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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §258 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der V in G, vertreten durch Dr. Waltraute Steger, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 22, gegen den Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 28. Oktober 1996, Zl. 425/96, betreffend Ablehnung der Gewährung einer Witwenpension gemäß dem Statut der Wohlfahrtseinrichtungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Behandlung der zunächst beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde wurde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 1997, B 4879/96-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Aufgrund der auf Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen vom 16. September 1996 wurde das förmliche Ansuchen der Beschwerdeführerin um Gewährung einer Witwenleistung gemäß § 13 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten abgelehnt, da nach diesem Statut eine Zuwendung an die "geschiedene Witwe" nur dann erfolgen könne, wenn der verstorbene Ziviltechniker eine entsprechende Verfügung getroffen habe. Eine schriftliche Verfügung des verstorbenen geschiedenen Ehegatten der Beschwerdeführerin, auch der Beschwerdeführerin eine Witwenzuwendung in einer bestimmten Höhe zu gewähren, liege im Akt nicht auf. Eine anläßlich der Scheidung geschlossene gerichtliche Unterhaltsvereinbarung könne die im Statut vorgesehene Verfügung nicht ersetzen.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde von der belangten Behörde abgewiesen. Diese Entscheidung ist im wesentlichen nach Anführung der entsprechenden Rechtsgrundlagen damit begründet, daß der Verstorbene eine schriftliche Verfügung gemäß § 13 Abs. 12 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen nicht deponiert habe. Es werde somit die Witwenleistung gemäß § 13 Abs. 1 des Statues an die zweite Ehefrau des Verstorbenen erbracht, die zum Zeitpunkt des Todes des Ziviltechnikers die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt hätte. § 13 Abs. 12 des Statutes könne nicht dahingehend ausgelegt werden, daß es im Falle des Vorliegens einer gerichtlichen Unterhaltsvereinbarung keiner schriftlichen persönlichen Verfügung bedürfe.
In der dagegen erhobenen und vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen
der Bundes-Ingenieurkammer werden
"der Witwe eines Ziviltechnikers oder eines ehemaligen Ziviltechnikers unter der Voraussetzung Zuwendungen (Witwenversorgung) gewährt, daß sie im Zeitpunkt des Todes des Ziviltechnikers (ehemaligen Ziviltechnikers) mit diesem im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und die Wartefrist nach Abs. 2 abgelaufen ist."
Gemäß § 13 Abs. 12 des Statutes kann an
"die gerichtlich geschiedene oder nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Gattin eines Ziviltechnikers (ehemaligen Ziviltechnikers) eine Zuwendung zur Gänze oder zum Teil wie an eine Witwe bzw. eine Witwenzuwendung gewährt werden, wenn eine solche schriftliche Verfügung des Ziviltechnikers vorliegt. Dadurch entfällt zur Gänze oder zum Teil eine Zuwendung an eine etwaige Witwe bzw. Lebensgefährtin."
Gemäß § 13 Abs. 13 gelten die vorstehenden Bestimmungen sinngemäß auch für Witwer, Lebensgefährten und geschiedene Gatten nach weiblichen Ziviltechnikern (ehemaligen Ziviltechnikern).
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei die belangte Behörde unzutreffend der Auffassung, daß eine Verfügung im Sinne des § 13 Abs. 12 des Statutes nicht vorliege. Tatsächlich liege eine solche Vereinbarung in Form eines aus Anlaß der Scheidung geschlossenen gerichtlichen Vergleiches zwischen der Beschwerdeführerin und dem verstorbenen Ziviltechniker betreffend Unterhaltsleistungen vor. Bei Anwendung einer Rechtsnorm - hier des § 13 Abs. 12 des Statutes - sei auch eine teleologische Interpretation vorzunehmen. Zur Interpretation seien vergleichbare Regelungen betreffend Voraussetzungen für Versorgungsleistungen an Hinterbliebene heranzuziehen, wie sie beispielsweise im Sozialversicherungsrecht existierten. Grundaussage dieser Bestimmungen sei es, daß eine Witwenpension an eine geschiedene Witwe nur dann gewährt werden solle, wenn es entsprechende Verfügungen des Verstorbenen gebe, aus denen sein Versorgungswille erkennbar sei. Aus der zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem verstorbenen geschiedenen Ehegatten getroffenen Unterhaltsregelung aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches sei eindeutig die Versorgungsabsicht des Verstorbenen ersichtlich. Es hätte also dieser gerichtliche Vergleich und die tatsächliche Unterhaltsleistung ausreichen müssen, um der Beschwerdeführerin entsprechende Zuwendungen als geschiedene Witwe aus dem Fonds der Ziviltechniker zu gewähren. Einer ausdrücklichen zusätzlichen Verfügung des Verstorbenen bedürfe es nicht.
Dieser Auffassung der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. § 13 des angeführten Statutes geht von der Grundregel aus, daß jener Witwe bzw. jenem Witwer eines Ziviltechnikers bzw. einer Ziviltechnikerin Zuwendungen (Witwenversorgung) gewährt werden, die bzw. der im Zeitpunkt des Todes des Ziviltechnikers (ehemaligen Ziviltechnikers) bzw. der Ziviltechnikerin (ehemaligen Ziviltechnikerin) mit diesem im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und die Wartefrist nach Abs. 2 abgelaufen ist. Die Leistung einer Zuwendung aus dem Fonds ist gemäß § 13 Abs. 12 des Statutes an den gerichtlich geschiedenen Ehegatten zur Gänze oder zum Teil möglich, wenn eine solche schriftliche Verfügung des Ziviltechnikers vorliegt. Der nicht zweifelhafte Wortlaut dieser Bestimmung verlangt somit eine entsprechende schriftliche Verfügung, daß eine derartige Zuwendung zur Gänze oder zum Teil an die gerichtlich geschiedene Gattin und nicht oder nur zum Teil an eine etwaige Witwe oder Lebensgefährtin zu erfolgen hat. Die im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches getroffene Unterhaltsregelung kann nicht als eine solche schriftliche Verfügung des Ziviltechnikers gemäß § 13 Abs. 12 des angeführten Statutes qualifiziert werden. Es kann nicht davon gesprochen werden, daß die Regelung des § 13 Abs. 12 des angeführten Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundes-Ingenieurkammer eine mit § 258 Abs. 4 ASVG vergleichbare Regelung darstellt, nach der die Pension nach Abs. 1 auch der Frau bzw. dem Mann gebührt, deren (dessen) Ehe mit dem (der) Versicherten u.a. geschieden worden ist, wenn ihr (ihm) der (die) Versicherte zur Zeit seines (ihres) Todes Unterhalt (einen Unterhaltsbeitrag) zu leisten hatte bzw. Unterhalt geleistet hat, und zwar
a)
aufgrund eines gerichtlichen Urteiles
b)
aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches
c)
aufgrund einer vor Auflösung (Nichtigerklärung) der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung,
d)
regelmäßig zur Deckung des Unterhaltsbedarfs ab einem Zeitpunkt nach der Rechtskraft der Scheidung bis zu seinem (ihrem) Tod, mindestens während der Dauer des letzten Jahres vor seinem (ihrem) Tod, wenn die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert hat,
sofern und solange die Frau (der Mann) nicht eine neue Ehe geschlossen hat.
Wenn die Beschwerdeführerin weiters meint, es sei aktenwidrig, daß der Behörde die angeführte Unterhaltsvereinbarung nicht bekannt gewesen sei, handelt es sich dabei jedenfalls nicht um einen wesentlichen Verfahrensmangel, da für die Entscheidung der belangten Behörde die rechtliche Auffassung maßgeblich war, daß die in § 13 Abs. 12 des Statutes angeführte Verfügung nicht einer Unterhaltsvereinbarung im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs gleichzusetzen sei.
Es ist auch nicht zutreffend, daß sich die belangte Behörde nicht mit der neuerlich in der Berufung vertretenen Auffassung, die getroffene Unterhaltsvereinbarung müsse als Verfügung im Sinne des § 13 Abs. 12 des Statutes beurteilt werden, auseinandergesetzt hat. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, daß es nicht Ergebnis einer Interpretation sein könne, eine ausdrückliche Bestimmung des Statutes, nämlich die Forderung nach dem Vorliegen einer entsprechenden schriftlichen Verfügung des Ziviltechnikers, in das Gegenteil zu kehren, nämlich daß es in diesem Fall keiner schriftlichen Verfügung bedürfe. Die in der Berufung vorgetragene Interpretation wurde daher von der belangten Behörde als rechtlich nicht zutreffend angesehen. Ein Begründungsmangel kann der belangten Behörde in dieser Hinsicht nicht vorgeworfen werden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die in der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997060131.X00Im RIS seit
20.11.2000