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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde der Aral Austria Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Allmayer-Beck, Stockert & Scheuba, Rechtsanwälte in Wien I, Parkring 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Juli 1996, Zl. 512.763/02-I 5/96, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Juli 1996 wurde der beschwerdeführenden Partei unter Berufung auf § 138 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) aufgetragen, bis 1. Oktober 1996 entweder um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Einleitung der betrieblichen Abwässer der Tankstelle in Linz, Landwiedstraße, in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde Linz anzusuchen oder bis zu diesem Termin die Ableitung der Abwässer einzustellen. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, die Ableitung der betrieblichen Abwässer in die städtische Kanalisationsanlage bedürfe einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 32 Abs. 4 WRG 1959, die aber nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf eine wasserrechtlich bewilligungsfreie Einleitung von Abwässern in die Kanalisationsanlage der Stadtgemeinde Linz verletzt erachtet.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat aus Anlaß des Beschwerdefalles an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, das Wort "dann" und die Wortfolge ", wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind" im ersten Satz des § 32 Abs. 4 WRG 1959 aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 26. Juni 1997, G 51/95-12 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof die angefochtenen Teile des § 32 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 31. Dezember 1997 in Kraft tritt, und daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, daß ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind nach Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassunsgsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles anzuwenden.
Da es sich beim Beschwerdefall um einen der Anlaßfälle für die Gesetzesaufhebung handelt, hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides § 32 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 in der durch das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bereinigten Fassung anzuwenden. Diese lautet:
"Wer Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt (Indirekteinleiter), bedarf bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens keiner wasserrechtlichen Bewilligung."
Demnach bedarf die Indirekteinleitung bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens keiner wasserrechtlichen Bewilligung.
Die belangte Behörde hat die Annahme einer Bewilligungsbedürftigkeit der Indirekteinleitung durch die beschwerdeführende Partei nicht auf die fehlende Zustimmung des Kanalisationsunternehmens gestützt, sondern auf jene Bewilligungstatbestände, die durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aufgehoben wurden. Durch den Wegfall dieser Bewilligungstatbestände hat der angefochtene Bescheid seine Rechtsgrundlage verloren.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997070116.X00Im RIS seit
12.11.2001