TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/8 W204 1426711-2

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Veröffentlicht am 08.11.2019
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Entscheidungsdatum

08.11.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W204 1426711-2/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Esther Schneider über die Beschwerde des XXXX AB XXXX , geb. XXXX 1994, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.07.2019, Zl. 810841101 - 190630383 / BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:

A)

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.08.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.04.2012 in Bezug auf den Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; der BF wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen.

I.2. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 15.12.2014 zu W219 1426711-1/7E statt, behob den Bescheid und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zurück.

I.3. Ohne weitere Ermittlungsschritte gab das BFA dem Antrag des BF mit Bescheid vom 07.01.2015, 810841101/1384265/BMI-BFA_STM_RD, statt, erkannte dem BF den Status des Asylberechtigten zu und stellte fest, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

I.4. Nachdem dem BFA mitgeteilt worden war, dass der BF in Pakistan eine afghanische Staatsangehörige geheiratet hatte, leitete es ein Aberkennungsverfahren ein und befragte den BF am 10.07.2019 durch den zur Entscheidung berufenen Organwalter im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass er nur in Pakistan und nicht in Afghanistan gewesen sei und seine Fluchtgründe nach wie vor bestünden.

I.5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 31.07.2019, dem BF am 02.08.2019 zugestellt, wurde dem BF der Status des Asylberechtigten aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm nicht gewährt (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Umstände, die zur Asylgewährung geführt hätten, lägen nicht mehr vor. Der BF sei in Afghanistan keiner Bedrohung oder Verfolgung mehr ausgesetzt. Zudem sei davon auszugehen, dass sich der BF dem Schutz seines Heimatlandes unterstellt habe. Es liege auch keine Situation vor, die die Gewährung subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der BF sei zwar bereits acht Jahre im Bundesgebiet aufhältig, er spreche gemessen an dieser Aufenthaltsdauer jedoch schlecht Deutsch und es könne auch keine familiäre, gesellschaftliche oder berufliche Integration im Bundesgebiet erkannt werden, weswegen auch eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

I.6. Mit Verfahrensanordnung vom 31.07.2019 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

I.7. Am 20.08.2019 erhob der BF gegen den Bescheid vollinhaltlich Beschwerde wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften, wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, einer mangelhaften Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragte, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen, in eventu den Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem BF der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde, in eventu ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu die Ausweisung beziehungsweise Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet auf Dauer für unzulässig zu erklären und auszusprechen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, und ihm einen Aufenthaltstitel zu erteilen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das BFA stütze sich im Spruch des Bescheids auf § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG, während es sich in der Begründung auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG stütze. Der BF habe sich nicht dem Schutz seines Heimatlandes unterstellt, sondern sei nur in Pakistan gewesen. Die afghanische Botschaft habe er dort nicht besucht. Zudem sei der BF das letzte Mal 2012 einvernommen worden und die Einvernahme im Aberkennungsverfahren sei oberflächlich und kurz gewesen. Seine Angaben würden trotzdem im Wesentlichen übereinstimmen, sodass nicht nachvollziehbar sei, warum das BFA zu dem Schluss komme, dass der BF bei einer Rückkehr keiner Verfolgung mehr ausgesetzt wäre. Unabhängig davon lasse die derzeitige Sicherheits- und Versorgungslage eine Rückkehr des BF nicht zu, weswegen ihm zumindest subsidiärer Schutz zu gewähren sei. Darüber hinaus würden die privaten Interessen des BF die öffentlichen überwiegen.

I.8. Am 23.08.2019 langte die gegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.9. Am 27.08.2019 legte der BF eine Hotelrechnung aus Pakistan vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF.

II.1. Sachverhaltsfeststellungen:

Dem BF wurde mit Bescheid des BFA vom 07.01.2015, 810841101/1384265/BMI-BFA_STM_RD, der Status des Asylberechtigten gewährt. Der Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs daher in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 31.07.2019, 810841101 - 190630383 / BMI-BFA_STM_AST_01, erkannte das BFA dem BF den Status des Asylberechtigten ab. Der Spruchpunkt I. dieses Bescheids lautet:

"I. Der Ihnen mit Bescheid vom 07.01.2015, Zahl: 810841101/1384265/BMI-BFA_STM_RD, zuerkannte Status des Asylberechtigten wird gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt. Gemäß § 7 Absatz 4 AsylG wird festgestellt, dass Ihnen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt."

Der BF ist in Österreich aufhältig und strafrechtlich unbescholten. Es liegen keine Asylausschlussgründe vor.

II.2. Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

II.2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.

II.2.2. Die Feststellungen konnten allesamt aufgrund des unstrittigen Akteninhalts getroffen werden. Die Zuerkennung sowie die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und der Wortlaut des diesbezüglichen Spruchpunkts des BFA waren aufgrund der im Akt einliegenden Bescheide des BFA festzustellen. Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus einem Strafregisterauszug, sein Aufenthalt aus dem Melderegister und den weiteren vom BF vorgelegten Unterlagen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

II.3.2. Zu Spruchpunkt I.

Das BFA sprach im Spruchpunkt I. des nunmehr angefochtenen Bescheids aus, dass der dem BF zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt werde. Nach der angesprochenen Bestimmung ist der Status des Asylberechtigten abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG vorliegt.

Nach § 6 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt (Z 1), einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt (Z 2), aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Z 3), oder er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht (Z 4).

Diese Voraussetzungen liegen beim unbescholtenen, im Bundesgebiet aufhältigen afghanischen BF unstrittig nicht vor. Das BFA konnte die Aberkennung des Status des Asylberechtigten daher nicht auf § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG stützen.

"Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH 27.03.2018, Ra 2015/06/0011; 16.11.2015, Ra 2015/12/0026, mwN). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist demnach ausschließlich die Aberkennung des Status des Asylberechtigten aufgrund eines Ausschlussgrundes nach § 6 AsylG, nicht jedoch die Aberkennung des Status des Asylberechtigten aus den in § 7 Abs. 1 Z 2, 3 AsylG genannten Gründen. Im Rahmen seiner verwaltungsgerichtlichen Kontrolle hatte das Bundesverwaltungsgericht damit nur zu überprüfen, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG vorliegen. Demgegenüber wäre die "Sache" überschritten, wenn es das Vorliegen eines anderen Aberkennungstatbestands als den im Spruch angenommenen prüfen würde.

Soweit sich das BFA in der Begründung des bekämpften Bescheids auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG stützt, setzt es sich in Widerspruch zu dessen Spruch. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Auslegung des Spruchs eines Bescheides nach dessen Begründung nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Dagegen kommt eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruches anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht. Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruchs eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung findet somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt beziehungsweise komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0469).

Im gegenständlichen Fall ist der Spruch derart klar gefasst, dass eine Auslegung dahingehend, dass das BFA eine Aberkennung auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG stützen wollte, nicht möglich ist. Da die Voraussetzungen des vom BFA herangezogenen § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG unstrittig nicht gegeben sind, war Spruchpunkt I. ersatzlos zu beheben. Die auf diesem Spruchpunkt aufbauenden und von ihm abhängigen weiteren Spruchpunkte waren demzufolge ebenfalls ersatzlos zu beheben.

Im Übrigen trägt aus Sicht des Verwaltungsgerichtes die Begründung des BFA auch keine Aberkennung nach § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm Art 1 Abschnitt C Z 5 GFK. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings darf es sich dabei nicht nur um vorübergehende Veränderungen handeln. Ob eine die Anwendung des Endigungsgrundes des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK rechtfertigende relevante Änderung der Verhältnisse im Herkunftsstaat eingetreten ist, hat die Behörde von Amts wegen zu ermitteln und unter Berücksichtigung der Fluchtgeschichte beziehungsweise der Fluchtgründe eines Asylwerbers zu prüfen, ob diese noch immer einen asylrechtlich relevanten Aspekt haben könnten. Der Wegfall subjektiv empfundener Furcht kann zwar allenfalls ein Indiz dafür sein, dass auch objektiv kein asylrechtlich relevanter Verfolgungsgrund mehr vorliegt, doch kann die subjektiv empfundene Furcht eines Flüchtlings vor Verfolgung allein nicht als einer der in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK angeführten Umstände gewertet werden. Diese Umstände sind gemäß dem Wortlaut der angeführten Konventionsstelle solche, auf Grund deren der Asylwerber als Flüchtling anerkannt worden ist. Durch den Wegfall (lediglich) des subjektiven Furchtempfindens eines Flüchtlings können die in Art. 1 Abschnitt C Z 5 dieser Konvention angeführten Voraussetzungen noch nicht als erfüllt angesehen werden; vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei den "Umständen" im Sinne der zitierten Bestimmung insbesondere um solche handeln muss, die sich auf grundlegende, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention angeführten Fluchtgründe betreffende (objektive) Veränderungen im Heimatstaat des Flüchtlings beziehen, auf Grund deren angenommen werden kann, dass der Anlass für die begründete Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht (VwGH 31.01.2019, Ra 2018/14/0121 mwN).

Die Begründung des BFA läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass die subjektiv empfundene Furcht beim BF weggefallen sei. Eine grundlegende Veränderung der politischen Lage oder der Sicherheitslage kann das BFA jedoch nicht darlegen. Soweit es dabei in der Begründung "zusätzlich" ausführt, dass das Risiko für bei der Internationalen Military Forces ehemals Tätige in Kabul geringer sei, stützt es sich dabei - soweit das aus dem Akteninhalt hervorgeht - auf eine Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2013 (AS 9). Diese lag daher auch bereits bei Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vor und kann daher keine grundlegende Änderung begründen. Ebenso verhält es sich mit dem Umstand, dass die Mutter des BF in Kabul wohnt, ohne Bedrohungen ausgesetzt zu sein, war das doch auch bereits bei Zuerkennung des Status des Asylberechtigten der Fall. Ebenso wenig gelingt es dem BFA, eine relevante Änderung der politischen Lage beziehungsweise der Sicherheitslage in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif aufzuzeigen, da diese Provinzen auch nach den damals aktuellen Länderinformationen als relativ sicher galten.

Insgesamt scheint die Begründung des BFA darauf hinauszulaufen, dass es das ursprüngliche Fluchtvorbringen des BF nicht mehr als glaubhaft bewertet, da er sich in der nunmehrigen Einvernahme dazu mehrmals widersprach. Dabei wäre es jedoch Aufgabe des BFA gewesen, bereits im ursprünglichen Asylverfahren nach der Zurückverweisung den BF neuerlich einzuvernehmen, um die vom Bundesverwaltungsgericht dargestellten Feststellungs- und Begründungsmängel zu sanieren. Soweit das BFA jedoch nunmehr davon ausgeht, dass der BF in Wahrheit in Afghanistan nie verfolgt wurde, rechtfertigt das nicht die Aberkennung des Status des Asylberechtigten im vorliegenden Verfahren. Dafür hätte das BFA nämlich vom damaligen der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt ausgehen und darlegen müssen, dass sich die objektive Situation in Afghanistan geändert hat, was ihm aber nicht gelungen ist.

Die Begründung der angefochtenen Entscheidung zeigt, dass das BFA davon ausgeht, dass der BF sich den Status des Asylberechtigten durch bewusst wahrheitswidrige Angaben erschlichen hat. In diesem Fall wäre daher nicht ein Aberkennungsverfahren durchzuführen, sondern das ursprüngliche Asylverfahren nach § 69 Abs. 1 Z 1, Abs. 3 AVG wiederaufzunehmen gewesen (der Sache nach VwGH 26.01.2012, 2009/21/0093).

Im Hinblick auf die vom BFA in der Beweiswürdigung getätigten Ausführungen, wonach es davon ausgehe, dass der BF in Afghanistan gewesen sei und es nicht nachvollziehbar sei, warum die Ehe beim Afghanischen Generalkonsulat in Pakistan erst registriert worden sein soll, als der BF wieder in Österreich gewesen sei, ist der Vollständigkeit halber auszuführen, dass der BF zum Zeitpunkt der Registrierung der Ehe am 15.10.2018 tatsächlich in Österreich war, was einerseits bereits aus dem Ein- und Ausreisestempel im Pass des BF (AS 327, 574) und den Flugtickets (AS 579f) sowie andererseits aus den Arbeitszeitaufzeichnungen (AS 551) hervorgeht. Ebenfalls konnte der BF eine Kopie des Passes seiner Frau, aus der hervorgeht, dass sie mit einem gültigen Visum nach Pakistan eingereist ist (AS 563), sowie eine Heiratsurkunde des Mullahs mit dem von ihm angegebenen Datum (AS 552) vorlegen. Insofern scheinen die Ausführungen des BF, er sei nicht in Afghanistan und auch nicht selbst beim Afghanischen Generalkonsulat gewesen, zuzutreffen, sodass eine Aberkennung darauf jedenfalls nicht ohne weitere Ermittlungsergebnisse gestützt werden kann.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der Bescheid aufzuheben ist.

II.3.3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten Behebung der Entscheidung Ehe Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W204.1426711.2.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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