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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §281;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/15/0253Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, in den Beschwerdesachen des Dr. KF, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien VI, Windmühlgasse 30, gegen die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien-Umgebung vom 23. August 1995 betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1991 bzw. 1992, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Verfahren über die Säumnisbeschwerden wird wegen Nachholung des versäumten Bescheides eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 6.550,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 6. Juli 1995 hob die belangte Behörde in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 1 lit. b BAO die Umsatzsteuerbescheide 1991 und 1992 vom 26. September 1994 des Finanzamtes Wien-Umgebung auf. Das gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgerichtshof ist noch offen.
Am 23. August 1995 erließ das Finanzamt Wien-Umgebung im wiederaufgenommenen Verfahren neue Sachbescheide je für das Jahr 1991 und 1992. Gegen diese Bescheide richtet sich die Berufung des Beschwerdeführers vom 25. September 1995, eingelangt beim Finanzamt Wien-Umgebung am 26. September 1995.
Mit den vorliegenden Beschwerden macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde über die genannte Berufung geltend. Wegen des sachlichen Zusammenhanges wurden die beiden Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Beschwerden wurden der belangten Behörde am 14. Jänner 1997 mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Am 4. März 1997, dem Beschwerdeführer am 4. April 1997 zugestellt, erließ die belangte Behörde die versäumte Berufungsentscheidung.
Eine Säumnis bestreitet die belangte Behörde mit dem Vorbringen, das Finanzamt habe im Gegensatz zum Beschwerdeführer sehr wohl den Zusammenhang zwischen dem Beschwerdeverfahren betreffend Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide 1991 und 1992 einerseits und der Erledigung des Berufungsverfahrens über die neu ergangenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1991 und 1992 andererseits erkannt, weil der Ausgang des höchstgerichtlichen Verfahrens von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung sei und "diese Entscheidung von der Abgabenbehörde zwecks Verfahrensökonomie abgewartet werden wollte". Im Vorlagebericht führt die belangte Behörde aus, von einer Verletzung der Entscheidungspflicht könne nicht gesprochen werden, weil der Beschwerdeführer der belangten Behörde erst im Schriftsatz vom 23. Jänner 1997 mitgeteilt habe, daß er die Ansicht der belangten Behörde, wonach der Ausgang des anhängigen Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die Berufung vom 25. September 1995 sei, nicht teilen könne.
Gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen, wenn der Bescheid fristgerecht erlassen wurde. Die belangte Behörde erließ innerhalb der gesetzten Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid, weshalb das Verfahren einzustellen war. Entgegen ihrer Ansicht lag eine Säumnis vor. Die bloße (im übrigen erst nach Einleitung des Beschwerdeverfahrens geäußerte) Absicht, das Berufungsverfahren gemäß § 281 BAO auszusetzen, änderte nichts an der bestehenden Säumnis. Nur in dem Fall der Einbringung einer Säumnisbeschwerde erst nach Aussetzung des Berufungsverfahrens gemäß § 281 BAO ist der Verwaltungsgerichtshof gehindert, eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 206, angeführte Rechtsprechung). Auch das von der belangten Behörde in dem nach Säumnis erlassenen Berufungsbescheid angesprochene "Abwartenwollen zwecks Verfahrensökonomie" änderte nichts an der zuvor bestandenen Säumnis. Somit war das Beschwerdeverfahren wegen Nachholung des versäumten Bescheides einzustellen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf § 55 Abs. 1 zweiter Satz VwGG iVm Art. I Z. 1 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Schriftsatzaufwand beträgt somit S 6.250,--. Stempelgebühren können nur im Ausmaß von S 300,-- ersetzt werden, weil zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Vorlage der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung reicht. Der Aufwandersatz kann nur für eine Beschwerde zuerkannt werden, weil die Einbringung von zwei Beschwerden zur notwendigen Rechtsverfolgung nicht erforderlich war, zumal die Berufung nur in einem Schriftsatz eingebracht worden war (vgl. AnwBl. 1994/4822).
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996150252.X00Im RIS seit
03.04.2001