Entscheidungsdatum
26.08.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W250 2231630-4/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger Afghanistans, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 13.11.2013 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid vom 26.04.2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) den Antrag des BF auf internationalen Schutz zur Gänze ab und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Es wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Als Frist für die freiwillige Ausreise wurden zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt. Der BF erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2019 abgewiesen wurde. Dieses Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.
3. Da der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam organisierte das Bundesamt seine Abschiebung für den 04.02.2020. Der BF verließ am 03.02.2020 sein Grundversorgungsquartier und tauchte unter. Seine Abschiebung musste aus diesem Grund storniert werden. In weiterer Folge erließ das Bundesamt gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG einen Festnahmeauftrag den BF betreffend.
4. Am 13.02.2020 versuchte der BF unrechtmäßig nach Deutschland auszureisen, wobei er von der deutschen Polizei an der Grenze angehalten und ihm die Einreise nach Deutschland verweigert wurde. Am 14.02.2020 wurde der BF nach Österreich zurückgewiesen und hier festgenommen. Im Zuge der Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF im Wesentlichen an, dass er an keinen schwerwiegenden Krankheiten leide und keine Medikamente benötige. Er habe weder in Österreich noch in einem anderen Mitgliedstaat einen Wohnsitz, verfüge in Österreich weder über Familienangehörige noch über legal aufhältige Personen, bei denen er während des fremdenbehördlichen Verfahrens wohnen könne. An Barmittel verfüge er über EUR 649,50, es gebe keine Personen, bei denen er sich Geld ausleihen könne. Er habe in Deutschland am 13.02.2020 einen Asylantrag gestellt, der jedoch abgelehnt worden sei. Er wolle nunmehr in Österreich bleiben, um hier einen weiteren Asylantrag zu stellen. Nach Afghanistan wolle er nicht zurückkehren, da er dort um sein Leben fürchte.
Im Stande der Anhaltung stellte der BF am 14.02.2020 einen Asylfolgeantrag und gab bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung an, dass seine Fluchtgründe seit dem Jahr 2013 gleich geblieben seien und er Angst habe, in Afghanistan umgebracht zu werden.
5. Mit Bescheid vom 14.02.2020 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG über den BF Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Der BF erhob gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel.
6. Am 18.02.2020 stellte der BF einen Antrag auf unterstützte freiwillige Rückkehr.
7. Am 24.02.2020 wurde der BF vom Bundesamt im Asylverfahren einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, dass seine im ersten Asylverfahren genannten Fluchtgründe weiterhin aufrecht seien und er weder etwas hinzufügen noch abändern wolle. Er gehe fest davon aus, dass er abgeschoben werde, weshalb seine Ausreise nicht freiwillig sei, da er so oder so abgeschoben werde. Er habe sich für die freiwillige Ausreise angemeldet, da er verzweifelt gewesen sei und keinen Ausweg mehr gesehen habe. Eigentlich wolle er nicht freiwillig ausreisen, allerdings befürchte er abgeschoben zu werden, weshalb er sich für die freiwillige Ausreise angemeldet habe.
8. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 04.03.2020 wurde der dem BF zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 – AsylG aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2020 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig war.
9. Am XXXX wurde der BF einer Delegation der afghanischen Vertretungsbehörde vorgeführt woraufhin am XXXX ein Heimreisezertifikat für ihn ausgestellt wurde.
10. Die Ausreise des BF aus dem Stande der Schubhaft wurde für den 16.03.2020 vorbereitet, der gebuchte Flug fand jedoch auf Grund der COVID-19-Pandemie nicht statt.
11. Am 25.05.2020 brachte der BF wiederum einen Antrag auf freiwillige Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ein, eine Rückkehr war jedoch wegen der andauernden pandemiebedingten Einschränkungen im internationalen Flugverkehr auf Grund von COVID-19 bisher nicht möglich.
12. Am 04.06.2020 teilte jener Verein, der den BF bei seiner freiwilligen Ausreise unterstützte mit, dass sich der BF umentschieden habe und nicht mehr freiwillig ausreisen wolle.
13. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.08.2020 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 14.02.2020 vollinhaltlich wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt. Gleichzeitig wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Weiters wurde festgestellt, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise bestehe und gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.08.2020 abgewiesen wurde.
14. Das Bundesamt führte am 10.03.2020, 02.04.2020, 30.04.2020 und 26.05.2020 Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG durch. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnissen vom 15.06.2020, 02.07.2020 und 29.07.2020 fest, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
15. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 18.08.2020 die Akten gemäß §22a BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor.
16. Dem BF wurde im Rahmen des Parteiengehörs die Möglichkeit gegeben, eine Stellungnahme abzugeben, woraufhin er im Wege seiner Rechtsvertreterin im Wesentlichen ausführte, dass der maximale Zeitraum seiner Anhaltung im Ausmaß von sechs Monaten bereits überschritten sei und kein Fall des § 80 Abs. 4 FPG vorliege. Bei der dritten amtswegigen Haftprüfung habe das Bundesverwaltungsgericht den Tatbestand des § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG als erfüllt angesehen. Aus der Regierungsvorlage, mit der die Z. 4 in § 80 Abs. 4 FPG eingefügt worden sei, ergebe sich zwar, dass damit Art. 15 Abs. 6 der Rückführungs-RL umgesetzt werden solle, die Bestimmung des § 80 Abs. 4 FPG weiche jedoch erheblich vom Wortlaut des Art. 15 Abs. 6 Rückführungs-RL ab. Aus diesem Grund bedürfe die Auslegung dieser Bestimmung einer höchstgerichtlichen Klärung. Im konkreten Fall stelle sich die Frage, ob eine unionsrechtskonforme Auslegung von § 80 Abs 4 Z 4 FPG möglich sei und, wenn ja, ob das Verhalten des BF als „mangelnde Kooperationsbereitschaft“ iSd der RL zu werten sei. Unabhängig von dieser Frage sei im konkreten Fall jedoch § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG nicht erfüllt, da die Abschiebung des BF seit der Anordnung der Schubhaft nicht am Verhalten des BF gescheitert sei, sondern auf Grund der COVID-19-Pandemie unmöglich sei. Es mangle somit an der Kausalität des Verhaltens des BF an der bisher nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten erfolgten Abschiebung. Auch das Unionsrecht verlange eine Kausalität des zwischen der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Drittstaatsangehörigen und der nicht erfolgten Abschiebung.
Darüber hinaus läge keine Fluchtgefahr vor und sei der BF bereit, mit der Behörde zu kooperieren. Die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft sei auch unverhältnismäßig, da auf Grund des Verlaufes der COVID-19-Pandemie nicht absehbar sei, innerhalb welchen Zeitraumes eine Abschiebung des BF möglich sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Zum Verfahrensgang (I.1. – I.16.)
Der unter Punkt I.1. – I.16. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Der BF ist ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF verfügt über kein Reisedokument, ein Heimreisezertifikat liegt vor.
2.2. Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
2.3. Der BF wird seit 14.02.2020 in Schubhaft angehalten.
2.4. Der BF ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.
3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
3.1. Gegen den BF wurde zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.08.2020 eine Rückkehrentscheidung erlassen, die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.08.2020 abgewiesen. Es liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.2. Da der BF seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, bereitete das Bundesamt seine Abschiebung für den 04.02.2020 vor. Am 03.04.2020 verließ der BF sein Grundversorgungsquartier und tauchte unter. Dadurch umging er seine Abschiebung, die vom Bundesamt storniert werden musste. Am 13.02.2020 versuchte der BF nach Deutschland auszureisen um dort einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.
3.3. Am 14.02.2020 stellte der BF einen Asylfolgeantrag. Zu diesem Zeitpunkt lag die mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.04.2016 erlassene und auf Grund des abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2019 rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor und wurde der BF gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG angehalten. Der dem BF auf Grund dieses Asylfolgeantrages zukommende faktische Abschiebeschutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 04.03.2020 aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2020 wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes zu Recht erfolgt ist.
3.4. Der BF verfügt über keine familiären oder substanziellen sozialen Kontakte in Österreich. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.
3.5. Der BF ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten weder vertrauenswürdig noch kooperativ. Der BF befand sich von 11.04.2020 bis 18.04.2020 im Hungerstreik.
3.6. Es ist damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass Abschiebungen innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar sind.
3.7. Eine (relevante) Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft und des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bzw. der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft hat sich seit der letzten gerichtlichen Überprüfung nicht ergeben.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes das bisherige Schubhaftverfahren des BF betreffend, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die Asylverfahren des BF betreffend, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
1. Zum Verfahrensgang:
1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem vorliegenden Gerichtsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die Asylverfahren sowie das Schubhaftverfahren des BF betreffend.
2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
2.1. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere des für ihn erteilten Heimreisezertifikates. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des BF.
2.2. Aus dem Strafregister ergibt sich die Unbescholtenheit des BF.
2.3. Dass der BF seit 14.02.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den damit übereinstimmenden Angaben in der Anhaltedatei.
2.4. Es haben sich weder aus dem Verwaltungsakt noch aus der Anhaltedatei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass beim BF eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder gar Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Auch in seiner Stellungnahme vom 21.08.2020 hat er keine gesundheitlichen Probleme vorgebracht. Dass er Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.
3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
3.1. Die Feststellungen zu der mit Bescheid des Bundesamtes vom 05.08.2020 erlassenen Rückkehrentscheidung ergeben sich aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen diesen Bescheid betreffend.
3.2. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass die Abschiebung des BF für den 04.02.2020 organisiert wurde. Aus dem Grundversorgungsinformationssystem ist ersichtlich, dass der BF am 03.02.2020 aus seinem Grundversorgungsquartier ausgezogen ist, ohne eine neue Adresse bekannt zu geben. Dass die geplante Abschiebung des BF storniert wurde, ergibt sich ebenfalls aus dem Verwaltungsakt. Dass der BF am 13.02.2020 versuchte nach Deutschland auszureisen steht auf Grund der schriftlich dokumentierten Einreiseverweigerung der deutschen Polizei sowie der Einvernahme des BF durch eine Landespolizeidirektion am 14.02.2020 fest.
3.3. Dass der BF am 14.02.2020 einen Asylfolgeantrag stellte ergibt sich insbesondere aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen den über diesen Antrag entscheidenden Bescheid vom 05.08.2020 betreffend. Aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.04.2016 betreffend ergibt sich, dass zu diesem Zeitpunkt die mit diesem Bescheid erlassene Rückkehrentscheidung auf Grund des abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.12.2019 rechtskräftig, durchsetzbar und durchführbar war. Die Feststellungen zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes auf Grund des Asylfolgeantrages beruhen auf dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes im Verfahren zur Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes.
3.4. Die Feststellungen, wonach der BF über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Kontakte in Österreich verfügt und in keiner Weise selbsterhaltungsfähig ist, ergeben sich aus der Aktenlage und den bisherigen Ausführungen des BF in seinen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren, insbesondere aus seiner Befragung durch eine Landespolizeidirektion am 14.02.2020.
3.5. Dass der BF nicht vertrauenswürdig ist, ergibt sich aus dem festgestellten und aktenkundigen bisherigen Verfahren des BF, insbesondere der Missachtung seiner Ausreiseverpflichtung, der Verhinderung seiner Abschiebung durch Untertauchen und seinen Aufenthalt im Verborgenen, den Versuch, sich nach Deutschland abzusetzen, der Stellung eines Asylfolgeantrages während der auf Grund eines Festnahmeauftrages erfolgten Anhaltung sowie dem Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft, insbesondere seinem Hungerstreik, um die Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.
Auch die vom BF eingebrachten Anträge auf freiwillige Ausreise vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern, zumal der BF in seiner Befragung durch das Bundesamt am 24.02.2020 selbst angab, dass er trotz des gestellten Antrages auf freiwillige Ausreise nicht ausreisen wolle und er diesen Antrag nur gestellt habe, da er mit seiner Abschiebung rechne. Seinen am 25.05.2020 eingebrachten Antrag auf freiwillige Ausreise zog er de facto zurück, da jene Organisation, die den BF bei der freiwilligen Ausreise zu unterstützen beabsichtigte am 04.06.2020 dem Bundesamt mitteilte, dass der Antrag gegenstandslos sei, da der BF nicht freiwillig ausreisen wolle. Das diesbezügliche Schreiben liegt im Verwaltungsakt das Asylfolgeverfahren betreffend ein. Dass der BF nicht bereit ist, freiwillig aus Österreich auszureisen, zeigt sich insbesondere auch daran, dass er einen Asylfolgeantrag stellte, obwohl er – wie er in seinen Einvernahmen mehrfach angab – keinerlei neue Fluchtgründe vorzubringen habe. Er hielt diesen Antrag auch trotz des eingebrachten Antrages auf freiwillige Ausreise aufrecht und erhob gegen den über den Asylfolgeantrag absprechenden Bescheid Beschwerde.
3.6. Dass es aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschenden COVID-19 Pandemie zu Verzögerungen hinsichtlich der Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat wegen der vorherrschenden Mobilitätsbeschränkungen kommt, ist evident. Es ist aber davon auszugehen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 aufgrund der damit verbundenen massiven Belastungen für Privatpersonen und Wirtschaft realistischer Weise in absehbarer Zeit - jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer - wieder substantiell gelockert werden und eine Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat spätestens dann erfolgen kann. Abschiebungen nach Afghanistan auf dem Luftweg sind bereits vor Ausbruch der COVID-19 Pandemie regelmäßig durchgeführt worden. Sobald der Flugverkehr nach Afghanistan wieder aufgenommen wird, steht einer Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat nichts entgegen, zumal auch schon von der afghanischen Vertretungsbehörde ein Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt worden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die Möglichkeit besteht, den BF mittels Charterabschiebung nach Afghanistan zu verbringen, womit das Bundesamt nicht an die Wiederaufnahme der Linienflüge gebunden ist. Dass die Abschiebung des BF voraussichtlich im Herbst 2020 organisiert wird, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie der Stellungnahme des Bundesamtes vom 17.08.2020. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des BF ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.
3.7. Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit 29.07.2020 (Zeitpunkt der letzten amtswegigen gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung) ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Die Haftfähigkeit des BF ist weiterhin gegeben - es gibt auch in dieser Hinsicht keinerlei Hinweis für diesbezügliche Änderungen. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. Es sind keine Hinweise hervorgekommen, dass die Abschiebung des BF innerhalb der höchstzulässigen Schubhafthaftdauer nicht möglich ist.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A. – Fortsetzungsausspruch
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
§ 77 Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.
§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung nur ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).
3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.
3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt bereits durch den Bescheid vom 26.04.2016 eine aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.122019 als unbegründet abgewiesen. Zudem wurde auch der Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz vom 14.02.2020 mit Bescheid vom 05.08.2020 gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Rechtssache zurückgewiesen und wiederum eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.08.2020 abgewiesen.
3.1.5. Es wurde bereits ein Heimreisezertifikatsverfahren durchgeführt und ein Heimreisezertifikat für den BF ausgestellt.
3.1.6. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.
Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF tauchte 03.02.2020 unter und versuchte am 13.02.2020 unrechtmäßig nach Deutschland auszureisen. Seine für den 04.02.2020 organisierte Abschiebung hat er dadurch verhindert, weshalb der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt ist.
Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 4 und Z. 5 leg.cit. ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr auch zu berücksichtigen, ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag aufgehoben wurde und ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere wenn er zu diesem Zeitpunkt aufgrund § 34 Abs. 3 Z. 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde. Der BF stellte am 14.02.2020 einen Asylfolgeantrag als er auf Grund eines vom Bundesamt gemäß § 34 Abs. 3 Z. 1 BFA-VG erlassenen Festnahmeauftrages angehalten wurde und die mit Bescheid des Bundesamtes vom 26.04.2016 erlassene Rückkehrentscheidung durchsetzbar war. Der faktische Abschiebeschutz, der dem BF auf Grund dieses Folgeantrages zukam, wurde aberkannt. Es sind daher auch die Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z. 4 und Z. 5 FPG erfüllt.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Da eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und sich der BF seiner Abschiebung entzogen hat und durch die Stellung eines Asylfolgeantrages seine Abschiebung zu verhindern suchte, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.
Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des BF Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen.
Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 4, 5 und 9 FPG vor.
Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben haben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des neuerlichen Untertauchens gegeben ist. Der BF ist seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sondern ist untergetaucht und hat dadurch seine bereits organisierte und terminlich fixierte Abschiebung vereitelt. Nachdem ihm die Einreise nach Deutschland verweigert wurde stellte er in Österreich einen Asylfolgeantrag um seine Abschiebung zu verhindern. In der Schubhaft versuchte er durch Hungerstreik seine Freilassung zu erzwingen und stellte Anträge auf freiwillige Ausreise, obwohl er nicht bereit war, freiwillig auszureisen. Der BF hält sich unrechtmäßig in Österreich auf und es liegt eine den BF betreffende durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).
In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des BF noch ist er sonst sozial verankert. Der BF verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.
Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.
3.1.6. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Der BF hat keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit ging der BF in Österreich nicht nach. Seiner Ausreiseverpflichtung kam der BF nicht nach, er ist untergetaucht und hat versucht nach Deutschland weiterzureisen. Er versuchte auch durch die Stellung eines Asylfolgeantrages, bei dem er vor dem Bundesamt angab, dass er keinerlei neuen Fluchtgründe vorzubringen habe, seine Abschiebung zu verhindern.
Die Dauer der Schubhaft ist auf die mit der COVID-19-Pandemie verbundene Unmöglichkeit der Durchführung der geplanten Abschiebung auf dem Luftweg zurückzuführen. Die damit verbundenen Reisebeschränkungen mindern die Fluchtgefahr nicht und ist auch die Aufrechterhaltung der Schubhaft in Erwartung einer Lockerung der Reisebeschränkungen aufrecht zu erhalten (vgl. VwGH vom 12.05.2020, Ra 2020/21/0094-8).
Aufgrund der derzeitigen COVID-19-Pandemie kommt es auch weiterhin zu Verzögerungen im internationalen Flugverkehr. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand – kooperatives Verhalten des BF vorausgesetzt – mit wenigen Monaten einzustufen. Mit einer Abschiebung innerhalb der Höchstdauer der Schubhaft ist jedenfalls zu rechnen. Es ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit Covid-19 zumindest weiter gelockert und Abschiebungen zunehmend leichter durchführbar sein werden. Die Reaktivierung des touristischen Flugverkehrs ist ferner keine Voraussetzung für die Durchführbarkeit von Abschiebungen. Hinsichtlich COVID-19 ergaben sich auch keine Anhaltspunkte, dass der BF einer COVID-19 Risikogruppe angehören könnte.
Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des BF daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung. Der BF hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und er zur Verhinderung seiner Abschiebung nicht davor zurückschreckt unterzutauchen und unrechtmäßig in einen anderen Mitgliedstaat weiterzureisen. Im Verfahren liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändern wird.
3.1.7. Zum Vorbringen des BF, im konkreten Fall sei die höchzulässige Dauer der Schubhaft mit 6 Monaten begrenzt, wird ausgeführt, dass gemäß § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG die Schubhaft höchstens 18 Monate aufrecht erhalten werden kann, wenn ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden kann, weil die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint.
Diese Bestimmung widerspricht nach Ansicht des Gerichtes – entgegen den Ausführungen des BF in seiner Stellungnahme vom 21.08.2020 –nicht dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie, wonach den Mitgliedstaaten in den Fällen, in denen die Abschiebungsmaßnahme trotz angemessener Bemühungen aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft seitens der betroffenen Drittstaatsangehörigen wahrscheinlich länger dauern wird, eine Verlängerung der Schubhafthöchstdauer um zwölf Monate erlaubt wird.
Da der BF seine Abschiebung bereits einmal vereitelt hat, er also ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat und damit mangelnde Kooperationsbereitschaft gezeigt hat, kann im konkreten Fall die Schubhaft im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG die Schubhaft für höchstens 18 Monate aufrecht erhalten werden.
Unter Berücksichtigung dieser höchstzulässigen Schubhaftdauer erscheint die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft als verhältnismäßig.
3.1.8. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des BF besteht. Zu berücksichtigen ist auch, dass der BF bereits versucht hat, durch Hungerstreik seine Haftunfähigkeit herbeizuführen und dadurch seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.
3.1.9. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
3.1.10. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.
3.2. Zu Spruchteil B. - Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Insbesondere teilt das erkennende Gericht die Bedenken des BF an der unionsrechtskonformen Umsetzung des Art. 15 Abs. 6 Rückführungsrichtlinie durch § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG nicht.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Ausreiseverpflichtung Ausreisewilligkeit Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Haftfähigkeit Heimreisezertifikat Kooperation öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Ultima Ratio Untertauchen Verhalten Verhältnismäßigkeit VertrauenswürdigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W250.2231630.4.00Im RIS seit
07.12.2020Zuletzt aktualisiert am
07.12.2020