Entscheidungsdatum
17.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I405 2202393-3/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien (alias Libyen), vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2020, Zl. 1108758706-160401218, zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als dass das in Spruchpunkt VI. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG verhängte Einreiseverbot auf die Dauer von acht Jahren befristet wird.
II. Die Frist für die freiwillige Ausreise wird mit 14 Tagen festgesetzt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am 16.03.2016 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Da er über keine identitätsbezeugenden Dokumente verfügte, wurde er festgenommen und stellte im Zuge dessen gegenüber einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Der BF wurde zu seinem Antrag auf internationalen Schutz am 17.03.2016 polizeilich erstbefragt und gab dazu im Wesentlichen an, er habe seinen Herkunftsstaat aufgrund der dort vorherrschenden wirtschaftlichen Situation verlassen.
3. Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) am 25.05.2016 wurde der BF über die beabsichtigte ärztliche Altersfeststellung in Kenntnis gesetzt und nahm der BF in weiterer Folge am 01.06.2016 an einer Röntgenuntersuchung teil.
4. Der Aufenthaltsort des BF konnte im Laufe des Verfahrens mehrmals nicht ermittelt werden, weshalb sein Verfahren insgesamt vier Mal, und zwar am 08.06.2016, 06.03.2017, 06.06.2017 und 05.09.2017, gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt werden musste. Zugleich wurde bei jeder Einstellung sowie zusätzlich am 22.03.2016 ein Festnahmeauftrag ausgeschrieben. Sobald der BF für die belangte Behörde wieder greifbar war, wurde er zur multifaktoriellen Altersfeststellung geladen.
5. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 12.04.2017 zu XXXX wurde dem Land Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger die Obsorge des zum damaligen Zeitpunkt mj. BF übertragen.
6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.07.2017 zu XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach §§ 27 Abs. 2a SMG, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen verurteilt, wobei diese unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
7. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 04.08.2017 zu XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 1 Z 1, 130 Abs. 2 zweiter Fall StGB, der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX zu XXXX gemäß §§ 31, 40 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt, wobei davon sechs Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.
8. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 03.07.2018 begründete der BF seinen Antrag auf Asyl neuerlich mit wirtschaftlichen Gründen. Er sei libyscher Staatsangehöriger, jedoch als Kind mit seiner Familie nach Algerien umgezogen, sodass er bei einer Rückkehrentscheidung nach Libyen in ein ihm fremdes Land reisen müsste.
9. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 04.07.2018 zu XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 1 Z 1, 130 Abs. 2 zweiter Fall, 15 StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt. Überdies wurde die mit Urteil vom 07.07.2017 zu 141 Hv 45/16w gewährte Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert und die mit Urteil vom 04.08.2017 zu 152 Hv 62/17 gewährte bedingte Strafnachsicht von sechs Monaten widerrufen.
10. Mit Bescheid vom 04.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Libyen (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Libyen zulässig sei (Spruchpunkt III.). Ferner wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.).
11. In Erledigung der dagegen gerichteten Beschwerde wurde dieser Bescheid mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.08.2018, GZ: I408 2202393-1/3E, aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen, zumal es unterlassen hatte, sich mit der Staatsangehörigkeit des BF sowie seinen familiären Verhältnissen in Libyen auseinanderzusetzen.
12. In weiterer Folge wurde der BF am 10.10.2018 "zwecks Identitätsprüfung" im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache einer weiteren Einvernahme unterzogen und zu seinen privaten und familiären Verhältnissen in Libyen sowie zu seinen Landeskenntnissen befragt.
13. Mit Bescheid des BFA vom 10.10.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie zugleich festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Darüber hinaus wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwere gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
14. In Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde dieser Bescheid mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.11.2018, GZ: I405 2202393-2, aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Begründend führte das erkennende Gericht im Wesentlichen aus, die belangte Behörde habe nicht die im Kassationsbeschluss aufgetragenen Ermittlungsschritte betreffend die Staatsangehörigkeit des BF getätigt.
15. Das BFA beauftragte sodann den Sachverständigen XXXX mit der Erstattung eines Gutachtens zu den Sprachkompetenzen und Landeskenntnissen des BF. Das diesbezügliche Gutachten vom 26.12.2019 ergab zusammenfassend, dass eine Hauptsozialisierung des BF in Libyen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Hauptsozialisierung des BF in Algerien auszugehen sei. Tragfähige Hinweise auf eine Hauptsozialisierung des BF außerhalb Algeriens seien nicht hervorgekommen.
16. Die belangte Behörde übermittelte dem BF im Rahmen des Parteiengehörs eine Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die relevanten Länderfeststellungen, welche per Hinterlegung zugestellt wurde. Eine diesbezügliche Stellungnahme des BF langte nicht ein.
17. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 19.02.2020, Zl. 1108758706-160401218, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Des Weiteren wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gegen den BF wurde überdies ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die abschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
18. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 18.03.2020, mit welcher eine inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert wurden.
19. Mit Schriftsatz vom 19.03.2020 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
20. Mit Teilerkenntnis des erkennenden Gerichtes vom 15.04.2020, GZ: I405 2202393-3/3Z wurde der Beschwerde des BF die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist algerischer Staatsangehöriger. Das vom BF gesprochene Arabisch ist speziell dem algerischen Arabisch zuzuordnen, er spricht eindeutig kein lybisches Arabisch. Eine Hauptsozialisierung des BF in Libyen ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen und es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Hauptsozialisierung des BF in Algerien auszugehen. Tragfähige Hinweise auf eine Hauptsozialisierung des BF außerhalb Algeriens sind nicht hervorgekommen.
Der BF gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch muslimischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.
Der BF leidet an keinen derartigen psychischen und physischen Beeinträchtigungen, welche einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen, und ist arbeitsfähig.
Der BF reiste im Jahr 2016 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und hält sich somit seit mindestens 16.03.2016 in Österreich auf, wobei er über zahlreiche Lücken in seiner Wohnsitzmeldung aufweist.
Der BF verfügt über eine dreijährige Schulbildung und arbeitete in Algerien als Schreiner und Warenträger in einem Großhandelsmarkt, sodass er aufgrund seiner Arbeitserfahrung eine Chance besitzt, auch hinkünftig am algerischen Arbeitsmarkt unterzukommen.
Es kann nicht festgestellt werden, ob die Kernfamilie des BF bestehend aus seiner Mutter und seinen drei Schwestern nach wie vor in Algerien lebt und ob ein aufrechter Kontakt zu seinen Familienangehörigen besteht. Sein Vater hat ein zweites Mal geheiratet und lebt in Algerien, wobei der BF den Kontakt abgebrochen hat. Ein Cousin des BF lebt in Italien und hat der BF nach seiner Ausreise aus Algerien mehrere Monate bei ihm verbracht.
Der BF verfügt über keine Verwandten in Österreich, jedoch lebt er mit seiner Lebensgefährtin in einem gemeinsamen Haushalt.
Der BF weist in Österreich über drei strafgerichtliche Verurteilungen auf:
Der BF wurde erstmals mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 07.07.2017 zu XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach §§ 27 Abs. 2a SMG, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Wochen verurteilt, wobei diese unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 04.08.2017 zu XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 1 Z 1, 130 Abs. 2 zweiter Fall StGB, der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX zu XXXX gemäß §§ 31, 40 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten verurteilt, wobei davon sechs Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.
Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 04.07.2018 zu XXXX wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 1 Z 1, 130 Abs. 2 zweiter Fall, 15 StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt. Überdies wurde die mit Urteil vom 07.07.2017 zu 141 Hv 45/16w gewährte Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert und die mit Urteil vom 04.08.2017 zu 152 Hv 62/17 gewährte bedingte Strafnachsicht von sechs Monaten widerrufen.
Er geht keiner Beschäftigung nach. Er bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der BF hat während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet keine Sprachprüfungen absolviert, besuchte jedoch während seiner Haft einen angebotenen Deutschunterricht. Derzeit ist er für den mehrwöchigen Kurs „ XXXX von XXXX angemeldet. Darüber hinaus besucht der BF keine weiteren Kurse und ist weder Mitglieder in einem Verein noch engagiert er sich ehrenamtlich. Somit konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Der BF verletzte im gegenständlichen Verwaltungsverfahren mehrmals die ihm zukommende Mitwirkungspflicht, indem er sich trotz Asylantragstellung dem laufenden Verfahren entzog und untertauchte.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:
Glaubhafte Fluchtgründe wurden vom BF nicht vorgebracht. Auch vermochte der BF keine asylrelevanten Gründe glaubhaft zu machen, die gegen eine Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat sprechen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF in seinem Herkunftsstaat Algerien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung drohte bzw. droht.
Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Algerien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt war oder ausgesetzt wäre.
Grund für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat waren wirtschaftliche Gründe bzw. die Suche nach besseren Lebensbedingungen und Verdienstmöglichkeiten im Ausland.
1.3. Zur Lage in Algerien:
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 19.02.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Algerien fast vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.
Algerien gilt überdies als sicherer Herkunftsstaat. Eine nach Algerien zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Algerien.
2.2. Zum Verfahrensgang:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Gerichtsaktes.
2.3. Zur Person des BF:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Arbeitsfähigkeit sowie seiner familiären Situation gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor der belangten Behörde (Protokolle vom 03.07.2018 und 01.10.2018) sowie aus den im bekämpften Bescheid getroffenen Feststellungen. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen.
Der fortdauernden Behauptung des BF, er sei libyscher Staatsangehöriger und erst im Jahr 2008 nach Algerien umgezogen, ist nicht zu folgen. Wie bereits im Verfahrensgang ausgeführt, widerlegte der beauftragte Sachverständige in seinem schlüssigen Gutachten vom 26.12.2019 dieses Vorbringen des BF, da mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Hauptsozialisierung des BF nicht in Libyen, sondern in Algerien stattgefunden haben muss.
Soweit im Beschwerdeschriftsatz moniert wird, der Sachverständige besitze nicht das notwendige Expertenwissen in Hinblick auf die gegenständliche Thematik, zumal er selbst Arabisch nicht spreche und hierzu auf die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 05.09.2011, Zl. A5 417.382-1/2011/13E, verwiesen wird, ist dem Folgendes entgegen zu halten:
So geht aus der Folgeentscheidung des Asylgerichtshofes vom 16.09.2013, A5 417382-2/2012, hervor, dass für die Herstellung einer Sprachaufnahme die Sprachkompetenz des Linguisten nicht erforderlich ist, diese kann auch von einem Dolmetscher vorgenommen werden. Wie im zitierten Fall hat der Gutachter auch im gegenständlichen Fall die Bildbenennungsaufgabe verwendet, die eine phonetische/phonologische Analyse, unabhängig von der Zuziehung eines Dolmetschers, ermöglicht.
Darüber hinaus konnte die Verfasserin der Beschwerde im gegenständlichen Fall nicht darlegen, über welche linguistische Kompetenz sie selbst verfügt, um das Gutachten fachlich beurteilen zu können bzw. diesem auf gleichem fachlichen Niveau begegnen zu können.
Hingegen hat der Sachverständige XXXX selbst zu seiner Person angeführt, dass seine Kompetenz eine allgemein afrikanistisch-linguistische sei. Er habe an der Universität Wien Afrikanistik und Politikwissenschaften studiert und im Jahr 1991 promoviert. Seitdem sei er in verschiedenen Forschungsprojekten in Österreich und Deutschland beschäftigt gewesen und habe dort und in Nigeria an verschiedenen Universitäten gelehrt. Bereits 1999 sei er als Gutachter im Asylverfahren verschiedener europäischer Behörden der ersten und zweiten Instanz tätig gewesen. Darüber hinaus ist das Gutachten durch umfassende bibliographische Hinweise gestützt und finden sich darin auch verwendeten Quellen. Der Gutachter hat seine Kompetenz, im vorliegenden Fall ein Gutachten zu erstellen, hinreichend belegt.
Gemäß den Standesregeln des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs hat der Sachverständige nach seiner Beauftragung unverzüglich und – soweit erforderlich – durch ein erstes Aktenstudium oder durch erste informative Ermittlungen zu prüfen, ob er für den Gutachtensauftrag die erforderliche Sachkompetenz besitzt. Bei Zweifel an seiner Sachkompetenz hat der Sachverständige die Übernahme des Auftrages abzulehnen. Bestehen solche Zweifel für einzelne Teile des Gutachtensauftages, ist der Auftraggeber darüber zu informieren und ihm die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen (die Einholung eines Hilfsgutachtens) vorzuschlagen.
Im gegenständlichen Verfahren sind keine Umstände zutage getreten, wonach der Sachverständige eine fehlende Sachkompetenz zur Beurteilung der Frage der Hauptsozialisierung des BF aufweise. Anhand der zuvor zitierten Passage der Standesregeln des Hauptverbandes der Gerichtssachverständigen wäre es zudem die Pflicht des Sachverständigen, bei Zweifeln die Auftragsübernahme abzulehnen. Soweit in der Beschwerde infrage gestellt wird, ob der Sachverständige das notwendige Expertenwissen auf in Maghreb gesprochene arabische Dialekte besitzt, kann alleine in seiner Beiziehung eines Dolmetschers aufgrund der hohen Anzahl der Sprachen und Dialekte in Afrika keine mangelnde Expertise erblickt werden.
Der Sachverständige erstattete ein einwandfreies Gutachten, welches mit Schlüssigkeit und Fachwissen besticht. Das Gutachten zu den Sprachkompetenzen und den Landeskenntnissen des BF entsprach überdies vollinhaltlich den zuvor genannten Kriterien des VwGH. Er führte einerseits die Ansatzpunkte der Sprachanalyse näher aus und enthält der Großteil des eingebrachten Gutachtens den detailliert ausgeführten Befundbericht, welcher mit Fachwissen überzeugte. Der BF ist der Bestellung dieses Sachverständigen im Vorhinein zudem nicht entgegengetreten.
Soweit der Beschwerdeschriftsatz darauf abzielt, die generelle Methode eines Sprachgutachtens anzuzweifeln, ist dem zu entgegnen, dass der Sachverständige nicht nur auf die sprachlichen Kenntnisse des BF untersuchte, sondern auch auf seine Landeskenntnisse näher einging. Zu diesem Problemkreis äußerste sich der Sachverständige auf Seite 2 seines Gutachtens, dass sich die Beurteilung des Hauptsozialisierungskontextes des Probanden verkomplizierten würde, wenn man seine autobiographischen Angaben als Erklärung dafür in Betracht ziehen wolle, dass er eindeutig algerisches und nicht libysches Arabisch spreche. Der Sachverständige führt jedoch weiter aus, dass der BF zwar eine algerische, jedoch nicht die in Oran - seinem behaupteten langjährigen Wohnort - gesprochene Varietät des Arabischen spreche, die sich deutlich von weiter östlich in den Küstengebieten Algeriens gesprochenen Dialekten unterscheide. Überdies habe der BF keine Landeskenntnisse zu Libyen demonstriert, die davon ausgehen lassen würden, dass er dort unter den von ihm beschriebenen Umständen gelebt habe oder sich überhaupt für längere Zeit in Libyen aufgehalten habe könnte. Aufgrund der mehrschichtigen Analyse durch den Sachverständigen sind an dessen Methoden zur Überprüfung der Hauptsozialisierung keine Mängel erkennbar. Zum Beweis dafür, dass der Sachverständige tatsächlich nicht der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion entsprechenden Methoden verwenden soll, genügen die Beschwerdeausführungen nicht; ein Privatgutachten wurde beispielsweise nicht eingebracht.
Des Weiteren ergibt sich für das erkennende Gericht aus dem vorliegenden Gutachten deutlich, dass der BF ein algerisches Arabisch spreche, jedoch in Bezug auf Landeskenntnisse von Algerien kaum Angaben tätigen konnte. Dies erscheint insbesondere auffällig, da der BF schließlich laut eigenen Angaben zwischen 2008 und 2015 in Algerien gelebt habe. Die im Beschwerdeschriftsatz angesprochene nicht nachvollziehbare Passage des Gutachtens, wonach der BF „strategisches Fehlwissen“ oder „strategisches Nichtwissen“ zu Algerien zeige, erklärt sich durch die zuvor genannte Überlegung und lässt nicht am Gutachten per se zweifeln. Nähere Beweggründe oder Erklärungen, warum der BF in der Befundaufnahme teils nur rudimentäre Angaben zu Algerien präsentieren konnte, sind naturgemäß nicht erforschbar.
Zudem wurde eingewendet, dass dem BF die Ausübung des Parteiengehörs in Bezug auf das Sachverständigengutachten verwehrt geblieben sei. Gemäß dem vorliegenden Behördenakt ist ersichtlich, dass das BFA am 16.01.2020 versucht hat, dem BF an seiner meldeten Wohnsitzadresse eine Verständigung über die Beweisaufnahme zuzustellen und wurde die Verständigung über die Hinterlegung in eine Abgabeeinrichtung eingelegt. Da die hinterlegte Sendung jedoch nicht abgeholt wurde, wurde die Rücksendung an das BFA veranlasst. Der belangten Behörde kann in dieser Hinsicht nicht angelastet werden, dass sie keinen weiteren Zustellversuch unternahm, insbesondere aufgrund der fehlenden Mitwirkung, welche der BF das gesamte Verwaltungsverfahren hinweg an den Tag legte. Schließlich wurde der Rechtsberatung des BF auf Anfrage das Sachverständigengutachten am 18.03.2020 zusendet. Im Beschwerdeschriftsatz vom 18.03.2020 wird bemängelt, dass der BF bislang keine Möglichkeit gehabt habe, Einsicht zu nehmen und behielt sich die Rechtsvertretung die Einbringung einer Stellungnahme vor. Bis dato wurde dem erkennenden Gericht keine Stellungnahme vorgelegt und ist überdies darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdefrist zum Einbringungszeitraum noch nicht abgelaufen war, sodass eine Besprechung mit dem BF – allenfalls über Telefon oder Videokonferenz - noch stattfinden hätte können.
Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt hat, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.
Hinsichtlich seines gesundheitlichen Zustandes ist darauf hinzuweisen, dass der BF in seiner Einvernahme am 03.07.2018 zu Protokoll gab, an einer Hautkrankheit sowie Asthma zu leiden. Der BF legte allerdings keinerlei medizinische Unterlagen zur Untermauerung seines Vorbringens vor und beschäftigte sich insbesondere im Beschwerdeschriftsatz nicht mit etwaigen gesundheitlichen Problemen. Aufgrund dessen geht das erkennende Gericht von keiner schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung des BF aus.
Die Feststellungen zu seiner Einreise und seinem Aufenthalt in Österreich lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister sowie dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem entnehmen. Es ist der belangten Behörde beizupflichten, dass der BF in persönlicher Hinsicht unglaubwürdig ist, zumal er einerseits vor österreichischen Behörden unzutreffende Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit machte sowie andererseits am Verfahren nicht mitwirkte. Er tauchte mehrmals unter, um das Verfahren zu verzögern und seine ärztliche Untersuchung zur multifaktoriellen Altersfeststellung zu vereiteln.
Die Feststellungen hinsichtlich seiner Schul- und Berufsausbildung ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des BF in der niederschriftlichen Einvernahme vom 10.01.2018. Aufgrund des erworbenen Wissensstandes ergibt sich auch die Feststellung, dass der BF eine Chance am algerischen Arbeitsmarkt hat um sich zumindest einen bescheidenen Lebensunterhalt finanzieren zu können.
Die Negativfeststellung hinsichtlich des Wohnortes seiner Kernfamilie ergibt sich aus dem Umstand, dass der BF in der Einvernahme durch die belangte Behörde am 01.10.2018 keine näheren Angaben zu ihrem Wohnort tätigen konnte. Er berief sich lediglich auf Informationen seines Cousins, wonach seine Mutter mit ihren Töchtern nach Libyen gegangen sei. Auf mehrmalige Nachfrage erklärte der BF, er habe aus der Haft einen Freund angerufen, welcher Kontakt zum Cousin des BF aufbaute. Die Angaben des BF erscheinen jedoch nicht glaubhaft, insbesondere dass der BF während seiner Haft selbst keinen Kontakt mit seiner Mutter und seinen Schwestern pflegt, schon jedoch mit einem Freund. Auch die weitere Erzählung des BF, er habe keine Telefonnummer seiner Familie, erscheint nicht nachvollziehbar. Aufgrund der kurz umrissenen Überlegungen war eine Negativfeststellung zu treffen.
Es kann nicht festgestellt werden, ob die Kernfamilie des BF bestehend aus seiner Mutter und seinen drei Schwestern nach wie vor in Algerien lebt und ob ein aufrechter Kontakt zu seinen Familienangehörigen besteht. Sein
Aus dem Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz sowie im eingebrachten Sozialbericht der Diakonie Flüchtlingsdienst vom 02.03.2020 ergibt sich der Umstand, dass der BF eine Lebensgefährtin in Österreich hat, mit welcher er in einem gemeinsamen Haushalt lebt.
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich sowie aus den sich im Verwaltungsakt befindlichen Strafurteilen.
Die Feststellung zum Bezug der Grundversorgung sowie der nicht vorliegenden Erwerbstätigkeit ergibt sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, aktuell abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
Die Feststellungen hinsichtlich seiner Integrationsmaßnahmen ergeben sich vorrangig aus der im Verwaltungsverfahren vorgelegten Anmeldebestätigung zum Kurs „ XXXX “ von XXXX vom 03.02.2020. Sein Besuch von Deutschkursen in Haft sowie die fehlende Beteiligung in Vereinen oder im Ehrenamt ergeben sich aus seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 03.07.2018.
Dass der BF seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, ergibt sich in Hinblick auf den vorliegenden Akteninhalt der belangten Behörde aus folgenden Überlegungen:
Der Aufenthaltsort des BF konnte im Laufe des Verfahrens mehrmals nicht ermittelt werden, weshalb sein Verfahren insgesamt vier Mal, und zwar am 08.06.2016, 06.03.2017, 06.06.2017 und 05.09.2017, gemäß § 24 Abs. 2 AsylG eingestellt werden musste. Zugleich wurde bei jeder Einstellung sowie zusätzlich am 22.03.2016 ein Festnahmeauftrag ausgeschrieben. Sobald der BF entweder festgenommen wurde oder sich von selbst bei österreichischen Behörden meldete, wurde er zu multifaktoriellen Altersfeststellungen geladen. In der entsprechenden Verfahrensanordnung wurde der BF explizit darauf hingewiesen, dass ein Nichtbefolgen der Ladung als Nichtmitwirken an der Altersfeststellung gewertet wird, sodass der BF ohne entsprechendes medizinisches Gutachten für volljährig erklärt werden würde. In Kenntnis seiner notwendigen Mitwirkung bezüglich der Teilnahme an ärztlichen Untersuchungen, tauchte der BF jedoch mehrmals zuvor unter und war sein Aufenthaltsort oftmals unbekannt. Die Verfahrensdauer wurde somit aus in der Sphäre des BF gelegenen Gründen stark verlängert.
In Zusammenschau seiner Vorgehensweise ergibt sich zweifellos die fehlende Mitwirkung des BF am gegenständlichen Verfahren. Der BF kam in diesem Zusammenhang auch seiner Meldeverpflichtung nicht nach und entzog sich damit zeitweise komplett dem Verfahren.
2.4. Zu den Fluchtmotiven des BF:
Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht auf dessen Angaben in der Erstbefragung und in den Einvernahmen vor der belangten Behörde. Der BF stützt sich gleichlautend auf die aussichtslose wirtschaftliche Situation sowohl in Algerien als auch in Libyen.
Laut der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Richtigkeit der Angaben des Asylwerbers über seine Identität und seine Herkunft grundsätzlich maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die von ihm angegebenen - aus seiner behaupteten Abstammung resultierenden - Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können. Entsprächen - auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - die Angaben des Asylwerbers über eine Bedrohungssituation in dem von ihm als seinen Herkunftsstaat bezeichneten Staat offensichtlich nicht den Tatsachen, weil seinem Vorbringen insbesondere wegen eines Täuschungsversuches über seine wahre Identität keinerlei Glaubwürdigkeit zukommt, so läge in Ermangelung eines "sonstigen Hinweises" auf eine asylrelevante Verfolgung ein offensichtlich unbegründeter Asylantrag im Sinne des § 6 Z 3 AsylG 1997 vor (Hinweis E vom 30.11.2000, 99/20/0590, und vom 30.01.2001, 2000/01/0106 sowie 27.09.2001, 2001/20/0393).
Das bedeutet, dass im Asylverfahren neben der Person des Asylwerbers auch dem Herkunftsstaat eine zentrale Bedeutung zukommt: Der Asylwerber determiniert mit der Bekanntgabe seines Herkunftsstaates in seinem Antrag auf internationalen Schutz - im Zusammenhalt mit dem geltend gemachten, individuellen Fluchtgrund - den Verfahrensgegenstand des Asylverfahrens, wobei es sich bei der Gewährung von Asyl bzw. von subsidiärem Schutz nicht um einen amtswegig zu erlassenden, sondern um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (vgl. VwGH 30.03.2006, Zl. 2003/20/0345). Sowohl der Herkunftsstaat als auch der persönliche Fluchtgrund müssen also vom BF in seinem Antrag auf internationalen Schutz behauptet und zumindest glaubhaft gemacht werden.
Aufgrund dessen, dass sich der BF bei Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz neben der unrichtigen Behauptung der libyschen Staatsbürgerschaft ohnehin lediglich auf wirtschaftliche Motive stützte, machte er keine Verfolgung geltend. Es ist somit anzunehmen, dass der BF den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Zuge der polizeilichen Kontrolle lediglich stellte, um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren. Infolgedessen ist auch nicht weiters auf seine persönliche Unglaubwürdigkeit in Bezug auf etwaiges Fluchtvorbringen einzugehen.
Dem BFA ist somit beizupflichten, dass der BF im gesamten Verfahren keinerlei asylrelevante Umstände vorgebracht hat, weder hinsichtlich Libyen noch Algerien. Damit ist die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt. Überdies trat der BF in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegen und erschöpfte sich sein Vorbringen in diesem Zusammenhang darauf, dass die belangte Behörde eine fehlerhafte Feststellung bezüglich der algerischen Staatsbürgerschaft traf und der Sachverständige fehlendes Fachwissen zur Berurteilung dieser Frage aufweise.
2.5. Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Algerien (Gesamtaktualisierung am 16.06.2019) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen. Soweit im Beschwerdeschriftsatz moniert wird, das BFA hätte sich mit den Länderberichten zur Situation in Libyen befassen müssen, ist wiederum auf das eingeholte Sachverständigengutachten hinzuweisen, wonach der BF mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seine Hauptsozialisierung in Algerien erfahren habe. Das erkennende Gericht folgt – wie schon die belangte Behörde – den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen und traf die belangte Behörde somit korrekte Länderfeststellungen. Im Beschwerdeschriftsatz heißt es weiters, das BFA hätte sich mit der Arbeitssituation von Jugendlichen näher auseinandersetzen müssen. Diesbezüglich ist auf die Volljährigkeit, Arbeitsfähigkeit und Berufserfahrung des BF in Algerien hinzuweisen, sodass Berichte über in Armut lebende Jugendliche als nicht verfahrensgegenständlich angesehen werden.
Hinsichtlich der länderkundlichen Feststellungen älteren Datums ist anzumerken, dass sich keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in Algerien in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt.
Die Feststellung, dass Algerien als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 10 der Herkunftsstaaten-Verordnung.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage:
Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (Hinweis E vom 28. Mai 2009, 2008/19/1031; 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.06.1995, Zl. 94/19/0183, stellt klar, dass eine allgemein schlechte wirtschaftliche Lage keinen Verfolgungsgrund im Sinne der GFK darstellt.
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK nicht gegeben. Dies im Hinblick darauf, dass sich der BF im gesamten Asylverfahren lediglich auf wirtschaftliche Gründe stützte, welche keine Asylrelevanz begründen. Eine sonstige aktuelle zu berücksichtigende Verfolgungsgefahr wird vom BF nicht dargelegt und ergibt sich auch nicht aus Umständen, die von Amts wegen zu berücksichtigen wären.
Insgesamt sind somit die eingangs beschriebenen Voraussetzungen für eine Asylgewährung im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfüllt und war die Beschwerde sohin gegen Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage:
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372). Im Sinne einer mit der Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004) konformen Auslegung des § 8 Abs. 1 AsylG ist subsidiärer Schutz nur zu gewähren, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art 15 der Statusrichtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens (Todesstrafe oder Hinrichtung [lit. a], Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des BF im Herkunftsstaat [lit. b] und ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts [lit. c]) zu erleiden (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mit Verweis auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).
Die Voraussetzungen nach Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie sind gegeben, wenn es sich erstens um eine Schadensgefahr allgemeinerer Art handelt – der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad der Gewalt hat ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder Region Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (EuGH 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn 35). Zweitens muss diese Situation ausnahmsweise als ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit der subsidiären Schutz beantragenden Person anzusehen sein (vgl. EuGH 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji, Rn 37 und 39 ua).
Die Voraussetzungen nach Art 15 lit. b Statusrichtlinie für einen ernsthaften Schaden in Form von Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung des BF im Herkunftsstaat erfordern dessen Verursachung durch das Verhalten Dritter (Akteure). Sind solche Schäden Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsstaat, ist dagegen subsidiärer Schutz nicht zu erteilen (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 unter Berufung auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH). Der Umstand, dass der BF aus Gründen des Art 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, bedeutet hingegen nicht, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mHa EuGH 18.12.2014, C-542/13, M’Bodj).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Wie umseits bereits dargelegt wurde, droht dem BF in Algerien keine asylrelevante Verfolgung.
Auch dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt, dies zumal es sich im Falle des BF um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, der überdies über eine Schulbildung sowie Arbeitserfahrung in Algerien verfügt. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF dazu in der Lage ist seinen Lebensunterhalt in Algerien sicherzustellen.
Damit ist der BF durch die Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Algerien bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Algerien keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Ganz allgemein besteht in Algerien derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Algerien, die es naheliegen würden, dass bezogen auf den BF, ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe besteht. Insbesondere gilt Algerien als sicherer Herkunftsstaat.
Damit ist der BF durch eine Abschiebung nach Algerien nicht in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
3.3.1. Rechtslage:
Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das BFA einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das BFA hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das BFA im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.4.1. Rechtslage:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt.
Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.
Der BF ist seit seiner illegalen Einreise (spätestens) am 16.03.2016 circa vier Jahre und drei Monate in Österreich aufhältig. Die Aufenthaltsdauer für sich stellt zunächst lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289).
Zudem beruhte der seit März 2016 andauernde Aufenthalt des BF auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durften, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Insbesondere ist die lange Verfahrensdauer von Antragstellung bis Erlassung des ersten Bescheides des BFA am 04.07.2018 durchaus dem BF anzulasten, da er seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkam und sich dem Verfahren entzog.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Sowohl eheliche als auch uneheliche minderjährige Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art. 8 EMRK fällt, sind von ihrer Geburt ipso iure Teil der Familie (vgl. u.a. EGMR 01.09.2004, Lebbink v. Netherlands, Nr. 45582/99). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979).
Im gegenständlichen Fall hat der BF eine Lebensgefährtin, mit welcher er in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Der BF befand sich bis 03.10.2019 in Haft, sodass die räumliche Lebensgemeinschaft frühestens mit dem Datum der Haftentlassung begonnen haben konnte, wobei anzumerken ist, dass er jedoch erst wieder mit 12.12.2019 im Bundesgebiet aufrecht gemeldet war. Der BF erstattete im Beschwerdeschriftsatz abgesehen von der schlichten Mitteilung, er habe eine Lebensgefährtin, kein näheres Vorbringen, dies weder in Hinblick auf die Dauer der Beziehung und der gemeinsamen Haushaltsführung noch auf das Bestehen einer besonderen Verbundenheit. Im Sozialbericht der Diakonie Flüchtlingsdienst vom 02.03.2020 wird in diesem Zusammenhang nur auf den vorliegenden gemeinsamen Haushalt hingewiesen.
Zudem wurde das hier relevante Familienleben zu einem Zeitpunkt eingegangen, als den Beteiligten der unsichere rechtliche Status des BF bekannt sein musste, zumal bereits im Jahr 2018 zwei negative Bescheide erlassen wurden und ihm dabei mitgeteilt wurde, dass die Erlassung eines zehnjährigen Aufenthaltsverbot geplant werde. Überdies war sich der BF im Klaren, dass er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Daher durften beide Betroffenen nicht mehr darauf vertrauen, dass der BF in Österreich zum Aufenthalt berechtigt werden würde (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070).
In die Abwägung hat ferner mit einzufließen, ob ein Kontakt zwischen dem BF und seiner Lebensgefährtin auch im Fall einer Rückkehr nach Algerien fortgesetzt werden kann (vgl VfGH 01.07.2009, U 992/08) und ein solches Vorgehen zumutbar ist (vgl. VwGH 21.05.2019, Ra 2018/19/0500). Es sind keine Umstände einer besonderen Vulnerabilität des BF hervorgekommen, die ihm eine Integration in die algerische Gesellschaft kurzfristig so erschweren würden, dass es ihm nicht mehr möglich wäre, einen Kontakt nach Österreich aufrecht zu erhalten. Hinzu kommt, dass in Algerien als sicherer Herkunftsstaat ein grundsätzlich funktionierendes Staatswesen besteht und daher auch die Kommunikation nach außen möglich ist. Der BF hält derzeit mit seiner Familie in Algerien Kontakt über soziale Medien, sodass zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass auch der Kontakt mit seiner Lebensgefährtin gewahrt werden kann. Ebenso stünde es dem BF nach Ablauf des Einreiseverbotes (vgl. Punkt 3.6.) frei, sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen bzw. sollte es der BF möglich sein, den BF in Algerien zu besuchen bzw. sich selbst in Algerien niederzulassen (vgl. . Aufgrund dessen vermag der Umstand, dass der BF nunmehr in einer Lebensgemeinschaft lebt, im vorliegenden Fall die Aufenthaltsbeendigung des BF nicht per se als unzulässig erscheinen zu lassen.
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua. gegen Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.
Schon aufgrund seiner Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von über vier Jahren ergibt sich das Bestehen seines Privatlebens und wurde auf einen solchen auch im Sozialbericht der Diakonie und Flüchtlingsdienst grob eingegangen. Diesbezüglich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich der BF von 05.07.2017 bis 28.08.2017 und von 04.06.2018 bis 03.10.2019 in österreichischen Justizanstalten aufhielt, sodass nicht von einem verfestigten und langjährigen Privatleben in Österreich auszugehen ist. Das Gewicht seiner privaten Interessen wird allerdings dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.09.2019, Ro 2019/01/0003; 28.02.2019, Ro 2019/01/0003; 23.10.2019, Ra 2019/19/0405; u.a.).
Des Weiteren ist im gegenständlichen Fall die Integration des BF zu beurteilen, wobei miteinzufließen hat, ob und inwieweit er die in Österreich verbrachte Zeit genutzt hat um sich sozial und beruflich zu integrieren (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/20/0422). Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass der BF derzeit bei dem Kurs „ XXXX angemeldet ist und diesen laut Kursliste wohl schon abgeschlossen hat, liegen keine weiteren Hinweise auf eine berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF vor. Der BF legte weder Nachweise über eine positiv absolvierte Sprachprüfung vor noch zeigte er weitergehende Bemühungen hinsichtlich seiner sozialen oder beruflichen Integration. Er geht keiner Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Darüber hinaus ist er weder Mitglied eines Vereins, noch engagiert er sich ehrenamtlich. Es ist in der Gesamtschau davon auszugehen, dass im Falle des BF ein nur äußerst geringer Grad an Integration erreicht worden ist.
Demgegenüber hat der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte, dies zumal der Vater des BF nach wie vor in Algerien lebt. Der BF wurde in Algerien hauptsozialisiert und nach seiner vergleichsweise kurzen Aufenthaltsdauer von keiner Entwurzelung des BF gesprochen werden.
Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Im gegenständlichen Fall kommt hinzu, dass der BF mit der Verschleierung sein