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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde
1. des Maximilian Biegeleben und 2. der Maria Theresia Daublebsky-Sterneck, beide in Vomp, beide vertreten durch Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Kaiserjägerstraße 18, gegen den Bescheid der Landeshöfekommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 27. Jänner 1997, Zl. LHK-85/2-96, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Aufhebung der Hofeigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Die Beschwerdeführer sowie Maria Immaculata Biegeleben sind zu je einem Drittel Miteigentümer eines geschlossenen Hofes. Alle drei Miteigentümer beantragten am 12. Juli 1996 gemeinsam die Aufhebung der Eigenschaft der betroffenen Liegenschaft als geschlossener Hof.
Während des Verfahrens vor der Höfebehörde erster Instanz zog Maria Immaculata Biegeleben ihren Antrag zurück.
Die Höfebehörde erster Instanz erkannte mit Bescheid vom 22. November 1996 auf Aufhebung der Hofeigenschaft. Sie vertrat die Auffassung, als Partei könne nur die Gemeinschaft der Eigentümer angesehen werden; eine Miteigentümerin allein könne daher ihren Antrag nicht zurückziehen, weil es einen solchen isolierten Antrag nicht gebe.
Gegen diese Entscheidung berief Maria Immaculata Biegeleben.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 1997 wurde der Berufung Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid behoben und der Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft gemäß § 7 Abs. 1 des Tiroler Höfegesetzes, LGBl. Nr. 47/1900 (THG) zurückgewiesen.
In der Begründung heißt es, die Zurückziehung des Antrages durch Maria Immaculata Biegeleben sei zulässig gewesen. Durch diese Antragszurückziehung sei ein Antrag sämtlicher Miteigentümer auf Aufhebung der Hofeigenschaft nicht mehr vorgelegen. Es habe daher nicht mehr auf Aufhebung der Hofeigenschaft erkannt werden dürfen, sondern es habe der Antrag der Beschwerdeführer zurückgewiesen werden müssen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluß vom 10. Juni 1997, B 620/97-3, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bringen die Beschwerdeführer unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1972, VfSlg. 6841, vor, die belangte Behörde hätte die Berufung der Maria Immaculata Biegeleben zurückweisen müssen, da ihr gegen einen die Aufhebung der Hofeigenschaft genehmigenden Bescheid kein Rechtsmittel zugestanden sei.
In dem Einverständnis aller Miteigentümer zum Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft liege eine privatrechtliche Vereinbarung, von der ein einzelner Miteigentümer nicht einseitig abgehen könne. Nur als Miteigentümergemeinschaft könnten die einzelnen Miteigentümer wirksam Verfahrenserklärungen abgeben. Ein einzelner Miteigentümer könne den Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft nicht zurückziehen. Die verfahrensrechtliche Stellung der Miteigentümer sei derjenigen einer einheitlichen Streitpartei vergleichbar. Das Rechtsinstitut der Streitgenossenschaft sei auch dem Verwaltungsverfahren bekannt. Da es sich bei der beantragten Genehmigung um Aufhebung der Hofeigenschaft um eine Angelegenheit handle, bei der die Entscheidung notwendig für alle Miteigentümer gleichlauten müsse, bildeten diese Miteigentümer eine notwendige Streitgenossenschaft. Die Zurücknahme eines Antrages könne nur von der gesamten Partei vorgenommen werden. Zu Unrecht berufe sich die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, 93/06/0211, da dieses Erkenntnis einen baupolizeilichen Auftrag betroffen habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 7 THG ist über Einschreiten des Eigentümers auf Aufhebung der Hofeigenschaft zu erkennen, wenn ein geschlossener Hof durch Abtrennung oder geänderte Zweckbestimmung einzelner Bestandteile, durch Elementarereignisse oder durch andere Umstände die Eignung zur Erhaltung einer Familie überhaupt dauernd verliert.
Unter "Eigentümer" im Sinne des § 7 THG sind bei im Miteigentum stehenden geschlossenen Höfen alle Miteigentümer zu verstehen. Die Einleitung eines Verfahrens zur Aufhebung der Hofeigenschaft setzt daher voraus, daß sämtliche Miteigentümer dem Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft zugestimmt haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1986, 86/18/0163, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Nach § 13 THG kann gegen die Entscheidung der Höfebehörde erster Instanz binnen der Frist von zwei Wochen die Beschwerde an die Landeshöfekommission ergriffen werden, und zwar, wenn das Gesuch abgewiesen wurde, vom Gesuchsteller, wenn ihm stattgegeben wurde, von jedem Mitglied der Höfekommission.
Die Rechtsmittelbeschränkung im Falle eines stattgebenden Bescheides bezieht sich nur auf den "Gesuchsteller", nicht aber auf einen Miteigentümer, von dem der Höfebehörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung kein Antrag (Gesuch) vorliegt. Ein solcher Miteigentümer ist gegen einen nur auf Grund des Antrages der anderen Miteigentümer ergangenen stattgebenden Bescheid berufungsberechtigt.
Aus dem von den Beschwerdeführern zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1972, VfSlg. 6841, ist für den gegenteiligen Standpunkt der Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Diesem Erkenntnis lag eine gänzlich andersgeartete Fallkonstellation als im Beschwerdefall zugrunde. Die Einwilligung einer Miteigentümerin zur Antragstellung wurde durch gerichtliche Entscheidung ersetzt. Diese Miteigentümerin war daher als dem Antrag zustimmend anzusehen, sodaß für sie die Rechtsmittelbeschränkung des § 13 THG zum Tragen kam. Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor.
Anträge im Verwaltungsverfahren können, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, in jeder Lage des Verfahrens vom Antragsteller zurückgezogen werden. Dies gilt mangels gegenteiliger gesetzlicher Bestimmung auch für die Zurückziehung seines Antrages oder der Zustimmung zum Antrag durch einen Miteigentümer. Daß ein von Miteigentümern eingebrachter Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft ein einheitlicher Antrag sei, der nur von allen Miteigentümern gemeinsam zurückgezogen werden könne, läßt sich weder dem AVG noch dem THG entnehmen. Vielmehr kann der einzelne Miteigentümer seinen Antrag jederzeit auch allein zurückziehen.
Eine "einheitliche Streitpartei" kennt das AVG nicht, wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach, u.a. auch in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, 93/06/0211, ausgesprochen hat. Die Aussage über das Fehlen einer einheitlichen Streitpartei in diesem Erkenntnis stützt sich auf das AVG, nicht auf baurechtliche Vorschriften. Es ist daher für die Übertragbarkeit dieser Aussage auf den vorliegenden Fall ohne Belang, daß dem zitierten Erkenntnis ein baupolizeilicher Auftrag zugrundelag.
Für die Beschwerdeführer ist auch nichts aus den von ihnen ins Treffen geführten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1993, 93/16/0109, zu gewinnen. Abgesehen davon, daß dieses Erkenntnis zur BAO und nicht zum AVG ergangen ist, enthält es auch keine Aussage des Inhalts, daß es im Verwaltungsverfahren nach der BAO das Institut der einheitlichen Streitpartei gebe. Das Erkenntnis beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit in einem Wiederaufnahmeverfahren ein Verschulden einer Verfahrenspartei einer anderen Verfahrenspartei zuzurechnen sei und weist mit Rücksicht darauf, daß hinsichtlich des Verschuldens der Regelung des § 303 Abs. 1 lit. b BAO die Bestimmung des § 530 Abs. 2 ZPO durchaus vergleichbar sei, darauf hin, daß auch im Bereich der Frage der Zulässigkeit einer Wiederaufnahmsklage im Zivilprozeß die Auffassung vertreten werde, daß für den Fall des Vorliegens einer sogenannten einheitlichen Streitpartei gemäß § 14 ZPO die Kenntnis eines der mehreren Streitgenossen für und gegen die anderen wirkt. Aus dieser Aussage ist für den Standpunkt der Beschwerdeführer nichts zu gewinnen.
Es trifft zu, daß die Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung der Hofeigenschaft im Beschwerdefall nur eine einheitliche sein kann. Das hat aber nicht zur Folge, daß der dritten Miteigentümerin die Zurückziehung ihres Antrages verwehrt wäre. Vielmehr hat diese Zurückziehung zur Folge, daß nunmehr das Erfordernis des Vorliegens von Anträgen aller drei Miteigentümer nicht mehr gegeben ist, sodaß die - einheitliche - Entscheidung nur auf Zurückweisung der aufrechterhaltenen Anträge der Beschwerdeführer lauten konnte. Die belangte Behörde hat daher richtig entschieden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Spruch und BegründungVerfahrensrecht AVGParteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitVoraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des BerufungswerbersRechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997070106.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009