143/96; vom 19.05.1994, C-11/93).

Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteile vom 14.11.2000, VII R 83/9; und vom 05.10.1999, VII R 42/98; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02).

Die [Revisionswerberin] meinte noch im Vorlageantrag, der Zentralheizungskessel und der Gewebetank (beide sind zweifellos nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens) seien zusammen als funktionelle Einheit in die Position 8403 einzureihen. Ihren Argumenten zufolge sei der Gewebetank Teil des Pelletheizsystems und der Lagerungsmöglichkeit komme keine selbständige Bedeutung zu.

Dem ist zu entgegnen, dass es verschiedenste Möglichkeiten der Lager- und Fördersysteme gibt, die zum Betrieb einer Pelletheizung eingesetzt werden können. Alleine die [Revisionswerberin] bietet auf ihrer Homepage drei verschiedene Möglichkeiten an: den Gewebetank, die Befüllung von einem Lagerraum aus und schließlich Pelletbehälter zur Handbefüllung. Schon aus diesem Umstand folgt, dass es sich beim Gewebetank nicht - wie in den o.a. Erläuterungen beschrieben - um eine Maschine oder Maschinenkombination handelt, die für die Ausübung der für die funktionelle Einheit als Ganzes charakteristischen Funktion (hier: die Wärmeerzeugung) notwendig ist.

Nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes erfüllt der Gewebetank auch nicht die Kriterien um als Teil des Heizkessels in die Position 8403 eingereiht zu werden. Wenn nach den o.a. HS-Erläuterungen sogar Ausdehnungsgefäße, die mit der durch die Rohrleitungen des Zentralheizungssystems fließenden Flüssigkeit in Berührung stehen von der Einreihung unter Position 8403 ausgenommen sind, muss dies umso mehr für die Lagertanks gelten, bei denen es zweifellos nicht zu einer derartigen Berührung kommt.

Der Gewebetank ist daher aus all diesen Gründen nicht in die Position 8403 der KN einzureihen.

Damit kommt auch die von der [Revisionswerberin] im Vorlageantrag noch begehrte Einreihung des streitgegenständlichen Befüllrohrs als Teil einer Maschine der Position 8403 der KN nicht in Betracht. Bemerkt wird, dass die Bf. im Rahmen der Verhandlung das diesbezügliche Begehren zurückgenommen hat.

Zwischenzeitlich besteht zwischen den beiden Parteien des vorliegenden Abgabenverfahrens Einigkeit darüber, dass die Gewebetanks als andere Maschinen, Apparate und mechanische Geräte mit eigener Funktion, im Kapitel 84 anderweit weder genannt noch inbegriffen, einzureihen sind und von der Position 8479 8997 90 der KN erfasst werden.

Die [Revisionswerberin] erneuerte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ihre nunmehrige Ansicht, wonach das verfahrensgegenständliche Befüllrohr Teil des Befüllsystems der Pelletbehälter sei. Diese Erzeugnisse seien daher in die Teilenummer der Position 8479 der KN einzureihen.

Der Vertreter des Zollamtes hingegen äußerte seine Überzeugung, dass es für einen durchschnittlichen Zöllner nicht erkennbar sei, dass es sich bei dem Rohr um einen Teil eines Gewebetanks handle. Die Ware stellte sich schlicht als Rohr mit einer angeschweißten Halterung dar.

Das Bundesfinanzgericht teilt die Ansicht der Abgabenbehörde, wonach es für die Einreihung von Teilen in die KN u.a. darauf ankommt, ob die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gerät oder Apparat erkennbar ist.

Insofern ist auch der [Revisionswerberin] zuzustimmen, die in ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 15.04.2020 meint, dass bei der Frage der zolltarifarischen Einreihung von Teilen auch deren Erkennbarkeit eine besondere Bedeutung zukommt.

Das vorliegende Befüllrohr ist durch seine unspezifische Form, von der sich das Bundesfinanzgericht bei der Verhandlung überzeugen konnte, nicht als Teil eines Gewebetanks erkennbar. Es stellt sich vielmehr als ganz normales Rohr dar, dessen einzige Besonderheit darin besteht, dass es über einen angeschweißten Winkel verfügt. Letzterer ist aber für das Wesen der Ware - wie auch die [Revisionswerberin] einräumt - von untergeordneter Bedeutung und bleibt daher gem. AV 3b) bei der Frage der Einreihung in den Zolltarif außer Betracht.

Es spricht daher schon aus dieser Sicht alles dafür, das Befüllrohr in die Position 7306 der KN einzureihen.

Diesbezüglich wird etwa auf die VZTA DEBTI46473/18-1 vom 23.10.2018 des Hauptzollamtes Hannover betreffend die Einreihung eines Stahlrohrs in die KN verwiesen, die ebenfalls auf die Erkennbarkeit abstellt und die wie folgt begründet wird:

‚Bei der Ware handelt es sich um ein zylindrisches Hohlerzeugnis mit über die gesamte Länge gleichbleibenden kreisförmigem Querschnitt (Rohr). Das Rohr hat einen Außendurchmesser von 20 mm, eine Wandstärke von 3,5 mm und eine Gesamtlänge von 57 mm. Das Rohr besteht aus nicht legiertem Stahl (E235 +N oder S23SJRG2) und ist durch Längsnahtschweißen es entspricht der Norm DIN EN 10305 über Präzisionsstahlrohre. Die Ware wird an Schienenelemente eines Krans geschweißt und dient zur Verbindung von zwei Elementen. Aufgrund der unspezifischen Form der Ware handelt es sich nicht um ein erkennbares Teil eines Krans, was eine Einreihung in Kapitel 84 ausschließt. Die Ware ist als anderes Rohr, geschweißt, mit kreisförmigem Querschnitt, aus nicht legiertem Stahl, Präzisionsstahlrohr, mit einer Wanddicke von mehr als 2 mm, in die Codenummer 7306 3019 00 0 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen.‘

Die von der [Revisionswerberin] begehrte Einreihung in die Position 8479 der KN scheidet demnach aus.

Die [Revisionswerberin] ist mit ihrer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Ansicht im Recht, dass nicht alle Rohre in die Position 7306 der KN einzureihen sind. Es trifft auch zu, dass zu eindeutig erkennbaren Waren verarbeitete Rohre und Hohlprofile, wie etwa Sattelstangen und Fahrradrahmen (Pos. 8714) oder Auspuffrohre für Fahrzeuge des Kapitels 87 der KN (z.B. Pos. 8708 oder 8714) nicht zur Position 7306 der KN zahlen (siehe auch Erläuterungen zum HS zu Position 7306 Buchstabe f). Damit ist für die [Revisionswerberin] allerdings nichts gewonnen. Denn bei den in Rede stehenden Erzeugnissen handelt es sich - wie oben ausführlich dargelegt eben nicht um eindeutig erkennbare Rohre der beschriebenen Art. Der Hinweis der [Revisionswerberin], dass Auspuffrohre nach Ansicht des Zollamtes Wien in die Position 8708 9235 der KN einzureihen sind, ändert daher nichts an der allgemein gültigen Feststellung, dass Rohre mit unspezifischer Form, die nicht zu eindeutig erkennbaren Waren verarbeitet worden sind, in der Position 7306 der KN verbleiben.

Die [Revisionswerberin] verweist in ihrer ergänzenden Eingabe vom 15.04.2020 auf Judikatur des EuGH zur Differenzierung ‚Teile‘ versus „Zubehör“. Sie meint aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Hark lasse sich ableiten, dass es sich bei dem Befüllrohr um einen Teil eines ‚Apparates‘ handle. In dem erwähnten Urteil heißt es u.a. (EuGH 12.12.2013, C-450/12):

Randr. 36:

Der Begriff ‘Teile‘ im Sinne der KN-Position 7321 ist in der KN nicht definiert. Nach der im Zusammenhang mit den Kapiteln 84 und 85 des Abschnitts XVI und Kapitel 90 des Abschnitts XVIII der KN entwickelten Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt der Begriff ‚Teile‘ indessen voraus, dass es ein Ganzes gibt, für dessen Funktionieren diese Teile unabdingbar sind (vgl. u. a. Urteile vom 15. Februar 2007, RUMA, C-183/06, Slg. 2007,I-1559, Randnr. 31, vom 16. Juni 2011 Unomedical, C-152/10, Slg. 2011, I-5433, Randnr. 29, sowie Rohm & Hoas Electronic Materials CMP Europe u. a., Randnr. 34). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass es für die Einstufung einer Ware als ‚Teil‘ im Sinne der genannten Kapitel nicht ausreicht, nachzuweisen, dass die Maschine oder das Gerät ohne diese Ware nicht ihrer Bestimmung gemäß verwendet werden kann. Es muss auch festgestellt werden, dass das mechanische oder elektrische Funktionieren der fraglichen Maschine oder des fraglichen Geräts von dieser Ware abhängt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Februar 2002, Turban International, C-276/00, Slg. 2002, I-1.389, Randnr. 30, sowie Rohm & Haas Electronic Materials CMP Europe u. a., Randnr. 35). Außerdem ist Anmerkung 2 Buchst. a zu Abschnitt XV der KN zu berücksichtigen, die klarstellt, dass sich die Bezeichnung ‚Teile‘ u. a. in der KN-Position 7321 nicht auf ‚Teile mit allgemeiner Verwendungsmöglichkeit‘ bezieht.

Randr. 37:

Im Interesse einer kohärenten und einheitlichen Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs ist dem Begriff ‚Teile‘ im Sinne der KN-Position 7321 dieselbe Definition zu geben, wie sie sich aus der zu anderen Kapiteln der KN ergangenen Rechtsprechung ergibt, auf die in Randnr. 36 des vorliegenden Urteils hingewiesen wurde.

Randnr. 38:

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen des vorlegenden Gerichts, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Rohrwinkelstück sowie das Kaminsteckteil und die Blende ausschließlich für Raumheizofen bestimmt sind. Außerdem dient dieses Rohrwinkelstück dazu, den Raumheizofen an den Schornstein anzuschließen. Ohne diesen Anschluss konnte der Raumheizofen nicht betrieben werden, da Verbrennungsgase austreten würden.

Nach dieser Judikatur kommt es für die Einstufung einer Ware als ‚Teil‘ iSd Kapitels 84 der KN entscheidungsmaßgeblich darauf an, ob das mechanische oder elektrische Funktionieren des fraglichen Gerätes (hier: das Funktionieren des Pellettanks als Apparat der Warennummer 8479 der KN) von diesem Teil abhängig ist.

Die beiden Verfahrensparteien haben übereinstimmend erklärt, dass der Gewebetank über keinerlei elektrische Vorrichtungen verfügt und dass seine einzige mechanische Funktion darin besteht, die Pellets mittels Förderschnecke zur Saugweiche zu befördern (von dort werden sie mittels Vakuumsaugsystem zum Kessel transportiert). Alle diese Komponenten dienen ausschließlich der Entleerung des Tanks.

Das mechanische Funktionieren dieses Fördersystems ist aber in keiner Weise vom vorliegenden Befüllrohr abhängig, das nicht der Entleerung sondern ausschließlich der Befüllung dient. Die vorstehend zitierten vom EuGH entwickelten Kriterien für die Einreihung von Teilen werden durch die in Rede stehende Ware somit nicht erfüllt.

In diesem Zusammenhang wird auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache Turbon International verwiesen. Dort heißt es u.a. (EuGH 07.02.2002, C-276/00):

Randnr. 30:

In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern, dass der Begriff ‚Teil im Sinne der Position 8473 KN voraussetzt, dass es ein Ganzes gibt, für dessen Funktion dieses Teil unabdingbar ist (vgl. Urteil Peacock, Randnr. 21), was bei der im Ausgangsverfahren fraglichen Kartusche nicht der Fall ist. Zwar kann ein Drucker ohne Tintenkartusche nicht seiner Bestimmung gemäß verwendet werden, doch hängt sein mechanisches und elektronisches Funktionieren überhaupt nicht davon ab, dass eine solche Kartusche vorhanden ist. Wenn nämlich ein Drucker mangels Tintenkartusche die Übertragung einer am Computer erstellten Arbeit auf Papier nicht ermöglicht, so beruht dies nicht auf einer Funktionsstörung des Druckers, sondern auf dem Fehlen von Tinte.

Randnr. 31:

Eine Tintenkartusche wie die des Ausgangsverfahrens, die in Anbetracht der Merkmale dieser Ware, wie sie von Turban International in ihren schriftlichen Erklärungen beschrieben worden sind, keine besondere Rolle beim eigentlichen mechanischen Funktionieren des Druckers spielt, kann daher nicht als ‚Teil‘ eines Druckers im Sinne der Position 8473 KN eingestuft werden.

Da dem vorliegenden Befüllrohr beim mechanischen Funktionieren des Pellettanks keinerlei Relevanz zukommt, ist es unter Bedachtnahme auf die eben zitierte Judikatur nicht als ‚Teil‘ eines solchen Behälters in die Position 8479 der KN einzureihen.

Das in Rede stehende Erzeugnis stellt sich vielmehr bei genauer Betrachtung als zusammengesetzte Ware dar, bestehend aus einem Rohr und einem Winkel. Bei der Klärung der Frage, ob die Ware nun als Rohr oder als Winkel einzureihen ist, ist in Anwendung der oben angeführten AV 3a zunächst zu prüfen, welche der verschiedenen allenfalls in Betracht kommenden Positionen (7306 für Rohre oder 7308 bzw. 7326 für Winkel) die genauere Warenbezeichnung bietet. Diese Prüfung führt zum Ergebnis, dass im Hinblick auf die vorliegende zusammengesetzte Ware alle drei erwähnten Positionen gleich genau bzw. ungenau sind. Eine Einreihung nach AV 3a ist demnach nicht möglich.

Die Einordnung in den Zolltarif hat daher gem. AV 3b zu erfolgen, wobei zu erforschen ist welcher Bestandteil der gesamten Ware seinen wesentlichen Charakter verleiht. Der Vertreter des Zollamtes hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf Befragen erklärt, dass das Wesen der zusammengesetzten Ware durch das Rohr bestimmt wird. Er begründete seine Ansicht damit, dass dem Winkel nur eine untergeordnete Bedeutung zukomme, zumal er ausschließlich eine tragende Funktion aufweise. Ob man den Winkel in die Erde schlage oder an einem anderen Gegenstand montiere, bleibe für die Funktion der Ware (als Rohr) ohne Bedeutung. Das Rohr sei daher charakterbestimmend.

Die [Revisionswerberin] schloss sich dieser Argumentation an.

Auch das Bundesfinanzgericht kommt zum Schluss, dass das Wesen des Befüllrohrs durch das Rohr bestimmt wird. Dies zeigt sich schon dadurch, dass es für die gesamte Ware namensgebend ist. Dazu kommt, dass die zusammengesetzte Ware nur auf Grund der für ein Rohr typischen Beschaffenheit (es handelt sich um ein konzentrisches Hohlerzeugnis, mit über die gesamte Länge gleichbleibendem, nur einen einzigen geschlossenen Hohlraum aufweisenden Querschnitt derselben inneren und äußeren Form, entsprechend den Erläuterungen zum HS zu Kapitel 73 Pkt. 1) für die intendierte Verwendung, nämlich zur Zuführung von Pellets in den Gewebetank unter großen Druck, einsetzbar ist.

Damit steht fest, dass die in Rede stehende Ware gemäß AV 1 und AV 6 und insbesondere AV 3b) sowie dem Wortlaut der Position 7306 in die Position 7306 3072 80 der KN einzureihen war. Der Nachforderungsbescheid ist daher zu Recht ergangen.

Zur ebenfalls angefochtenen Abgabenerhöhung ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Bestimmungen des § 108 Abs. 1 ZolIR-DG betreffend die Abgabenerhöhung für vor dem 1. Mai 2016 verwirklichte Sachverhalte ihre Maßgeblichkeit behalten (VwGH 19.10.2017, Ra 2017/16/0098). Dafür, dass die in der zitierten Bestimmung festgelegten Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt worden sind, liegen nach der Aktenlage keine Hinweise vor. Selbst die [Revisionswerberin] behauptet Derartiges nicht. Die Vorschreibung der Abgabenerhöhung erfolgte daher zu Recht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.“

Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Gericht damit, die vorliegende Entscheidung könne sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es müsse daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.

5        In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin „in ihren Rechten verletzt und deshalb berechtigt gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG Revision zu erheben.

Die Zulässigkeit ihrer Revision legt sie damit dar, die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zur Unzulässigkeit einer Revision treffe nicht zu, weil der Begriff des „Teils“ im gemeinsamen Zolltarif höchstrichterlich nicht geklärt sei. Mangels einer Legaldefinition gehe es um die Frage, den Begriff „Teil“ auszulegen. Das Verwaltungsgericht übersehe, dass die Begriffe „Teile“ und „Zubehör“ im Zolltarif nicht definiert seien. Es sei schwer verständlich, dass es für die Auslegung des Zolltarifs auf die Erkennbarkeit eines durchschnittlichen Zöllners ankommen solle. Das habe mit juristischer Auslegung des Tarifs nicht viel gemein. Auch die bisherige Rechtsprechung des EuGH, „vom 12.12.2013, C-450/12, und vom 07.02.2002, C-276/00“ bringe im vorliegenden Zusammenhang offenbar keine Klärung. Nach Auffassung der Revisionswerberin müsse es anscheinend darauf ankommen, ob die fragliche Ware als Teil einer Hauptware besonders konstruiert worden sei. Die Begründung der Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG endet mit der

„Rechtsfrage

Kann der Gemeinsame Zolltarif so ausgelegt werden, dass das verfahrensgegenständliche, besonders für das Befüllen von Pelletstanks konstruierte Befüllrohr als Teil eines Befüllsystems i.S.d. der HS Pos. 8479 zuordenbaren Pelletsbehältnisses eingereiht werden kann?“

6        Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitliche beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

7        Die Revision lässt den vom Verwaltungsgericht festgestellten „Sachverhalt“ unberührt und hält die vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen insbesondere für die im Revisionsfall zu beantwortende Rechtsfrage der Einreihung der revisionsgegenständlichen Befüllrohre aus rechtlicher Sicht für ausreichend.

8        Wie der eingangs wiedergegebenen Begründung, insbesondere den rechtlichen Erwägungen des angefochtenen Erkenntnisses zu entnehmen ist, berief sich dieses auf näher zitierte Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union sowie des (deutschen) Bundesfinanzhofes zur Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs.

9        Auch der Verwaltungsgerichtshof hat sich schon zur Auslegung der Kombinierten Nomenklatur und deren Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln geäußert (vgl. die Erkenntnisse vom 28.10.2009, 2008/15/0229 = Slg. 8484/F, vom 27.6.2013, 2010/15/0185, oder vom 29.8.2013, 2011/16/0263).

10       Zwar kann einer Rechtsfrage auch bei sich aus dem Unionsrecht ergebenden Bedenken eine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen; mit einem allgemein gehaltenen Verweis auf bestimmte Urteile des EuGH wird jedoch nicht aufgezeigt, welche konkrete Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in der vorliegenden Revisionssache zu klären wäre (VwGH 20.12.2017, Ra 2017/12/0114).

11       Ebenso wenig genügt eine nicht näher kommentierte Aneinanderreihung von Leitsätzen, um eine Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darzulegen (VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0047).

12       Damit weist auch die am Ende der Darlegung der Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) formulierte Rechtsfrage, die zudem lediglich eine Auslegungsmöglichkeit, nicht jedoch ein für den Revisionsfall allein entscheidendes Auslegungsergebnis formuliert, nicht über den Revisionsfall hinaus, womit ihr keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zukommt.

13       Die Revision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 12. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020160154.L00

Im RIS seit

26.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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