TE Vwgh Beschluss 2020/11/13 Ra 2020/05/0213

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Veröffentlicht am 13.11.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision der H GmbH in V, vertreten durch Dr. Burghard Seyr, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 23, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 26. August 2020, LVwG-2020/37/1472-1, betreffend Zurückweisung von Anträgen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 gemäß § 13 Abs. 3 AVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (in der Folge: LVwG) wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 28. Mai 2020, mit welchem ein von der revisionswerbenden Partei am 19. Dezember 2019 gestellter, näher bezeichneter Antrag nach § 37 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 und zwei weitere, damit in Zusammenhang stehende Anträge gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG zurückgewiesen worden waren, als unbegründet abgewiesen (1.) und gleichzeitig ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (2.).

5        In den Zulässigkeitsgründen der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision führt die revisionswerbende Partei zusammengefasst aus, zur Frage, inwieweit sich teils chaotische Zustände im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie auf die Angemessenheit einer Frist eines Verbesserungsauftrages auswirkten, liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Durch den „Lock down“ sei das Wirtschaftsleben in Tirol zum Erliegen gekommen und die Anberaumung von Sitzungen einer Agrargemeinschaft nicht möglich gewesen. Konkret sei die Rechtsfrage zu beantworten, „inwieweit Fristen durch die coronabedingten Beschränkungen im Frühjahr 2020 noch angemessen waren, die vor dem COVID-19-Maßnahmengesetz von der Behörde zur Vornahme von Verbesserungen gesetzt worden sind und ob diese Fristen über den im verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetz abgesteckten Zeitraum hinaus zu verlängern waren, wenn sich dies im Einzelfall wegen der besonderen Fallkonstellation als notwendig erwiesen hat“.

6        Die Revision ist unzulässig:

7        Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 bereits vielfach ausgesprochen hat, bedarf es in Bezug auf die Revisionszulässigkeit einer Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem konkreten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2019/05/0117, oder auch 2.8.2018, Ra 2018/05/0198, jeweils mwN). Jedenfalls ist eine konkrete Bezugnahme auf den Revisionsfall herzustellen (vgl. VwGH 22.1.2019, Ro 2018/05/0023, mwN). Bereits dieser Anforderung wird das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision mit seinen allgemeinen Ausführungen nicht gerecht.

8        Im Übrigen hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage der Angemessenheit der nach § 13 Abs. 3 AVG festzusetzenden Frist von der Art des vorhandenen Mangels ab und unterliegt damit grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 5.5.2020, Ra 2019/06/0023, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung für den gegenständlichen Fall legt die revisionswerbende Partei mit der bloßen Frage, ob eine Verbesserungsfrist nach § 13 Abs. 3 AVG über den im (Verwaltungsrechtlichen) COVID-19-Begleitgesetz abgesteckten Zeitraum im Einzelfall zu verlängern gewesen wäre, nicht dar; dies insbesondere auch im Hinblick auf die Tatsache, dass nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis die zunächst mit Verbesserungsauftrag vom 29. Jänner 2020 gesetzte Frist bereits am 28. Februar 2020 geendet hätte, diese Frist sodann von der belangten Behörde auf Ersuchen der revisionswerbenden Partei bis 26. März 2020 erstreckt wurde, und sowohl die belangte Behörde als auch das LVwG davon ausgingen, dass unter Einbeziehung des § 1 Abs. 1 COVID-19-VwGB die letztgenannte Frist erst am 25. Mai 2020 endete, sowie im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach jedenfalls dann, wenn (wie hier) der Antragsteller dem Gesetz entnehmen konnte, mit welchen Belegen er sein Ansuchen auszustatten hatte, die gemäß § 13 Abs. 3 AVG einzuräumende Frist nur zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen ausreichen muss, nicht jedoch zu deren Beschaffung (vgl. etwa VwGH 31.1.2012, 2009/05/0044, 6.10.2011, 2010/06/0008, oder auch 1.4.2008, 2007/06/0281, jeweils mwN).

9        In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 13. November 2020

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050213.L00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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