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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde der Unifrost Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 13. September 1994, Zl. 513.155/04-I 5/94, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. September 1994 wurde der beschwerdeführenden Partei unter Berufung auf § 138 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) aufgetragen, bis spätestens 31. März 1995 um die wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung der betrieblichen Abwässer in die kommunale Kanalisationsanlage der Stadtgemeinde Groß Enzersdorf anzusuchen oder bis zu demselben Termin die Einleitung einzustellen. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Einleitung der betrieblichen Abwässer der beschwerdeführenden Partei in die kommunale Kanalisationsanlage nach § 32 Abs. 4 WRG 1959 einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe, die aber nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Indirekteinleitung ohne wasserrechtliche Bewilligung verletzt erachtet.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat aus Anlaß des Beschwerdefalles beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des Wortes "dann" und der Wortfolge ", wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind" im ersten Satz des § 32 Abs. 4 WRG 1959 beantragt.
Mit Erkenntnis vom 26. Juni 1997, G 51/95-12 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof die angefochtenen Teile des § 32 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 31. Dezember 1997 in Kraft tritt, und daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, daß ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind nach Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles anzuwenden.
Da es sich beim Beschwerdefall um einen der Anlaßfälle für die Gesetzesaufhebung handelt, hat der Verwaltungsgerichtshof § 32 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 in der durch das aufhebende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bereinigten Fassung anzuwenden. Diese lautet:
"Wer Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt (Indirekteinleiter), bedarf bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens keiner wasserrechtlichen Bewilligung."
Nach dieser Fassung des § 32 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 entfällt die Bewilligungspflicht für Indirekteinleiter, wenn die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens zur Indirekteinleitung vorliegt. Das Vorliegen dieser Zustimmung hat die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren behauptet und die belangte Behörde ist dieser Behauptung auch nicht entgegengetreten. Sie hat die Bewilligungspflicht der Indirekteinleitung vielmehr auf die nunmehr vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Passagen des § 32 Abs. 4 erster Satz WRG 1959 gestützt. Mit deren Wegfall hat der angefochtene Bescheid seine Rechtsgrundlage verloren.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997070115.X00Im RIS seit
12.11.2001