TE Bvwg Beschluss 2020/6/25 G305 2217069-1

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Veröffentlicht am 25.06.2020
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Entscheidungsdatum

25.06.2020

Norm

AlVG §10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §29 Abs5
VwGVG §31 Abs1

Spruch

G305 2217069-1/7E

beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über den Antrag der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom 18.06.2020 auf schriftliche Ausfertigung des am 05.06.2020 verkündeten Erkenntnisses bezüglich der gegen den Bescheid vom XXXX .12.2018, VSNR: XXXX , erhobenen Beschwerde und des gegen die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .03.2019, GZ: XXXX , erhobenen Vorlageantrages beschlossen:

A)

Der gegenständliche Antrag wird gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom XXXX .12.2018, VSNR: XXXX , sprach die regionale Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: AMS) gegenüber XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer oder kurz: BF) aus, dass er den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG im Zeitraum XXXX .12.2018 bis XXXX .01.2019 verloren habe und Nachsicht nicht erteilt werde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der BF die sich ihm geboten habende, zumutbare Beschäftigung bei der Dienstgeberin XXXX mit möglichem Arbeitsantritt am 13.12.2018 nicht angenommen habe.

2. Dagegen wendete sich der BF mit seiner am XXXX .01.2019 (innert offener Frist) erhobenen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die er mit dem Ersuchen um „erneute Prüfung der Angelegenheit“ verband und im Wesentlichen kurz zusammengefasst damit begründete, dass er die Möglichkeit zu einer Arbeitsaufnahme nicht verweigert oder vereitelt hätte. Vielmehr habe er mit dem Geschäftsführer der potentiellen Dienstgeberin vereinbart, dass er nach Rücksprache mit seiner Lebensgefährtin und einer Abklärung der Obhut der einjährigen Tochter „gerne den Staplerschein machen werde“. Nach Rückfrage beim XXXX sei ihm bekannt gegeben worden, dass der nächste Kurs am XXXX .01.2019 stattfinden werde. Als er in der Folge XXXX anrief, um ihm dies mitzuteilen und über die weitere Vorgehensweise zu sprechen, habe ihn dieser bereits für einen letzten Platz, einen Kurs früher, angemeldet. XXXX habe gewusst, dass der BF und seine Lebensgefährtin den, im letzten Jahr, gebuchten Urlaub zum XXXX .01. bis XXXX .01.2019 noch konsumieren wollte, was für Ersteren kein Problem dargestellt hätte. Durch die Anmeldung ohne vorherige Absprache mit ihm sei die Versorgung der Tochter nicht gewährleistet gewesen, da seine Lebensgefährtin beim XXXX gewesen sei. Das habe der Geschäftsführer der Dienstgeberin auch gewusst. Es sei nicht in Ordnung, jemanden ohne Rücksprache für einen Kurs anzumelden, vor allem da er mehrmals erwähnt habe, dass er sich auch um seine Tochter kümmern müsse.

3. Mit Bescheid vom XXXX .01.2019, GZ: XXXX , schloss die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aus.

4. Mit E-Mail vom 08.02.2019 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Stellungnahme des Geschäftsführers der potentiellen Dienstgeberin zur Kenntnis, dass er sofort im Dezember 2018 nach Absolvierung des Staplerscheins beginnen hätte können und er 10 Tage vor Kursbeginn über den Beginn des Staplerkurses informiert worden wäre. Dem habe der BF auch mündlich zugestimmt.

5. Mit E-Mail vom 23.02.2019 teilte der BF mit, dass seine Lebensgefährtin zum angegebenen Zeitpunkt des Kurses auf Therapie gewesen sei. Dass ihm vom Geschäftsführer der potentiellen Dienstgeberin 10 Tage vorher Bescheid gegeben worden wäre, stimme nicht; dies könne aus den angefügten Screenshots aus WhatsApp Nachrichten entnommen werden. Vielmehr habe er sich selbständig darum gekümmert und mit dem XXXX bezüglich eines Staplerkurses Kontakt aufgenommen. Das XXXX habe ihm mitgeteilt, dass der frühestmögliche Termin zwischen dem XXXX .01.2019 und dem XXXX .01.2019 liege, da der nächste Kurs bereits ausgebucht sei. Diesen hätte er ohnedies nicht wahrnehmen können, da er zu diesem Zeitpunkt den Säugling in Obhut gehabt hätte, da seine Lebensgefährtin einen Therapietermin hatte. Der Geschäftsführer der potentiellen Dienstgeberin habe durch Beziehungen doch nicht einen Platz in diesem Kurs zugesagt bekommen und ihn ohne sein Wissen dort angemeldet und ihm erst danach Bescheid gegeben. Damit habe der Geschäftsführer der potentiellen Dienstgeberin eine Datenschutzverletzung begangen; zu diesem Zeitpunkt habe es weder ein aufrechtes Dienstverhältnis zwischen der potentiellen Dienstgeberin und ihm gegeben, noch habe er - der BF - die Zustimmung zur Anmeldung erteilt. Vielmehr habe er Eigeninitiative zeigen wollen. Auch sei eine Datenschutzvereinbarung für die Weitergabe (von Daten) an Dritte nicht unterzeichnet worden. Darüber hinaus hätte er über die potentielle Dienstgeberin im XXXX arbeiten sollen, also im Rahmen der Arbeitskräfteüberlassung. Auch glaube er nicht, dass das nicht rechtens sei, da die potentielle Dienstgeberin kein Gewerbe hierfür habe.

6. Mit ihrer Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .03.2019, GZ: XXXX , gab die belangte Behörde der gegen den Bescheid vom XXXX .12.2018 erhobenen Beschwerde insofern Folge, als sie den Verlust des Arbeitslosengeldes auf den Zeitraum von XXXX .12.2018 bis XXXX .01.2019 reduzierte.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und der als relevant erachteten gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen kurz zusammengefasst aus, dass der BF, ein XXXX Jahre alter Mann, der in einer Lebensgemeinschaft lebt und eine einjährige Tochter hat zuletzt von XXXX .06.2018 bis XXXX .11.2018 als Bauarbeiter bei der XXXX beschäftigt gewesen sei und nunmehr die Möglichkeit gehabt hätte, eine Beschäftigung als XXXX bei der Firma XXXX aufzunehmen. Am XXXX .12.2018 habe der potentielle Dienstgeber dem AMS gemeldet, dass er für den BF für Mittwoch, 12.12.2018, eine Stelle als Staplerfahrer gehabt hätte. Er habe sie mit diesem Datum für den Staplerschein beim XXXX angemeldet. Da der BF am 04.12.2018 bekannt gegeben hätte, daran nicht teilnehmen zu können, weil die Lebensgefährtin einen Termin habe, sei die mögliche Arbeitsaufnahme vereitelt worden. Am Montag, 10.12.2018, habe er eine Bestätigung über Therapien seiner Lebensgefährtin bei der XXXX vorgelegt; dieser Bestätigung sei eine genaue Uhrzeit nicht zu entnehmen gewesen. Aus einem E-Mail des Dienstgebers vom 07.02.2019 gehe hervor, dass eine Arbeitsaufnahme ohne Staplerschein nicht möglich gewesen wäre, da dieser für den Aufgabenbereich unbedingt notwendig gewesen wäre. Der BF hätte sofort nach Absolvierung des Staplerscheins noch im Dezember 2018 beginnen können. Am 04.02.2019 habe der BF bei der Firma XXXX zu arbeiten begonnen.

7. Gegen die dem BF am 08.03.2019 zugestellte Beschwerdevorentscheidung erhob dieser durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung einen Vorlageantrag, den er mit dem Begehren verband, dass seine Beschwerde am 03.01.2019 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde.

8. Am Ende der am XXXX .06.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Verhandlung, zu der neben dem BF und dessen Rechtsvertreter auch eine Vertreterin der belangten Behörde erschienen war, wurde das Erkenntnis verkündet.

Nach Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG gaben der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer und die Vertreterin der belangten Behörde einen Rechtsmittelverzicht ab.

9. Am 18.06.2020 brachte die belangte Behörde einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am XXXX .06.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am XXXX .06.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung über die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13.12.2018 erhobene Beschwerde und den gegen die Beschwerdevorentscheidung vom XXXX .03.2019, GZ: XXXX , erhobenen Vorlageantrag durch.

Nach durchgeführter nichtöffentlicher Beratung des Senates verkündete das Bundesverwaltungsgericht das Erkenntnis, demzufolge der gegen den Bescheid vom XXXX .12.2018 erhobenen Beschwerde teilweise Folge gegeben und ausgesprochen wurde, dass vom Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld teilweise Nachsicht erteilt werde.

Der durch einen Rechtsvertreter vertretene Beschwerdeführer und die Behördenvertreterin gaben nach erfolgter Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG ausdrücklich eine in der Verhandlungsniederschrift protokollierte Rechtsmittelverzichtserklärung ab. Diese Rechtsmittelverzichtserklärung nahmen die Parteien mit ihrer auf der Verhandlungsniederschrift angebrachten Unterschrift zur Kenntnis.

Die Verzichtserklärung wurde auch nicht binnen drei Tagen widerrufen (§ 25a Abs. 4a VwGG und § 83 Abs. 3b VfGG).

Ungeachtet dessen brachte die belangte Behörde am 18.06.2020 einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des am 05.06.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG beim Bundesverwaltungsgericht ein. Dieser Antrag wurde genau im Wege jener Behördenvertreterin eingebracht, die am 05.06.2020 eine Rechtsmittelverzichtserklärung abgegeben hatte.

2. Rechtliche Beurteilung:

§ 29 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) über die Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse lautet:

„§ 29. (1) Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.

(2a) Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer mündlichen Verkündung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:

1. über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;

2. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.

(2b) [...]

(3) [...]

(4) Den Parteien ist eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen.

(5) Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.“

Aus der zitierten Bestimmung ergibt sich unmissverständlich, dass ein mündlich verkündetes Erkenntnis jedenfalls dann gekürzt ausgefertigt werden kann, wenn ein Rechtsmittelverzicht abgegeben wurde. Aufgrund des eindeutig und ohne erkennbare Willensmangel in Anwesenheit der Rechtsberaterin abgegebenen Rechtsmittelverzichts, und der dadurch eröffneten Möglichkeit der gekürzten Ausfertigung ist ein Antrag auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses nicht mehr zulässig und war daher zurückzuweisen.

Ein Rechtsmittelverzicht ist eine von der Partei vorgenommene Prozesshandlung, der die Wirkung anhaftet, dass ein von der Partei eingebrachtes Rechtsmittel einer meritorischen Erledigung nicht zugeführt werden darf. Ein einmal ausgesprochener Rechtsmittelverzicht kann auch nicht mehr zurückgenommen werden. Das Vorliegen eines Rechtsmittelverzichtes ist besonders streng zu prüfen und es ist ein anlässlich der Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes vorliegender Willensmangel zu Gunsten der Partei zu beachten (VwGH vom 08.11.2016, Zl. Ra 2016/09/0098).

Anlassbezogen kam nicht hervor, dass die in der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2020, nach erfolgter Verkündung des Erkenntnisses, von der Behördenvertreterin (einer Juristin) abgegebene Rechtsmittelverzichtserklärung infolge eines auf sie ausgeübten Drucks und/oder in völliger Unkenntnis der Rechtsfolgen abgegeben worden wäre oder dass dieser gar Willensmängel anhaften würden (VwGH vom 31.05.2006, Zl. 2006/10/0075 und vom 19.11.2004, Zl. 2004/02/0230). Anhaltspunkte, die etwa die Gültigkeit der Rechtsmittelverzichtserklärungen berühren könnten, liegen nicht vor.

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

mündliche Verkündung Rechtsmittelverzicht schriftliche Ausfertigung unzulässiger Antrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G305.2217069.1.00

Im RIS seit

07.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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