Entscheidungsdatum
21.10.2020Norm
LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §6 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch seinen Vergabesenat 3 unter dem Vorsitz von HR Mag. Dr. Schwarzmann und HR Mag. Dr. Becksteiner als Berichterstatter sowie HR Mag. Dr. Wessely, LL.M., als weiteren Berufsrichter sowie Mag. Schrötter und DI Wiener als fachkundige Laienrichter über den mit Schriftsatz vom 31.08.2020 gestellten Antrag der A GmbH (vertreten durch die B Rechtsanwälte GmbH & Co KG in ***, ***) auf Nichtigerklärung der ihr Angebot betreffend Ausscheidens-entscheidung vom 19.08.2020 und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 19.08.2020 im Vergabeverfahren „***, Labormöblierung“ (öffentlicher Auftraggeber: Land NÖ, p. A. ***, ***, vertreten durch Rechtsanwalt C in ***, ***) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
1. Der Antrag der A GmbH auf Nichtigerklärung der ihr Angebot betreffenden Ausscheidensentscheidung sowie der Zuschlagsentscheidung (jeweils vom 19.08.2020) wird abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 4, 6, 10, 12 und 16 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz
§§ 48, 125, 135, 137, 138 und 141 Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018
§ 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
Das Land NÖ ist öffentlicher Auftraggeber hinsichtlich des Beschaffungsvorganges „***“ im Rahmen des Neubaus des 5. Laborgebäudes samt Gradschool des *** in ***, wofür auch Labormöblierung und Laborausstattung benötigt werden. Das gegenständliche Vergabeverfahren wird als offenes Verfahren im Oberschwellenbereich geführt und wurde europaweit am *** im Amtsblatt der EU zur GZ. *** veröffentlicht. Vergebende Stelle zu diesem Vergabeverfahren ist die D GmbH unter der Adresse ***, ***.
Mit Schriftsatz vom 31.08.2020 hat die A GmbH (im Folgenden „Antragstellerin“) beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Anträge auf Nichtigerklärung der ihr Angebot betreffenden Ausscheidensent-scheidung sowie auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung (beide vom 19.08.2020) gestellt, ebenso auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren innerhalb von 14 Tagen zu Handen des Rechtsvertreters der Antragstellerin.
Begründet werden die Anträge damit, dass die Antragstellerin am 10.07.2020 fristgerecht ein Angebot abgegeben habe. Die verpflichtend auszufüllenden Kalkulationsblätter K3, K4 und K7 wären beigelegt worden, wobei die Position „AA.5M.91.60.03 Z w Ausführungs- bzw. Montageplanung“ mit „€ 0,0“ ausgewiesen worden ist. Daraufhin habe die vergebende Stelle am 20.07.2020 um Aufklärung ersucht, weshalb diese Position mit € 0,0 angeboten worden sei bzw. ob und wie die damit verbundenen Leistungen im Angebot berücksichtigt worden wären. Noch am selben Tag (20.07.2020) habe die Antragstellerin eine Aufklärung dahingehend vorgenommen, dass die Kosten für Werk- und Montageplanung als Gemeinkostenersatz in den Einheitspreisen der zu liefernden Labormöbel inbegriffen seien und deshalb mit € 0,0 bewertet worden seien.
Am 19.08.2020 sei das Angebot der Antragstellerin mit der Begründung ausge-schieden worden, dass die Kalkulation der Kosten der Ausführungs- bzw. Montage-planung einen Widerspruch zu den Ausschreibungsbedingungen darstelle, weil konkrete Kosten als Leistungsposition verlangt worden seien und diese Kosten als Gemeinkostenersatz in anderen Positionen einkalkuliert worden wären. Darüber hinaus liege die geforderte raumweise Kalkulation der Ausführungs- bzw. Montage-planung nicht vor, aus der sich der Preis für die Position aus einer Rechengröße ergeben würde. Am 21.08.2020 habe die Antragstellerin die vergebende Stelle um Übermittlung der Dokumentation der Angebotsprüfung des eigenen Angebotes ersucht. Am 25.08.2020 habe die vergebende Stelle den Prüfbericht vom 14.08.2020 übermittelt.
Nach Ausführungen über die Zuständigkeit und die formale Zulässigkeit des gestellten Nachprüfungsantrages führt die Antragstellerin des Weiteren aus, dass der behauptete Widerspruch zu den Ausschreibungsbedingungen nicht vorliege. Die Frage des allfälligen Widerspruches sei am Maßstab der Ausschreibungsbestimmun-gen zu messen, diese wären wiederum nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen.
Im gegenständlichen Fall sei bereits in Punkt 2.2.3. der Ausschreibungsunterlagen zu den Einheitspreisangaben festgehalten, dass die Zeichen „-„ und „/“ als „0“ gelten würden. Eine derartige Festlegung würde keinen Sinn machen, wenn die Bieter eine „0“ in den Einheitspreisen nicht angeben dürften. Der objektive Erklärungswert dieser Festlegung in den Ausschreibungsbedingungen könne daher nur dahingehend ausgelegt werden, dass in den Einheitspreisen grundsätzlich auch „0“ angegeben werden dürfe.
Auch das Verlangen nach konkreten Leistungspositionen stünde dieser Interpretation nicht entgegen, da die Angabe von „0“ nicht per se dem entgegenstehe. Andernfalls würde jede Preisangabe von € 0,0 immer und automatisch zum Ausscheiden führen.
Maßgeblich sei in diesem Zusammenhang auch, ob die angebotenen Preise betriebswirtschaftlich erklärbar und nachvollziehbar seien und keine spekulative Preisgestaltung vorliege. Die Zusammensetzung des Angebotspreises beim Angebot der Antragstellerin sei aus mehreren Gründen plausibel. Zunächst wären die Kosten der Ausführungs- bzw. Montageplanung im Verhältnis zum gesamten Preis äußerst gering. Die Kosten würden weniger als € 5.000,-- ausmachen und im Verhältnis zum Gesamtpreis weniger als 0,3 % ausmachen. Darüber hinaus sei die Vorgehensweise betriebswirtschaftlich auch deswegen plausibel erklärbar, da die Antragstellerin ein hauseigenes Kalkulationsprogramm verwende, bei dem die einzelnen Artikel ihres Laboreinrichtungssystems aufgenommen werden. Dieses System rechne automatisch mehrere Kostenelemente in die betroffenen Artikel, darunter Nebenlohnkosten, Materialkosten, etc. auch die Gemeinkosten. Es sei systemseitig nicht möglich, diesen Teil der Gemeinkosten manuell aus den Artikelkosten herauszurechnen. Die angebotenen Einheitspreise für die Artikel würden daher bereits systemseitig stets die Kosten der Ausführungs- und Montageplanung beinhalten. Nachdem seitens der Antragstellerin die Kosten nicht unsachgemäß doppelt verrechnet werden wollten, habe man sich dazu entschieden, bei der genannten Position eben € 0,0 einzutragen. Ein spekulatives Element könne in dieser Vorgehensweise nicht gesehen werden, weil die Menge der Artikel der Laboreinrichtung von der Auftraggeberin fix vorgegeben wären.
Darüber hinaus verweist die Antragstellerin darauf, dass bei Verdacht einer Preisverschiebung jedenfalls die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung verbindlich sei und der öffentliche Auftraggeber eine eben solche verbindliche Aufklärung gemäß § 138 Abs. 1 und 5 BVergG 2018 zu verlangen habe. Da aber eine vertiefte Angebotsprüfung nicht durchgeführt worden sei, sei alleine schon deswegen die Ausscheidensentscheidung rechtswidrig.
Hinsichtlich der raumweisen Kalkulation verhielte es sich zwar so, dass bis dato tatsächlich eine solche Kalkulation nicht vorgelegt worden sei, dies stelle jedoch keinen tauglichen Ausscheidensgrund dar. Nach der Judikatur sei die Nichtvorlage von Kalkulationsblättern als behebbarer Mangel zu werten, weil eine Nachreichung keine Veränderung des Angebots bzw. auch keine Veränderung des Angebots-preises und damit eine Verbesserung der Wettbewerbsstellung bewirke. Weder im Aufklärungsschreiben vom 20.07.2020 noch sonst wo habe die vergebende Stelle die Nachreichung der raumweisen Kalkulation verlangt. Da somit trotz Vorliegens eines verbesserungsfähigen Mangels die Möglichkeit zur Nachreichung nicht gegeben worden sei, sei die Ausscheidensentscheidung rechtswidrig.
Letztendlich sei auch die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin E GmbH rechtswidrig. Wäre das Angebot der Antragstellerin berücksichtigt worden, hätte die Antragstellerin bezüglich des Bestangebotes ausgewählt werden müssen.
Nach Verständigung des öffentlichen Auftraggebers (im Folgenden „Antragsgegner“) hat dieser mit Schriftsatz vom 03.09.2020 Stellung genommen und die vollinhaltliche Abweisung der von der Antragstellerin gestellten Anträge beantragt.
Zunächst bestreitet der Antragsgegner, dass die Antragstellerin durch die bekämpften Entscheidungen in ihren behaupteten Rechten verletzt sei.
Hinsichtlich der Festlegungen in den Ausschreibungsbedingungen, dass bestimmte Strichsetzungen als Ausweis für einen Preis von € 0 anzusehen wären, wurde ausgeführt, dass es sich dabei nur um eine klarstellende Interpretation eines fiktiven Bieterverhaltens handle, weil die Auslegung derartiger Streichungen Schwierigkeiten bereiten könne. Daraus dürfe aber nicht der Schluss gezogen werden, dass die Bieter ermächtigt seien, Preispositionen generell in andere Preise bzw. Positionen zu verschieben.
Auch liege nicht der Fall vor, dass eine Position mit einem vergleichsweisen niederen Betrag angeboten würde, weil ein Teil des dabei anfallenden Aufwandes in eine andere Position eingerechnet würde und eine Materialposition als Komponente aufgrund des Lieferumfangs des Vorlieferanten in einer anderen Materialposition bereits enthalten sei. Die Ausführungs- und Montageplanung habe als solche mit den Materialpreisen und Arbeitskosten der Fertigung und Installation von Labormöbel grundsätzlich nichts im Sinne direkter Kosten zu tun bzw. sei eindeutig von den Fertigungs- und Installationskosten sachlich und kostenmäßig trennbar.
Auch habe die Antragstellerin in ihrem Angebot eine Reihe von „zusätzlichen Leistungspositionen“ unter der Obergruppe *** pauschal angeboten, just aber nicht die Ausführungs- bzw. Montageplanung, und es sei auch unterlassen worden, die geforderte raumweise Kalkulation der dafür anfallenden Kosten schon im Angebot auszuweisen.
Darüber hinaus habe die Antragstellerin trotz Aufforderung des Angebotsprüfers, ob und wie die mit dieser Position verbundene Leistung im Angebot berücksichtigt würde, mit E-Mail vom gleichen Tag lediglich mitgeteilt, dass die diesbezüglichen Kosten als Gemeinkostensatz in ihren Artikeln der Laboreinrichtung inbegriffen und somit auch in den Einheitspreisen der Ausschreibung enthalten seie. Aus dieser Auskunft sei nicht ersichtlich, wie im Einzelfall in welcher Höhe welche der Kosten der Ausführungs- bzw. Montageplanung bei den einzelnen Ausführungspositionen enthalten wären, also weder, ob bei allen Leistungen, bei welchen spezifisch, in welcher konkreten Höhe usw. und sei auch die geforderte raumweise Darstellung unterblieben.
Erst im Nachprüfungsantrag werde behauptet, dass das Kalkulationsprogramm der Antragstellerin die Gemeinkosten der Ausführungs- bzw. Montageplanung in die betroffenen Artikel eingerechnet habe, diese Angabe sei sowohl aus zeitlicher Sicht obsolet und andererseits lasse dies jede Konkretisierung vermissen. Damit ergebe sich in Wirklichkeit im Widerspruch zum Vorbringen der Antragstellerin aus den von ihr selbst mit dem Angebot vorgelegten Kalkulationsblättern K3, K4 und K7, dass eine Kalkulation der strittigen Positionen gar nicht stattgefunden habe.
Die von der Antragstellerin geforderte vertiefte Angebotsprüfung habe unter den genannten Voraussetzungen nicht stattfinden müssen.
Verwiesen wird auch auf die strenge Judikatur des BVA mit dem Ergebnis der Unzulässigkeit von Mischpreiskalkulationen und die generelle Vermutung zu Lasten eines Antragstellers, der Nullpreise verwendet, wonach hier durch eine spekulative Preisgestaltung vorliege. Würde die Vorgangsweise der Antragstellerin als zulässig erkannt, könnte in Hinkunft jeder Bieter sich vorbehalten, LV-Positionen durch nicht ausgewiesene Zuschlagssätze auf andere Positionen im Angebot mit Null auszuweisen bzw. eigenmächtig zu ersetzen, sich dabei auf eine allgemeine Floskel einer Einkalkulation der mit Null ausgewiesenen Position zurückziehen, ohne die Position im Einzelnen und den spezifischen Zuschlagssatz anzugeben und dadurch im Nachhinein seine Kalkulationsgrundlagen verändern. Eine Angebotsprüfung dürfe nicht dazu führen, im Zusammenwirken mit dem Bieter von diesen gar nicht angegebenen Zuschlagssätzen in seiner Kalkulation erst ausfindig zu machen oder herauszurechnen oder wie im gegenständlichen Fall überhaupt nachträglich zu kreieren.
Darüber hinaus liege ein weiterer unbehebbarer Mangel des Angebotes vor, nämlich das Unterlassen der in der LV-Position als Angebotsbestandteil geforderten raumweisen Zuordnung der Kosten der Ausführungs- und Montageplanung. Damit sei das Angebot unvollständig geblieben. Ein Nachbringen bzw. eine Berück-sichtigung einer nachträglich vorgelegten, bereits in der Ausschreibung geforderten raumweisen Detailkalkulation, für die im Angebot ausschreibungswidrig keine Ansätze geliefert worden waren und deren nachträgliche Gestaltung de facto im Belieben des Bieters gestanden wäre, sei eine grobe Verletzung des Diskriminierungsverbotes.
Mit Schriftsatz vom 06.10.2020 erstattete die Antragstellerin eine Replik dahin-gehend, dass im gegenständlichen Fall sich die Dokumentation der Angebotsprüfung auf den im Vergabeakt erliegenden „Prüfbericht über das Ergebnis der Angebots-prüfung“ vom 14.08.2020 beschränke. In diesem 7-seitigen Prüfbericht würde nur eine halbe Seite (!) für die Angebotsprüfung sämtlicher Angebot aufgewendet.
Wenn der Antragsgegner behauptet, dass die Angabe des Preises von € 0,0 in der erwähnten Position für die Ausführungs- bzw. Montageplanung den Ausschreibungs-unterlagen widerspreche, so hätte dies entsprechend begründet werden müssen, insbesondere durch eine Gegenüberstellung mit der aus Sicht des Antragsgegners relevanten Festlegung. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Eine Dokumentation im Hinblick auf die genannte Position fehle. Der Auftraggeber habe weder begründet noch dokumentiert, warum die Nichtvorlage einer raumweisen Kalkulation zum Ausscheiden des Angebots führe, ebenso wenig sei dargelegt worden, warum keine Gelegenheit zur Mängelbehebung gegeben worden sei.
Auch würde der Antragsgegner in seiner Stellungnahme vom 03.09.2020 ebenfalls keine taugliche Begründung für die Ausscheidensentscheidung liefern.
In weiterer Folge wird in diesem Zusammenhang umfangreich auf vergaberechtliche Judikatur verwiesen.
Die weiteren Ausführungen stellen im wesentlichen Wiederholungen zum Nach-prüfungsantrag dar.
Letzten Endes erstattete der öffentliche Auftraggeber mit Schriftsatz vom 07.10.2020 eine Duplik und wiederholt dahingehend, dass die Antragstellerin keinerlei Kalkulationsansätze in ihrer Anfragebeantwortung angegeben habe, die irgendeiner Prüfung zugänglich gewesen wäre, deren Ergebnis gegebenenfalls zu dokumen-tieren gewesen sei. Die Antragstellerin habe selbst zugestanden, dass es ihr gar nicht möglich gewesen sei, irgendwelche Kalkulationsansätze aus ihren Angebots-preisen herauszurechnen. Es könne auch keinesfalls Aufgabe des Angebotsprüfers sein, den Bieter dahingehend zu drängen, ob er sich nicht doch noch fehlende, an sich mit dem Angebot beizubringende Kalkulationsansätze, einfallen lassen wolle, um einen Preis bzw. 0-Preis rechtfertigen zu können. Es sei auch nicht Aufgabe des Angebotsprüfers oder des Auftraggebers, auf den Bieter dahingehend einzuwirken, seine Kalkulationsangaben in den K-Blättern, in einer die übrigen Bieter diskriminierenden, nachträglichen Vorgangsweise – nach Angebotsabgabe abzuändern, damit Aufwendungen für Leistungen, die in den Gemeinkosten gar nicht vorgesehen waren, nachträglich in den Kalkulationsblättern einen Platz fänden. Wenn ein Bieter gegen die Ausschreibungsbestimmungen verstoße und eine Aufklärung nicht zufriedenstellend erteilt werde und die rudimentäre Auskunft überdies im Widerspruch zu seinen Kalkulationsblättern stehe, dann bedürfe es keiner weitschweifigen Prüfungsdokumentation.
Die von der Antragstellerin zitierte Judikatur sei auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da es sich um verschiedene Sachverhalte handle.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 09.10.2020 eine öffentliche mündliche Nachprüfungsverhandlung durchgeführt, in der eine Beweisaufnahme durch Einsicht in den gesamten Vergabeakt, Vorbringen der Parteienvertreter und deren Befragung durch das erkennende Gericht erfolgte.
Aufgrund dieser Beweisaufnahme ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Das Land NÖ (p.A. ***, ***) ist öffentlicher Auftraggeber hinsichtlich der Ausschreibung „***“, konkreter Gegenstand dieser Ausschreibung ist die Lieferung von Labormöblierung für den Neubau des 5. Laborgebäudes samt Gradschool des *** in ***. Seitens des öffentlichen Auftraggebers wurde zur Abwicklung des Vergabeverfahrens eine offenes Verfahren gemäß BVergG 2018 gewählt, es handelt sich um einen Auftrag im Oberschwellenbereich. Als vergebende Stelle ist das Amt der NÖ Landesregierung (***) tätig, diese wird vertreten durch die D GmbH unter der Adresse ***, ***.
Unter Punkt 2.2.3 „Einheitspreisangaben/Korrekturen“ der Ausschreibungsunterlagen findet sich die Formulierung, die Zeichen „-“ und „/“ gelten als Null. Die Antragstellerin hat in ihrem Angebot die Position „AA.5M.91.60.03 Z w Ausführungs- bzw. Montage-planung“ mit € 0,00 ausgewiesen.
Des Weiteren ist im K3-Blatt die Möglichkeit und Verpflichtung vorgesehen, den Gesamtzuschlag aufzuschlüsseln. Die Antragstellerin nahm in ihrem Angebot eine Aufgliederung des Gesamtzuschlages nicht vor (die Eintragung in der Ausschreibungsunterlage erfolgte mit „-“). Der Gesamtzuschlag wurde ohne Aufgliederung mit 60 % angegeben. Die in der Ausschreibungsunterlage vorge-sehene eigene Leerzeile „R“ wurde nicht ausgefüllt.
Unter der erwähnten Position „AA.5M.91.60.03 Z w Ausführungs- bzw. Montageplanung“ des Leistungsverzeichnisses ist auch die Verpflichtung enthalten, eine raumweise Kalkulation beizulegen („Eine raumweise Kalkulation ist beizu-legen“.). Die Antragstellerin hat ihrem Angebot eine raumweise Kalkulation der Ausführungs- bzw. Montageplanung nicht beigelegt.
Auch in den Kalkulationsformblättern K4 und K7 wurde die jeweilige Position AA.5M.91.60.03 Z w Ausführungs- bzw. Montageplanung in allen Spalten mit € 0,0 ausgewiesen.
Im Rahmen der Angebotsprüfung erging vom Antragsgegner am 20.07.2020 per E-Mail an die Antragstellerin nachfolgende Anfrage:
„Wir ersuchen um Aufklärung zu Pos. AA.5M.91.60.03 – Ausführungs- bzw. Montageplanung, weshalb diese mit € 0,- angeboten wurde bzw. ob und wie die damit verbundenen Leistungen, wie in Pos. AA.5M.01.00.19 beschrieben, im Angebot berücksichtigt wurden. Wir bitten um diesbezügliche Nachricht bis 21.07.2020.“
Noch am selben Tag wurde seitens der Antragstellerin die Anfrage per E-Mail mit folgender Formulierung beantwortet:
„Die Kosten für Werk- und Montageplanung sind als Gemeinkostensatz in unseren Artikeln der Laboreinrichtung inbegriffen und somit auch in den Einheitspreisen der Ausschreibung – daher wurde die Position mit 0,00 € bewertet. Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.“
Nach Prüfung der Angebote (Gewichtung der Zuschlagskriterien: Gesamtpreis 80 %, Beschäftigung älterer Arbeitnehmer: 10 % und Beschäftigungsdauer im Betrieb: 10 %) wurde festgestellt, dass das Angebot der Antragstellerin mit einem Gesamtpreis von € *** und einer Gesamtpunkteanzahl von 88,75 erstgereiht war. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erreichte 88,16 Punkte.
Die formelle Prüfung der Angebote ergab, dass das Angebot der Antragstellerin nicht den Angebotsbestimmungen entspricht. Bemängelt wurde die Kostenauspreisung mit € 0,0 in der Position AA.5M.91.60.03 – Ausführungs- bzw. Montageplanung sowie die fehlende raumweise Kalkulation zu dieser Position.
Mit Schriftsatz vom 19.08.2020 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass nach Durchsicht und Prüfung ihres Angebotes das Angebot nicht den geforderten Mindestkriterien laut Ausschreibungsbestimmungen entspricht und daher gemäß § 141 Abs. 1 BVergG 2018 ausgeschieden werden muss. Begründet wurde die Entscheidung mit der Auspreisung der Position AA.5M.91.60.03 Ausführungs- bzw. Montageplanung mit € 0 sowie der fehlenden raumweisen Kalkulation der Ausführungs- bzw. Montageplanung.
Des Weiteren wurde noch mitgeteilt, an welchen Bieter die Zuschlagserteilung vorgesehen ist, welche Angebotssumme das Angebot dieses Bieters netto aufweist und welche Gesamtpunkteanzahl dieser Bieter erreicht hat.
Innerhalb offener Stillhaltefrist hat die Antragstellerin den nunmehr vorliegenden Nachprüfungsantrag eingebracht. Das Fehlen der raumweisen Kalkulation der Ausführungs- bzw. Montageplanung wird nicht bestritten. In diesem Zusammenhang wird – wie bereits dargelegt – vorgebracht, dass zur Kalkulation ein hauseigenes Kalkulationsprogramm mit der Bezeichnung „WTV“ verwendet wurde. Vorgebracht wird auch, dass es systemseitig nicht möglich war, die Gemeinkosten aus den Artikelkosten herauszurechnen. In der vor dem erkennenden Verwaltungsgericht abgehaltenen Nachprüfungsverhandlung erklärte der Antragstellervertreter, dass mittlerweile eine raumweise Darstellung der Kalkulation schon möglich sei und über Aufforderung des Antragsgegners auch überreicht werden könne.
In rechtlicher Hinsicht ist der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Gemäß § 4 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz obliegt die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 leg. cit. ist bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf des Vergabeverfahrens das Landesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen Vorschriften im Bereich des Öffentlichen Auftragswesens (Artikel 14b Abs. 1 und 5 B-VG) oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 15) zuständig.
Gemäß § 6 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines den Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (Art. 14b Abs. 1 und 5 B-VG) unterliegenden Vertrages behauptet, die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Gemäß § 12 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung bzw. Bereit-stellung der Entscheidung auf elektronischem Weg sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen. Die Frist beginnt mit der Über-mittlung bzw. Bereitstellung der Entscheidung bzw. mit der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung.
Gemäß § 16 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz hat das Landesverwaltungs-gericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn
1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und
2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
Das Land Niederösterreich ist öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 4 Abs. 1 Z. 1 BVergG 2018, und das gegenständliche Vergabeverfahren fällt gemäß Art. 14b Abs. 2 B-VG in den Vollziehungsbereich des Landes Niederösterreich.
Die Antragstellung erfolgte rechtzeitig innerhalb der zehntägigen Frist gemäß § 12 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz. Als gemäß § 21 leg. cit. zu entrichtende Pauschalgebühren für das Nachprüfungsverfahren einschließlich des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurden 2.400 Euro entrichtet.
Bei den nunmehr angefochtenen Entscheidungen handelt es sich einerseits um das Ausscheiden eines Angebotes der Antragstellerin und andererseits um die Zuschlagsentscheidung, beide Entscheidungen sind bei Durchführung eines offenen Verfahrens gesondert anfechtbare Entscheidungen (siehe dazu § 2 Z 5 lit. a sublit. aa BVergG 2018). Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens ist damit die Frage, ob die Antragstellerin bzw. deren Angebot vom öffentlichen Auftraggeber zu Recht ausgeschieden worden ist (vgl. VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0021). Die Beantwortung dieser Frage ist für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesent-lichem Einfluss, da das Angebot der Antragstellerin im Falle des Nichtausscheidens für die Zuschlagserteilung in Betracht gekommen wäre. Der von der Antragstellerin behauptete drohende Schaden ist ebenfalls plausibel, weshalb eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Darlegungen nicht geboten ist.
Die verfahrensgegenständlich relevanten Bestimmungen des Bundesvergabe-gesetzes 2018 – BVergG 2018 lauten wie folgt:
Gemäß § 125 Abs. 1 BVergG 2018 hat sich der Bieter bei der Erstellung des Angebotes an die Ausschreibungsunterlagen zu halten.
Gemäß § 135 Abs. 1 BVergG 2018 erfolgt die Prüfung der Angebote in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.
Gemäß § 135 Abs. 2 BVergG 2018 ist bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen im Einzelnen zu prüfen:
1. Ob den in § 20 Abs. 1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;
2. Nach Maßgabe der §§ 80 bis 87 die Eignung des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachte Subunternehmer hinsichtlich des diese betreffenden Auftragsteiles;
3. Ob das Angebot rechnerisch richtig ist;
4. Die Angemessenheit der Preise;
5. Ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.
Gemäß § 137 Abs. 2 BVergG 2018 muss der öffentliche Auftraggeber Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 3 vertieft prüfen, wenn
1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen, oder
2. Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen aufweisen, oder
3. nach der Prüfung gemäß Abs. 1 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.
Gemäß § 138 Abs. 1 BVergG 2018 ist, wenn sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot oder über die geplante Art der Durchführung der Leistung ergeben oder wenn Mängel festgestellt werden, vom Bieter eine verbind-liche Aufklärung zu verlangen, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind. Die vom Bieter übermittelten Auskünfte bzw. die vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise sind der Dokumentation über die Prüfung der Angebote beizuschließen.
Gemäß § 138 Abs. 5 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber, wenn er im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung feststellt, dass die angebotenen Preise nicht angemessen sind, vom Bieter eine verbindliche Erklärung zu verlangen. Der öffentliche Auftraggeber darf das Angebot nur ausscheiden, wenn trotz des Vorbringens des Bieters die Preise für den öffentlichen Auftraggeber nicht betriebs-wirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Er hat das Angebot jedenfalls auszuscheiden, wenn die Prüfung ergibt, dass der Bieter die in § 93 genannten Bestimmungen nicht berücksichtigt hat. Die Prüfung hat unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Bieters zu erfolgen. Die vom Bieter erteilten Auskünfte sind in der Dokumentation der Prüfung der Angebote aufzunehmen.
Gemäß § 141 Abs. 1 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund des Ergebnisses der Prüfung u.a. folgende Angebote auszuscheiden:
(…)
3. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nichtplausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (z.B. spekulative Preisgestaltung) aufweisen, oder
(…)
7. Den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-/Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte und unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind,
(…)
Gemäß § 141 Abs. 3 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.
Die gegenständliche Ausschreibung wurde nicht angefochten. Die Bestimmungen haben daher Bestandskraft erlangt und sind unveränderliche Grundlage für die Prüfung und Bewertung der Angebote, und die Antragstellerin und der Auftraggeber sind an die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen gebunden.
Der öffentliche Auftraggeber hat unter Punkt 2.2.2.3 „Einheitspreisan-gaben/Korrekturen“ festgelegt, dass die Zeichen „-“ und „/“ als Null gelten. Wenn die Antragstellerin in diesem Zusammenhang damit argumentiert, dass der öffentliche Auftraggeber die Auspreisung einer Position mit „0“ ausdrücklich erlaubt habe, so kann diese Interpretation dem Wortlaut der Ausschreibung nicht entnommen werden. Vielmehr handelt es sich – wie auch der öffentliche Auftraggeber zutreffend darlegt – lediglich um eine Erläuterung dahingehend, wie derartige Zeichen bewertet werden bzw. dass die Angabe derartiger Zeichen das gleiche rechtliche Schicksal teilt wie eine Preisangabe mit „0“.
Hinsichtlich der Preisangabe mit € 0,00 in der Position AA.5M.91.60.03 Z w „Ausführungs- bzw. Montageplanung“ sowie derselben Auspreisung in den Kalkulationsblättern K4 und K7 ist folgendes festzustellen:
§ 135 Abs. 2 Z 4 BVergG 2018 normiert, dass bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, im Einzelnen die Angemessenheit der Preise zu prüfen ist. Dies bedeutet, dass eine Preisangabe mit „0“ nicht automatisch ohne jede weitere Prüfung zum Ausscheiden des betreffenden Angebotes führen darf, vielmehr hat der öffentliche Auftraggeber den Bieter zu einer entsprechenden Aufklärung hierüber aufzufordern. Dies wurde seitens des öffentlichen Auftraggebers per E-Mail mit Datum 20.07.2020 vorgenommen und hat die Antragstellerin am selben Tag per E-Mail die Anfrage dahingehend beantwortet, dass die Kosten für Werk- und Montageplanung als Gemeinkostensatz in ihren Artikeln der Laborein-richtung inbegriffen und somit auch in den Einheitspreisen der Ausschreibung – daher wurde die Position mit 0 bewertet, sind.
Für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich bestehen nicht die geringsten Zweifel, dass eine derartige „Aufklärung“ durch die Antragstellerin völlig unzu-reichend ist und für den öffentlichen Auftraggeber im Rahmen der Angebotsprüfung damit ein substantieller Informationswert nicht verbunden ist. Ein öffentlicher Auftraggeber ist auch nicht verpflichtet so lange ergänzende Informationen von einem Bieter zu fordern, bis dieser eine Aufklärung mit einem ausreichenden Informationswert liefert. Damit war der öffentliche Auftraggeber ohne jede weitere Prüfung berechtigt, dieses Angebot auszuscheiden. Ergänzend darf die Antrag-stellerin darauf verwiesen werden, dass bereits die Anfrage und das Ersuchen um Aufklärung der Null-Auspreisung einen ersten Schritt einer vertieften Angebotsprüfung darstellt. Wenn sich nun bereits bei diesem ersten Schritt die Notwendigkeit der Angebotsausscheidung ergibt, so bedarf es keiner weiteren Schritte im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung.
Würde die von der Antragstellerin getätigte und äußerst pauschal gehaltene Fragenbeantwortung als ausreichend erachtet werden, so könnte ein Bieter im Extremfall in seinem Angebot nur den Gesamtangebotspreis (ohne jede Möglichkeit für den öffentlichen Auftraggeber Rückschlüsse zu ziehen) angeben und wäre damit der gleiche Informationswert für den öffentlichen Auftraggeber bei der Angebots-prüfung enthalten wie im gegenständlichen Fall.
Darüber hinaus liegen weitere Ausscheidensgründe vor. Unter Punkt AA.5M.91.60.03 Z w Ausführungs- bzw. Montageplanung ist die verpflichtende Beilage einer raumweisen Kalkulation vorgesehen. Diesem Erfordernis ist die Antragstellerin unbestritten nicht nachgekommen. Wenn die Antragstellerin nunmehr dahingehend argumentiert, es würde sich um einen verbesserungsfähigen Mangel handeln und die Antragstellerin sei nie zur Verbesserung dieses Mangels aufgefordert worden, so ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:
Nach § 141 Abs. 1 Z 7 BVergG sind fehlerhafte oder unvollständige Angebote auszuscheiden, sofern die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind. Ob ein Mangel behebbar oder unbehebbar ist, hat der öffentliche Auftraggeber anhand eines objektiven, an den allgemeinen Vergabegrundsätzen (insbesondere Wettbewerbsgebot und Gleichbehandlungsgebot) orientierten Maßstab zu beurteilen. Im Allgemeinen wird ein Mangel dann als verbesserungsfähig anzusehen sein, wenn die Mängelbehebung nicht zu einer Veränderung der Wettbewerbsstellung führt, also für den betroffenen Bieter insbesondere keine Besserstellung im Vergabewettbewerb bewirkt.
Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin selbst noch in ihrem Nachprüfungsantrag vom 31.08.2020 (Seite 7, letzter Absatz) vorbringt, dass das hauseigene Kalkulationsprogramm automatisch mehrere Kostenelemente in die betroffenen Artikel, darunter auch Lohnkosten, Materialkosten, Gemeinkosten der Ausführungs- bzw. Montageplanung, einrechnet. Systemseitig sei es nicht möglich, diesen Teil der Gemeinkosten manuell aus den Artikelkosten herauszurechnen.
Damit bringt die Antragstellerin selbst vor, dass sie bis zum Spätesttermin für die Abgabe eines Angebotes selbst gar nicht in der Lage war, ein ausschreibungs-konformes Angebot zu erstellen, und deswegen ein unvollständiges Angebot abgegeben hat. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass die Antrag-stellerin in der Nachprüfungsverhandlung vor dem erkennenden Verwaltungsgericht nunmehr vorgebracht hat, sie könne mittlerweile die raumweise Kalkulation nachbringen bzw. liege diese bereits vor und könne über Anforderung des öffentlichen Auftraggebers vorgelegt werden. Damit hat die Antragstellerin einen weiteren selbstständigen Ausscheidensgrund für ihr Angebot verwirklicht. Dies auch unter dem weiteren Gesichtspunkt, dass die geforderte Kalkulation (auch wenn diese durch IT-mäßige Unterstützung erstellt wird) einen gewissen Aufwand verursacht und sich die Antragstellerin diesen Aufwand bei der Angebotserstellung – im Gegensatz zu den Mitbietern – erspart hat und damit einen Wettbewerbsvorteil erzielte.
Gleiches gilt sinngemäß für die zwingend geforderte und im Angebot der Antragstellerin jedoch unterlassene Aufgliederung des Gesamtzuschlages. Dieser wird pauschal mit 60 % angegeben, ohne diesen für den öffentlichen Auftraggeber nachvollziehbar aufzuschlüsseln.
Wenn sich die Antragstellerin (in der Nachprüfungsverhandlung) hinsichtlich der unvollständigen Angebotsabgabe auf mögliche Irrtümer oder Fehlannahmen beruft, so sind diese Umstände – soferne sie vorliegen sollten – einzig der Antragstellerin zuzurechnen und können nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung nicht von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt, ebenso wenig ist von fehlender oder divergierender Judikatur auszugehen. Somit ist nur die außerordentliche Revision zulässig.
Schlagworte
Vergabe; Nachprüfung; Nichtigerklärung; Ausscheidung; Angebot; Zuschlagsentscheidung; Mangel; Behebbarkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.VG.11.002.2020Zuletzt aktualisiert am
18.01.2022