TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/30 W203 1411361-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2019
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Entscheidungsdatum

30.09.2019

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §53 Abs3

Spruch

W203 1411361-2/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX 1992 , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2018, Zl. 335224209 – 180108710/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.08.2019 zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird – soweit sie sich gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides richtet - stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1.       Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der tadschikischen Volksgruppe, stellte durch seine gesetzliche Vertreterin am 06.06.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Mit Bescheid des (damaligen) Bundesasylamtes vom 22.12.2005, Zl. 05 05.206-BAG, wurde der Antrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen und festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 8 AsylG nicht zulässig sei. Weiters wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt.

3. In der Folge wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers mehrmals verlängert, und zwar letztmals mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.10.2012 bis zum 07.11.2013.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.11.2013 wurde dem Beschwerdeführer auf Grund strafbaren Verhaltens der mit Bescheid vom 22.12.2005 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt, die ihm erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen und gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 festgestellt, dass dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan unzulässig sei.

5. Im Zeitraum vom 12.07.2011 bis zum 26.09.2013 wurde der Beschwerdeführer mehrmals wegen der Begehung von Straftaten verurteilt und zwar:

Am 12.07.2011 vom LG XXXX wegen der Vergehen nach § 288 Abs. 1 StGB (Falsche Beweisaussage) und nach § 299 Abs. 1 StGB (Begünstigung) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, wobei der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bewährungshilfe wurde angeordnet. Am 23.04.2012 wurde die bedingte Strafnachsicht vom Landesgericht XXXX widerrufen.

Am 26.08.2011 vom BG XXXX wegen der Vergehen nach § 83 Abs. 1 StGB (Körperverletzung), nach § 125 StGB (Sachbeschädigung) und nach § 127 StGB (Diebstahl) unter Berücksichtigung des Urteils des LG XXXX vom 12.07.2011 zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Monaten, wobei der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Am 22.12.2011 vom LG XXXX wegen der Vergehen nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, teils iVm Abs. 3 SMG (Unerlaubter Umgang mit Suchtmitteln) und nach § 164 Abs. 1 und 2 StGB (Hehlerei) unter Berücksichtigung der Urteile des LG XXXX vom 12.07.2011 sowie des BG XXXX vom 26.08.2011 zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe im Ausmaß von 3 Monaten, wobei der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bewährungshilfe wurde angeordnet.

Am 23.05.2013 vom LG XXXX wegen der Verbrechen nach § 142 Abs. 1 StGB (Raub) und nach § 15 Abs. 1 iVm § 87 Abs. 1 StGB (Versuchte absichtliche schwere Körperverletzung) sowie der Vergehen nach § 127 StGB (Diebstahl) und nach § 146 StGB (Betrug) unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB (Zusammentreffen strafbarer Handlungen) und § 36 StGB (Verhängung von Freiheitsstrafen über Personen unter einundzwanzig Jahren) zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 24 Monaten, wobei der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bewährungshilfe wurde angeordnet.

Am 26.09.2013 vom BG XXXX wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall und Abs. 2 SMG (Unerlaubter Umgang mit Suchtmitteln), wobei unter Berücksichtigung des Urteils des LG XXXX vom 23.05.2013 von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wurde.

Außerdem wurde der Beschwerdeführer am 05.04.2018 vom Landesgericht XXXX nach §§ 107a Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und 2 StGB (Beharrliche Verfolgung) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, wobei der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

6. Vom 12.09.2012 bis zum 27.11.2012 sowie vom 26.04.2013 bis zum 04.10.2013 befand sich der Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX in Haft. Am 04.10.2013 wurde der Beschwerdeführer bedingt – unter der Erteilung von Weisungen betreffend die Absolvierung einer Psychotherapie und eines Antigewalttrainings und die Inanspruchnahme von Bewährungshilfe – entlassen. Da der Beschwerdeführer die ihm erteilten Weisungen wiederholt und beharrlich nicht befolgte, wurde mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX vom 09.07.2015 die bedingte Strafnachsicht widerrufen.

7. Vom 12.12.2017 bis zum 04.07.2019 befand sich der Beschwerdeführer in der Justizanstalt XXXX in Haft.

8. Am 01.02.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) einvernommen. Dabei gab er an, dass er sich ab Dezember 2013 zunächst einige Monate bei einer Freundin in XXXX und danach wieder bei seinen Eltern aufgehalten habe. Anfang 2016 sei er mit dem Zug illegal in die Schweiz gereist mit der Absicht, dort unter einem falschen Namen einen Asylantrag zu stellen. Er habe die Aufforderung zum Haftantritt in Österreich als ungerecht empfunden und sei daher – um der Haftstrafe zu entgehen – in die Schweiz geflüchtet. Befragt nach seinen bisherigen Berufstätigkeiten in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er früher einmal über eine Leihfirma für 1 bis 2 Monate beschäftigt gewesen sei. Er habe sechs Jahre lang die Grundschule in Pakistan besucht, in Österreich habe er zwei Jahre lang die Hauptschule und den polytechnischen Lehrgang besucht. Seinen Lebensunterhalt bestreite er durch Zuwendungen seiner Eltern und seines Bruders. Er gab an, dass die Aussagen, die er vor den Schweizer Asylbehörden getätigt habe, allesamt „frei erfunden“ gewesen wären.

9. Am 29.08.2018 wurde XXXX , die Mutter des Beschwerdeführers, von der belangten Behörde als Zeugin vernommen. Dabei gab sie an, sich seit 2005 in Österreich aufzuhalten. Ihr Mann wäre schon 2001 nach Österreich gekommen und verfüge über den Titel eines subsidiär Schutzberechtigten. In Afghanistan hätten sie keine Familienangehörigen mehr, diese befänden sich in Amerika bzw. Australien. Eine Schwester von ihr würde sich mit ihren 7 Kindern aber noch in Afghanistan aufhalten.

10. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.09.2018, Zl. Zl. 335224209 – 180108710/BMI-BFA_STM_RD (im Folgenden: angefochtener Bescheid), wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchteil I.), gegen ihn gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchteil II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchteil III.), gemäß § 53 Abs. 3 iVm Abs. 5 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchteil IV.), festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe (Spruchteil V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchteil VI.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer illegal in Österreich aufhältig sei, kaum Deutsch spreche, ledig und kinderlos sei, in Österreich in keinster Weise integriert sei, über keinerlei finanzielle Mittel verfüge, in Österreich noch nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, durch sein strafbares Verhalten, welches sich in einer Verurteilung zu insgesamt 4 Jahren unbedingter Freiheitsstrafe ausdrücke, sowohl seine negative Einstellung als auch seine Respektlosigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung und Gesellschaft dokumentiere und ein Verhalten gesetzt habe, das eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Afghanistan sei als sicherer Drittstaat anzusehen und es könne nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung in dieses Land unzulässig sei. Insbesondere im Sinne einer Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen erscheine die Erlassung eines Einreiseverbots für dringend geboten. Insbesondere der Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz stelle ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr bestehe.

Der Bescheid wurde am 13.09.2018 zugestellt.

11. Am 11.10.2018 erhob der Beschwerdeführer über seine rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 07.09.2018 und begründete diese im Wesentlichen damit, dass er praktisch alle Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG, die im Rahmen einer Rückkehrentscheidung zu überprüfen seien, erfüllt habe. Es sei nicht richtig, dass er illegal nach Österreich eingereist sei, und auch nicht, dass er kaum Deutsch spreche. Der Beschwerdeführer, der regelmäßigen Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Familienmitgliedern habe, sei gut integriert. Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass er wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt worden sei, und dass eine Schwester des Beschwerdeführers mit ihren 8 Kindern in Afghanistan leben würde, würden nicht den Tatsachen entsprechen. Vielmehr handle es sich bei Letztgenannter um eine Tante des Beschwerdeführers, zu der er nie Kontakt gehabt habe.

Der Beschwerdeführer habe niemals in Afghanistan gelebt, sodass eine Eingliederung in das afghanische Sozialgefüge nicht möglich sei. Wie aus einem Gutachten der Sachverständigen Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 hervorgehe, drohe dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr eine durch seine Flucht nach Europa provozierte Verfolgung. Auch der Status eines „erfolglosen Rückkehrers“ berge für den Beschwerdeführer Gefahren im Falle einer Rückkehr.

12. Einlangend am 17.10.2018 wurde die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt von der belangten Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

13. Mit hg. Erkenntnis vom 25.10.2018, GZ: W203 1411361-2/5E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass eine Revision gemäß Art. 133 B-VG nicht zulässig sei.

14. Gegen das hg. Erkenntnis vom 25.10.2018, GZ: W203 1411361-2/5E brachte der Beschwerdeführer fristgerecht eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ein.

15. Am 07.03.2019 beschloss der Verwaltungsgerichtshof unter der Geschäftszahl Ra 2018/21/0238-10, dass die Revision, soweit sie sich gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2003 und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Ausspruch über das Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung richtet, zurückgewiesen wird und erkannte unter derselben Geschäftszahl zu Recht, dass im Übrigen (Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan) das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wird. Der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, dass sich hinsichtlich der beiden letztgenannten Punkte die Revision als zulässig und berechtigt erweise, weil insofern die Durchführung einer vom Revisionswerber in seiner Beschwerde beantragten Beschwerdeverhandlung geboten gewesen wäre.

Begründend führte er aus, dass ein unbefristetes Einreiseverbot schon von vornherein nicht hätte erlassen werden dürfen, da die Verurteilungen des Revisionswerbers allesamt den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG (rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren) nicht erfüllten. Darüber sei das BVwG im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung jedoch hinweggegangen und habe fälschlicher Weise die Verhängung eines unbefristeten Einreiseverbotes bestätigt, anstatt die Dauer des Einreiseverbotes im Rahmen der zulässigen Höchstdauer nach § 53 Abs. 3 FPG von zehn Jahren neu zu bemessen.

In Bezug auf die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG habe das BVwG nicht beachtet, dass es aufgrund des Bescheides des Bundesasylamtes vom 22. November 2013 eine rechtskräftige Feststellung über die Unzulässigkeit (insbesondere) einer Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan gebe. Eine gegenteilige Feststellung, wie sie nunmehr vorgenommen worden sei, würde voraussetzen, dass sich nach Erlassung der rechtskräftigen Vorentscheidung der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften wesentlich geändert hätten, sodass eine neue Sache vorliegt. Eine derartige Änderung habe das BVwG nicht aufgezeigt und ließe sich eine solche auch den von diesem wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Afghanistan nicht ohne weiteres entnehmen.

16. Am 28.08.2019 fand vor dem BVwG eine öffentlich mündliche Verhandlung statt, zu der der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertretung sowie ein Vertreter der belangten Behörde geladen waren. Ein Vertreter der belangten Behörde erschien zur Verhandlung nicht.

Die Verhandlung wurde aufgrund der ausreichenden Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers ohne Zuhilfenahme eines anwesenden Dolmetschers für die Sprache Dari zur Gänze in deutscher Sprache durchgeführt.

Zu Beginn der Verhandlung legte der Beschwerdeführer ein Jahres- und Abschlusszeugnis einer Polytechnischen Schule vom 04.07.2008 über die achte Schulstufe sowie eine Schulbesuchsbestätigung vom 17.02.2006 vor, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 12.09.2005 bis zum 17.02.2006 die dritte Klasse der Hauptschule besucht hat.

Der Beschwerdeführer gab an, dass er über keinen afghanischen Ausweis verfüge und „wahrscheinlich auch nicht mehr afghanischer Staatsbürger“ sei. Er habe „keine Ahnung, was er mit Afghanistan zu tun habe“. Nachgefragt gab er an, dass er mehr Österreicher als Afghane sei und mehr als die Hälfte seines Lebens in Österreich verbracht habe.

Weiters gab er an, in Österreich würden auch seine drei Geschwister und seine Eltern leben. Er glaube, dass noch eine Tante von ihm in Afghanistan lebe, wisse aber nicht, wo sich diese aufhalte, da er keinen Kontakt zu ihr habe.

Er habe derzeit keine Arbeit, würde aber gerne einer Arbeit nachgehen und eine Ausbildung machen wollen. Dazu habe er aber „keine Chance“, weil er nicht einmal einen Ausweis habe. Er stehe um neun oder zehn Uhr auf und spiele dann mit seinen Freunden Fußball oder auf der Playstation. Er habe keine Freundin oder Lebensgefährtin und wohne zurzeit bei seinen Eltern. Seine Freizeit verbringe er sowohl mit Österreichern als auch mit Afghanen.

Nachgefragt, warum seine Abschiebung nach Afghanistan nicht zulässig sein solle, gab der Beschwerdeführer an, dass er die Hälfte seines Lebens hier verbracht habe und auch hier in die Schule gegangen sei. Seine Eltern und Geschwister würden hier wohnen, wohingegen in Afghanistan für ihn alles neu wäre. Er verfüge über einen Abschluss der Hauptschule und der Polytechnischen Schule. Ausbildungen an der Handelsakademie und an der HTL habe er begonnen, aber nicht abgeschlossen. Er habe 2011 oder 2012 für zwei bis drei Monate als Leiharbeiter für eine Firma gearbeitet und dabei Plastik-Unterteppiche für Autos hergestellt. Danach habe er nicht mehr gearbeitet, weil er zeitweise in Haft gewesen sei bzw. sich in der Schweiz aufgehalten habe und weil er später keinen Ausweis mehr besessen habe. Er würde gerne seine Ausbildung zum Schlosser abschließen und danach arbeiten gehen wollen. Für den Fall, dass er nach Afghanistan zurückgehen müsse, würde es mindestens 10 Jahre dauern, bis er sich dort wieder einigermaßen einleben könnte. Außerdem würde er unter der Trennung von seiner Familie leiden.

Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, dass er ein Jahr lang Psychotherapie in Anspruch genommen und ein Antigewalttraining absolviert habe, was ihm auch sehr geholfen habe. Danach habe er an der Therapie und am Training aus finanziellen Gründen nicht weiter teilnehmen können.

Nachgefragt, warum man davon ausgehen solle, dass er in Zukunft keine Straftaten mehr begehen werde, gab der Beschwerdeführer an, dass er sich an die Gesetze halten werde. Sobald er die Möglichkeit dazu hätte, würde er arbeiten gehen, dann hätte er keine Zeit mehr für „so einen Blödsinn“. Er sei jetzt auch reifer und gescheiter als noch mit 20 oder 21 Jahren.

Auf die Frage, was sich an den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers seit dem Jahr 2013 geändert habe, gab dessen Rechtsvertreter an: „In Wirklichkeit hat sich gar nichts geändert, außer dass der Beschwerdeführer älter geworden ist.“

Auf die Frage, was sich in den letzten Jahren an der Lage in Afghanistan geändert habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er eigentlich gar keine Vorstellungen über dieses Land habe. Gelegentlich würden aber seine Eltern mit ihm darüber reden, dass dort „schon wieder etwas passiert“ sei und dass es da und dort schon wieder Explosionen gegeben habe. Er selbst schaue aber keine Nachrichten.

Abschließend führte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers aus, dass seiner Ansicht nach nur Mazar e Sharif und Herat, nicht aber Kabul für eine Abschiebung in Frage kämen. Der Beschwerdeführer habe keinerlei verwandtschaftlichen Beziehungen zu Afghanistan. Ohne Einbindung in ein soziales Gefüge sei für den Beschwerdeführer eine Existenz, die „die Schwelle des Art. 3 EMRK überschreite“, nicht möglich. Es wäre zu erwarten, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines langen Auslandsaufenthalts und seiner sprachlichen Defizite als Rückkehrer identifiziert werde, denen gewöhnlich große Skepsis entgegengebracht werde.

17. Am 11.09.2019 gab der Beschwerdeführer über seine rechtsfreundliche Vertretung zu seinem Beschwerdeverfahren eine Stellungnahme ab. Darin führte er aus, dass ihm 2013 der Status des subsidiär Schutzberechtigten entzogen worden wäre. Dabei sei dem Beschwerdeführer unbestrittenermaßen die Duldung gewährt worden was indiziere, dass die belangte Behörde davon ausgegangen sein musste, dass ein Sachverhalt gem. §§ 50 oder 51 FPG oder allenfalls ein solcher gem. § 8 Abs. 3a und § 9 Abs. 2 AsylG vorgelegen habe. Im angefochtenen Bescheid führt die Behörde in keiner Weise aus, durch welche Umstände nunmehr geänderte Verhältnisse vorliegen würden. Im Übrigen sie zur Frage einer möglichen Rückkehr nach Afghanistan auf das Gutachten der Sachverständigen Friederike Stahlmann vom 28.03.2018 zu verweisen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG habe der Beschwerdeführer die Gelegenheit genutzt, im Bescheid enthaltene tatsachenwidrige Behauptungen richtigzustellen. So spreche er praktisch fehlerfrei Deutsch, sei legal in Österreich eingereist, habe in Afghanistan keinerlei familiäre Bindungen wiewohl Familie in Österreich, mit welcher er im gemeinsamen Haushalt lebe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens und Angehöriger der tadschikischen Volksgruppe.

Der Beschwerdeführer ist in Kabul geboren und wanderte als Kleinkind mit seiner Familie nach Pakistan aus.

Er reiste am 02.06.2005 zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Rahmen einer Familienzusammenführung legal in das österreichische Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Er hat seine in Pakistan begonnene Schulausbildung in Österreich mit dem Hauptschulabschluss abgeschlossen. Einer geregelten Erwerbstätigkeit ist der Beschwerdeführer seit seiner Einreise in Österreich nur über einen Zeitraum von wenigen Monaten in den Jahren 2011 oder 2012 nachgegangen. Es handelt sich bei ihm um einen jungen, gesunden und erwerbsfähigen Mann, der an keinen schweren oder lebensbedrohenden Krankheiten leidet.

Die Eltern des Beschwerdeführers sowie seine teils noch minderjährigen Geschwister leben in Österreich, wo sie über den Status von subsidiär Schutzberechtigten verfügen. In Afghanistan lebt eine Tante des Beschwerdeführers mit ihren Kindern, zu dieser hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt.

Der Beschwerdeführer spricht gut Deutsch, eine „berufliche Integration“ liegt beim Beschwerdeführer praktisch nicht vor.

Der Beschwerdeführer hielt sich von 2005 bis 2013 durchgehend in Österreich auf, für die Zeiträume 12.12.2013 bis 22.09.2014 sowie 09.03.2016 bis 11.12.2017 liegen keine den Beschwerdeführer betreffenden Meldedaten vor.

Vom 12.09.2012 bis zum 27.11.2012 sowie vom 26.04.2013 bis zum 04.10.2013 und vom 12.12.2017 bis zum 04.07.2019 verbüßte der Beschwerdeführer Haftstrafen in der Justizanstalt XXXX .

Anfang 2016 reiste der Beschwerdeführer mit dem Motiv, sich dadurch dem Haftantritt in Österreich zu entziehen, in die Schweiz, wo er unter Angabe eines falschen Namens und falscher Tatsachen versuchte, den Status eines Asylberechtigten zu erlangen.

Der Beschwerdeführer wurde im Zeitraum 2011 bis 2013 insgesamt fünf Mal wegen der Verübung strafbarerer Handlungen – darunter die Vergehen der falschen Beweisaussage, der Begünstigung, des Betrugs, der Sachbeschädigung, des Diebstahls, der Körperverletzung, der Hehlerei und des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln sowie der Verbrechen des Raubes und der versuchten schweren Körperverletzung – zu Freiheitsstrafen im Ausmaß von insgesamt mehr als 3 Jahren verurteilt.

Die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers haben sich zwischen dem Zeitpunkt der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid vom 22.11.2013 und dem Zeitpunkt des Ausspruchs, dass die Abschiebung nach Afghanistan nunmehr zulässig sei, mit Bescheid vom 07.09.2018 im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung nicht wesentlich geändert.

Ebenso wenig hat sich die Lage in Afghanistan zwischen den vorhin genannten Zeitpunkten so maßgeblich geändert bzw. verbessert, dass dies für die Frage der (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung von Relevanz wäre.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan
Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle
Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).
Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung – USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

[…]

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

[…]

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung – USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als „Post-Konflikt-Land“ galt, wieder als „Konfliktland“ ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).
Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 – 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).
[…]
Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen – ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).
Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

Rückkehr:

Als Rückkehrer/innen werden jene afghanische Staatsbürger/innen bezeichnet, die nach Afghanistan zurückgekehrt sind, nachdem sie mindestens sechs Monate im Ausland verbracht haben. Dazu zählen sowohl im Ausland registrierte Afghan/innen, die dann die freiwillige Rückkehr über UNHCR angetreten haben, als auch nicht-registrierte Personen, die nicht über UNHCR zurückgekehrt sind, sondern zwangsweise rückgeführt wurden. Insgesamt sind in den Jahren 2012-2017 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt. Die Anzahl der Rückkehrer/innen hat sich zunächst im Jahr 2016 im Vergleich zum Zeitraum 2012-2015, um 24% erhöht, und ist im Jahr 2017 um 52% zurückgegangen. In allen drei Zeiträumen war Nangarhar jene Provinz, die die meisten Rückkehrer/innen zu verzeichnen hatte (499.194); zweimal so viel wie Kabul (256.145) (IOM/DTM 26.3.2018). Im Jahr 2017 kehrten IOM zufolge insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück (sowohl freiwillig, als auch zwangsweise) (IOM 2.2018). Im Jahr 2018 kehrten mit Stand 21.3. 1.052 Personen aus angrenzenden Ländern und nicht-angrenzenden Ländern zurück (759 davon kamen aus Pakistan). Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (IOM 7.7.2017).

Im Rahmen des Tripartite Agreement (Drei-Parteien-Abkommen) unterstützt UNHCR die freiwillige Repatriierung von registrierten afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan und Iran. Insgesamt erleichterte UNHCR im Jahr 2017 die freiwillige Rückkehr von 58.817 Personen (98% aus Pakistan sowie 2% aus Iran und anderen Ländern) (UNHCR 3.2018).

Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer/innen aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen (USDOS 20.4.2018). Nichtsdestotrotz versucht die afghanische Regierung die gebildete Jugend, die aus Pakistan zurückkehrt, aufzunehmen (BTI 2018). Von den 2.1 Millionen Personen, die in informellen Siedlungen leben, sind 44% Rückkehrer/innen. In den informellen Siedlungen von Nangarhar lebt eine Million Menschen, wovon 69% Rückkehrer/innen sind. Die Zustände in diesen Siedlungen sind unterdurchschnittlich und sind besonders wegen der Gesundheits- und Sicherheitsverhältnisse besorgniserregend. 81% der Menschen in informellen Siedlungen sind Ernährungsunsicherheit ausgesetzt, 26% haben keinen Zugang zu adäquatem Trinkwasser und 24% leben in überfüllten Haushalten (UN OCHA 12.2017).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen (BFA Staatendokumentation; vgl. AAN 19.5.2017). Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig (BFA Staatendokumentation 4.2018). Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Hierfür stand bislang das Jangalak-Aufnahmezentrum zur Verfügung, das sich direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017) und wo Rückkehrende für die Dauer von bis zu zwei Wochen untergebracht werden konnten (BFA Staatendokumentation 4.2018; IOM 6.2012). Im Jangalak Aufnahmezentrum befanden sich 24 Zimmer, mit jeweils 2-3 Betten. Jedes Zimmer war mit einem Kühlschrank, Fernseher, einer Klimaanlage und einem Kleiderschrank ausgestattet (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017). Seit September 2017 nutzt IOM nicht mehr das Jangalak-Aufnahmezentrum, sondern das Spinzar Hotel in Kabul als temporäre Unterbringungsmöglichkeit. Auch hier können Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IOM 18.4.2018).

Unterschiedliche Organisationen sind für Rückkehrer/innen unterstützend tätig:

IOM (internationale Organisation für Migration) bietet ein Programm zur unterstützten, freiwilligen Rückkehr und Reintegration in Afghanistan an (Assisted Voluntary Return and Reintegration – AVRR). In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM- Landesbüro implementiert, welches vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und AMIF (dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU) mitfinanziert wird. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer/innen nach Afghanistan und in den Iran, nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor (BFA Staatendokumentation; vgl. IOM 25.1.2018). IOM setzt im Zuge von Restart II unterschiedliche Maßnahmen um, darunter Rückkehr – und Reintegrationsunterstützung (BFA Staatendokumentation; vgl. IOM 25.1.2018). In Kooperation mit Partnerninstitutionen des European Reintegration Network (ERIN) wird im Rahmen des ERIN Specific Action Program, nachhaltige Rückkehr und Reintegration freiwillig bzw. zwangsweise rückgeführter Drittstaatangehöriger in ihr Herkunftsland implementiert (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IOM Belgium o.D.). IRARA (International Returns & Reintegration Assistance) eine gemeinnützige Organisation bietet durch Reintegrationsdienste nachhaltige Rückkehr an (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IOM 25.1.2018). ACE (Afghanistan Centre for Excellence) ist eine afghanische Organisation, die Schulungen und Arbeitsplatzvermittlung anbietet. AKAH (Aga Khan Agency for Habitat) ist in mehreren Bereichen tätig, zu denen auch die Unterstützung von Rückkehrer/innen zählt. Sowohl ACE als auch AKAH sind Organisationen, die im Rahmen von ERIN Specific Action Program in Afghanistan tätig sind (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. IRARA o.D., IOM 25.1.2018). AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation) bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa und Australien Beratung und Unterstützung an (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. FB o.D.). Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017).

NRC (Norwegian Refugee Council) bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an (BFA Staatendokumentation 4.2018). Auch hilft NRC Rückkehrer/innen bei Grundstücksstreitigkeiten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Kinder von Binnenvertriebenen und speziell von Rückkehrer/innen aus Pakistan sollen auch die Möglichkeit haben die Schule zu besuchen. NRC arbeitet mit dem afghanischen Bildungsministerium zusammen, um Schulen mit Unterrichtsmaterialien zu unterstützen und die Kapazitäten in diesen Institutionen zu erweitern. IDPs werden im Rahmen von Notfallprogrammen von NRC mit Sachleistungen, Nahrungsmitteln und Unterkunft versorgt; nach etwa zwei Monaten soll eine permanente Lösung für IDPs gefunden sein. Auch wird IDPs finanzielle Unterstützung geboten: pro Familie werden zwischen 5.000 und 14.000 Afghani Förderung ausbezahlt (BFA Staatendokumentation 4.2018). Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017).

UNHCR ist bei der Ankunft von Rückkehrer/innen anwesend, begleitet die Ankunft und verweist Personen welche einen Rechtsbeistand benötigen an die AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). UNHCR und die Weltbank haben im November 2017 ein Abkommen zur gemeinsamen Datennutzung unterzeichnet, um die Reintegration afghanischer Rückkehrer/innen zu stärken. UNHCR leitet Initiativen, um nachhaltige Lösungen in den Provinzen Herat und Nangarhar zu erzielen, indem mit nationalen Behörden/Ministerien und internationalen Organisationen (UNICEF, WHO, IOM, UNDP, UN Habitat, WFP und FAO) zusammengearbeitet wird. Diese Initiativen setzen nationale Pläne in gemeinsame Programme in jenen Regionen um, die eine hohe Anzahl an Rückkehrer/innen und Binnenvertriebenen vorzuweisen haben (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl UNHCR 13.12.2017).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017) – alle Leistungen sind kostenfrei (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Info Migrants 2.1.2018). Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017). Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017).

Unterstützung von Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung

Hilfeleistungen für Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung konzentrieren sich auf Rechtsbeistand, Arbeitsplatzvermittlung, Land und Unterkunft (wenngleich sich das Jangalak- Aufnahmezentrum bis September 2017 direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand, wurde dieses dennoch von IOM betrieben und finanziert). Seit 2016 erhalten die Rückkehr/innen nur Hilfeleistungen in Form einer zweiwöchigen Unterkunft (siehe Jangalak-Aufnahmezentrum) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer/innen und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer/innen aus der Region (Iran und Pakistan), als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der „whole of community“ vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer/innen aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben – und zu welchen Bedingungen – sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. AAN 19.5.2017).

Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile „universell“ geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. BFA/EASO 1.2018). Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017). Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. BFA/EASO 1.2018).

Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. BFA/EASO 1.2018).

Neben der Familie als zentrale Stütze der afghanischen Gesellschaft, kommen noch weitere, wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen „professionellen“ Netzwerken (Kolleg/innen, Kommilitonen etc.) sowie politische Netzwerke usw. (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. BFA/EASO 1.2018). Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse – auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Landinfo 19.9.2017). Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer/innen dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke – der Familie, der Freunde und der Bekannten – ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. Asylos 8.2017).
2. Beweiswürdigung

2.1. Die Feststellungen zum Beschwerdeführer basieren auf seinen Angaben sowie auf den Angaben seiner Mutter als zunächst gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers sowie später als Zeugin.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug sowie dem Inhalt der im Verwaltungsakt aufliegenden Strafurteile des zuständigen Landesgerichts und des zuständigen Bezirksgerichts.

Die Feststellungen zu den nichtaufrechten Meldungen in Österreich fußen auf einem historischen Auszug des Zentralen Melderegisters.

2.2. Die Feststellung, dass sich die individuelle persönliche Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung nicht wesentlich geändert hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers während des Verfahrens vor der belangten Behörde sowie während der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. So war der Beschwerdeführer bereits 2013 volljährig, hatte seinen Schulabschluss bereits damals absolviert und hat inzwischen auch keine zusätzlichen Ausbildungen absolviert oder Berufserfahrungen erworben. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer mehrfach straffällig geworden ist, war zum Zeitpunkt der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits bekannt und sind zwischenzeitig keine Hinweise darauf hervorgekommen, die eine wesentliche Änderung im Hinblick auf eine Gefährlichkeitsprognose des Beschwerdeführers indizieren würden. Schließlich verfügt der Beschwerdeführer im Vergleich zu 2013 nach wie vor über kein nennenswertes familiäres oder soziales Netzwerk in seinem Herkunftsstaat.

2.3. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan beruhen auf den genannten Quellen, die auch das BFA seinem Bescheid zugrunde legte. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an deren Richtigkeit zu zweifeln.

2.4. Die Feststellung, dass sich die Lage – insbesondere die Sicherheitslage – im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers im Hinblick auf die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung nicht wesentlich geändert hat, beruht auf einem Vergleich der in den jeweiligen Länderinformationen über Afghanistan festgehaltenen Situation in Afghanistan im Jahr 2013 mit der aktuellen Situation in diesem Staat. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf zu verweisen, dass gemäß dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Afghanistan die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 „wegen einer Serie von sehr öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden“, die Sicherheitslage in Afghanistan für „sehr instabil“ erklärten. Weiters darauf, dass die Nichtregierungsorganisation INSO für das Jahr 2017 in Afghanistan landesweit fast 30.000 sicherheitsrelevante Vorfälle registrierte, für das Jahr 2016 dagegen knapp 29.000 und für das Jahr 2015 etwas mehr als 25.000 derartige Vorfälle. Ein ähnliches Bild der sich erhöhenden Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in den letzten Jahren zeigen auch die diesbezüglichen Daten der Vereinten Nationen (vgl. LIB Afghanistan vom 29.06.2018, Seiten 27f). Ebenso geht aus den Länderinformationen hervor, dass sich die Anzahl der Luftangriffe, der gezielten Tötungen und der Selbstmordattentate in den letzten Jahren erhöht hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Spruchpunkte I., II. V. und VI. des angefochtenen Bescheides durch das hg. Erkenntnis vom 25.10.2018, GZ. W203 1411361-2/5E und die diesbezüglich erfolgte Zurückweisung der Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.03.2019, Ra 2018/21/0238-10 in Rechtskraft erwachsen sind. Verfahrensgegenstand ist somit nur mehr die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. (Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan) und IV. (Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes).

3.2.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Zulässigkeit der Abschiebung):

3.2.2.1. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 leg. cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1.       die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2.       er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3.       er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat - ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen - eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1.       einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2.       der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3.       der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

3.2.2.2. Mit Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 22.11.2013 wurde im Zusammenhang mit der amtswegigen Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist. Dabei ist das Bundesasylamt offenbar davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen, da ansonsten eine Aberkennung gemäß Abs. 2 leg. cit. nicht in Frage gekommen wäre (vgl. dazu die Wortfolge „Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, ….“ In § 9 Abs. 2 AsylG). Insbesondere ist es vom Nichtvorliegen der Voraussetzungen für eine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ausgegangen, wonach der Status dann abzuerkennen wäre, wenn „die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen“.

Diese Entscheidung des Bundesasylamtes ist in Rechtskraft erwachsen.

Eine nunmehrige Abänderung dieser rechtskräftigen Entscheidung vom 22.11.2013 würde voraussetzen, dass sich nach Erlassung der rechtskräftigen Vorentscheidung der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften so wesentlich geändert hätten, sodass eine „neue Sache“ vorliegt (VwGH 07.03.2019, Ra 2018/21/0238-10 mit Verweis auf VwGH 24.01.2019, Ro 2018/21/0011).

Die hier einschlägigen Rechtsvorschriften – insbesondere § 9 AsylG 2005 – haben sich seit der in Rechtskraft erwachsenen Feststellung des Bundesasylamtes, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan unzulässig sei, nicht maßgeblich geändert.

Eine „neue Sache“ im Sinne des oben zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes würde demnach nur dann vorliegen, wenn sich der Sachverhalt so wesentlich und nachhaltig geändert hätte, dass nunmehr – entgegen der Sachverhaltslage zum Zeitpunkt der Entscheidung vom 22.11.2013 – eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten des Beschwerdeführers (auch) aufgrund eines der in § 9 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Tatbestände möglich wäre, da nur in diesem Fall die Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in Frage kommen würde. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer – obwohl er sich zwischenzeitig auch in der Schweiz aufgehalten hat – weder zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch aktuell den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hatte bzw. hat und dass dieser in der Zwischenzeit auch nicht die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlanget hat, sodass eine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 AsylG 2005 nicht in Frage kommt.

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung näher ausgeführt hat im vorliegenden Fall das Ermittlungsverfahren ergeben, dass sich die Länderberichtssituation zur Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan seit der Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, der Zurückschiebung oder der Abschiebung nach Afghanistan vom 22.11.2013, die in Rechtskraft erwachsen ist, nicht maßgeblich geändert – jedenfalls nicht verbessert – hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesasylamtes vom 22.11.2013 die Voraussetzungen für eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (auch) gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG vorgelegen wären, da die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 22.11.2013 in Rechtskraft erwachsen ist und somit die Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nicht mehr Gegenstand des aktuellen Beschwerdeverfahrens ist.

Im Vergleich zum Entscheidungszeitpunkt 22.11.2013 lag somit weder zum Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides vom 07.09.2018 eine im Beug auf die Prüfung der (Un-)Zulässigkeit einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eine „neue Sache“ vor noch liegt eine solche aktuell vor. Die belangte Behörde hat somit mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.09.2018 zu Unrecht festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei, weswegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu beheben war.

Aufgrund der Untrennbarkeit der Spruchpunkte III. (Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung) und IV. (Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes) hat die Behebung des Spruchpunktes III. auch die Behebung des Spruchpunktes IV. zur Folge.

Es war daher gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Einreiseverbot Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W203.1411361.2.01

Im RIS seit

09.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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