Entscheidungsdatum
14.09.2020Norm
BFA-VG §19Spruch
W282 2220197-1/23E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA.: Serbien vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.07.2020 zu Recht:
a)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 2 FPG sechs Wochen ab Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung beträgt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Gegen den Beschwerdeführer (BF), ein XXXX in Österreich geborener und aufgewachsener serbischer Staatsangehöriger, wurde nach zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge Bundesamt oder belangte Behörde) im Jänner 2019 nach seiner insgesamt fünften Verurteilung wegen Unerlaubtem Umgang mit bzw. Überlassen von Suchtgift (§ 27 Abs. 2a SMG) ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet. Möglich wurde dieses Verfahren durch die Aufhebung von § 9 Abs. 4 BFA-VG im Zuge des Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018 zum 31.08.2018. Diese Bestimmung hatte bis dahin Rückkehrentscheidungen gegen in Österreich geborene, aufgewachsene und langjährig rechtmäßig aufhältige Fremde für unzulässig erklärt. Der BF hielt sich bis dato rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sein unbefristetes Niederlassungsrecht wurde dem BF aber bereits 2010 aufgrund seiner zahlreichen Vorstrafen von der Magistratsabteilung 35 der Stadt Wien (MA 35) aberkannt.
2. Am 25.03.2019 wurde dem BF vom Bundesamt ein Parteiengehör in jene Justizanstalt übermittelt, in der der BF gerade in Strafhaft angehalten wurde. In seiner Stellungnahme hierzu brachte der BF vor, er habe ein unbefristetes Visum gehabt, dies sei ihm mittlerweile aber entzogen worden. Er habe von 2004 bis 2006 eine Lehre als Installateur in einer Betreuungseinrichtung der Stadt Wien in XXXX gemacht, aber nicht abgeschlossen, da er verhaftet wurde. Nach seiner Entlassung habe er manchmal als Tagelöhner gearbeitet, sonst habe er Sozialleistungen bezogen. Er habe immer bei seinen Großeltern gelebt, da seine Eltern schon früh in seiner Kindheit zurück nach Serbien gegangen sein. Er habe zu seinem Vater keinen Kontakt. Er wisse, dass sich seine Mutter auch in Serbien aufhalte, habe aber ebenfalls keinen Kontakt mehr zu ihr. In Österreich habe er an Verwandten noch eine Tante, die ebenfalls eine Familie habe. Er wolle unbedingt seine Lehre abschließen und ein straffreies Leben führen.
3. Mit dem (angefochtenen) Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2019 wurde gegen den BF eine Rückerentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), seine Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.), ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), und dem BF eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).
4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht durch seinen von Amts wegen beigegeben Rechtsberater Beschwerde und brachte darin vor, der BF sei in Österreich geboren und aufgewachsen und habe sich niemals lange in Serbien aufgehalten. Sein ganzes Privatleben habe immer nur in Österreich stattgefunden, der BF spreche kein Serbisch. Die Straftaten des BF hingen weitestgehend mit seiner Drogensucht zusammen. Der BF befinde sich nun aber in Therapie und stelle keine Gefahr dar. Beantragt werde, den Bescheid ersatzlos zu beheben, die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, das Einreiseverbot ersatzlos zu beheben, in eventu dessen Befristung zu reduzieren, in eventu den angefochtenen Bescheid im Umfang des Spruchpunkts III. (Einreiseverbot) zu beheben und an die belangte Behörde zurückzuverweisen und eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 18.06.2019 vom Bundesamt vorgelegt. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G313 abgenommen und der Gerichtabteilung W282 neu zugewiesen.
6. Während des laufenden Beschwerdeverfahren wurde der BF am XXXX 2019 in Wien von der Polizei einer Personenkontrolle unterzogen und gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG festgenommen, sowie zur Abklärung seines aufenthaltsrechtlichen Status in ein Polizeianhaltezentrum gebracht, wo er vom Bundesamt einvernommen wurde und anschließend wieder freigelassen wurde.
7. Am 27.07.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in deren Rahmen der BF einvernommen wurde. Der BF nahm an der Verhandlung via Videokonferenz aus der Justizanstalt Sonnberg teil. Im Rahmen dieser Verhandlung gab der BF an, nun „staatenlos“ zu sein, da ihm die serbische Botschaft die Ausstellung eines neuen Reisepasses verweigert habe. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter zu dieser Verhandlung.
8. Aufgrund des Vorbringens zur Staatenlosigkeit des BF wurde die belangte Behörde zur Stellungnahme hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des BF aufgefordert. Mit Stellungnahme des Bundesamtes vom 28.07.2020 gab dieses bekannt, dass aufgrund der vorliegenden Unterlagen von einer serbischen Staatangehörigkeit des BF auszugehen sei; auch die MA 35 gehe auf Nachfrage von einer serbischen Staatsbürgerschaft aus. Es gebe keine Hinweise, dass der BF nicht serbischer Staatsbürger sei. Diese Stellungnahme wurde dem Rechtsberater des BF zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt. In seiner Stellungnahme vom 19.08.2020 gab dieser an, der BF habe bereits mehrmals versucht, sich einen neuen Reisepass bei der serbischen Botschaft in Wien ausstellen zu lassen. Obwohl der BF über einen serbischen Staatsbürgerschaftsnachweis verfüge, sei ihm die Ausstellung eines Reisepasses in den Jahren 2015 und 2017 mit der Angabe verweigert worden, er „scheine im System nicht auf“.
II. Feststellungen
1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer (BF) ist serbischer Staatsbürger. Er ist ledig und erwerbsfähig, er hat keine Kinder. Der BF ist langjährig suchtmittelabhängig und absolviert diesbezüglich in seiner derzeitigen Strafhaft eine Therapie, weiters leidet er an paranoider Schizophrenie, die mit einer Depotmedikation behandelt wird.
Der BF wurde XXXX in Österreich in Wien geboren und hat sich Zeit seines Lebens überwiegend im Bundesgebiet aufgehalten, wo er auch seine Schulpflicht (Volksschule und Sonderpädagogische Schule) und eine (nicht abgeschlossene) Lehre als Installateur absolviert hat. Der BF sprich Deutsch auf Muttersprachen-Niveau, weiters spricht er Rumänisch. Der BF ist bei seinen Großeltern aufgewachsen, weil seine Eltern früh in seiner Kindheit wieder nach Serbien zurückgingen und ihn bei seinen Großeltern beließen.
Der BF hat sich zu Urlaubszwecken in seiner Kindheit in seinem Heimatland aufgehalten und hat nur noch geringen Kontakt zu seinen in Serbien lebenden Verwandten. Der BF verfügte bis zum Jahr 2010 über ein unbefristetes Niederlassungsrecht, dass jedoch mit Bescheid der MA 35 vom XXXX 2010 aufgrund seiner erheblichen Straffälligkeit für beendet erklärt wurde. Hiernach verfügte der BF über den befristeten Aufenthaltstitel „Rot-Weiss-Rot Karte Plus“ der ihm letztmalig im Jahr 2018 mit Gültigkeitsdatum bis XXXX 2019 verlängert wurde. Der BF hat am XXXX 2019 hierzu einen erneuten Verlängerungsantrag nach dem NAG gestellt. Dieser Antrag wurde trotz verspäteter Einbringung als rechtzeitiger Verlängerungsantrag gewertet. Der BF war seit seiner Geburt bis dato rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und war hier auch langjährig niedergelassen.
Der führt im Bundesgebiet kein Familienleben iSd Art. 8 EMRK. Seine Großeltern, bei denen er aufgewachsen ist, sind bereits verstorben. Der BF hatte nur zeitweise einen festen Wohnsitz. Er war über einen längeren Zeitraum (1992 bis 2004) in Wien XXXX , XXXX mit einem Nebenwohnsitz gemeldet. Von 2004 bis 2006 war er in einem Ausbildungszentrum der Magistratsabteilung 11 der Stadt Wien (Jugendamt) in XXXX gemeldet. Bereits 2006 wurde diese Meldung durch die Strafhaft in der Justizanstalt XXXX und danach in der Justizanstalt Gerasdorf unterbrochen. Fest Wohnsitze hatte der BF hiernach im November 2008, von März bis April 2009, von Mai bis Dezember 2010 und von Juli 2013 bis Februar 2014 erneut in Wien XXXX . Hierzwischen verfügte der BF von April 2009 bis April 2010 über einen Wohnsitz in Wien XXXX und von Februar 2016 bis Juli 2017 in Wien XXXX . Zwischen diesen Zeiten war der BF vorwiegend in Justizanstalten sowie in Suchtmitteltherapieeinrichtungen gemeldet. Im Jahr 2011, sowie im August 2017, im Sommer 2018 und von Mai bis Oktober 2019 war der BF als obdachlos gemeldet. Ab dem Jahr 2011 war der BF – soweit er nicht als obdachlos gemeldet war oder zu obig angegeben Zeiten einen Wohnsitz hatte – überwiegend in Justizanstalten, Suchtgifttherapieeinrichtungen oder Notunterkünften ( XXXX ) gemeldet. Seit 2017 wechseln sich die vorgenannten Meldungen durchgehend ab. Seit XXXX 2020 hält sich der BF in Strafhaft auf, die zuerst in der Justizanstalt St. Pölten, derzeit in der Justizanstalt Sonnberg vollzogen wird.
Der BF verfügt in Bezug auf seine sehr lange Aufenthaltsdauer über eine nur geringe soziale und gesellschaftliche Integration, was ua. auch auf die langen Aufenthalte in Strafhaft und die seit langem bestehende Suchtmittelabhängigkeit zurückzuführen ist. Der BF wurde in Haft nicht besucht. Er war nicht und ist nicht in Vereinen, einer Kirche oder sonst ehrenamtlich tätig gewesen oder derzeit tätig. Der BF führt im Inland auch nur ein wenig intensiv geprägtes Privatleben, da er nur wenige Freunde hat und nun auch zu diesen keinen Kontakt mehr hat.
Die wirtschaftliche Integration den BF ist als sehr gering festzustellen. Der BF bezog seit dem Jahr 2008 fast ausschließlich Notstandshilfe oder Arbeitslosengeld. Von 2004 bis 2006 war der BF als Arbeiterlehrling (Installateur) erwerbstätig. Danach war er im Jänner 2010 für ca. eine Woche in einem Lager der XXXX beschäftigt. Im Jahr 2016 war der BF in den Monaten Mai und Juni für kürzerer Zeiträume als Arbeiter bei der XXXX geringfügig beschäftigt.
Der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet stellt eine in ihrem Ausmaß schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Die Begehung von weiteren einschlägigen Straftaten durch den BF nach seiner Haftentlassung ist als sehr wahrscheinlich festzustellen.
2. Zu den strafrechtlichen Verurteilungen:
Der Strafregisterauszug des BF weist elf Vorstrafen auf. Er wurde erstmals 2004 von einem Landesgericht wegen Raubes und Urkundenunterdrückung (§§ 142, 229 StGB) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten (Jugendstraftat) verurteilt, wobei die Probezeit im Jahr 2006 auf fünf Jahre verlängert wurde und letztlich die bedingte Strafnachsicht zu dieser Verurteilung im Jahr 2007 gänzlich widerrufen wurde. Auslöser der Verurteilung war, dass der BF gemeinsam mit anderen gleichaltrigen Personen durch Schläge und Tritte sowie Gewaltdrohungen seinen Opfern Mobiltelefone und Bankomatkarten weggenommen hat.
Es folgte im Jänner 2007 eine erneute Verurteilung durch ein Landesgericht wegen Raub und versuchter Nötigung (§§ 142 und 15 iVm 105 Abs. 1 StGB). Der BF hat hierbei mit Anderen seinem Opfer einen MP3-Player weggenommen sowie das Opfer damit bedroht, ihn im Falle einer Anzeigenlegung „werde man ihn finden“. Zuvor war das Opfer von den Mittätern des BF unter Gewaltandrohung bereits sein Mobiltelefon weggenommen worden. Als erschwerend wurden die einschlägigen Vorstrafen gewertet, als mildernd die schwierigen Familienverhältnisse des BF sowie dass es teilweise beim Versuch blieb. Der BF wurde zu einer einjährigen Freiheitstrafe verurteilt, die er verbüßte.
Schon im Mai 2007 wurde der BF wegen leichter Körperverletzung (§ 83 StGB) von einem Bezirksgericht zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten verurteilt, da er einen Mithäftling in der Justizanstalt XXXX geschlagen und ein Hämatom zugefügt hatte.
Im Dezember 2007 erfolgt eine erneute Verurteilung als Jugendlicher durch ein Landesgericht wegen Raub, Betrug und unbefugtem Gebrauch von Fahrzeugen (§§ 142, 15 iVm 144 Abs. 1, 136 Abs. 1 StGB). Der BF wurde schuldig erkannt gemeinsam mit einem Komplizen im Jahr 2006 seinem Opfer durch Gewalt seine Bankomatkarte weggenommen zu haben und das Opfer durch Gewaltandrohung zur Nennung des PIN-Code gebracht zu haben. Weiters nahm der BF ohne Erlaubnis ein fremdes Kraftfahrzeug in Betrieb und stellte es nach Benutzung wieder ab. Zusätzlich täuschte der BF gemeinsam mit einem Mittäter einem weiteren Opfer vor, seine (nicht existente) Schwester liege im Sterben, weshalb er dringend Geld benötige, worauf ihm dieses vom Opfer ausgehändigt wurde. Der BF erhielt hierfür eine Zusatzfreiheitsstrafe (§§ 31, 40 StGB) von zwei Monaten zu seinen Verurteilungen im Jänner und Mai 2007.
Der BF wurde erstmals im Dezember 2009 als junger Erwachsener von einem Landesgericht wegen Unerlaubtem Umgang mit Suchtgift verurteilt (§§ 27 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 SMG), weil er einem verdeckten Ermittler der Polizei entgeltlich Suchtgift (1,8g Marihuana) überlassen hat. Der BF erhielt hierfür eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Probezeit anlässlich einer erneuter Verurteilungen 2011 auf fünf Jahre verlängert und 2012 widerrufen und in Vollzug gesetzt wurde. Unter einem wurde auch die Bewährungshilfe angeordnet.
Im August 2011 wurde der BF von einem Landesgericht wegen Betrugs (§ 146 StGB) verurteilt, wobei diese auch in Zusammenhang mit Suchtgift stand. Der BF täuschte - um sich Geld für andere Drogen zu beschaffen - einem verdeckten Ermittler der Polizei ein Drogengeschäft (10g Marihuana) vor und nahm das Geld für das zu verkaufende Suchtgift an sich, ohne tatsächlich im Besitz von Suchtgift gewesen zu sein, dass er hätte verkaufen können. Der BF erhielt hierfür eine unbedingte Freiheitsstrafe von 4 Monaten, die im Oktober 2011 vollzogen wurde. Erschwerend wirkten hierbei vor allem die zahlreichen Vorstrafen und das Vorliegen der Anwendbarkeit der Strafschärfung bei Rückfall, mildernd das Geständnis des BF und eine teilweise Schadenswiedergutmachung.
Schon im Jänner 2012 wurde der BF von einem Landesgericht erneut wegen Unerlaubtem (gewerbsmäßigem) Umgang mit Suchtgift verurteilt (§§ 27 Abs. 1, 2 und 3 SMG), weil er einem verdeckten Ermittler der Polizei - um sich Geld für andere Drogen zu beschaffen - entgeltlich Suchtgift (1,3g Marihuana) gewerbsmäßig überlassen hat. Weiters erwarb und besaß der BF zum Eigengebrauch wiederholt Heroin. Der BF erhielt hierfür eine unbedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten die bis Dezember 2012 vollzogen wurde. Erschwerend wirkten hierbei vor allem die zahlreichen Vorstrafen, mildernd das Geständnis des BF und die Sicherstellung des Suchtgifts.
Im August 2012 erfolgte die nächste Verurteilung durch ein Landesgericht wegen Unerlaubtem Umgang mit Suchtgift (§§ 27 Abs. 1, 2 SMG sowie § 15 StGB iVm §§ 27 Abs. 1 Z 1 und Abs. 5 SMG). Erneut hatte der BF um sich Geld für andere Drogen zu beschaffen einem verdeckten Ermittler der Polizei 1g Cannabis verkauft sowie Heroin zum Eigenkonsum besessen. Der BF erhielt hierfür eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten, die bis September 2014 vollzogen wurde, wobei ein Teil der Strafe 2014 nachträglich bedingt und 2018 endgültig nachgesehen wurde. Erschwerend wirkten hierbei wieder die zahlreichen Vorstrafen und der rasche Rückfall sowie die Tatbegehung während offenem Vollzug, mildernd wiederum das Geständnis des BF.
Im Juni 2015 erfolgte die nächste Verurteilung durch ein Landesgericht wegen Unerlaubtem Umgang mit Suchtgift (§§ 27 Abs. 1, 2 SMG SMG). Der BF hatte zwei Personen 1,36g bzw. 1,06g Marihuana verschafft bzw. 1,5g Marihuana besessen. Mildernd wirkte das Geständnis des BF, erschwerend seine zahlreichen Vorstrafen und das Zusammentreffen mehrerer Vergehen. Der BF erhielt hierfür eine Freiheitsstrafe von 2 Monaten, die 2018 zum Teil bedingt auf eine Probezeit von 2 Jahren nachgesehen wurde. Diese Strafnachsicht wurde anlässlich der Verurteilung im Februar 2019 (vgl. unten) wiederrufen und die Strafe in Vollzug gesetzt.
Im Februar 2019 wurde der BF erneut durch ein Landesgericht wegen versuchtem unerlaubtem Umgang mit Suchtgift durch Überlassen an einem allgemein zugänglichen öffentlichen Ort (§15 StGB iVm §27 Abs. 2a SMG) verurteilt. Der BF hatte mit einem Mittäter versucht, einem verdeckten Ermittler der Polizei im Gebäude der Station der U-Bahnlinie U6 in Wien 3,1g Cannabiskraut gegen Entgelt zu überlassen, wobei dies für ca. 35 Personen wahrnehmbar war. Der BF wurde deswegen zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Mildernd wirkte erneut sein Geständnis, erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und der Rückfall innerhalb der Probezeit.
Letztmalig wurde der BF während des ggst. Verfahrens, nachdem ihm bereits die angefochtene Rückkehrentscheidung zugestellt wurde, Ende Oktober 2019 von einem Landesgericht wegen unerlaubtem Umgang mit Suchtgift durch Überlassen an einem allgemein zugänglichen öffentlichen Ort (§ 27 Abs. 2a SMG) verurteilt. Erneut hatte der BF vor der Station der U-Bahnlinie U6 in Wien 0,8g Cannabiskraut einer anderen Person gegen Entgelt angeboten. Der BF wurde hierfür zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, die er derzeit verbüßt. Mildernd wirkte erneut sein Geständnis, erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und der sehr rasche Rückfall seit der letzten Verurteilung.
Alle festgestellten Strafurteile sind rechtskräftig.
Im Hinblick auf seine zahlreichen Vorstrafen wurde der BF bereits im November 2009 und nochmals im Juni 2011 vom Fremdenpolizeilichen Büro der Bundespolizeidirektion Wien in Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung einvernommen. Beide Verfahren sind aufgrund der Bestimmung des § 61 Abs. 4 FPG in der damalig anwendbaren Fassung aufgrund Aufenthaltsverfestigung eingestellt worden.
4. Zum Herkunftsstaat:
Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat. Dem BF droht bei Rückkehr nach Serben keine wie immer geartete Gefährdung in den Rechtsgütern des Art. 2 oder 3 EMRK, des 6. und 13. Zusatzprotokolls der EMRK und droht ihm auch keine wie immer geartete staatliche Verfolgung.
Zur Sozialhilfe in Serbien:
Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).
Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).
Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020
- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2019): Serbien, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/serbien/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 3.10.2019
- IOM - Internationale Organisation für Migration (geändert 1.4.2019): Länderinformationsblatt Serbien 2018, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772192/18363839/Serbien_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101616&vernum=-2, Zugriff 19.9.2019
Zur medizinischen Versorgung:
Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).
Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).
Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).
Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).
Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).
Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 32 von 37
- AA - Auswärtiges Amt (23.9.2019b): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 23.9.2019
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (24.9.2019): Serbien, Reisehinweise für Serbien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/serbien/reisehinweise-serbien.html, Zugriff 24.9.2019
- IOM - Internationale Organisation für Migration (geändert 1.4.2019): Länderinformationsblatt Serbien 2018, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772192/18363839/Serbien_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101616&vernum=-2, Zugriff 19.9.2019
II. Beweiswürdigung
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt des Bundesamtes samt der Niederschrift der Einvernahme des BF vor dem Bundesamt und in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel bestehen sowie durch Einvernahme des BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 27.07.2020. Weiters wurden Auszüge aus dem Strafregister (SA), zentralen Fremdenregister und zentralen Melderegister (ZMR) eingeholt.
Die Feststellungen zu den Familienverhältnissen, dem Kontakt zum Heimatstaat der sozialen und gesellschaftlichen Integrationsstufe und den Deutschkenntnissen basiert maßgeblich auf dem im Rahmen der Einvernahme des BF vor dem Bundesverwaltungsgericht gewonnenen Eindruck (Niederschrift OZ 15). Da der BF im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsen ist, war auch von Deutschkenntnissen auf Muttersprachen-Niveau auszugehen. Der BF gab bei seiner Einvernahme selbst an kaum nennenswerte Sozialkontakte zu haben, da jene Personen bzw. Freunde, mit denen er diese Kontakte bisher hatte, weitgehend aus der „Drogenszene“ stammen würden, von der er sich lossagen wolle. Somit wiederlegte der BF insoweit auch selbst das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde, er sei sozial integriert und führe im Bundesgebiet ein intensives Privatleben. Soweit der BF angab, keinen Kontakt zu seinen in Serbien lebenden Verwandten zu haben bzw. von diesen „nichts zu wissen“, ist dies insoweit nicht glaubwürdig, da der BF sehr wohl angeben konnte, dass seine Mutter und sein Bruder in Serbien leben würden, wobei Letzterer vor einem Jahr verstorben sei und sich dieser bis zu seinem Tod bei der Mutter des BF aufgehalten habe. Da die Großeltern des BF nach seiner Angabe bereits vor vielen Jahren verstorben waren, weswegen der BF in ein Internat kam (gemeint wohl die Einrichtung der Magistratsabteilung 11 der Stadt Wien), muss er entweder direkt über seine Verwandten in Serbien oder über seine in Wien aufhältigen Verwandten (indirekt) Kontakt zu seinen Verwandten in Serbien gehabt haben, um davon Kenntnis zu erlangen. Eine gewisse Form des Kontakts zu seinen Verwandten muss daher noch bestehen.
Die Feststellung, dass es sich bei dem BF um einen serbischen Staatsangehörigen handelt, basiert auf den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, auch wenn er angibt, ihm sei die Ausstellung eines neuen Reisepasses von der serbischen Botschaft verweigert worden. Aus den im Verwaltungsakt einliegenden Kopie seines serbischen Reisepasses (AS 9) sowie der Angabe des BF selbst, er verfüge über einen serbischen Staatsbürgerschaftsnachweis geht zweifelsfrei seine serbische Staatsangehörigkeit hervor. Es mag durchaus sein, dass die Angestellten der serbischen Botschaft dem BF wenig freundlich gegenübertraten, zumal er seinen abgelaufenen Pass verloren hatte und ihm möglicherweise auch aufgrund administrativer Fehler zu verstehen gegeben worden ist, man könne (oder wolle) ihn nicht als serbischen Staatsbürger identifizieren. Nichts desto trotz wurde der bis Oktober 2014 gültige Reisepasse des BF von der serbischen Botschaft in Wien ausgestellt, weshalb es keinen Zweifel an der Staatsbürgerschaft des BF geben kann. Es ist bei vorweisen dieser Passkopie jedenfalls davon auszugehen, dass die serbische Botschaft dem BF einen neuen Reisepass ausstellen wird.
Die Feststellungen zu den dem BF erteilten Aufenthaltstiteln basiert maßgeblich auf dem im Verwaltungsakt des Bundesamtes auszugsweise einliegenden Abschriften des Aktes der Niederlassungsbehörde (MA 35) sowie auf dem Auszug aus dem zentralen Fremdenregister. Der Widerruf seines unbefristeten Niederlassungsrechts im Jahr 2010 ergibt sich aus dem diesbezüglichen (rk.) Bescheid der MA 35 (AS 84). Weiters ergibt sich aus dem zentralen Fremdenregister, dass der BF im Besitz einer „Rot-Weiss-Rot Karte Plus“, gültig bis XXXX 2019 war. Sein am XXXX 2019 gestellter Verlängerungsantrag wurde von der MA 35 aufgrund der Bestimmung des § 24 Abs. 2 Z 1 NAG wegen glaubwürdiger Verhinderung als rechtzeitig gewertet, wie aus dem eigetragenen Anlass „Verlängerungsantrag“ im zentralen Fremdenregister und der diesbezüglichen Bestätigung der MA 35 (OZ 18) hervorgeht. Nicht nachvollziehbar ist daher die Festnahme des BF durch die LPD Wien über Veranlassung des Bundesamtes gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG wegen eines angeblich unrechtmäßigen Aufenthalts am XXXX 2019. Der BF war am XXXX 2019 durch seinen rechtzeitigen Verlängerungsantrag und der Tatsache, dass die ggst. Rückkehrentscheidung durch Beschwerdeerhebung nicht rechtskräftig war, rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Die Feststellungen zur de-facto nicht vorhandenen wirtschaftlichen Integration des BF, durch den fast ausschließlichen Bezug von Arbeitslosengeld- bzw. Notstandshilfebezug, mit Ausnahme der Zeit seiner Lehre von 2004 bis 2006 basiert auf den Angaben des BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowie dem Auszug des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger (AS 161f).
Die Feststellungen zu den zahlreichen Verurteilungen des BF gründen sich auf den Strafregisterauszug des BF und auf die im Akt des Bundesamtes einliegenden Abschriften der diesbezüglichen strafgerichtlichen Urteile (Konvolut ab AS 308 bis AS 326 und AS 336 bis 368, AS45f, AS 99f, AS113f, AS 131f, AS 137f, AS 150f, AS 173f, AS 193f, OZ6). Festzuhalten ist jedoch, dass die im Strafregister gespeicherten Verurteilungen mit den Folgenummern 2) ( XXXX ) und Folgenummer 4) ( XXXX ) dort nicht korrekt protokolliert wurden, da diese mit den jeweiligen Schuldsprüchen in den Urteilabschriften der jeweiligen Urteile teilweise nicht übereinstimmen. Die Feststellungen zu diesen Urteilen stützen sich daher nur auf die jeweiligen Urteilabschriften; das Strafregisteramt der LPD Wien wurde über diese Tatsache zwecks Berichtigung in Kenntnis gesetzt.
Aus diesen Verurteilungen, insbesondere den näheren Tatumständen ergibt sich auch die Feststellung, dass der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet derzeit eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Vor allem die zahlreichen einschlägigen Verurteilungen wegen Suchtmitteldelikten und der diesbezüglichen Umfeldtaten zur Beschaffungskriminalität, sowie die Tatsache, dass der BF seit 2004 im regelmäßigen Rhythmus immer wieder verurteilt wurde, machen seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit. So wurde der BF in den Jahren 2012 und 2019 sogar zwei Mal binnen des jeweiligen Kalenderjahres wegen teils gewerbsmäßigen Suchtgiftdelikten verurteilt, wobei auch das vom BF schon bei seinen Jugendstraftaten verspürte Haftübel keine Verhaltensänderung bewirkte. Auch die erfolglose Anordnung von Bewährungshilfe und der oftmalige erfolglose Aufenthalt in Einrichtungen zur Suchtgiftentwöhnung zeigen, dass es beim Beschwerdeführer keine Aussicht auf ein Ende einer Suchtmittelkriminalität gibt. Vielmehr gab der BF sogar selbst an, dass in den Einrichtungen zur Suchtgiftentwöhnung erst recht eine Vielzahl von Drogen gehandelt und angeboten wurden, was einen nachhaltigen Therapieerfolg von Anfang an torpedierte. Trotz der Beteuerungen des BF in der mündlichen Verhandlung, zukünftig ein drogenfreies und straffreies Leben führen zu wollen, zeigt sich aufgrund der massiven Vorstrafenbelastung, des immer wieder sehr raschen Rückfalls in die Straffälligkeit, der Tatbegehung während offenen Vollzugs und auch während des ggst. Beschwerdeverfahrens sowie aufgrund der Erfolglosigkeit der Bewährungshilfe und aller bisherigen Suchtmitteltherapien eine denkbar negative Zukunftsprognose. Es ist daher mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit von der Begehung weiterer Straftaten durch den BF nach seiner Entlassung aus der Strafhaft auszugehen, zumal er nach seiner Entlassung erneut auf Sozialleistungen angewiesen sein wird und es aufgrund seiner Vorstrafen und der nicht abgeschlossenen Ausbildung kaum Aussicht darauf gibt, den BF in eine geregelte Erwerbstätigkeit zu bringen. Weiters hatten auch die bereits 2009 und 2011 erfolgten Einvernahmen des BF durch das Fremdenpolizeiliche Büro der Bundespolizeidirektion Wien in Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, in deren Rahmen dem BF bereits eine Außerlandesbringung in Aussicht gestellt wurde, keine sichtbare Wirkung auf den BF.
Die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat beruht auf § 1 Z 6 Herkunftsstaaten-Verordnung (in Folge kurz als „HStV“ bezeichnet), sowie die weiteren Feststellungen zu Sozialhilfe und medizinischen Versorgung Serbien betreffend Serbien auf dem Länderinformationsblatt Serbien idF Teilaktualisierung vom 05.06.2020 (dort Kapitel 20.1 und 21, wobei in der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2020 ein Schreibversehen geschah, da das vorgehaltene Länderinformationsblatt jenes idF vom 05.06.2020 und nicht vom 05.06.2019 war). Eine Verfolgung oder Bedrohung seines Lebens, seiner Gesundheit oder eine andere vergleichbare Gefahr im Falle seiner Rückkehr nach Serbien wurde vom BF nicht behauptet, er gab lediglich an wenig über sein Heimatland zu wissen. Auch ist gerichtsnotorisch, dass der serbische Staat im Allgemeinen schutzfähig und schutzwillig ist und keine Zustände willkürlicher Gewalt im Serbien herrschen.
III. rechtlich war zu erwägen:
Zu A)
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner serbischen Staatsangehörigkeit demnach Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Zu A)
3.1. Rechtsgrundlagen:
Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“
§ 9 Abs. 4 BFA-VG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 56/2018 lautete wie folgt:
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
§ 11 Abs. 1, 2 und 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG lauten wie folgt:
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträ