TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/30 W186 2187437-1

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Veröffentlicht am 30.06.2020
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Entscheidungsdatum

30.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §34 Abs3 Z3
BFA-VG §40 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
Dublin III-VO Art28
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35

Spruch

W186 2187437-1/8E

W186 2187437-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Guinea, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx wegen 1.) Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Festnahme am 27.02.2018 und der daran anschließenden Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft von 27.02.2018, 06:30 Uhr, bis 28.02.2018, 13:00 Uhr, sowie 2.) gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 28.02.2018, Zl. 1173763809/180202309, und die Anhaltung der BF in Schubhaft von 28.02.2018 bis 08.03.2018, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Festnahme und der darauf gestützten Anhaltung wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 28.02.2018 und die darauf gestützte Anhaltung in Schubhaft bis 08.03.2018 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm Art. 28 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z 2 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 als unbegründet abgewiesen.

III. Der Antrag auf Kostenersatz der Beschwerdeführerin wird gemäß § 35 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge BF), eine weibliche Staatsangehörige Guineas, brachte nach der Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.11.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer. Dem Bericht zur VIS-Abfrage ist zu entnehmen, dass der BF von einer Schweizer Vertretungsbehörde ein Schengen-Visum der Kategorie C, gültig von 16.10.2017 bis 13.11.2017, ausgestellt wurde.

In der Erstbefragung der BF zu ihrer Asylantragsstellung am 14.11.2017 verleugnete die BF hingegen jemals in der Schweiz gewesen zu sein, bzw. ein Visum der Schweiz ausgestellt bekommen zu haben. Sie gab vielmehr an, aus der Türkei mit dem Flugzeug nach Österreich eingereist zu sein.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) richtete am 17.11.2017 ein Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung an die Schweiz, welchem die schweizerische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 21.11.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ausdrücklich zustimmte.

Am 14.12.2017 langte eine Aufenthaltsbestätigung eines Landesklinikums vom 29.11.2017 ein, wonach die BF vom 28.11.2017 bis 29.11.2017 in stationärer Behandlung gewesen sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.01.2018, Zl. 1173763809/1712786259, wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig ist, sowie die Außerlandesbringung der BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF in die Schweiz gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.10.2018, Zl. W184 2185777-1/3E, als unbegründet ab. Das Verfahren erwuchs in Rechtskraft.

Das Bundesamt erließ am 20.02.2018 einen Festnahmeauftrag, wonach die BF gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zum Zwecke der Abschiebung ab 26.02.2018, 06:00 Uhr, festzunehmen ist. Für die Erlassung des Festnahmeauftrags sei maßgebend, dass das Asylverfahren gem. § 5 AsylG durchführbar sei. Die Entscheidung war mit einer Ausweisung verbunden. Die Überstellung (Transport) sei für den 28.02.2018 geplant und ist die Sicherung dieser Maßnahme zu gewährleisten. Die Zustimmung der Schweiz zur Übernahme der BF liege ebenfalls vor.

Die BF wurde in weiterer Folge am 27.02.2018 um 06:30 Uhr aufgrund des vorliegenden Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen. Sie widersetzte sich hingegen der für 28.02.2018 angesetzten Abschiebung, sodass diese abgebrochen werden musst.

Die BF wurde nach Rücksprache mit dem Journaldienst des Bundesamtes nach Abbruch der Abschiebung in das PAZ Rossauer Lände rücktransportiert, wo sie unmittelbar danach niederschriftlich einvernommen wurden.

Die BF befand sich von 27.02.2018, 06:30 Uhr, bis 28.02.2018, 13:00 Uhr, in Verwaltungsverwahrungshaft.

Mit Mandatsbescheid vom 28.02.2018, Zl. 1173763809/180202309, verhängte das Bundesamt über die BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 der Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung. Der Mandatsbescheid wurde der BF um 13:00 Uhr durch persönliche Übergabe zugestellt.

Das Bundesamt erließ am 01.03.2018 einen Abschiebeauftrag zur Abschiebung der BF auf dem Luftweg in die Schweiz für den 12.03.2018.

Die BF wurde am 08.03.2018 aus der Schubhaft entlassen.

Mit Schriftsatz vom 27.02.2018 und 28.02.2018 erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung Beschwerde gegen die erfolgte Festnahme und Anhaltung in Verwahrungshaft, sowie gegen den Schubhaftbescheid und die (fortdauernde) Anhaltung der BF in Schubhaft. Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Einvernahme der Lebensgefährtin der BF wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die „Verhaftung“ und Anhaltung der BF, sowie die Schubhaftverhängung und Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären, sowie der belangten Behörde auftragen, die Verfahrenskosten zu ersetzen.

Das Bundesamt legte die Verwaltungsakten vor und erstattete keine Stellungnahme.

In Folge musste die für 12.03.2018 geplante begleitete Abschiebung in die Schweiz ebenfalls storniert werden, da die Entscheidung zu einer laufenden Schubhaftbeschwerde von Seiten des Bundesverwaltungsgericht innerhalb der gesetzlichen Frist nicht möglich war, und die BF am 08.03.2018 aus der Schubhaft entlassen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF, eine Staatsangehörige Guineas, brachte nach legaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.11.2017 beim BFA einen Asylantrag ein.

Eine EURODAC-Abfrage ergab keinen Treffer. Dem Bericht zur VIS-Abfrage ist zu entnehmen, dass der BF von einer Schweizer Vertretungsbehörde ein Schengen-Visum der Kategorie C, gültig von 16.10.2017 bis 13.11.2017, ausgestellt wurde.

Das Bundesamt richtete am 17.11.2017 ein Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung an die Schweiz, welchem die schweizerische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 21.11.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ausdrücklich zustimmte.

Am 14.12.2017 langte eine Aufenthaltsbestätigung eines Landesklinikums vom 29.11.2017 ein, wonach die BF vom 28.11.2017 bis 29.11.2017 in stationärer Behandlung gewesen sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 09.01.2018, Zl. 1173763809/1712786259, wurde I. der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung zur Prüfung des Antrages zuständig ist, sowie II. die Außerlandesbringung der BF gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF in die Schweiz gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist.

Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 01.10.2018, Zl. W184 2185777-1/3E, als unbegründet ab. Das Verfahren erwuchs in Rechtskraft.

Das Bundesamt erließ am 20.02.2018 einen Festnahmeauftrag, wonach die BF gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zum Zwecke der Abschiebung ab 26.02.2018, 06:00 Uhr, festzunehmen ist. Für die Erlassung des Festnahmeauftrags sei maßgebend, dass das Asylverfahren gem. § 5 AsylG durchführbar sei. Die Entscheidung war mit einer Ausweisung verbunden. Die Überstellung (Transport) sei für den 28.02.2018 geplant und ist die Sicherung dieser Maßnahme zu gewährleisten. Die Zustimmung der Schweiz zur Übernahme der BF liege ebenfalls vor.

Die BF wurde in weiterer Folge am 27.02.2018 um 06:30 Uhr aufgrund des vorliegenden Festnahmeauftrages gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen. Sie widersetzte sich hingegen der für 28.02.2018 angesetzten Abschiebung, sodass diese abgebrochen werden musst.

Da die BF im Zuge der Festnahme nicht an ihrer im ZMR aufscheinenden Wohnadresse aufhältig war, wurde sie von dieser abgemeldet.

Die BF verletzte ihre Mitwirkungspflicht, indem sie sich der unbegleiteten Überstellung in die Schweiz widersetzte, weshalb die für 28.02.2018 angesetzte Abschiebung abgebrochen werden musste.

Die BF wurde nach Rücksprache mit dem Journaldienst des Bundesamtes nach Abbruch der Abschiebung in das PAZ Rossauer Lände rücktransportiert, wo sie unmittelbar danach niederschriftlich einvernommen wurden.

Die BF befand sich von 27.02.2018, 06:30 Uhr, bis 28.02.2018, 13:00 Uhr, in Verwaltungsverwahrungshaft.

Mit Mandatsbescheid vom 28.02.2018, Zl. 1173763809/180202309, verhängte das Bundesamt über die BF gemäß Art. 28 Abs. 1 und 2 der Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung. Der Mandatsbescheid wurde der BF um 13:00 Uhr durch persönliche Übergabe zugestellt.

Das Bundesamt erließ am 01.03.2018 einen Abschiebeauftrag zur Abschiebung der BF auf dem Luftweg in die Schweiz für den 12.03.2018.

Die BF wurde am 08.03.2018 aus der Schubhaft entlassen.

Die BF verfügt über keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und über keine finanziellen Mittel. Sie verfügt über keine identitätsbezeugenden Dokumente, weshalb sie nicht alleine Ausreisen kann. Ferner verfügt sie ab 27.02.2018 bis Juni 2019 über keinen gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet.

Sie war haftfähig.

In Folge musste die für 12.03.2018 geplante begleitete Abschiebung in die Schweiz ebenfalls storniert werden, da die Entscheidung zu einer laufenden Schubhaftbeschwerde von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts innerhalb der gesetzlichen Frist nicht möglich war, und die BF am 08.03.2018 aus der Schubhaft entlassen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich sowohl aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes, sowie aus dem Gerichtsakt des BVwG zum Verfahren W184 2185777-1.

Dass die BF im Zuge ihres Asylverfahrens bestritt ein Schweizer Visum zu haben respektive sich in der Schweiz aufgehalten zu haben, resultiert aus den Verwaltungsakten im Verfahren W184 2185777-1.

Die Rechtsgrundlage der Festnahme ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Festnahmeauftrag.

Die Angaben zum Nichtaufhalten der BF an ihrer Wohnadresse und deren Abmeldung resultiert aus dem Verwaltungsakt, sowie aus der Einsichtnahme in das ZMR.

Die Angaben zur Festnahme der BF, zur Vereitelung der für 28.02.2018 geplanten Abschiebung, und der im Anschluss danach erfolgten Verbringung in das PAZ Rossauer Lände resultieren aus dem Bericht der LPD Niederösterreich, Stadtpolizeikommando Schwechat vom 28.02.2019.

Die Angaben zur Anhaltung der BF in Verwaltungsverwahrungshaft und in Schubhaft beruhen auf einem Auszug aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung.

Die Angaben zur Haftfähigkeit resultieren aus dem Umstand, dass die BF aus medizinischer Sicht aktenkundig nur an Hepatitis B litt und dieser Umstand aufgrund der im PAZ vorherrschenden amtsärztlichen Kontrollen medizinisch berücksichtigt wurde. Die Überstellung nach Zürich auf einem ca. 1stündigen Flug hätten ebenso keine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes mit sich gebracht. Ein Befund über eine behandlungsbedürftige Erkrankung wurde nicht vorgelegt, weshalb eine solche nicht festgestellt werden kann. Auch aus der zur Vorlage gebrachten Aufenthaltsbestätigung eines Landesklinikums im Verfahren zur Zl. W184 2185777-1 geht keine aktuelle schwere Erkrankung hervor.

3. Rechtliche Beurteilung

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1.       er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2.       er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3.       gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerden zuständig.

Zu Spruchteil A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. – Stattgabe der Beschwerden gegen die Festnahme und Anhaltung:

3.1.1 Absatz 1 des mit „Festnahme“ betitelten § 40 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautete:

„(1) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach § 40 Abs. 1 BFA-VG ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,

1.       gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,

2.       wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder

3.       der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.“

Der mit „Festnahmeauftrag“ betitelte § 34 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautete:

„§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser

1. Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder

2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und

1. der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder

2. der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.

(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,

1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;

2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;

3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder

4. wenn er, ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2a FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung eines Ersatzreisedokumentes bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.

(4) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Asylwerbers anordnen, wenn er sich dem Verfahren entzogen hat (§ 24 Abs. 1 AsylG 2005).

(5) Der Festnahmeauftrag ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.

(6) In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen.

(7) Die Anhaltung eines Fremden, gegen den ein Festnahmeauftrag erlassen wurde, ist dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen. Dieses hat mitzuteilen, ob der Fremde in eine Erstaufnahmestelle oder Regionaldirektion vorzuführen ist.

(8) Ein Festnahmeauftrag ist zu widerrufen, wenn

1. das Verfahren zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eingestellt wurde und die Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig ist (§ 24 Abs. 2 AsylG 2005) oder

2. der Asylwerber aus eigenem dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht seinen Aufenthaltsort bekannt gibt und nicht auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde sich wieder dem Verfahren entziehen.

3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2015)

(9) Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben“.

§ 46 FPG idF BGBl. I Nr. 70/2015 normierte:

„(1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt. Der Fremde hat an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments im erforderlichen Umfang mitzuwirken.

(2a) Die Verpflichtung zur Mitwirkung gemäß Abs. 2 kann auch mit Bescheid auferlegt werden, § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt sinngemäß. Der Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments bei der zuständigen ausländischen Behörde, verbunden werden (§ 19 AVG).

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.“

3.2.2. Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrunde liegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).

Das Bundesamt erließ am 20.02.2018 gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG einen Festnahmeauftrag gegen die BF. Diese Voraussetzungen lagen im gegenständlichen Fall zum Zeitpunkt der Festnahmemehr vor, weil der gegen die verhängte Anordnung zur Außerlandesbringung mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.01.2018, Zl. 1173763809/1712786259, erhobenen Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung iSd Art. 16 Abs. 2 BFA-VG zuerkannt worden war.

Zum Zeitpunkt der erfolgten Festnahme am 27.02.2018 bestand gegen die BF somit eine durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Die Festnahme aufgrund des auf § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG gestützten Festnahmeauftrag erweist sich somit auch aufgrund der Einhaltung des im Festnahmeauftrag angegebenen Zeitfensters als rechtmäßig. Da Die BF bei ihrer Einvernahme zum Dublin-Verfahren bereits angab, nicht in die Schweiz zurückkehren zu wollen ging das Bundesamt auch berechtigter weise davon aus, dass die BF ihrer Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachkommen wird und mittels Abschiebung vorgegangen werden muss.

Dass die BF ihre für 28.02.2018 frühmorgens geplante Abschiebung vereitelte und sich somit die Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft aufgrund der nach der abgebrochenen Abschiebung veranlassten Verbringung der BF in das PAZ Rossauer Lände zur neuerlichen Einvernahme und der Schubhaftverhängung prolongierte, liegt nicht an Umständen, die die Behörde zu vertreten hat.

Diese war darauf bedacht, die Anhaltung der BF so kurz wie möglich zu halten und hätte diese bis zur geplanten Abschiebung lediglich weniger als 24 Stunden betragen.

Auch die Anhaltung der BF aufgrund des Festnahmeauftrages vom 20.02.2018 erweist sich nicht als unverhältnismäßig, zumal die Anhaltedauer in Verwaltungsverwahrungshaft von 27.02.2018, 06.30 Uhr, bis 28.02.2018, 13:00 Uhr, und somit knapp 30h, der höchstens zulässigen 72h (vgl. § 34 Abs. 5 BFA-VG) dauerte.

Aufgrund des Vorliegens der Festnahmevoraussetzungen und der Anhaltung der BF weit unterhalb der zulässigen Höchstdauer in Verwaltungsverwahrungshaft, ist die Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung der BF somit als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. – Beschwerde gegen den Mandatsbescheid vom 28.02.2018 und die Anhaltung der BF in Schubhaft von 28.02.2018 bis 08.03.2020:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautete wie folgt:

„(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Die BF wurde zur Sicherung der Abschiebung in die Schweiz in Schubhaft genommen.

Das Bundesamt richtete am 17.11.2017 ein Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung an die Schweiz, welchem die schweizerische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 21.11.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ausdrücklich zustimmte.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.01.2018 wurde gegen die BF eine Anordnung zur Außerlandesbringung in die Schweiz erlassen. Einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes im hg. anhängigen Verfahren zur Zl. W184 2185777-1 keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Die BF ist zudem Drittstaatsangehörige. Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid sohin zutreffend auf § 76 Abs. 1, Abs. 2 Z 2 FPG iVm Art. 28 Dublin III-VO.

Im Fall der BF lag erhebliche Fluchtgefahr gemäß Art. 28, Art. 2 lit. n Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 3 FPG vor:

Das Bundesamt stützte die Annahme von Fluchtgefahr zutreffend darauf, dass die BF ihre Abschiebung durch die Vereitelung der am 28.02.2018 vorbereiteten Flugabschiebung behindert (§ 76 Abs. 3 Z 1 FPG), sowie darauf, dass eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in der Form der Anordnung zur Außerlandesbringung in die Schweiz (§ 76 Abs. 3 Z 3 FPG) vorliegt. Weiters stützte das Bundesamt die Schubhaftanordnung darauf, dass die Schweiz aufgrund der Dublin III-VO zur Führung des Verfahrens zuständig ist, da die BF trotz ihres in der Schweiz ausgestellten Visums nach Österreich reiste und im Bundesgebiet einen Asylantrag stellte (§ 76 Abs. 3 Z 6), sowie auf den Grad der sozialen Verankerung der BF in Österreich, der mangelnden familiären Bezugspunkte und Existenzmittel, sowie das Nichtvorhandensein eines gesicherten Wohnsitzes (§ 76 Abs. 3 Z 9 FPG).

Das Bundesamt ging auch zutreffend davon aus, dass mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen gefunden werden konnte, weil die BF weder über finanzielle Mittel noch über einen ordentlichen Wohnsitz verfügte, sondern im Zuge der Vollziehung des Festnahmeauftrages nicht an ihrer behördlich gemeldeten Wohnadresse aufhielt und von dieser abgemeldet werden musste und somit für die Behörden nicht greifbar war, zu Österreich keinerlei relevante Bindungen bestanden und die BF kein Asylverfahren in der Schweiz führen will, sondern nach Österreich gekommen war und daher nicht davon ausgegangen werden konnte, dass ein gelinderes Mittel zur Sicherung der Abschiebung ausgereicht hätte.

Die Anhaltung der BF in Schubhaft war auch verhältnismäßig:

Das Verfahren wurde effizient geführt, das Bundesamt richtete am 17.11.2017 ein Aufnahmegesuch gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung an die Schweiz, welchem die schweizerische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 21.11.2017 gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-Verordnung ausdrücklich zustimmte. Die Überstellung der BF in die Schweiz organisierte das für den 28.02.2018 und wurde durch die BF vereitelt.

Mit der Durchführung der Überstellung innerhalb der Fristen der Dublin III-Verordnung war aufgrund der bereits einmal organisierten Abschiebung der BF in die Schweiz auch weiterhin mit hinreichender Sicherheit zu rechnen.

Die Unverhältnismäßigkeit der Anhaltung ergab sich auch nicht aus dem Gesundheitszustand der BF.

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.02.2018 und die Anhaltung in Schubhaft von 28.02.2018 bis 08.03.2018 ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. – Kostenersatz

3.2.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

Der mit „Kosten“ betitelte § 35 VwGVG lautet:

„§ 35. (1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“

Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

„1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.“

3.2.2. Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG Beschwerde erhoben. Lediglich die BF stellte einen Antrag auf Kostenersatz gemäß § 35 VwGVG. Es gebührt ihr hingegen gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG als unterlegene Partei kein Kostenersatz. Die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung zwar (vollständig) obsiegende Partei. Sie hat jedoch keinen Antrag auf Kostenersatz gestellt, weshalb mangels Antrages auch kein Kostenzuspruch zu erfolgen hat (vgl. § 35 Abs. 7 VwGVG).

Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung

Die BF beantragte in ihrer Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Einvernahme der bis dato erstmals im bisherigen Verfahren erwähnten Lebensgefährtin der BF.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Da im gegenständlichen Fall der entscheidungswesentliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war, Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen und der Beschwerde vollinhaltlich stattgegeben wurde, konnte auf die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG verzichtet werden.

Dies insbesondere aus dem Grund, da selbst eine kurzfristig eingegangene Lebensgemeinschaft der BF zu einer im Bundesgebiet aufhältigen Person angesichts des Vorverhaltens der BF das Vorliegen der erheblichen Fluchtgefahr nicht abgeschwächt respektive gar zur Rechtswidrigkeit der erfolgten Inschubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft geführt hätte.

Zu Spruchteil B) – Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen. Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf diese Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage zu den Verfahrenskosten (Spruchpunkt III.) war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Anhaltung Dublin III-VO Festnahme Festnahmeauftrag Fluchtgefahr gelinderes Mittel Haftfähigkeit Kostenentscheidung - Gericht Kostenersatz - Antrag Mandatsbescheid Maßnahmenbeschwerde Mittellosigkeit Mitwirkungspflicht Schubhaft Schubhaftbeschwerde Schubhaftverfahren Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W186.2187437.1.00

Im RIS seit

07.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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