TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/12 G314 2234481-2

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Veröffentlicht am 12.10.2020
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Entscheidungsdatum

12.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2

Spruch

G314 2234481-1/2E
G314 2234481-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin
Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerden des rumänischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), zu Recht

1.) gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .07.2020, Zl. XXXX , betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrags vom XXXX .07.2020:

A)       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

2.) gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .07.2020, Zl. XXXX , betreffend die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags vom XXXX .07.2020:

A)       Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für einen Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 17.06.2020 als unzulässig zurückgewiesen wird.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

3.) gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .05.2020, Zl. XXXX , nach der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .06.2020 aufgrund des Vorlageantrags vom XXXX .07.2020:

A)       Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Spruchpunkte I. und II. der Beschwerdevorentscheidung dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat: „Gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.“

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX .03.2020 in XXXX verhaftet und danach in der Justizanstalt XXXX angehalten. Mit dem Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 13.03.2020 wurde er aufgefordert, sich zu der aus diesem Grund beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu äußern und Fragen zu seinem Aufenthalt in Österreich und seinem Privat- und Familienleben zu beantworten. Der BF beantwortete dieses Schreiben nicht. Am XXXX wurde er vom Landesgericht XXXX rechtskräftig zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit dem Bescheid vom XXXX .05.2020, Zl. XXXX , erließ das BFA gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein achtjähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte ihm gemäß § 70 Abs 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit der strafgerichtlichen Verurteilung und dem in seinem Heimatstaat gelegenen Lebensmittelpunkt begründet.

Am XXXX .06.2020 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen, in Schubhaft genommen und am XXXX .06.2020 nach Rumänien abgeschoben.

Gegen den Bescheid vom XXXX .05.2020 erhob der BF, vertreten durch die ihm gemäß § 52 BFA-VG als Rechtsberater zur Seite gestellte Organisation, fristgerecht eine Beschwerde, in der er die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und die Behebung des angefochtenen Bescheids, in eventu die Verkürzung des Aufenthaltsverbots, beantragt. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt. Außerdem regt er (ohne dies näher zu begründen) die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an. Er bringt dazu vor, dass er sich ab 2010 immer wieder in Österreich aufgehalten habe, wo auch seine Mutter, andere Verwandte sowie seine Lebensgefährtin mit ihren beiden Kindern, für die er eine Art „Ersatzvater“ sei, wohnten. Er sei hier auch berufstätig gewesen. Das BFA habe ihn nicht persönlich befragt, keine ausreichenden Ermittlungen zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich angestellt und die Gefährdungsprognose nicht konkret begründet. Angesichts des geringen unbedingten Strafteils und des Bestehens eines schutzwürdigen Familienlebens sei ein achtjähriges Aufenthaltsverbot jedenfalls überschießend und verletze Art 8 EMRK.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .06.2020 erließ das BFA gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein achtjähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm gemäß § 70 Abs 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt III.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.), sodass die Beschwerde im Ergebnis abgewiesen wurde. Die Begründung entsprach weitgehend der Begründung des Bescheids vom XXXX .05.2020, wurde aber im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ergänzt. Familiäre Bindungen des BF in Österreich wurden ausdrücklich nicht festgestellt, weil unter dem in der Beschwerde angegebenen Namen seiner angeblichen Lebensgefährtin niemand im Zentralen Melderegister (ZMR) aufscheine und deren in der Beschwerde angegebene Adresse nicht existiere.

Der Zustellnachweis (Rückschein) betreffend die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die Rechtsvertretung des BF trägt das (handschriftlich eingetragene) Datum 19.06.2020, aber weder die Unterschrift des Übernehmers noch des Zustellers, keinen Rundstempel der Zustellbasis und auch keine Informationen über die Form der Verständigung von der Zustellung oder die Gründe, aus denen eine Verständigung nicht möglich war. Die Rechtsvertretung des BF wurde nicht von der Zustellung verständigt. Sie erlangte von der Zustellung erst am XXXX .06.2020 dadurch Kenntnis, als die Beschwerdevorentscheidung an diesem Tag dem Briefkasten entnommen und mit einem Posteingangsstempel versehen wurde.

Am XXXX .07.2020 stellte der BF über seine Rechtsvertretung beim BFA einen (irrtümlich als Vorstellung bezeichneten) Vorlageantrag. Darin wird unter anderem ausgeführt, dass es bei der Informationsaufnahme mit dem BF in der Justizanstalt möglicherweise zu einem Fehler bei Namen und Adresse seiner Lebensgefährtin gekommen sei; die korrekte Information werde sobald wie möglich nachgereicht.

Mit E-Mail vom selben Tag wies das BFA die Rechtsvertretung des BF auf die Verspätung des Vorlageantrags hin.

Am XXXX .07.2020 beantragte der BF über seine Rechtsvertretung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für einen Vorlageantrag. Die Beschwerdevorentscheidung sei am XXXX .06.2020 zugestellt worden und nicht – wie am Rückschein unerklärlicherweise angegeben – am 19.06.2020. Dazu wurde eine Erklärung der Leiterin des Koordinationsbüros der Rechtsvertretung vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass die Beschwerdevorentscheidung erst am XXXX .06.2020 im (täglich kontrollierten) Briefkasten vorgefunden und sofort mit einem Eingangsstempel versehen worden sei; am 19.06.2020 sei dagegen kein Schreiben des BFA im Briefkasten der Rechtsvertretung gewesen.

Mit dem Bescheid vom XXXX .07.2020 wies das BFA den Vorlageantrag (ausgehend von der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung laut Rückschein am 19.06.2020) als verspätet zurück.

Dagegen richtet sich die vom BF über seine Rechtsvertretung eingebrachte Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid zu beheben, in eventu, eine Beschwerdeverhandlung durchzuführen. Eventualiter wird auch ein Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag gestellt.

Mit dem Bescheid vom XXXX .07.2020 wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom XXXX .07.2020 ab und sprach aus, dass dem Wiedereinsetzungsantrag die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werde. Es liege kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vor. Die Rechtsvertretung des BF habe dadurch, dass mit dem Vorlageantrag bis zum letzten Tag der Frist zugewartet worden sei, auffallend sorglos gehandelt.

Dagegen richtet sich die vom BF über seine Rechtsvertretung erhobene Beschwerde mit dem Antrag, dem Wiedereinsetzungsbegehren stattzugeben oder festzustellen, dass der Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht worden sei. In der Begründung wird auf die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am XXXX .06.2020 hingewiesen. Es sei nicht sorglos, den Antrag am letzten Tag der Frist einzubringen, was bei der Rechtsberatungsorganisation aufgrund des hohen Arbeitsaufwands üblich sei. Selbst bei einer Zustellung am 19.06.2020 habe der BF, der kaum Erfahrung mit Zustellungen und Fristen habe, jedenfalls nicht auffallend sorglos gehandelt, zumal die Beschwerdevorentscheidung erst am XXXX .06.2020 im Postkasten aufgefunden und mit einem entsprechenden Eingangsstempel versehen worden sei. Der Sachbearbeiter der Rechtsvertretung habe auf die Richtigkeit dieses Stempels vertrauen dürfen. Bei einem allfälligen, nicht vorhersehbaren Fehler beim Abstempeln handle es sich jedenfalls um einen minderen Grad des Versehens.

Das BFA legte die Beschwerden samt den Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor, wo sie am 27.08.2020 einlangten.

Feststellungen:

Der BF ist rumänischer Staatsangehöriger. Er kam am XXXX in der rumänischen Stadt XXXX zur Welt, wo er nach wie vor einen Wohnsitz hat. Er spricht Rumänisch.

Ab 2010 hielt sich der BF immer wieder vorübergehend ohne Wohnsitzmeldung in Österreich auf, wo seine Mutter und andere Verwandte leben, kehrte aber stets wieder nach Rumänien zurück. Er beantragte nie die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung. Er hat in Österreich keine Lebensgefährtin, mit der er hier in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebte. Von XXXX .06. 2018 bis XXXX .06.2018 und von XXXX .11.2019 bis XXXX .01.2020 war er im Bundesgebiet als Arbeiter erwerbstätig und krankenversichert; zuletzt war er ohne Beschäftigung.

Am XXXX .01.2020 wurde der BF festgenommen und bis XXXX .01.2020 in der Justizanstalt XXXX angehalten. Am XXXX wurde er vom Landesgericht XXXX wegen der Vergehen der (qualifizierten) gefährlichen Drohung (§ 107 Abs 1 und Abs 2 StGB) ausgehend von einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren rechtskräftig zu einer fünfmonatigen, für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt (Datum der [letzten] Tat: 12.01.2020).

Am XXXX .03.2020 randalierte der BF alkoholisiert am XXXX , stellte sein Verhalten trotz polizeilicher Aufforderung nicht ein und setzte sich gegen die beiden Polizeibeamten, die den Sachverhalt erheben und seine Identität feststellen wollten, heftig zu Wehr. Er wurde daraufhin festgenommen, am nächsten Tag in die Justizanstalt XXXX eingeliefert und dort ab XXXX .03.2020 in Untersuchungshaft angehalten.

Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , wurde der BF wegen der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 269 Abs 1 erster Fall, 15 StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2, 15 StGB, ausgehend von einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, wobei ein neunmonatiger Strafteil für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er am XXXX .03.2020 versucht hatte, zwei Polizeibeamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Erhebung des Sachverhalts, der Identitätsfeststellung und in der Folge seiner Festnahme und Verbringung zur Dienststelle, zu hindern, indem er sich heftig zur Wehr setzte, sich loszureißen versuchte und um sich schlug. Dabei hatte er außerdem versucht, einem der Polizeibeamten mit der Faust ins Gesicht zu schlagen und ihn dadurch vorsätzlich am Körper zu verletzen, wobei er die Körperverletzung an einem Beamten während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begehen wollte. Bei der Strafbemessung wurden das umfassende, reumütige und der Wahrheitsfindung dienliche Geständnis, der Umstand, dass beide Vergehen im Versuchsstadium blieben, und die infolge der Alkoholisierung eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit als mildernd berücksichtigt. Erschwerend wirkten sich die einschlägige Vorverurteilung, der rasche Rückfall, der Widerstand gegen zwei Polizeibeamte und das Zusammentreffen von zwei Vergehen aus. Von einem Widerruf der zuvor gewährten bedingten Strafnachsicht wurde abgesehen, aber die Probezeit auf fünf Jahre verlängert.

Der BF verbüßte den unbedingten Strafteil in der Justizanstalt XXXX . Nach dem Strafende am XXXX .06.2020 wurde er in Schubhaft genommen und am XXXX .06.2020 nach Rumänien abgeschoben.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig und in Österreich weder privat noch beruflich integriert. Abgesehen von den Zeiten seiner Anhaltung in Justizanstalten und im Polizeianhaltezentrum liegen keine Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet vor.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich weitgehend widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG. Strittig ist dabei lediglich das Datum der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die Rechtsvertretung des BF. Das BFA geht anhand des Rückscheins von einer Zustellung am XXXX .06.2020 aus, der BF (bzw. seine Vertretung) anhand des Posteingangsstempels im Zusammenhang mit der täglichen Entleerung des Briefkastens von einer Zustellung am XXXX .06.2020. Die dazu getroffenen Feststellungen basieren einerseits auf dem Rückschein, der sich im Original in den vorgelegten Akten (AS 167) befindet und dessen Kopie auch von der Vertretung des BF vorgelegt wurde, und andererseits auf den vom BF vorgelegten Kopien der ersten Seite der Beschwerdevorentscheidung und des Kuverts mit dem Eingangsstempel XXXX .06.2020.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Rechtsvertretung des BF von der Zustellung verständigt wurde; dies wird von keiner Partei behauptet. Aus dem Vorbringen der Rechtsvertretung des BF ergibt sich (untermauert durch die mit dem Posteingangsstempel versehenen Schriftstücke), dass ihr die Beschwerdevorentscheidung am XXXX .06.2020 tatsächlich zugekommen ist.

Die Feststellungen basieren insbesondere auf dem polizeilichen Anlassbericht vom XXXX .03.2020, dem Strafurteil vom XXXX , der Vollzugsinformation, den Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und Strafregister sowie dem Beschwerdevorbringen.

Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit des BF ergeben sich aus den Angaben zu seiner Person in der Vollzugsinformation, im Anlassbericht und im Strafurteil.

Kenntnisse der rumänischen Sprache sind aufgrund der Herkunft des BF sowie der Beiziehung einer Rumänisch-Dolmetscherin im Strafverfahren naheliegend und gehen auch aus der Vollzugsinformation hervor. Hinweise auf Deutschkenntnisse sind nicht aktenkundig.

Die Feststellung, dass der BF einen Wohnsitz in Rumänien hat, basiert auf der rumänischen Aufnahme- und Entlassungsadresse laut der Vollzugsinformation. Dies steht im Einklang damit, dass er laut Beschwerde regelmäßig nach Rumänien zurückkehrte.

Aufenthalte des BF und seiner Angehörigen im Bundesgebiet werden anhand des insoweit glaubhaften Beschwerdevorbringens festgestellt. Laut ZMR war er nur während der Anhaltung in den Justizanstalten XXXX und XXXX sowie im Polizeianhaltezentrum XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Es liegen keine weiteren Wohnsitzmeldungen vor, sodass zwanglos davon auszugehen ist, dass frühere Aufenthalte des BF im Bundesgebiet ohne Wohnsitzmeldung erfolgten.

Aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) geht weder die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung noch ein entsprechender Antrag des BF hervor.

Laut Beschwerde bestand in Österreich eine Lebensgemeinschaft mit XXXX (oder XXXX ), geboren am XXXX , wohnhaft in XXXX . Diese Anschrift (oder eine mit ähnlicher Schreibweise) existiert nicht. Im ZMR ist für diese oder ähnliche Personendaten niemand gespeichert. Da die angekündigte Korrektur dieses Vorbringens bislang nicht erfolgt ist, kann die behauptete Lebensgemeinschaft des BF nicht einmal ansatzweise verifiziert werden, sodass dazu eine Negativfeststellung getroffen werden muss, zumal der BF laut ZMR und Vollzugsinformation verheiratet ist und eine Lebensgemeinschaft neben einer aufrechten Ehe kein Familienleben begründen kann. Eine allfällige Beziehung des BF zu einer in Österreich lebenden Frau kann nicht die Intensität einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft erreicht haben, weil er sich nach eigenen Angaben stets nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhielt und regelmäßig wieder nach Rumänien zurückkehrte, sodass jedenfalls kein auf Dauer angelegter gemeinsamer Haushalt bestand.

Die Erwerbstätigkeit und Krankenversicherung werden anhand übereinstimmender Angaben im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerde festgestellt. Die Beschäftigungslosigkeit des BF vor der Verhaftung am XXXX .03.2020 geht aus dem Strafurteil und der Vollzugsinformation hervor.

Die Anhaltung des BF in der Justizanstalt XXXX ergibt sich aus dem ZMR, seine Verurteilung durch das Landesgericht XXXX wird anhand des Strafregisters festgestellt.

Die Feststellungen zum Verhalten des BF am XXXX .03.2020 und zu seiner Festnahme beruhen auf dem Anlassbericht, der Vollzugsinformation und dem Urteil des Landesgerichts XXXX . Die Verhängung der Untersuchungshaft geht insbesondere aus der Verständigung des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , hervor.

Die Feststellungen zu den vom BF zuletzt begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen und zu den Strafbemessungsgründen sowie zur Probezeitverlängerung basieren auf dem Strafregister und dem Urteil des Landesgerichts XXXX . Die Feststellungen zum Strafvollzug basieren auf der Vollzugsinformation, den Wohnsitzmeldungen in der Justizanstalt XXXX laut ZMR, dem Strafregister sowie der Vorhaftanrechnung laut Strafurteil.

Der Schubhaftbescheid ist aktenkundig. Die Abschiebung des BF ergibt sich aus dem IZR-Auszug.

Mangels anderslautender aktenkundiger Informationen ist davon auszugehen, dass beim BF keine relevanten gesundheitlichen Probleme bestehen. Seine Arbeitsfähigkeit folgt daraus, der zuletzt im Jänner 2020 ausgeübten Erwerbstätigkeit und seinem erwerbsfähigen Alter.

Es liegen keine Anhaltspunkte für Anknüpfungen des BF im Bundesgebiet vor, die über die Feststellungen hinausgehen, sodass davon auszugehen ist, dass er hier weder privat noch beruflich integriert ist.

Rechtliche Beurteilung:

1. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX .07.2020 betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrags:

Das BFA geht (ausgehend vom Datum des Rückscheins) von einer Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am XXXX .06.2020 und damit von einer Verspätung des Vorlageantrags aus. Der BF behauptet demgegenüber eine Zustellung erst am XXXX .06.2020.

Die Zustellung erfolgte jedenfalls zwischen XXXX .05.2020 und XXXX .06.2020 und somit während der Gültigkeit der zustellrechtlichen Begleitmaßnahmen zu COVID-19 gemäß § 26a ZustG idF BGBl I Nr. 42/2020. Nach Z 1 dieser Bestimmung wird das Dokument dem Empfänger zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird; die Zustellung gilt in diesem Zeitpunkt als bewirkt. Soweit es ohne Gefährdung des Zustellers möglich ist, ist der Empfänger durch schriftliche, mündliche oder telefonische Mitteilung an ihn selbst oder an Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie mit ihm in Verbindung treten können, von der Zustellung zu verständigen. Nach § 26a Z 3 ZustG sind die Zustellung, die Form der Verständigung von der Zustellung sowie gegebenenfalls die Gründe, aus denen eine Verständigung nicht möglich war, vom Zusteller auf dem Zustellnachweis zu beurkunden. § 22 Abs 2 ZustG (betreffend die Bestätigung der Übernahme und gegebenenfalls des Naheverhältnisses zum Empfänger durch den Übernehmer auf dem Zustellnachweis) ist nicht anzuwenden.

Der Zustellnachweis (Rückschein), auf dem die Zustellung durch den Zusteller beurkundet wurde, ist eine öffentliche Urkunde. Ein unbedenklicher, also die gehörige äußere Form aufweisender Zustellnachweis begründet grundsätzlich die Vermutung der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit des bezeugten Vorgangs und beweist, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist (siehe VwGH 24.06.2020, Ra 2020/17/0017 und 30.01.2014, 2012/03/0018). Nach § 22 Abs 1 des ZustG ist die Zustellung vom Zusteller auf dem Zustellnachweis zu beurkunden. Der auf dem Rückschein befindliche Rundstempel stellt diese Beurkundung dar (VwGH 30.01.2014, 2012/03/0018). Fehlen auf dem Rückschein Angaben darüber, ob und wie die Verständigung über die Hinterlegung erfolgt ist, so liegt keine Beurkundung einer erfolgten Verständigung über die Hinterlegung vor. Das Fehlen eines so wesentlichen Teils des Zustellnachweises hat zur Folge, dass die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen hat und nicht ohne weiteres davon ausgehen kann, dass eine Verständigung von der Hinterlegung erfolgt wäre (VwGH 01.02.2019, Ro 2018/02/0014).

Hier liegt kein unbedenklicher Zustellnachweis vor, der den Beweis für die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am XXXX .06.2020 erbringen würde. Der Rückschein mit diesem Datum hat mehrere Mängel: Einerseits liegen keine Informationen über die Form der Verständigung oder der Gründe für die Unterlassung einer Verständigung von der Zustellung vor, andererseits fehlen der Rundstempel und eine Unterschrift des Zustellers, sodass gar keine Beurkundung des Zustellvorgangs durch den Zusteller vorliegt. Da auf dem Zustellnachweis somit wesentliche Angaben fehlen, wird dadurch der Beweis einer vorschriftsmäßigen Zustellung am XXXX .06.2020 nicht erbracht. Andere Beweise für eine Zustellung an diesem Tag liegen nicht vor, weil sich das BFA dazu ausschließlich auf den Rückschein beruft.

Da keine frühere Zustellung nachgewiesen wurde, gilt die Zustellung gemäß § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem die Beschwerdevorentscheidung der Rechtsvertretung des BF als Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Dies erfolgte hier am XXXX .06.2020. Der am XXXX .07.2020 eingebrachte Vorlageantrag wurde daher rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 15 Abs 1 VwGVG gestellt, sodass seine Zurückweisung als verspätet nicht rechtskonform war. Der Bescheid vom XXXX .07.2020 ist daher ersatzlos zu beheben.

2. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX .07.2020 betreffend die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags:

Gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, wobei ein Verschulden an der Versäumung die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht hindert, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Ausgehend von der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die Rechtsvertretung des BF am XXXX .06.2020 war der XXXX .07.2020 der letzte Tag der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags. Da der Vorlageantrag an diesem Tag und somit rechtzeitig gestellt wurde, wurde keine Frist versäumt, sodass dem Wiedereinsetzungsantrag schon aus diesem Grund nicht Folge zu geben ist.

Der angefochtene Bescheid ist daher mit der Maßgabe, dass der Wiedereinsetzungsantrag mangels Fristversäumnisses zurück- statt abzuweisen ist, zu bestätigen.

3. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom Bescheid vom XXXX .05.2020 und zur Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .06.2020:

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen den BF als EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 8 FPG zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen einen EWR-Bürger, der den Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden, so z.B. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren (§ 67 Abs 3 Z 1 FPG).

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Hier hat sich der BF weder seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufgehalten noch das unionsrechtliche Recht auf Daueraufenthalt erworben (das einen zumindest fünfjährigen rechtmäßigen und kontinuierlichen Aufenthalt voraussetzt, siehe § 53a NAG), zumal er sich immer nur vorübergehend in Österreich aufhielt und hier nur ganz kurz erwerbstätig war. Daher ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 zweiter bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.

Das persönliche Verhalten des BF stellt eine solche Gefahr dar, die Grundinteressen der Gesellschaft iSd Art 8 Abs 2 EMRK (an der Verteidigung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und der Moral) berührt. Die wiederholte strafgerichtliche Verurteilung wegen Aggressionsdelikten führt dazu, dass für ihn keine positive Zukunftsprognose erstellt werden kann, zumal die Verhängung einer bedingten Freiheitsstrafe einen raschen, einschlägigen Rückfall nicht verhindern konnte. Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233). Die relativ kurze, seit der Haftentlassung des BF verstrichene Zeit reicht nicht aus, um daraus einen Entfall oder eine maßgebliche Minderung der sich aus dem strafbaren Verhalten ergebenden Gefährdung abzuleiten.

Der BF hielt sich stets nur vorübergehend im Bundesgebiet auf. Er hat in Österreich kein Familienleben iSd § 9 Abs 2 Z 2 BFA-VG. Es ist auch davon auszugehen, dass er während seiner Aufenthalte im Bundesgebiet keine signifikanten Sozialkontakte geknüpft hat, zumal weder Wohnsitzmeldung noch Anmeldebescheinigung vorliegen, er nicht Deutsch spricht und im Inland nur kurz erwerbstätig war. Demgegenüber bestehen starke Bindungen zu seinem Herkunftsstaat Rumänien, wo er den Großteil seines Lebens verbrachte, sprachkundig ist und einen Wohnsitz hat. Eine gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Abwägung des (aufgrund der Straffälligkeit besonders hohen) öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit allfälligen gegenläufigen privaten und familiären Interessen des BF an Aufenthalten im Bundesgebiet ergibt, dass der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene, vergleichsweise geringe Eingriff in sein Privatleben verhältnismäßig ist.

Der BF kann den Kontakt zu seiner Mutter und anderen hier lebenden Bezugspersonen auch über Telefon, Internet oder Skype sowie bei Besuchen außerhalb Österreichs pflegen, sodass auch eine allfällige, im Rahmen des Privatlebens zu berücksichtigende Beziehung zu einer in Österreich lebenden Frau zu keiner anderen Einschätzung führt.

Die privaten und familiären Verhältnisse des BF stehen der Erlassung eines Aufenthaltsverbots im Ergebnis somit nicht entgegen. Aufgrund der wiederholten Straffälligkeit und der (aufgrund der Gewalt gegen Polizisten bei der Ausübung ihrer Pflichten) zuletzt schwerwiegenderen Kriminalität wurde es dem Grunde nach zu Recht erlassen.

Da bei der letzten strafgerichtlichen Verurteilung des BF aber auch gewichtige Milderungsgründe vorlagen, er zum ersten Mal in Haft war und dem Erstvollzug im Allgemeinen eine erhöhte spezialpräventive Wirkung zukommt, ist die Dauer des Aufenthaltsverbots auf vier Jahre zu reduzieren. Ein auf vier Jahre befristetes Aufenthaltsverbot ist notwendig, aber auch ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wirksam zu begegnen. Durch diese Reduktion wird auch den behaupteten privaten und familiären Verhältnissen entsprechend Rechnung getragen. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist in diesem Sinn – dem Eventualantrag in der Beschwerde entsprechend - abzuändern.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich. Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, wobei in der Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen sind.

Aufgrund der Straffälligkeit des BF, seiner fehlenden Verankerung im Inland und der Missachtung melderechtlicher Vorschriften ist dem BFA darin beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich war. Daher ist weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG zu beanstanden. Die Beschwerde ist somit in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet.

Zum Entfall einer Verhandlung:

Da der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt erscheint und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine weitere Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, unterbleibt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal der Sachverhalt nicht klärungsbedürftig ist. In Bezug auf die Beschwerden gegen die Bescheide vom 21. und vom 23.07.2020 waren in erster Linie Rechtsfragen zu lösen.

Zur Revisionszulassung:

Sowohl bei der Frage, ob die Beschwerdevorentscheidung vorschriftsmäßig zugestellt wurde und der Vorlageantrag rechtzeitig war, als auch bei der Erstellung einer Gefährdungsprognose, der Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG und der Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbots handelt es sich um typische Einzelfallbeurteilungen. Da sich das BVwG dabei an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beantworten waren, besteht kein Anlass, die Revision an den VwGH zuzulassen.

Es liegt zwar noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu § 26a ZustG idF BGBl I Nr. 42/2020 vor, jedoch konnten die hier maßgeblichen Fragen anhand der bestehenden Rechtsprechung zu anderen Bestimmungen des ZustG geklärt werden, ohne dass eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Beschwerdevorentscheidung Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2234481.2.00

Im RIS seit

09.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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