TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/11 97/06/0095

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Veröffentlicht am 11.09.1997
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Index

L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
ROG Slbg 1992 §20;
ROG Slbg 1992 §25;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der I Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. Michael Kinberger, Dr. Alexander Schuberth und Mag. Franz Lochbichler, Rechtsanwälte in Zell am See, Mozartstraße 3, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 19. Februar 1997, Zl. 1/02-35.867/3-1997, betreffend Vertretungsbefugnis in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Zell am See, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 24. April 1989 hat die Gassner Immobiliengesellschaft m.b.H. die Bauplatzerklärung für die Grundparzelle Nr. 284/5 KG Zell am See beantragt. Das Ansuchen hat die Gassner Immobilien GesmbH selbst eingebracht, sie war nicht vertreten. Über dieses Ansuchen wurde eine mündliche Verhandlung für den 22. Juni 1989 anberaumt, zu der die Gassner Immobilien GesmbH geladen wurde. Nach Durchführung dieser Verhandlung und Erstellung der erforderlichen Gutachten erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 3. Juli 1990 die beantragte Bauplatzbewilligung. Dieser Bescheid erging an die Gassner

Immobilien Gesellschaft m.b.H in Zell am See unter Anschluß eines Planes.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 22. Juni 1994 wurde festgestellt, daß die Eigenschaft der genannten Grundparzelle als Bauplatz, bewilligt mit Bescheid vom 3. Juli 1990, gemäß § 22 lit. c i.V. mit § 14 Abs. 1 lit. a des Bebauungsgrundlagengesetzes erloschen ist. Dieser Bescheid wurde an die Gassner Immobiliengesellschaft m.b.H. in Zell am See als Grundeigentümerin zugestellt, die Zustellung erfolgte laut Rückschein am 23. Juni 1994. Gegen diesen Bescheid wurde keine Berufung eingebracht.

Mit Schreiben vom 22. November 1994 beantragte Dr. Michael Kinberger beim Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde, ihm eine Ausfertigung des Bescheides vom 22. Juni 1994 zu seinen Handen zuzustellen, da er im gegenständlichen Verfahren als Vertreter ausgewiesen sei, worauf auch im Schriftverkehr seitens der Stadtgemeinde Zell am See Bedacht genommen worden sei, der Bescheid jedoch direkt an die Gassner Immobiliengesellschaft zugestellt worden sei. Sollte dem Zustellantrag nicht nachgekommen werden, sollte über diesen Antrag mit Bescheid abgesprochen werden. Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 30. Dezember 1994 wurde der Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 22. Juni 1994 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß nicht bestritten werde, daß die Gassner Immobiliengesellschaft m.b.H. durch Dr. Michael Kinberger in anderen, mit dem gegenständlichen Bauplatzerklärungsverfahren nicht identen Verwaltungsverfahren, etwa beim Entschädigungsbegehren gemäß § 25 ROG 1992 hinsichtlich der Grundparzelle 248/5 KG Zell am See, vertreten worden sei. Nach übereinstimmender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Behörde jedoch nicht berechtigt, durch die Vorlage einer Vollmacht in einem bestimmten Verfahren davon auszugehen, daß die Partei auch in anderen, bereits anhängigen oder späteren Verfahren vertreten sein wolle. Es sei festzustellen, daß eine Vertretungsvollmacht im Sinne des § 10 AVG für Dr. Michael Kinberger im Bauplatzerklärungsverfahren

Aktenzahl 1759/89-26/89 nicht vorliege und die in anderen Verwaltungsverfahren bestehende Bevollmächtigung des Antragstellers zur Vertretung der Gassner Immobilien GesmbH im Bauplatzerklärungsverfahren nicht relevant sei.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung hat die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Bescheid vom 15. Februar 1995 abgewiesen. Dagegen brachte die Beschwerdeführerin die Vorstellung ein, in der sie ausführte, der Firmenwortlaut laute nunmehr "Bauträger Gassner Immobilien GesmbH" und auf den Schriftverkehr zwischen 15. Mai 1992 und 22. Dezember 1992 hinwies, während dieser Zeit habe die Beschwerdeführerin insgesamt fünf Schreiben durch Dr. Michael Kinberger jeweils an den Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde gerichtet, der mit fünf Schreiben jeweils gerichtet an Dr. Michael Kinberger geantwortet habe. Damit habe der Bürgermeister das Vollmachtsverhältnis vollinhaltlich zur Kenntnis genommen. Wenn nun behauptet werde, daß das Vollmachtsverhältnis zum Parteienvertreter erst zu einem späteren Zeitpunkt nach dem 22. Juni 1994 bekannt geworden sei, so entspreche diese Behauptung nicht den Gegebenheiten.

Mit Bescheid vom 19. Februar 1997 hat die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Gemeindevertretung vom 15. Februar 1995 keine Folge gegeben. Im wesentlichen teilte sie die Rechtsansicht der Baubehörde erster Instanz.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Als Beschwerdepunkt wird ausgeführt, daß sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Zustellung des Bescheides zu Handen ihres Vertreters bei Vorliegen eines Vollmachtsverhältnisses im Sinne des § 10 AVG verletzt erachte.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerdeführer beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei der durch die Behörde erster Instanz erfolgten "Zurückweisung" handelt es sich, wie sich aus der Begründung des Bescheides ergibt, in Wahrheit um eine Sachentscheidung (Abweisung), daher um ein Vergreifen im Ausdruck, durch welche Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt wurden.

Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist auch der Schriftverkehr angeschlossen, auf den sich der Beschwerdevertreter in seiner Vorstellung berufen hat.

Gegenstand des Schriftverkehrs war der geplante Kauf des Grundstückes durch die Gemeinde; als sich bereits ein Scheitern dieser Verkaufsverhandlungen abzeichnete, enthielt er Hinweise des Beschwerdevertreters darauf, daß seiner Mandantschaft gemäß § 20 ROG eine Entschädigung zustehe, weil das Grundstück im neuen Flächenwidmungsplan voraussichtlich als Grünland ausgewiesen sein würde. In diesem Schriftverkehr hat der Vertreter keine Vollmacht vorgelegt, jedoch darauf verwiesen, daß er bevollmächtigter Rechtsvertreter der Gassner Immobiliengesellschaft m.b.H. sei. Das Vollmachtsverhältnis wurde von der mitbeteiligten Stadtgemeinde auch akzeptiert, wie aus den Antwortschreiben, die jeweils an den eingeschrittenen Rechtsvertreter gerichtet waren, hervorging.

Die übereinstimmende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Bestehens eines Vollmachtsverhältnisses läßt sich dahin zusammenfassen, daß die Behörde nicht berechtigt ist, aufgrund der Vorlage einer Vollmacht in einem bestimmten Verfahren davon auszugehen, daß die Partei auch in anderen, bereits anhängigen oder späteren Verfahren vertreten sein will, es sei denn, daß die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben hat (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 154 E 59-61 geführte hg. Judikatur). Wenn ein Rechtsanwalt in einem späteren Verfahren auf eine in einem früheren Verfahren ausgewiesene unbeschränkte Vollmacht hinweist, so hat die Behörde zwar von einer Bevollmächtigung von diesem Zeitpunkt auszugehen, es kann jedoch allein aus diesem Umstand nicht schon rückwirkend auf das Vorliegen eines Vollmachtsverhältnisses bereits vor dem Zeitpunkt dieses Einschreitens geschlossen werden bzw. besteht vor einer solchen Berufung auf eine Vollmacht nicht die Berechtigung, dem Vertreter auch in anderen Verfahren als Vertreter zu behandeln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Slg. 13.221/A).

Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin das Ansuchen um Bauplatzerklärung selbst eingebracht, während dieses Verfahrens ist sie nicht vertreten worden, der Bescheid betreffend die Bauplatzbewilligung ist dementsprechend an die Beschwerdeführerin zugestellt worden und in Rechtskraft erwachsen. Lediglich im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Ankauf der Liegenschaft durch die Stadtgemeinde und den Entschädigungsansprüchen infolge der Abänderung des Flächenwidmungsplanes hat sich die Beschwerdeführerin durch den einschreitenden Rechtsfreund vertreten lassen, wobei sich der Rechtsfreund auf eine erteilte Vollmacht berufen hat. Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist kein Hinweis dahingehend zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben hätte. Demnach war aber nach der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen der Beschwerdefall keinen Anlaß gibt, der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde nicht berechtigt, davon auszugehen, daß die Partei auch im Bauplatzerklärungsverfahren, in dem sie nicht vertreten war, nunmehr, bei der Feststellung des Erlöschens der Bauplatzeigenschaft, durch den Rechtsfreund vertreten sein wollte. Die an die Beschwerdeführerin selbst erfolgte Zustellung des Bescheides vom 22. Juni 1994 war somit eine wirksame Zustellung mit der Rechtsfolge, daß der bereits zugestellte Bescheid nicht nochmals rechtswirksam zugestellt werden konnte.

Da keine Umstände hervorgekommen sind, die auf das Vorliegen eines Vollmachtsverhältnisses im Bauplatzerklärungsverfahren vor dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom 22. Juni 1994 schließen lassen, erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997060095.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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