Entscheidungsdatum
11.08.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
W153 2233615-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , XXXX , StA. Republik Korea (Südkorea), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.06.2020, Zl. 1066778309-190576672, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde zu den Spruchpunkten I. bis V. wird mit der Maßgabe, dass Spruchpunkt II. zu lauten hat, als unbegründet abgewiesen: „Gegen Sie wird gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen.“
Der Beschwerde zu Spruchpunkt VI. wird stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine südkoreanische Staatsangehörige, reiste im Mai 2015 legal mit einem Schülervisum nach Österreich ein. Der BF wurde von 05.05.2015 bis 05.05.2016 ein Aufenthaltstitel (Schüler) erteilt und dieser Aufenthaltstitel wurde letztmalig bis 07.05.2018 verlängert.
Mit Bescheid vom 10.04.2019 wurde durch die zuständige Behörde ein weiterer Antrag auf Aufenthalt zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 29.04.2020, zugestellt am 06.05.2020, wurde der BF zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot Parteiengehör gewährt.
Nach Akteneinsicht durch den Rechtsvertreter wurde am 04.06.2020 eine Stellungnahme vorgelegt.
Mit Bericht der LPD vom 08.06.2020 wurde festgehalten, dass die BF seit ca. einem Monat nicht mehr an ihrer Meldeadresse wohnhaft sei und die BF wurde gemäß Meldegesetz angezeigt.
Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.06.2020 wurde der BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen sie gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Südkorea zulässig ist (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Absatz 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und gegen sie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 und 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.)
Mit Verfahrensanordnung vom 17.06.2020 wurde der BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
Die BF stellte am 10.07.2020 einen Antrag auf unterstützte freiwillige Ausreise und kehrte am 25.07.2020 in ihren Heimatstaat zurück.
Die BF erhob gegen den Bescheid im vollen Umfang fristgerecht Beschwerde.
Die gegenständliche Beschwerde ist am 03.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF, eine südkoreanische Staatsangehörige, reiste 2015 legal in das Bundesgebiet ein und verfügte von 05.05.2015 bis 07.05.2018 über einen Aufenthaltstitel (Schüler). Ihr Verlängerungsantrag wurde am 14.05.2019 zurückgewiesen. Die BF hat sich in weiterer Folge illegal im Bundesgebiet aufgehalten. Bis April 2020 verfügte sie über ein „Working Holiday Visum“ für Deutschland.
Die BF war im Bundesgebiet von 24.04.2015 bis 23.07.2020 durchgehend gemeldet und auch versichert.
Die Identität der BF steht fest. Sie ist südkoreanische Staatsangehörige und hat bis zur Ausreise bei ihren Eltern in Korea gelebt. Ihre Eltern leben weiterhin dort und unterstützen die BF finanziell.
Die BF studierte bis dato in Österreich an einem Konservatorium und möchte weiterhin in Österreich studieren. Sie hat die A1 Sprachprüfung abgelegt.
In Österreich verfügt sie jedoch über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen.
Die BF leidet an keiner lebensbedrohenden Krankheit.
Festgestellt wird, dass sich die BF zuletzt illegal in Österreich aufgehalten hat und nicht an der angegebenen Wohnadresse gewohnt hat.
Die BF ist am 25.07.2020 freiwillig in ihr Heimatland ausgereist.
Die BF ist im Bundesgebiet nicht straffällig geworden.
Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wird festgestellt, dass aufgrund des illegalen Aufenthalts in Österreich, des Untertauchens und des fehlenden Nachweises der Finanzierung des Aufenthaltes diese Maßnahme gerechtfertigt war.
Bezüglich der Verhängung des Einreiseverbots wird festgestellt, dass diese im konkreten Fall nicht gerechtfertigt ist.
Es liegen nunmehr Unterlagen vor, dass die BF bei einer zukünftigen legalen Einreise über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt und auch bis dato ihr Leben in Österreich legal von den Eltern finanziert wurden. Außerdem hat die BF unverzüglich freiwillig Österreich verlassen und ist in ihr Heimatland zurückgekehrt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen bezüglich der Identität sowie der Staatsangehörigkeit der BF ergaben sich insbesondere aufgrund der Erteilung eines Aufenthaltstitels durch das MA 35.
Die getroffenen Feststellungen zum Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus dem Bescheid der MA 35, aus dem Verwaltungsakt, der Stellungnahme der BF und der Hauserhebung durch die LPD.
Das Bundesverwaltungsgericht folgt bei den maßgeblichen Feststellungen der schlüssigen Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides. Seitens des BFA wurde zu Recht festgestellt, dass die BF durch den illegalen Aufenthalt und das Untertauchen eine Gefährdung für öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellte und daher die Anordnung zur sofortigen Ausreise gerechtfertigt war. Nunmehr ist die BF unverzüglich freiwillig ausgereist. Dies ergibt sich aus der Mitteilung des BFA über die Ausreise der BF vom 25.07.2020 nach Korea.
In der Beschwerde wurde nunmehr der Nachweis erbracht, dass die BF nicht mittelos in Österreich gelebt hat und daher aus diesem Blickpunkt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die BF nicht gegeben ist. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die BF wegen der Übertretung des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft wurde. Daher waren die Tatbestände für ein Einreiseverbot nicht gegeben.
Die festgestellten familiären und persönlichen Verhältnisse der BF ergeben sich aus der Aktenlage.
Ein intensiver und nachhaltiger Kontakt zu Österreichern konnte nicht festgestellt werden. Die BF hat an einem Konservatorium studiert und regelmäßig Prüfungen abgelegt. Dies ergibt sich aus den Unterlagen, die der Beschwerde beigelegt sind. Die BF hat auch die A1-Prüfung abgelegt.
Die Feststellung, dass die BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, ergibt sich aus der Strafregisterauskunft zum Zeitpunkt der Entscheidung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt I.:
§ 57 AsylG 2005 regelt die "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz". Aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte, wonach die BF die Voraussetzungen für eine derartige Aufenthaltsberechtigung erfüllt. Die belangte Behörde erteilte somit zu Recht keinen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005.
Zu Spruchpunkt II.:
Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Da die BF zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts Österreich bereits verlassen hat, war nunmehr die Rückkehrentscheidung der Behörde gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG zu bestätigen (vgl. VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).
Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen, die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen.
Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR vom 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR vom 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH vom 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.
Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die BF in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt zudem die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu (VwGH vom 25.04.2018, Ra 2018/18/0187). Liegt eine relativ kurze Aufenthaltsdauer des Betroffenen in Österreich vor, so muss die in dieser Zeit erlangte Integration außergewöhnlich sein, um die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu rechtfertigen (VwGH vom 18.09.2019). Die Kombination aus Fleiß, Arbeitswille, Unbescholtenheit, dem Bestehen sozialer Kontakte in Österreich, dem verhältnismäßig guten Erlernen der deutschen Sprache sowie dem Ausüben einer Erwerbstätigkeit stellt bei einem Aufenthalt von knapp vier Jahren im Zusammenhang mit der relativ kurzen Aufenthaltsdauer keine außergewöhnliche Integration dar (VwGH vom 18.09.2019, Ra 2019/18/0212). Es ist im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH vom 28.02.2019, Ro 2019/01/003).
Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung durch geordnete Abwicklung des Fremdenwesens ein hoher Stellenwert zu.
Die BF verfügt in Österreich über kein Familienleben. Ein Eingriff in ihr Recht auf Familienleben iSd Art. 8 EMRK ist daher auszuschließen. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben der BF eingreifen.
Im gegenständlichen Fall ist die BF 2015 legal mit einem Aufenthaltstitel (Schüler) eingereist und verfügte von 05.05.2015 bis 07.05.2018 über einen Aufenthaltstitel (Schüler). Ihr Verlängerungsantrag wurde dann aber am 14.05.2019 zurückgewiesen. Die BF hat sich in weiterer Folge illegal im Bundesgebiet aufgehalten.
Zumindest war die BF im Bundesgebiet von 24.04.2015 bis 23.07.2020 durchgehend gemeldet und auch versichert. Sie hat auch regelmäßig Prüfungen an einem Konservatorium absolviert.
Dass die BF strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen.
Im vorliegenden Fall ergaben sich keine Hinweise auf eine bereits fortgeschrittene Integration der BF in Österreich. Der BF hat ihr gesamtes Leben bis zur Ausreise in Korea verbracht und dort ihre Sozialisation erfahren.
Den privaten Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Auch wenn die BF während ihres Aufenthalts Integrationsschritte gesetzt hat – sie hat 2019 die A1-Prüfung abgelegt -, liegen jedoch keine außergewöhnlichen Umstände vor.
Bei Gesamtbetrachtung all der oben behandelten Umstände und der Abwägung dieser im Sinne des § 9 BFA-VG ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse der BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der BF in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden oder die die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG erforderlich machen würden.
Der BF kann zugemutet werden, den Wunsch nach weiteren Aufenthalt in Österreich als Schülerin/Studentin im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen.
Zu Spruchpunkt III.:
Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entgegensteht.
Im gegenständlichen Fall ist die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in ihren Heimatstaat gegeben, weil aus den Feststellungen im Bescheid und aus den obigen Erwägungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 Abs. 1 und 2 FPG ergeben würde, und auch keine entsprechende Empfehlung des EGMR für Südkorea besteht.
Zu Spruchpunkten IV. und V.:
Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Gründe für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG lagen nicht vor. Daran anknüpfend ist gemäß § 55 Abs. 4 FPG von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen; dies gilt unabhängig von einem später allenfalls geplanten Antrag auf Aufhebung oder Verkürzung des Einreiseverbots. Daher ist dieser Teil des angefochtenen Bescheids zu bestätigen, zumal die Überlegungen im Urteil EuGH 19.6.2018, Gnandi, C-181/16, bei der hier vorliegenden Rückkehrentscheidung "außerhalb asylrechtlichen Kontextes" nach § 10 Abs. 2 AsylG bzw. § 52 Abs. 1 FPG und der Anwendung von § 18 Abs. 2 BFA-VG von vornherein nicht zum Tragen kommen (siehe VwGH 07.03.2019, Ro 2019/21/0001).
Das BFA hat zu Recht festgestellt, dass die BF den Besitz der Mittel zu Ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet nicht nachweisen konnte. Darüber hinaus hatte sie sich illegal im Bundesgebiet aufgehalten und war für die Behörden nicht auffindbar. So wurde durch eine Hauserhebung festgestellt, dass die BF an Ihrer Meldeadresse nicht mehr wohnhaft war.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheids waren daher zu Recht erfolgt.
Spruchpunkt VI:
Gemäß § 53 Abs 1 und 2 FPG kann das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung bei einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein Einreiseverbot erlassen, also die Anweisung an einen Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des oder der Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Wie das BFA bereits zu Recht ausgeführt hat, ist ein Einreiseverbot nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern es steht im Ermessen der Behörde. Die Behörde sah für die Erfüllung des Einreiseverbots die Tatbestände des § 53 Abs. 2 z 1 und 6 FPG erfüllt. Die BF habe ihre visafreie Zeit massiv überschritten. Sie halte sich mittlerweile bereits über ein Jahr unrechtmäßig im Bundesgebiet und dies unter Missachtung des Meldegesetzes im Verborgenen auf, dies diene dazu, um sich fremdenrechtlichen Maßnahmen zu entziehen. Ebenfalls habe sie nicht davor zurückgeschreckt, sich mit gefälschten slowakischen Dokumenten auszuweisen.
Mangels Möglichkeit einer legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet in Verbindungen mit ihrem langen unrechtmäßigen Aufenthalt sei davon auszugehen, dass die BF sich bis dato durch illegale Einnahmequellen das Leben in Österreich finanziert habe. Würde die Behörde nun kein Einreiseverbot erlassen, so wäre davon auszugehen, dass die BF auch in Zukunft ihren unrechtmäßigen Aufenthalt durch illegale Einnahmequellen finanzieren würde.
Der Behörde sind jedoch diesbezüglich Ermittlungsfehler unterlaufen bzw. sie hat die Ermittlungen nicht sorgfältig genug geführt.
So konnte in den Akten, wie in der Beschwerde ausgeführt, kein Hinweis gefunden werden, dass sich die BF jemals mit einem gefälschten slowakischen Dokument ausgewiesen hätte. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass dies ein Versehen der Behörde war.
Aus der Aktenlage geht auch nicht hervor, dass die BF bereits wegen einer Übertretung des Meldegesetzes, wie im FPG gefordert, rechtskräftig bestraft wurde.
Hätte die Behörde die BF nicht nur schriftlich befragt, sondern mündlich einvernommen, dann hätte sich bereits im behördlichen Verfahren herausgestellt, dass die BF keineswegs mittellos ist. Es wäre daher angebracht gewesen, bei so schwerwiegenden Folgen für die BF, in einer mündlichen Einvernahme den Sachverhalt abzuklären.
Die BF ist zudem freiwillig bereits am 25.07.2020 aus dem Bundesgebiet nach Südkorea ausgereist. Es ist auch plausibel, dass aufgrund der Covid-19 Maßnahmen eine frühere Ausreise nicht möglich war.
In der Gesamtbetrachtung war daher bezüglich des Einreiseverbotes der Beschwerde stattzugeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos zu beheben.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, unterbleibt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal davon keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung freiwillige Ausreise Interessenabwägung öffentliche Interessen Pandemie Resozialisierung Rückkehrentscheidung Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W153.2233615.1.00Im RIS seit
04.12.2020Zuletzt aktualisiert am
04.12.2020