Index
E6JNorm
AuslBG §28 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Berger, die Hofrätin Dr. Koprivnikar sowie den Hofrat Dr. Terlitza als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Bundesministers für Finanzen gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 25. Februar 2020, LVwG-413633/5/Gf/RoK, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: Z B, vertreten durch Dr. Fabian A. Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/11), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruchs über die Strafe sowie die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 20. Dezember 2019 wurde der Mitbeteiligte der zweifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild Glücksspielgesetz - GSpG schuldig erkannt. Es wurden über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 8.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) mit der Begründung verhängt, er habe es zu verantworten, dass sich die von ihm vertretene Gesellschaft an verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt habe, indem sie seit 19. Juli 2019 bis zumindest am 20. August 2019 an einem näher genannten Ort die für die Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen notwendigen Gegenstände (2 Glücksspielgeräte) gegen Entgelt zur Verfügung gestellt habe. Weiters wurde der Mitbeteiligte gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) der gegen das genannte Straferkenntnis erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insoweit statt, als es die verhängten Geldstrafen auf jeweils EUR 2.500,-- pro Glücksspielgerät herabsetzte; im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Weiters setzte das Verwaltungsgericht den vom Mitbeteiligten zu leistenden Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens herab und sprach aus, dass er für das Beschwerdeverfahren keinen Kostenbeitrag zu leisten habe (Spruchpunkt II.). Eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig (Spruchpunkt III.).
3 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren wesentlich - im Zusammenhang mit der Strafbemessung aus, das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 19. (wohl gemeint: 12.) September 2019 in der Rechtssache Maksimovic u.a., C-64/18, u.a., sei zwar zu § 7i Abs. 4 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz - AVRAG und § 28 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG ergangen. Da § 52 Abs. 2 GSpG aber eine vollkommen identische systematische Konzeption aufweise, sei diese Rechtsprechung auch hinsichtlich des Revisionsfalls maßgeblich, zumal ebenso ein Auslandsbezug vorliege. Das Verwaltungsgericht habe daher zu gewährleisten, dass die Gesamtstrafhöhe dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspreche. Dem Mitbeteiligten sei bloß die Übertretung einer Ordnungsvorschrift, als Tatbegehungsform nicht ein aktives Tun, sondern bloß ein Unterlassen, als Beteiligungsform nicht eine unmittelbare Täterschaft, sondern bloß eine Mitbeteiligung sowie hinsichtlich der Dauer ein gleichsam bloß „punktuell“ rechtswidriges Verhalten angelastet worden. Trotz der Übertretungen mit zwei Glücksspielgeräten und dem Vorliegen von drei einschlägigen Vorstrafen sei offensichtlich, dass sich die hierfür verhängte Geldstrafe von insgesamt EUR 16.000,-- als unverhältnismäßig erweise. Auch bei Verhängung der in § 52 Abs. 2 zweiter Strafsatz GSpG vorgesehenen Mindeststrafe von EUR 3.000,-- pro Gerät erscheine die daraus resultierende Gesamtstrafe von EUR 6.000,-- immer noch als wesentlich überhöht und deshalb unverhältnismäßig. Nach den konkreten Umständen des Falles sei einerseits eine weitere Herabsetzung der Strafe im Wege der außerordentlichen Milderung gemäß § 20 VStG deshalb ausgeschlossen, weil kein - erst recht kein beträchtliches - Überwiegen von Milderungsgründen festzustellen sei; andererseits lägen hier aber auch die Voraussetzungen für ein gänzliches Absehen von einer Strafe iSd § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG oder für eine Einstellung nach § 33a VStG jeweils nicht vor. Ein verhältnismäßiges Gesamtergebnis lasse sich nur dadurch erzielen, dass die in § 52 Abs. 2 letzter Halbsatz GSpG normierte Strafuntergrenze von EUR 3.000,-- unbeachtet bleibe, um eine Unionsrechtswidrigkeit zu vermeiden. Im Lichte des Urteils des EuGH vom 12. September 2019 in der Rechtssache Maksimovic u.a., C-64/18, u.a., lasse sich ein unionsrechtskonformes Ergebnis im vorliegenden Fall bereits (bzw. nur) im Wege einer Eliminierung der in § 52 Abs. 2 GSpG festgelegten Strafuntergrenzen erzielen. Daher seien die verhängten Geldstrafen auf EUR 2.500,-- pro Glücksspielgerät herabzusetzen, sodass daraus insgesamt eine Strafe in der als verhältnismäßig anzusehenden Höhe von EUR 5.000,-- resultiere.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Amtsrevision, deren Anfechtungsumfang sich ausdrücklich auf die Herabsetzung der Strafe sowie die Kostenentscheidung beschränkt. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Anwendbarkeit des Urteils des EuGH vom 12. September 2019, Maksimovic u.a., C-64/18, u.a., auf (u.a.) nach § 52 Abs. 2 zweiter Strafsatz GSpG zu beurteilende Sachverhalte vor.
5 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er im Wesentlichen vorbringt, die mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 2020, Ra 2020/17/0013, dem EuGH vorgelegten Fragen seien auch für den Revisionsfall entscheidungserheblich. Der Mitbeteiligte schließe sich der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes an.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
6 Die Amtsrevision erweist sich als zulässig. Sie ist auch begründet.
7 1. Die folgenden Bestimmungen des GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, in der im Tatzeitraum geltenden Fassung - nämlich § 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 sowie § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 13/2014 - lauten (auszugsweise):
„Ausspielungen
§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
[...]
(4) Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.
Verwaltungsstrafbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
[...]
(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.
[...]“
8 Die Staffelung der Strafsätze in § 52 Abs. 2 GSpG orientiert sich nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. zu § 52 GSpG idF BGBl. I Nr. 13/2014 ErläutRV 24 BlgNR 24. GP 23) an der Staffelung der Mindest- und Höchststrafen in § 28 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG.
9 2.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziert, kann von einer „Wiederholung“ im Sinn dieser Gesetzesbestimmungen nur dann gesprochen werden, wenn zumindest eine einschlägige Vorstrafe vorliegt. Nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes bestimmt die Einordnung der Vortat, ob ein „Wiederholungsfall“ im Sinn des zweiten Strafsatzes (bei einer Vorstrafe wegen höchstens drei Übertretungen) bzw. des vierten Strafsatzes (bei einer Vorstrafe wegen mehr als drei Übertretungen) vorliegt (vgl. VwGH 17.2.2020, Ra 2018/17/0182, mwN).
10 2.2. Der im Fall „der erstmaligen und weiteren Wiederholung“ vorgesehene zweite Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG setzt nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes die Bestrafung wegen einer Vortat nach dem ersten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG voraus, bezieht sich das strafsatzbestimmende Kriterium der Wiederholung in diesem Fall doch auf die Übertretung des Abs. 1 Z 1 leg. cit. mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen (vgl. zu alledem nochmals VwGH 17.2.2020, Ra 2018/17/0182, mwN).
11 Im vorliegenden Fall ist der Mitbeteiligte nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bereits dreimal wegen einschlägiger Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit jeweils zwei Glücksspielgeräten rechtskräftig bestraft worden, sodass der zweite Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG anzuwenden ist.
12 3.1. Zu § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 6. Mai 2020, Ra 2020/17/0001, auf das zur näheren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass weder die einzelnen Elemente der gemäß dieser Strafsatznorm zu gewärtigenden Sanktionen - Mindeststrafe(n), Höchststrafe(n) - noch die gemäß § 16 VStG zu bemessenden Ersatzfreiheitsstrafe(n) noch der Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 VStG noch diese Elemente in ihrem Zusammenwirken als unverhältnismäßig zu beurteilen sind.
In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof (unter Hinweis auf Rechtsprechung des EuGH, so auch auf EuGH 12.9.2019, Maksimovic u.a., C-64/18, u.a.) ausgeführt, dass es sich bei den in § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG umschriebenen Übertretungen nicht etwa um die Übertretungen bloßer Ordnungsvorschriften handelt, die administrativen Zwecken dienen. Vielmehr soll das Glücksspielmonopol gegen Personen gesichert werden, die keine Regelungen hinsichtlich des Spielerschutzes einzuhalten haben und sich keiner Aufsicht (etwa im Hinblick auf die Unterbindung von Geldwäsche, vgl. § 19 Abs. 7 GSpG) unterwerfen. Sanktioniert wird beispielsweise das Veranstalten verbotener Ausspielungen mit Glücksspielapparaten, die notorisch ein besonders hohes Suchtpotential und daher eine besonders hohe Gefährlichkeit mit sich bringen. § 52 Abs. 2 GSpG stellt dabei auf die Anzahl der Eingriffsgegenstände (insbes. auf die Anzahl der Glücksspielautomaten) ab. Die in § 52 Abs. 1 GSpG formulierten Tatbilder unterscheiden sich durch die tatbestandsmäßig umschriebene Handlung und in dem von ihnen typisierten Unrecht daher bereits deutlich von jenen Tatbildern, hinsichtlich deren Verwirklichung der EuGH in seiner Judikatur die Verhältnismäßigkeit der jeweiligen Sanktion verneint hat. Hier ist der Normzweck darin gelegen, eine unrechtmäßige Handlung zu unterbinden, die eine hohe Sozialschädlichkeit aufweist. Bei den in § 52 Abs. 1 GSpG umschriebenen Tatbildern handelt es sich nicht etwa um die Verletzung bloßer Formvorschriften, sondern um die Beeinträchtigung gewichtiger öffentlicher Interessen. Das Unionsrecht steht der uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG, des § 16 VStG sowie des § 64 VStG somit nicht entgegen. Gleiches gilt für § 28 Abs. 1 Z 1 erster Strafsatz AuslBG (vgl. VwGH 2.7.2020, Ra 2020/09/0025, mwN).
13 3.2. Auch in Bezug auf den im Revisionsfall anzuwendenden § 52 Abs. 2 zweiter Strafsatz GSpG steht das Unionsrecht der uneingeschränkten Anwendung des GSpG nicht entgegen. Es ist, der Judikatur des EuGH entsprechend, zu prüfen, ob die Härte der Sanktionen der Schwere der mit ihnen geahndeten Verstöße entspricht, indem sie inbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (vgl. erneut VwGH 6.5.2020, Ra 2020/17/0001, mwH auf EuGH 16.7.2015, Chmielewski, C-255/14, Rn. 23). § 52 Abs. 2 GSpG ist geeignet, die mit dem GSpG verfolgten Ziele der Verhinderung verbotener Glücksspiele zu erreichen und eine tatsächliche Befolgung der Vorschriften des GSpG sicherzustellen, weil die Bestimmung so ausgestaltet ist, dass sie abschreckend wirkt (vgl. dazu nochmals VwGH 6.5.2020, Ra 2020/17/0001).
14 Der historische Gesetzgeber hat aus Anlass der Novellierung des § 52 GSpG im Rahmen der Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 darauf hingewiesen, dass aus Gründen der General- und Spezialprävention zur Sicherstellung einer wirksamen Vollziehung des GSpG empfindliche Strafen erforderlich seien. Diese sollen dem durch die Tat erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen begegnen und so das illegale Angebot zunehmend unattraktiv machen und weiter zurückdrängen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber eine Staffelung der zu verhängenden Strafen je nach Schwere des Eingriffes (Anzahl der Glücksspielautomaten oder der anderen Eingriffsgegenstände) bzw. Häufigkeit der Eingriffe (Wiederholungsfall) und eine Mindeststrafenregelung sowie die Erhöhung des Maximalstrafbetrages normiert. Die Strafdrohung ist dabei nach der Schädlichkeit differenziert; auch die wiederholte Übertretung des Gesetzes wird erfasst (vgl. ErläutRV 24 BlgNR 25. GP 22 f; ferner zur Verfassungskonformität dieser Strafnorm VfGH 10.3.2015, G 203/2014 ua).
15 Der zweite Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG beinhaltet eine klar definierte Höchstgrenze für die einzelne Übertretung und statuiert weiters auch eine Obergrenze für die Summe der Strafen. Der Strafsatz ist nämlich - wie bereits ausgeführt - auf wiederholte Übertretungen mit bis zu drei Glücksspielgeräten (oder anderen Eingriffsgegenständen) beschränkt, was dazu führt, dass die Summe der Geldstrafen dreimal EUR 30.000,-- (d.h. in Summe EUR 90.000,--) nicht überschreiten darf. Es ist nicht ersichtlich, dass eine solche Strafdrohung angesichts des in den Tatbildern des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG typisierten Unrechts und des üblicherweise daraus erzielten finanziellen Vorteils unverhältnismäßig wäre: Im vorliegenden Fall ist die Verhängung einer solchen Sanktion nämlich auf eine Person beschränkt, die bereits eine einschlägige rechtskräftige Vormerkung aufweist und daher wiederholt die vom Gesetzgeber pönalisierte Handlung gesetzt hat. Angesichts der besonderen Schwere der hier vorliegenden Übertretungen des GSpG erweist sich daher auch die vorgesehene Mindeststrafe im Wiederholungsfall aus spezial- und generalpräventiven Gründen zur effizienten Bekämpfung und Hintanhaltung verbotener Ausspielungen als verhältnismäßig. Im Übrigen kann die im GSpG vorgesehene Mindeststrafe von EUR 3.000,-- bei der Strafbemessung im Einzelfall gemäß § 20 VStG bis zur Hälfte (d.h. auf EUR 1.500,-- pro Gerät oder Eingriffsgegenstand) unterschritten werden, sofern die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Die Anwendung des § 20 VStG ist nämlich nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil eine strafsatzbegründende Vormerkung vorliegt (vgl. zu § 28 Abs. 1 AuslBG VwGH 18.5.2010, 2006/09/0235; vgl. zu § 52 Abs. 2 erster Strafsatz bereits VwGH 6.5.2020, Ra 2020/17/0001, vgl. ferner ErläutRV 24 BlgNR 25. GP 23).
16 Das GSpG ermöglicht daher in Verbindung mit dem VStG eine sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Ausmessung der für geboten erachteten Strafe bzw. Strafen (vgl. wiederum VwGH 6.5.2020, Ra 2020/17/0001).
17 Es ist somit insgesamt betrachtet nicht ersichtlich, dass die Mindeststrafdrohung des zweiten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG angesichts des in den Tatbildern des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG typisierten - und vor allem wie vorliegend im Wiederholungsfall nochmals erhöhten - Unrechts, des öffentlichen Interesses an der wirksamen Vollziehung des GSpG und des üblicherweise in beträchtlicher Höhe erzielten finanziellen Vorteils aus einer Verletzung dieser Vorschriften unter dem Blickwinkel des unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und des Sachlichkeitsgebotes als unverhältnismäßig zu beurteilen wäre.
18 3.3. Indem das Verwaltungsgericht das Unterschreiten der Mindeststrafe des § 52 Abs. 2 zweiter Strafsatz GSpG zu Unrecht mit der unionsrechtlich gebotenen Unanwendbarkeit der darin normierten Strafuntergrenze von EUR 3.000,- begründete, belastete es sein Erkenntnis daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
19 4. Das angefochtene Erkenntnis war daher im angefochtenen Umfang - und damit hinsichtlich des Ausspruchs über die verhängten Strafen und hinsichtlich des davon abhängigen Ausspruchs über die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 14. September 2020
Gerichtsentscheidung
EuGH 62014CJ0255 Chmielewski VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020170015.J00Im RIS seit
23.04.2021Zuletzt aktualisiert am
23.04.2021