TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/25 G310 2231121-1

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Veröffentlicht am 25.05.2020
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Entscheidungsdatum

25.05.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1

Spruch

G310 2231121-1/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch Dr. XXXX , Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2020, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:

A)       Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

C)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF) hält sich seit 31.10.2018 durchgehend in Österreich auf und wurde ihm am 14.10.2019 eine unbefristete Anmeldebescheinigung (sonstiger Angehöriger) ausgestellt. Von 02.05.2019 bis 19.09.2019 weist der BF lediglich kurzfristige Beschäftigungszeiten im Bundesgebiet auf, wobei das längste Beschäftigungsverhältnis nicht länger als einen Monat gedauert hat. Ein Bezug von Leistungen des Arbeitsmarktservice liegt nicht vor. Er ist ledig und lebt mit seiner Lebensgefährtin und seinen beiden Söhnen, vier und sechszehn Jahre alt, in Österreich.

Der BF wurde einmal strafgerichtlich verurteilt. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2020, XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens der teils versuchten, teils vollendeten schweren, teils gewerbsmäßigen Diebstahls, teils im Rahmen einer kriminellen Vereinigung – ausgehend von einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe - zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der BF wurde mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2020, XXXX am XXXX .2020 unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Am 19.02.2020 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA).

Mit dem oben angeführten Bescheid wurde gegen den BF gemäß §67 Abs. 1 und 2 FPG ein zweijähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit einem Verweis auf die strafgerichtliche Verurteilung begründet und dass davon auszugehen sei, dass er bei einem Verbleib im Bundesgebiet neuerlich straffällig werde.

In der Beschwerde, die sich gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, beantragte der BF die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Hierzu wurde zusammengefasst ausgeführt, dass keine ausreichende Begründung vorliege, weshalb die Annahme gerechtfertigt sei, der weitere Aufenthalt des BF gefährde die öffentliche Ordnung derart, dass die sofortige Ausreise erforderlich sei.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und den angefochtenen Bescheid vor. Die von der Behörde herangezogenen und im angefochtenen Bescheid angeführten Beweismittel wurden nicht vorgelegt.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, der Beschwerde, dem Sozialversicherungsdatenauszug und des Gerichtsakts des BVwG.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-) Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers nach § 86 Abs. 3 FPG (Dursetzungsaufschub, Rechtslage vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen. Gleiches gilt für enthaltenen Überlegungen zum Ausschluss einer aufschiebenden Wirkung der Berufung, weil die aufschiebende Wirkung einer Berufung und die Gewährung eines einmonatigen Durchsetzungsaufschubes von ihren Zwecken und ihren Wirkungen her nicht vergleichbar sind (VwGH 21.11.2006, 2006/21/0171 mwN).

Zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise genügt es nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die BF zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053).

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dem gesetzlichen Gebot, Bescheide zu begründen, ist als Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens besondere Bedeutung beizumessen. Ein Begründungsmangel kann eine wesentliche Mangelhaftigkeit darstellen (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 417 ff).

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Die kurze, schablonenhafte Begründung der Behörde zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hier nicht fallspezifisch, sondern begnügte sich mit dem Verweis auf die strafgerichtliche Verurteilung und allgemein gehaltenen Textbausteinen, ohne auf den vorliegenden Einzelfall Bezug zu nehmen.

Dabei blieb insbesondere unberücksichtigt, dass sich der BF im Bundesgebiet mit seiner Lebensgefährtin sowie den zwei minderjährigen Kindern aufhält. Der BF wurde zwar einmal strafgerichtlich verurteilt und verbüßte erstmals eine Strafhaft, aber kommt dem Erstvollzug im Allgemeinen eine erhöhte spezialpräventive Wirksamkeit zu.

Da sohin Anhaltspunkte für gewichtige, private und familiäre Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet vorliegen, ist im Rahmen der vorzunehmenden Grobprüfung aufgrund des zu befürchten, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit der Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK verbunden ist. Da es auch an einer nachvollziehbaren Begründung, warum der Tatbestand des § 18 Abs. 3 BFA-VG erfüllt ist, fehlt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2231121.1.00

Im RIS seit

04.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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