TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/7 W246 2233323-1

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Veröffentlicht am 07.09.2020
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Entscheidungsdatum

07.09.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §3
B-VG Art133 Abs4
FPG §114 Abs1
FPG §114 Abs3
FPG §92 Abs1 Z4
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §94 Abs5
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W246 2233323-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Heinz VERDINO als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.06.2020, Zl. 1030580609-200253076, betreffend eine fremdenrechtliche Angelegenheit zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 03.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2014 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 3 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 144/2013, gemäß seinem Antrag der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

2. Am 13.07.2017 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer einen bis 12.01.2022 gültigen Konventionsreisepass aus.

3. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.04.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und 3 Z 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2020, verurteilt.

4. Mit Schreiben vom 29.04.2020 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer u.a. die maßgeblichen Bestimmungen hinsichtlich der Entziehung eines Konventionsreisepasses und gab ihm Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer gab in der Folge hierzu keine Stellungnahme ab.

5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid entzog das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 27/2020, (in der Folge: FPG) den zuvor ausgestellten Konventionsreisepass.

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und 3 Z 2 FPG verurteilt worden sei. Gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 leg.cit. sei ein Konventionsreisepass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt oder eintreten würden, welche die Versagung der Ausstellung des Konventionsreisepasses rechtfertigen würden. Zudem sei gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 leg.cit. die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Konventionsreisepasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen würden, dass der Fremde das Dokument benützen wolle, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken. Da im Falle des Beschwerdeführers § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 und § 92 Abs. 1 Z 4 leg.cit. zutreffen würden, sei ihm der ausgestellte Konventionsreisepass zu entziehen.

6. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid im Wege seines Rechtsvertreters fristgerecht Beschwerde.

Dabei führte er u.a. aus, dass bei der Versagung eines Reisepasses auch auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen Rücksicht zu nehmen sei, was in gleicher Weise auch für die Entziehung eines Konventionsreisepasses gelten müsse. Seinen privaten Interessen auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses zur Ausübung seiner Reisefreiheit würde das öffentliche Interesse auf Entziehung dieses Passes nicht entgegenstehen, zumal der Beschwerdeführer während seines – seit 2014 andauernden – Aufenthaltes in Österreich nur einmal verurteilt worden sei und somit keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

7. Mit Schreiben vom 22.07.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 23.07.2020 eingelangt, legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Verwaltungsakt und die Beschwerde vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.10.2014 der Status des Asylberechtigten zuerkannt; dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.04.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei gemäß § 114 Abs. 1 und 3 Z 2 FPG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten, davon acht Monate bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Mit dem im Spruch genannten Bescheid entzog das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 FPG den ihm zuvor erteilten Konventionsreisepass aufgrund der von ihm begangenen Straftat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie dem Entzug des Konventionsreisepasses des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt. Dass der Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich verurteilt wurde, folgt aus dem im erstinstanzlichen Verwaltungsakt einliegenden Urteil und aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug.

3. Rechtliche Beurteilung:

Nach § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 44/2019, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 29/2020, (in der Folge: BFA-VG) noch im FPG eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 57/2018, (in der Folge: VwGVG) geregelt
(§ 1 leg.cit.). Nach § 59 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Gemäß § 59 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Nach § 28 Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Abweisung der – zulässigen – Beschwerde:

3.1. § 3 BFA-VG lautet wie folgt:

„2. Hauptstück

Zuständigkeiten

Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl

§ 3 (1) Behörde im Inland nach diesem Bundesgesetz ist das Bundesamt mit bundesweiter Zuständigkeit.

(2) Dem Bundesamt obliegt

1.-4. […]

5.

die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

6.-7. […]

(3) […]“

Die zur Beurteilung des vorliegenden Falles maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten folgendermaßen:

„Versagung eines Fremdenpasses

§ 92 (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1.

der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;

2.

der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;

3.

der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4.

der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;

5.

durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

(1a) Die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.

(2) Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.

(3) Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.

Entziehung eines Fremdenpasses

§ 93 (1) Ein Fremdenpass ist zu entziehen, wenn

1.

 

nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden;

2.

 

das Lichtbild fehlt oder die Identität des Inhabers nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt;

3.

 

eine Eintragung des Bundesamtes oder der Vertretungsbehörde unkenntlich geworden ist;

4.

 

der Fremdenpass verfälscht, nicht mehr vollständig oder aus sonstigen Gründen unbrauchbar geworden ist.

(2) Vollstreckbar entzogene Fremdenpässe sind dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.

(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen ihnen vorgelegten Fremdenpass abzunehmen, wenn dieser vollstreckbar entzogen worden ist. Der Fremdenpass ist unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(4) Erwirbt der Inhaber des Fremdenpasses die österreichische Staatsbürgerschaft oder liegen die Fälle des Abs. 1 Z 2 bis 4 vor, so bedarf es keines Bescheides, sofern der Fremdenpass der Behörde ohne weiteres zur Entwertung vorgelegt wird.

Konventionsreisepässe

§ 94 (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.

(3) Das Bundesamt hat bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.

(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.

(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.“

3.2.1. Somit ist ein Konventionsreisepass nach § 92 Abs. 1 Z 4 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 und § 94 Abs. 5 FPG u.a. zu entziehen, wenn der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen, wobei gemäß § 92 Abs. 3 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 leg.cit. bei einer – der Z 4 des § 92 Abs. 1 leg.cit. zugrunde liegenden – bereits begangenen gerichtlich strafbaren Handlung bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Entziehungsgrund auszugehen ist.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.04.2020, also vor ca. fünf Monaten, wegen des Verbrechens der Schlepperei nach
§ 114 Abs. 1 und 3 Z 2 FPG strafgerichtlich zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten, davon vier Monate unbedingt, verurteilt worden; dieser strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers liegt eine am 15.01.2020 begangene und somit lediglich ca. acht Monate zurückliegende strafbare Handlung zugrunde.

Aufgrund der Erfüllung der erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher nicht entgegenzutreten, wenn es iSd § 92 Abs. 1 Z 4 und Abs. 3 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 und § 94 Abs. 5 FPG im Fall des Beschwerdeführers vom Vorliegen eines Entziehungsgrundes ausgeht.

3.2.2. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde stehen der Belassung des Konventionsreisepasses des Beschwerdeführers aufgrund seiner Verurteilung wegen des Verbrechens der Schlepperei, dem nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine besondere Wiederholungsgefahr innewohnt (vgl. z.B. VwGH 16.05.2013, 2012/21/0253, mwH), und auch gerade aufgrund des relativ kurzen Zeitraums seit der Begehung der strafbaren Handlung, von welchem er zudem mehrere Monate in Haft verbracht hat, jedenfalls zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegen. Eine erneute Begehung einer solchen strafbaren Handlung ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aktuell nicht auszuschließen. Konkrete Umstände, v.a. im Hinblick auf soziale oder wirtschaftliche Aspekte, die im vorliegenden Fall eine andere Prognose nahelegen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen; der Beschwerdeführer hielt in seiner Beschwerde ohne nähere Ausführungen lediglich fest, dass er seine Tat bereue und auf Arbeitssuche sei sowie eine Stelle in Aussicht habe, was nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund der o.a. Umstände nicht zum Abgehen von der Annahme eines überwiegenden öffentlichen Interesses im Hinblick auf die Entziehung des Konventionsreisepasses führen kann (vgl. im Gegensatz hierzu Fälle, in denen seit der der Entziehung/Versagung zugrunde liegenden strafbaren Handlung schon mehrere Jahre vergangen waren und von den Betroffenen zudem konkreteres Vorbringen zu in diesem Zeitraum erfolgten integrationsverfestigenden Maßnahmen erstattet wurde VwGH 05.05.2015, Ro 2014/22/0031; 16.05.2013, 2012/21/0253).

Soweit die Beschwerde ausführt, der Beschwerdeführer benötige seinen Konventionsreisepass, um seine Cousins in der Schweiz zu besuchen, ist darauf hinzuweisen, dass bei der Versagung eines Konventionsreisepasses – ebenso wie bei seiner Entziehung – auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen ist (s. z.B. VwGH 07.07.2009, 2007/18/0243, mwH).

3.2.3. Im Ergebnis wurde dem Beschwerdeführer somit sein Konventionsreisepass gemäß § 92 Abs. 1 Z 4 und Abs. 3 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 sowie § 94 Abs. 5 FPG zu Recht entzogen.

3.3. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

3.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu
Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 08.02.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend die Anwendung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008, (also zur wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG) unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem – damals bestehenden – Asylgerichtshof in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor dem – damals bestehenden – Bundesasylamt releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde an den Asylgerichtshof aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfSlg. 19.632/2012).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des
§ 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des
§ 21 Abs. 7 leg.cit. folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 leg.cit. festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein hinreichendes Ermittlungsverfahren durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorangegangen, in dem sich der Beschwerdeführer zu dem ihm gewährten Parteiengehör nicht geäußert hat. In der Beschwerde wurde auf der Sachverhaltsebene nichts Entscheidungsrelevantes mehr vorgebracht. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Der maßgebliche Sachverhalt ist sohin aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG als geklärt anzusehen, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde im Rahmen der Erwägungen wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Entziehung Entziehungsbescheid Entziehungsgrund Fremdenpass Reisedokument Schlepperei strafgerichtliche Verurteilung Straftat Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W246.2233323.1.00

Im RIS seit

07.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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