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L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag KärntenNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des Dr. S W in W, vertreten durch die Tschurtschenthaler Walder Fister Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 9. Dezember 2019, KLVwG-2801-2802/9/2018, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Stadt Villach; mitbeteiligte Partei: S GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Hannes Arneitz in 9500 Villach, Peraustraße 2; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (in der Folge: LVwG) wurde ua. die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt Villach vom 17. Oktober 2018, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage, bestehend aus zwei Objekten mit Tiefgarage, Oberflächenstellplätzen und diversen baulichen Anlagen auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG D. erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt II.).
5 In der Zulässigkeitsbegründung der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber zunächst zusammengefasst vor, aus der unterschiedlichen Wortwahl des § 5 Abs. 7 lit. a und lit. b des gegenständlich anzuwendenden Textlichen Bebauungsplanes für das Gebiet der Stadt Villach 2014 (in der Folge: Textlicher Bebauungsplan 2014) ergebe sich, dass der Begriff „Aufbauten auf Flachdächern“ nicht auch „(vollwertige) ‚(Dach-)Geschoße‘“ umfasse, weshalb das gegenständlich projektierte Dachgeschoß als volles Geschoß zu zählen sei und daher die höchstzulässige Geschoßanzahl gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. überschritten sei.
6 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist bei dem im Revisionsfall anzuwendenden Textlichen Bebauungsplan 2014 für die Einhaltung des Nachbarrechtes auf eine bestimmte Gebäudehöhe die Geschoßflächenzahl maßgebend (vgl. § 3 Abs. 1 leg. cit., bzw. VwGH 1.8.2017, Ra 2017/06/0105, mit Verweis auf VwGH 28.10.2008, 2008/05/0032). Mit seinem auf Auslegung des gegenständlich von den Baubehörden und dem LVwG angewendeten § 5 Abs. 7 lit. b leg. cit. gerichteten Zulässigkeitsvorbringen macht der Revisionswerber eine Überschreitung der zulässigen Geschoßanzahl, nicht aber der zulässigen Geschoßflächenzahl (und auch nicht eine Verletzung der nach §§ 5 ff der Kärntner Bauvorschriften erforderlichen Abstandsflächen, vgl. dazu nochmals VwGH 28.10.2008, 2008/05/0032) geltend, weshalb sich schon aus diesem Grund in diesem Zusammenhang eine grundsätzliche Rechtsfrage, von welcher das Schicksal der Revision abhinge, nicht stellt; aus den Bestimmungen über die Anzahl der Geschoße kann gegenständlich kein den Nachbarn zustehendes subjektiv-öffentliches Recht abgeleitet werden (vgl. dazu nochmals VwGH 1.8.2017, Ra 2017/06/0105, RZ 11).
7 Wenn in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters vorgebracht wird, § 3 Abs. 2 lit. a (betreffend die Geschoßflächenzahl) und § 5 Abs. 5 lit. b (betreffend die Geschoßanzahl, auf deren Einhaltung dem Revisionswerber gegenständlich wie erwähnt kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht zukommt) des Textlichen Bebauungsplanes 2014 erlaubten nicht, das projektierte Gelände „intentional manipulativ“ zu erhöhen, „um auf diese Weise die Bauhöhe rechtsmissbräuchlich zu steigern“, wozu keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege, genügt es, dazu nochmals auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 1.8.2017, Ra 2017/06/0105, zu verweisen, in welchem bezugnehmend auf die Erläuterungen zum Textlichen Bebauungsplan 2014 bereits ausgesprochen wurde, dass der Begriff des angrenzenden „projektierten“ Geländes die Vornahme von Geländeveränderungen nicht ausschließt. Dass beim vorliegend geplanten Tiefgeschoß die Deckenoberkante mehr als 1,0 m über dem angrenzenden projektierten Gelände läge, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht behauptet.
8 Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der Revision zudem die Frage geltend, ob bei der Berechnung der höchstzulässigen Geschoßflächenzahl auch „Verkehrsflächen des Baugrundstückes“ bei der Baugrundstücksgröße berücksichtigt werden dürften. Gegenständlich verlaufe über das Baugrundstück in Ost-West-Richtung eine Verkehrsfläche, welche von den Behörden und vom LVwG bei der Berechnung der Grundstücksgröße berücksichtigt worden sei; der Revisionswerber habe dagegen auf § 2 Abs. 4 lit. c des Textlichen Bebauungsplanes 2014 verwiesen, aus dem folge, dass die Verkehrsfläche aus der Größe des Baugrundstückes herauszurechnen sei; unter dieser Prämisse würde das Bauvorhaben die zulässige Geschoßflächenzahl überschreiten. Der Verwaltungsgerichtshof hätte sich mit dieser Frage im Anwendungsbereich des Textlichen Bebauungsplanes 2014 noch nicht zu befassen gehabt; es finde sich nur ein Erkenntnis zum Textlichen Bebauungsplan (für das Gebiet der Stadt Villach) 2007, der in § 2 Abs. 4 lit. b eine „durchaus ähnliche Bestimmung“ gekannt habe (Verweis auf VwGH 23.11.2009, 2008/05/0173). Nichtsdestotrotz ginge es auch um die Frage, ob die dortige Aussage, dass der dort projektierte Verbindungsweg zur öffentlichen Fahrstraße aus der Größe des Baugrundstückes nicht herauszurechnen sei, auch für eine bereits bestehende Verkehrsfläche gelte. Darüber hinaus könne sich die durch den Flächenwidmungsplan 2011 festgelegte Widmung „Bauland-Kurgebiet“ „wesensmäßig“ nicht auf jene (neue) Fläche des Baugrundstückes beziehen, die erst infolge einer Grundstücksteilung im Jahr 2018 entstanden sei.
9 Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht auf:
10 Eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nicht vor, wenn diese durch zu früheren Rechtslagen ergangene und auf die aktuelle Rechtslage übertragbare Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt wurde (vgl. VwGH 5.11.2019, Ra 2017/06/0221, mwN).
11 Gemäß § 3 Abs. 1 des Textlichen Bebauungsplanes 2014 wird die bauliche Ausnutzung eines Baugrundstückes (gemäß § 2 Abs. 4 leg. cit.) durch die Geschoßflächenzahl festgelegt; die Geschoßflächenzahl ist das Verhältnis der Summen der Bruttogesamtgeschoßflächen zur Fläche des Baugrundstückes. Gemäß § 2 Abs. 4 lit. a leg. cit. sind bei der Berechnung der Größe von Baugrundstücken nur jene Grundstücksteile zu berücksichtigen, die als „Bauland“ gewidmet sind. Gemäß § 2 Abs. 4 lit. c leg. cit. gelten Grundstücke und Grundstücksteile, welche durch eine Verkehrsfläche (Verweis auf § 6 Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1995 - K-GplG 1995) getrennt sind, nicht als zusammenhängend; das jeweilige Ausmaß von Verkehrsflächen in der erforderlichen Breite ist auf die Größe von Baugrundstücken nicht anzurechnen.
12 Nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses ist das gegenständliche Baugrundstück im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Stadt Villach zur Gänze als „Bauland-Kurgebiet“ gewidmet; dass für dieses Grundstück Verkehrsflächen im Sinne des § 25 Abs. 1 lit. e und Abs. 2 lit. a des K-GplG 1995 festgelegt wären, wird in der Revision nicht vorgebracht. Zutreffend verweist der Revisionswerber im Zusammenhang mit § 2 Abs. 4 lit. c des Textlichen Bebauungsplanes 2014 daher selbst auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 2009, 2008/05/0173, in dem dieser betreffend den insoweit vergleichbaren § 2 Abs. 4 des Textlichen Bebauungsplans für das Gebiet der Stadt Villach 2007 bereits mit näherer Begründung dargelegt hat, dass Verkehrsflächen im Sinne des (unverändert in Geltung stehenden) § 6 K-GplG 1995 nur solche sind, die im Sinne des (ebenso unverändert in Geltung stehenden) § 25 Abs. 1 lit. e und Abs. 2 lit. a leg. cit. im Bebauungsplan festgelegt sind. Diese Rechtsprechung ist auf den im Revisionsfall maßgeblichen Textlichen Bebauungsplan 2014, der in seinem § 2 Abs. 4 eine dem dort maßgeblichen Textlichen Bebauungsplan 2007 inhaltlich vergleichbare Regelung enthält, übertragbar. Darauf, ob der vom Revisionswerber angesprochene, in den bewilligten Einreichplänen am Baugrundstück als Servitutsstraße ausgewiesene Verbindungsweg in der Natur bereits besteht oder nicht, kommt es dagegen nicht an; ebensowenig wird mit dem Vorbringen, die Festlegung der Widmung „Bauland-Kurgebiet“ im Jahr 2011 könne sich „wesensmäßig“ nicht auf jene Fläche des Baugrundstückes beziehen, die erst infolge einer Grundstücksteilung im Jahr 2018 entstanden sei, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, da das Baugrundstück im gültigen Flächenwidmungsplan der Stadt Villach zur Gänze als „Bauland-Kurgebiet“ gewidmet ist und eine Änderung der Flächenwidmung durch eine allfällig im gegenständlichen Bereich erfolgte Grundstücksteilung oder -zusammenlegung aus rechtlicher Sicht nicht in Betracht kommt.
13 Soweit der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision weiters vorbringt, es bestehe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 3 Abs. 2 lit. d Satz 2 des Textlichen Bebauungsplanes 2014, und es sei fraglich, ob die genannte Regelung eine Tiefgaragenzu- und -abfahrt „in umfassender Massivbauweise“ erlaube, ist bereits auf den eindeutigen Wortlaut der Bestimmung (vgl. dazu etwa VwGH 14.8.2020, Ro 2020/06/0006) zu verweisen, wonach Überdachungen und Einhausungen ua. von Tiefgaragenzu- und -abfahrten in die Berechnung der Geschoßflächenzahl nicht einzubeziehen sind. Dass dem LVwG bei der Subsumierung der gegenständlich geplanten Tiefgaragenzu- und -abfahrt unter die genannte Bestimmung eine unvertretbare Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, wird im Zulässigkeitsvorbringen der Revision weder aufgezeigt.
14 Wenn in der Zulässigkeitsbegründung schließlich ein „Fehlen von Rechtsprechung des VwGH zur Wahrnehmung sekundärer Verfahrensmängel durch die Verwaltungsgerichte im Bauverfahren“ im Zusammenhang mit dem geplanten Verkehrskonzept und der Bewilligungsvoraussetzung der „Verbindung mit einer öffentlichen Fahrstraße“ gemäß § 13 Abs. 2 lit. e der Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996) für das gegenständliche Bauprojekt behauptet wird, trifft dies einerseits nicht zu und ist - wie der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der Revision selbst erkennt - die Frage der Bewilligungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 2 lit. e K-BO 1996 bzw. des Verkehrskonzeptes für das geplante Bauvorhaben im Katalog der subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte gemäß § 23 Abs. 4 iVm § 23 Abs. 3 lit. b bis g leg. cit. nicht enthalten. Auch mit dem in diesem Zusammenhang erstatteten Vorbringen zeigt die Revision somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.
15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 12. November 2020
Schlagworte
Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060067.L00Im RIS seit
04.01.2021Zuletzt aktualisiert am
04.01.2021