TE Vwgh Beschluss 2020/11/13 Ra 2020/05/0214

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.11.2020
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 19. August 2020, KLVwG-158-159/58/2016, betreffend Übertretung des AWG 2002 (mitbeteiligte Partei: Ing. P D, vertreten durch die Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St.Veit an der Glan), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten wurde der Beschwerde des Mitbeteiligten gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Veit an der Glan vom 5. November 2015 insoweit Folge gegeben, als dieses zum Spruchpunkt 1 aufgehoben sowie das Strafverfahren zum Spruchpunkt 1 gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 erster Satz VStG eingestellt wurde. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

5        Mit Spruchpunkt 1 des genannten Straferkenntnisses vom 5. November 2015 war dem Mitbeteiligten zur Last gelegt worden, er habe es als abfallrechtlicher Geschäftsführer der W GmbH zu verantworten, dass in einem näher genannten Zeitraum die vorgeschriebenen Grenzwerte der Ausbaustufe 2 des UVP-Bescheides vom 15. Dezember 2003 nicht eingehalten worden seien.

6        Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Kärnten im Wesentlichen aus, die übertretene Auflage sei im UVP-Bescheid im Kapitel „Verfahrenstechnik“ angesiedelt. Die Beurteilung der Einreichunterlagen im UVP-Verfahren betreffend die NOx-Werte sei durch den Sachverständigen für Verfahrenstechnik (Ausbaustufen sowie Grenzwerte) vorgenommen worden. Von Seiten des im Verfahren beigezogenen Sachverständigen für Abfallwirtschaft sei zu den NOx-Werten keine Stellungnahme abgegeben worden. Daraus ergebe sich, dass die Auflage nicht dem Fachbereich der Abfallwirtschaft zuzurechnen bzw. die Einhaltung und Überwachung der Grenzwerte im Bereich der Verfahrenstechnik angesiedelt sei.

7        Unabhängig davon entstehe, wie von den Sachverständigen Dipl. Ing. S und Ing. D ausgeführt worden sei, NOx durch Verbrennung und somit auch dann, wenn kein Abfall zur Verbrennung gelange.

8        Der Mitbeteiligte sei als abfallrechtlicher Geschäftsführer ausschließlich für die Sammlung und Behandlung von Abfall verantwortlich. Im Verfahren sei nicht hervorgekommen, dass die Überschreitungen der NOx-Werte ausschließlich auf die Behandlung von gefährlichem Abfall zurückzuführen seien. Eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des Mitbeteiligten scheide mangels eindeutiger Zurechnung der Verantwortung, da die W GmbH neben gefährlichen und nichtgefährlichen Abfällen auch Regel- sowie Alternativbrennstoffe einsetze, auch aus diesem Grund aus.

9        Die belangte Behörde habe sich in ihrem Straferkenntnis vom 5. November 2015 hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf eine Stellungnahme der Abfallwirtschaftsbehörde (Stellungnahme des Landeshauptmannes vom 13. Oktober 2015) und eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (vom 19. bzw. 20. Mai 2015) berufen. Eine konkrete Zuordnung, warum der abfallrechtliche Geschäftsführer allein für die Einhaltung der übertretenen Auflage verantwortlich gewesen sein sollte, sei dabei nicht erfolgt. Dass die Emission der Luftschadstoffe (ohne nähere Konkretisierung im Detail) zu einem überwiegenden Teil auf die (Mit-)Verbrennung von (gefährlichem) Abfall zurückzuführen sei, werde in der Stellungnahme des Landeshauptmannes vom 13. Oktober 2015, die auf die Rechtsansicht des Bundesministers vom 19. bzw. 20. Mai 2015 verweise, nur behauptet und in keiner Weise belegt. Eine Verwaltungsstraftat gelte als nicht erwiesen, wenn die Beweise für einen Schuldspruch nicht ausreichten oder wenn nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens noch Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bestünden.

10       Das Strafverfahren gegen den Mitbeteiligten wegen der zur Last gelegten Überschreitung der NOx-Werte sei sohin einzustellen.

11       In den Zulässigkeitsgründen der Revision wird unter Hinweis auf VwGH 27.11. 2019, Ra 2017/05/0213, und VwGH 25.6.2019, Ra 2017/05/0095, ausgeführt, dass zur Beurteilung der Verantwortlichkeit für die Einhaltung von Auflagen eines im Rahmen eines konzentrierten Verfahrens ergangenen Genehmigungsbescheides die Rechtsgrundlage, auf die die betreffende Auflage gestützt worden sei, und die Frage, welchen Interessen die Auflage diene, maßgeblich seien. Zudem sei es möglich, dass eine Auflage mehreren materienrechtlichen Vorschriften zuzuordnen sei und damit mehrere Verantwortliche in die Pflicht nehme (Hinweis auf VwGH 17.12.1990, 90/19/0469, und VwGH 27.4.1992, 91/19/0290).

12       Mit seiner Beurteilung weiche das Verwaltungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Fachbezeichnung eines Sachverständigengebietes, eine Kapitelüberschrift eines Genehmigungsbescheides und der Anteil des Abfalls in der Feuerung einer Mitverbrennungsanlage seien zur Beurteilung der Verantwortlichkeit eines abfallrechtlichen Geschäftsführers für die Einhaltung einer Auflage nicht heranzuziehen.

13       Es kann dahingestellt bleiben, auf welcher Rechtsgrundlage die betreffende Auflage im UVP-Bescheid beruht und welchen Interessen diese dient. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Fachbezeichnung eines Sachverständigengebietes oder eine Kapitelüberschrift eines Genehmigungsbescheides zur Beurteilung der Verantwortlichkeit eines abfallrechtlichen Geschäftsführers für die Einhaltung einer Auflage heranzuziehen sind. Das Verwaltungsgericht hat sich in seiner Begründung nämlich auch darauf gestützt, dass die Verwaltungsstraftat nicht erwiesen sei. Dies wurde damit begründet, dass es nicht erwiesen sei, dass die Emission der Luftschadstoffe zu einem überwiegenden Teil auf die (Mit-)Verbrennung von (gefährlichem) Abfall zurückzuführen sei. Dieser Alternativbegründung wird in den Revisionszulässigkeitsgründen in keiner Weise substantiiert entgegengetreten. Insbesondere wird nicht dargelegt, weshalb der abfallrechtliche Geschäftsführer auch dann für die Überschreitung von Emissionen verantwortlich sein sollte, wenn gar kein Abfall bzw. Abfall nur in untergeordnetem Ausmaß verbrannt wird, sodass das Verwaltungsgericht zu Unrecht im Zweifel für den Beschuldigten entschieden habe.

14       Beruht eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes aber auch auf einer tragfähigen Alternativbegründung und wird im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, so erweist sich die Revision als unzulässig (vgl. VwGH 16.12.2019, Ra 2019/05/0310, mwN).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 13. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050214.L00

Im RIS seit

04.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten